Sozialistische Festkultur.
Die Abendfeiern am 1. Mai.
sten, der Roten Hunter, der G23.
Am Nachmittag fand sich alles in den Feierslunden der Kreije| Reichsbanners, der Hammerschaften, der Roten Funter, der SAJ. und Abteilungen zusammen. Alle Berichte, die uns zugehen, melden und der Kinderfreunde. übereinstimmend riesenhaften Besuch. Die Veranstaltungen waren überfüllt, Tausende hatten sich in den großen Sälen und Gartenrestaurants in allen Stadtteilen zusammengefunden, um den Feier. tag der Arbeiterschaft als ein Volksfest im beffen Sinne des Wortes zu begehen.
Im Barfrestaurant Südende hatten sich die Tempelhofer Barteigenossen zusammengefunden. Genosse Karl Litte hielt die Mairede im Rahmen des begeistert aufgenommenen Festspiels Eiserne Front", zu dessen Durchführung fidh Turner, Reichsbanner und Sozialistische Arbeiterjugend zusammengefunden hatten.
Der 1. Mai im Rundfunk.
Der 2. Kreis Tiergarten und der 3. Kreis Wedding hielten die Feier gemeinsam im Moabiter Schüßenhaus ab. In den geräumigen Anlagen mogten die Menschenmassen auf und ab, bis die Fanfaren des Reichsbanners alle zusammenriefen: Kinder- demokratischen Partei im Luftgarten mußte für jeden zum über. Die Kundgebung der Freien Gewerkschaften und der Sozialfreunde, Sozialistische Arbeiterjugend, Sportler, Arbeitersänger führten gemeinsam das Festspiel ,, Maifeier 1932" auf. Der Reichs- wältigenden Eindruck werden. Das Werkvolk von Berlin hatte sich tagsabgeordnete Kurt Heinig sprach anfeuernde Worte zu den Massen persammelt, um Bekenntnis abzulegen nicht nur zu ihren Arbeits und forderte sie auf, im Kampfe nicht nachzulassen. Im Laufe des forderungen, sondern ebenso zum demokratischen Staat, den es erNachmittags trug die ,, Rote Kolonne" durch Aufführungen von richten half, den es erhalten und aufbauen wird, allen Feinden zum Satiren und furzen Szenen sehr zum Gelingen der Feier bei. In Troy. Was wußten die Funkstunde Berlin und der DeutschlandNeukölln waren beide Säle der Neuen Welt überfüllt. Unter fender davon zu berichten? Bei der ersten Kundgabe der Tages: Leitung von Martin Gleisner hatten sich die verschiedenen Organi- Kunde davon wohl noch nicht bis zum Junkhaus herumgesprochen. fationen, wie Berliner Sängerchor, Kinderfreunde, Spielgruppe der SAJ., Bewegungschöre des Volkssports Neukölln zu einem imposanten Einmarsch zusammengefunden, der die Macht der Arbeiter schaft sinnbildlich demonstrierte. Genosse Künstler wies in seiner Ansprache auf die Bedeutung des Tages hin und forderte die Arbeiterschaft dazu auf, einig und geschlossen dazustehen.
Ein Fest der Fünftausend könnte man die Veranstaltung der Kreise Friedrichshain “ und„ Prenzlauer Berg " im„ Saal bau Friedrichshain" nennen. Das Festspiel Kampfmai 1932" wurde auch hier unter Beteiligung der verschiedenen Kulturorganisationen der Arbeiterschaft hervorragend durchgeführt. Freidenfer, Kinderfreunde, SAJ., Rote Rotte, ein Orchester des Deutschen Musikerverbandes, Einzelsprecher der Aktuellen Kleinkunstbühne hatten sich in selbstloser und aufopferungsvoller Arbeit zusammengefunden und fanden im Beifall der Massen dankbare Zustimmung. 3mei Chöre der Arbeiterfänger trugen am Nachmittag zur Unterhaltung der Massen bei. Auch die Köpenider Parteigenossen fonnten einen außerordentlich starken Besuch ihrer beiden Veranstaltungen verzeichnen. ,, Stadttheater" und„ Uhlenhorst" waren beide überfüllt, Kinderfreunde, SAJ., ein Gemischter Chor der Arbeiterfänger hatten auch hier ein dankbares Publikum. In Pantom sprach Landtagsabgeordneter Genosse Otto Meier . Der Bürgerpart am Rathaus konnte die Massen der Erschienenen faum unterbringen, Turner und Turnerinnen, die Arbeiterfänger und andere Organisationen gaben ihr Bestes zur Gestaltung einer würdigen Feier. In Weißensee fand gleichzeitig eine Ehrung der alten Parteigenossen und, als Symbol der Berbundenheit von Alter und Jugend in der Sozialdemokratie, die Aufnahme einer Anzahl junger Genossen in die Partei statt. Die Jugendspielgruppe Junge Hammerschaft" führt das Festspiel„ Eiserne Front" auf. Der Volkschor Weißensee sang die Lieder der Arbeiterschaft, Stadtver ordneter Genosse Otto Faust hielt die Ansprache. Im BittoriaGarten", Bilmersdorf, sprach Reichstagsabgeordneter Genosse Breitscheid zu den Massen. Er betonte den Kampfcharakter dieses Maitages und forderte von der Regierung, daß sie endlich mirksame Maßnahmen zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ergreife. Auch hier war mit der Feier eine Ehrung der alten Parteigenossen verbunden. In der Gruppe der alten Parteigenossen befand sich
auch die Genossin Luise Ebert, die Frau unseres unvergeßlichen
Im Bürgerſaal des Rathauses Schöneberg sprach Genosse Aufhäuser, M. d. R., der den Kampf um die Arbeitsbeschaffung in den Mittelpunkt feiner Ansprache stellte. Auch hier fand das Festspiel„ Eiserne Front" unter Mitwirkung verschiedener Organt Festspiel ,, Eiserne fationen begeisterte Zustimmung.
Die Lichtenberger Parteigenossen hatten sich im ,, Spreegarten" in Treptom versammelt. Tausende füllten den weiten Garten. In bunter Folge mechselten Konzertstüde und Vorträge des Berliner Volkschors, akrobatische Akte und turnerische Vorführungen der Redriege der FTGB.- Lichtenberg. Den Höhe punkt der Feier bildete ein Festspiel des Arbeiterlaienspielverbandes unter Leitung des Genossen Kirschte und unter Mitwirkung des
Jupamme Bruch
56]
von
S.Rosenfeld
Aus dem Russischen übertragen von Werner Bergengruen . Schließlich liegen nur noch Verwundete und Tote da. Während der folgenden Tage überschütten die Deutschen uns mit Artilleriegeschossen. Das Feuer hält den ganzen Tag über an, ebnet unsere Gräben ein und erschlägt Tausende von Menschen. Nachts richten wir zusammen mit den Sap peuren die Gräben wieder her, erhalten Verstärkungen und sigen dann wieder da, schon fast taub von den ewigen Detonationen, und lassen uns mit Splittern überschütten.
Jetzt schießt auch unsere Artillerie die ganze Nacht über. Die ganze Nacht über strecken sich am Himmel die Fühlhörner der Scheinwerfer aus, beleuchten die Wolken und fallen dann plöglich zur Erde.
Bir fommen von hier nicht fort. Wir sind willenlose
Opfer fremder Absichten und Entschlüsse. Die Deutschen sind entschloffen, uns um jeden Preis aus unseren Stellungen zu verjagen und um jeden Preis weiter vorzubringen.
Und die Unsrigen sind entschlossen, die Stellungen um jeden Preis zu halten, keinen Fußbreit zurückzugehen und jeden Ansturm abzuschlagen.
Die Deutschen müssen unseren Widerstand brechen, müssen unsere Front einstoßen und gehen mit barbarischer Hartnädigteit, mit eiserner Energie auf uns los, werfen ein Regiment nach dem anderen ins Gefecht, verlieren Tausende von Leuten, verschießen Zehntausende von Geschossen. Und die Russen müssen die Front halten, dürfen feinen Durchbruch zulassen, und so müssen wir ein Regiment nach dem anderen hinopfern und Tausende von Leuten verlieren.
In acht Tagen drei Angriffe. Jeder wird durch lang anhaltendes hartnädiges Einebnungsfeuer eingeleitet. Die Deut.
nachrichten noch überhaupt nichts; bis um 9 Uhr abends hatte sich die
Um viertel Elf kam dann diese Mitteilung: Sozialdemokraten und Kommunisten veranstalteten Kundgebungen; infolge des warmen Wetters wurden mehrere Personen ohnmächtig; insgesamt wurden Es ist erschütternd, daß die fünfzig Verhaftungen vorgenommen. Bedeutung dieser Massendemonstration, die auch dem ärgsten Zweifler über die Gesinnung und den Willen der einzigen wahren Volksgemeinschaft in Deutschland aufklären muß, so von den Berliner Sendern übersehen werden konnte, die von Tagungen des Stahlhelms, des Kyffhäuserbundes und ähnlichen Vereinigungen mit pein licher Gründlichkeit Kenntnis zu nehmen pflegen.
Beide Sender brachten je eine würdige Arbeiterfeierstunde"; das Wort„ Maifeier" war anscheinend den zenjurierenden Rotstiften unerbittlich zum Opfer gefallen. Daß es den Werftätigen Symbol ist ihres Glaubens, ihres Strebens:„ Brüder, zur Sonne, zur Freiheit!" weiß man im Funkhaus mohl nicht. Die Manuskripte der Ansprachen hätten immerhin darüber Aufklärung geben tönnen. Reichsarbeitsminister a. D. Rudolf Wissell sprach von dem Ringen des Menschen mit der Arbeit, die ihn immer wieder in die nie zwingt, einst durch die Wucht der Arbeitslast, heute durch den Triumph der Technik, die ihn ausgehungert oder vor Müdigkeit zerbrochen zu Boden wirft. Seine Worte leiteten Liedervorträge ein, in denen das Werkvolk in der Musit" dargestellt wurde. Eine Art innerer Weiterführung der Ansprache von Wissell war der Vortrag Karl Brögers Vom Werktag zum Sonntag", deffen Sim in dem Gedanten gipfelte, daß nicht das Freiwerden von der Arbeit, sondern das Freiwerden in ihr das Ziel des Sozialismus iſt.
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Sind mir heute nicht meiter als je von diesem Ziel entfernt, wo Freizeit zur Strafe statt zum Glüd wurde, mo 25 Millionen Men fchen auf der Erde zur Untätigkeit verdammt find? Kultusminister Grimme warf die Frage auf in der„ Feierstunde für die Werk tätigen", die der Deutschlandsender veranstaltete. Weist der Weg, wie der Prophet nom ,, Untergang des Abendlandes" meint, unfehlbar in die Auflösung, ins Chaos? Oder fann er, wie von manchem vorgeschlagen wird, zurückgeführt werden? Es gibt keine Brücken ins Gestern, und gäbe es sie, wir würden sie nicht betreten, wenn wir die Wirklichkeit dieses Gestern erkennen könnten. Der Weg gestalteten Lebensraum. Dazu ist zuerst nötig, dem Menschen wieder fein Recht auf Arbeit zu geben. Die Technik hat unerhörte Kräfte geschaffen, um den Menschen von dem erdrückenden Gewicht der Arbeit zu entlasten. Arbeitszeitverkürzung muß die notwendige Folge sein, wenn die Errungenschaften der Technik einen Sinn für Arbeitszeitverkürzung muß die notwendige die Menschheit haben sollen. Dann wird wieder Arbeit für alle Dann wird wieder Arbeit für alle da sein, und alle merden aus der Arbeit wieder ihren Lebensfinn schöpfen können. Minister Grimme nannte den Ruf nach Arbeitszeitverkürzung einen Mahnruf an das Kulturgewissen der Welt.
zur Rettung kann nur vormärts führen, in einen erweiterten, neu
Auch diese Ansprache wurde von Musik und Rezitationen finnvoll ergänzt. Besonders erfreulich war, daß diesmal die Programme des Berliner und des Königswusterhausener Senders verständnisvoll ineinandergriffen.
Hölle in der Che.
Schüffe auf Frau, Kind und sich selbst.
Das Eheleben des Maschinisten N. mit der Schneiderin G. nahm am 27. Oftober v. J. ein blutiges Ende. Der Fünfzigjährige schoß in seiner Berzweiflung auf Frau und Töchterchen und jagte fich selbst eine Kugel in den Kopf. Alle drei blieben jedoch am Leben.
M. hatte in seinen Ehen menig Glück. Seine erste Ehe wurde megen beiderseitigen Verschuldens geschieden. Seine zweite Frau starb nach vierjähriger glücklicher Ehe; sie hinterließ ihm die vierjährige Edith. Er sah sich nach einer Mutter für das Kind um und lernte durch ein Inserat im Oktober 1929 die Schneiderin G. fennen, die mit ihrem 17jährigen Sohn eine Dreizimmerwohnung bewohnte und in einer Nähstube drei Frauen beschäftigte. Im Dezember heiratete man; die Nähstube wurde aufgegeben. N. gab seiner Frau 60 Mark Wirtschaftsgeld wöchentlich. Die Che ließ fid) gut an, murde aber bald getrübt. Die Frau liebte es zu nörgeln und zu sticheln und den Mann zu reizen und vernachlässigte auch die kleine Edith. Der Mann genügte ihr nicht: Ich bin jung und knusperig, ich fann Männer friegen, soviel ich will. Das alles behauptete der Angeklagte vor Gericht. Es kam zu Streitigkeiten und jogar zu Tätlichkeiten. Der Mann drohte, daß er alle umbringen würde, faufte sich eine Schreckschußpistole, arbeitete sie um und goß selbst Kugeln dazu.
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Am 27. Oftober v. J. kehrte die Frau wieder erst gegen
12 Uhr nachts heim. Der Mann machte ihr Borhaltungen. Gegen
3 Uhr nachts sprang der Mann plötzlich aus dem Bett, sagte zur Frau:„ Jezt ist's aus, ich fann nicht mehr; jetzt mache ich Schluß", und schoß auf sie zweimal. Dann beruhigte er die weinende Edith: Warte, mein Kind, mit uns beiden ist es auch gleich aus", und feuerte auf die Kleine drei Schüsse ab. Schließlich zeigte er der blutenden Kleinen das Bild ihrer Mutter: ,, Hier, das ist deine Mutter", und schoß sich in die Schläfe. Seine Verlegung erwies fich als harmlos, dem Kinde mußte die Kugel aus dem Halse geholt werden, die Frau hatte von den Schrotschüssen nur Brandwunden davongetragen. Das Landgericht glaubte dem Angeklagten, daß er aus Berzweiflung gehandelt hat, verzichtete auf die Beweisaufnahme und verurteilte ihn unter Zubilligung einer Bewährungsfrist wegen versuchten Totschlages in zwei Fällen zu 1 Jahr 3 Monaten Gefängnis.
Bluttaten auf dem Lande.
Ein Vater erschießt seine Stieftochter und ihren Freund. In Holzhausen bei Minden erschoß der Besizer eines Mindener Zementlagers, Richmann, seine Stieftochter, ihren Freund und dann sich selbst.
Der Täter hatte abends, als er nach Hause tam, seine Stief tochter und ihren Freund in seiner Wohnung angetroffen. Er verließ die Wohnung wieder und stellte sich vor der Haustür auf. Dort streckte er beide, als sie das Haus verließen, durch Revolverschüsse nieder; sie maren sofort tot. Dann richtete er die Waffe gegen sich selbst und tötete sich ebenfalls durch einen Schuß. Man nimmt an, daß Eifersucht der Grund zur Tat gewesen ist.
Feuerfampf zwischen Mörder und Landjäger. Weffelburen, 2. Mai.
Im benachbarten Sassenbüttel ereignete fich am Sonntag eine furchtbare Bluttat. Ein bei der Hofbefizerin Kruje beschäftigter
polnischer Knecht, dem zum 1. Mai gekündigt worden war, erschoß aus But über seine Kündigung seine Arbeitgeberin, ver
barrikadierte sich dann auf dem Hausboden und gab auf die anrückenden Landjägereibeamten ei ma 100 Schüsse aus einem Militärgewehr, einer Jagdflinte und einer Pistole ab, die jedoch niemand trafen. Die Landjägereibeamten erwiderten das Feuer. verübte der Täter Selbstmord, indem er sich eine Kugel is endlich ein Ueberfallkommando aus Schleswig- Holstein eintraf, in die Schläfe schoß.
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Wetteraussichten für Berlin . Anfangs meist bewölkt mit Regen fällen, später wieder langfame Bemöllungsabnahme, ziemlich fühl, mestliche Winde. Für Deutschland : In Ostpreußen zunächst noch feine wesentliche Aenderung, zwischen Weichsel und Elbe vorwiegend stärker bewölft mit wiederholten Regenfällen, ziemlich fühl, im Westen und Süden Wetterbesserung und am Tage wieder etwas
märmer.
Krieg als ein Mittel zur Wiederherstellung und Klärung strittiger Rechtsbeziehungen. Anders ausgedrückt, als einen juristischen Prozeß zwischen Staaten.
schen überschütten uns mit Tausenden von Artilleriegeschossen,| das. Seit einigen Jahrhunderten betrachtet dieses Recht den fie machen einen Höllenschlund aus unserem Grabensystem und dann schicken sie plötzlich ihre Menschenwellen zum Sturm vor. Sie fommen nicht bis an unsere Gräben, unsere dichten Rugelwolken mähen ihre Reihen nieder. Wer am Leben geblieben ist, friecht zurück oder verblutet an den Drahtverhauen.
In diesen acht Tagen ist auf einem schmalen Abschnitt eine kaum zu zählende Masse deutscher und russischer Menschen zugrunde gegangen.
In einem irrfinnigen, phantastischen Nachtangriff gelangen die Deutschen nicht bis an unsere Stellungen. Unsere paar fläglichen Scheinwerfer entdecken sie zufällig, bevor sie so weit sind, und in der höllischen Finsternis schießen wir aufs Geratewohl, ohne zu zielen.
In einem Zustande panischen Entseßens, ohne den Feind zu sehen, ohne zu wissen, ob er noch weit oder schon hart an unseren Gräben ist, die Augen unnatürlich weit aufgerissen, die Sehnerven bis zum äußersten gespannt, so schießen wir mechanisch in den Raum vor uns, so schleudern wir unsere Handgranaten. Wir schießen lange, sehr lange. Die Gewehrläufe find glühend heiß. So geht es durch Stunden. Dann beleuchtet der Scheinwerfer das Gelände vor uns und wir sehen herumliegende Körper und friechende Menschen. Bergeblich warten wir auf die versprochene Ablösung. blösung gibt es nicht. Und so hoden wir dann weiter in unseren Gräben.
Es herrscht eine sonderbare, ungewohnte Stille. Die Artillerie schießt nicht. Rings umher ist alles perbrannt. Die Erde ist aufgewühlt. Wir sizen herum und plaudern träge. Ein junger Freiwilliger aus dem dritten Bataillon, Student der juristischen Fakultät, liegt auf dem Rücken, die Hände unter dem Kopf.
Will uns denn niemand helfen? Hat uns denn wirklich die ganze Welt vergessen? Es gibt doch noch Duzende von neutralen Ländern, warum mischen sich die denn nicht ein und versuchen, die Kriegführenden zum Frieden zu bewegen?"
Niemand antwortet. Er setzt sich auf und redet weiter: ,, Da habe ich also die Rechte studiert. Was gibt es da nicht alles für Rechte! Staatsrecht, Römisches Recht , öffentliches Recht, Polizeirecht, Gewohnheitsrecht, Bölkerrecht, Naturrecht, Berwaltungsrecht und noch ganze Haufen von anderen Rechten. Es gibt auch ein Kriegsrecht. Ja, so heißt
Und da sind nun die Staaten miteinander übereingekommen, was erlaubt sein soll und was nicht. Da haben fie sogar Rechtsnormen für die Kriegsführung aufgestellt. Alfo mie man den Krieg zu erklären hat und wie er geführt werden muß und auf welche Art man Menschen- umbringen darf und auf welche nicht. Und womit man es darf und womit nicht. Schön, heißt es, ohne Krieg geht es eben nicht, das versteht sich von selbst, aber man muß ihn unbedingt humaner gestalten. Und darum, also bitte schön, führt Krieg, aber haltet euch an bestimmte Anstands- und Humanitätsregeln! Schießt also mit Kanonen, mit Maschinengewehren, mit Gewehren, stecht mit Bajonetten, haut mit Säbeln, reißt Arme , Beine und Köpfe ab, schlitzt Bäuche auf, holt Gedärme heraus, verbrennt und zerstört Städte und Dörfer, jagt Millionen von Flüchtlingen ins Elend, bringt Millionen von Menschen um, macht Millionen und aber Millionen zu Krüppeln und Waisen, aber bitte tut das so human wie möglich! Sonst werdet ihr euch dafür zu verantworten haben.
Der Freiwillige springt auf, fuchtelt erregt mit den Händen und schreit:
,, Aber warum fönnen sie nicht miteinander abmachen, daß der Krieg überhaupt verboten ist? Einfach verboten und Schluß! Da haben sie sich Hunderte von Rechten ausgedacht, und warum nicht dieses einfache Menschenrecht? Man darf feinen Krieg führen, man darf nicht Millionen gegen Millionen hegen, monatelang einander niedermezeln, rauben und brennen. Man darf das ganz einfach nicht!"
Er bricht plöglich ab, das Feuer in seinen Augen erlischt, er sieht uns müde an und setzt sich wieder hin. Dann fährt er leidenschaftlich fort:
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Wieniel Juristen gibt es in der Welt! Wieviel Hüter des Gesetzes! Da fizen sie in ihren Schreibzimmern und ftellen Anklageaften zusammen oder arbeiten Berteidigungsreden aus wegen Einbruchsdiebstahl, Mord aus Eifersucht oder Angriff auf die herrschende Gesellschaftsodnung. Aber warum tun sie sich nicht zusammen und arbeiten für alle Staaten ein Gesez aus, das den Krieg verbietet?"
( Schluß folgt.)