1932
Der Abend
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Jr. 207
B 104 49. Jahrgang
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Außer den 605 gemeldeten Wahlresultaten sind inzwischen vier weitere aus den Kolonien beanntgeworden. In Martinique haben die Sozialisten das Mandat, das bisher der Abg. Frossard inne hatte, behauptet. Der neue Abg. ist Lagrofillière. Es fehlen jetzt nur noch die beiden Wahlkreise von der Kolonie Guadelupe. Bisher sind 252 2bgeordnete gewählt, während in 357 Wahlkreisen Stichwahlen entscheiden müssen. In Frankreich und Algerien haben nach einer Statistik des„ Excelsior" rund 9% Millionen Wähler abgestimmt und rund 1,9 Millionen sich der Stimme enthalten.
Von den 9½ Millionen Wählern haben 1 950 000 für die sozialistischen Kandidaten gestimmt, während 1928 1,7 Millionen sozialistischer Wähler zu verzeichnen waren. Die Sozialisten haben also 250 000 gewonnen. Die Kommunisten haben dagegen rund 350 000 Stimmen verloren.
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Die Pariser Morgenzeitungen erkennen heute in mehr oder minder verschleierter Form den Sieg der Linksparteien an. Das gemäßigte Petit Journal" erklärt:„ Die schwachen Gewinne und Berlufte der verschiedenen Parteien im ersten Wahlgang haben im Ausland und besonders in Deutschland , den Eindruck hervor= rufen können, daß die Stellungen der Mehrheits- und der Linksparteien unverändert geblieben sind.( Das gilt in Deutschland nur für diejenigen Blätter, deren Korrespondenten bei dieser Gelegenheit eine völlige Unkenntnis der französischen innerpolitischen Verhältnisse an den Tag gelegt und die Bedeutung des ersten Wahlganges offenbar völlig verkannt haben. Red. d.„ B.") Dieser Eindruck, der ungefähr richtig ist, wenn man nur die 252 endgültigen Ergebnisse be= trachtet, ändert sich aber merklich, wenn man die Aussichten prüft, unter denen die Stichwahl in den verschiedenen Wahlkreisen stattfinden werden. Es erweist sich dann, daß die radikale Partei ihren Einfluß zum Nachteil ihrer Nachbarn, d. h. der Sozialisten auf der einen und der Linksrepublikaner auf der anderen Seite, erhöht hat. Die Gruppe Tardieu ist sogar mehr als die anderen Rechtsgruppen von der Ungunst der Wählermassen getroffen."
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Der Matin" stellt fest, daß die sozialistische Partei in startem Maße von dem
Rüdstrom reuiger kommuniffen
in ihre Reihen profitiert hat, glaubt aber, daß die sozialistische Be wegung zum Stillstand gekommen ist. Selbst wenn sie dank der Arbeitslosigkeit bei den Stichwahlen einige Erfolge erziele, würden diese durch Verluste an anderen Stellen ausgeglichen werden.
Diese Auffassung wird von der sozialistischen Partei nicht geteilt, die bei loyaler Anwendung der„ republikanischen Disziplin" auf eine geringe Verstärkung der Parlamentsfraktion hofft. Der Matin" erkennt dagegen den unbestreitbaren Vorsprung der Radifalen beim ersten Wahlgang und ihre günstige Stellung für die Stichwahlen an. Er befürchtet, daß, wenn sich der Linksruck bei den Stichwahlen verstärken sollte, das Linkskartell wieder auferstehen
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werde.
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Der offiziöse Petit Parifien" erklärt, schon jetzt sei es möglich zu sagen, daß sich die Wählerschaft in ihrer Gesamtheit für eine Konzentration der republikanischen Kräfte mit einer Orientierung nach links ausgesprochen habe. Das nationalistische Echo de Paris " schreibt: Der Linksrud, über den sich die Linkspreffe so sehr freue, sei oberflächlich, mit Ausnahme von einigen Wahlbezirken in Südfrankreich und allgemein gesprochen von den Stadtzentren, die von der Arbeitslosigkeit berührt sind.
Warum Kreuger sich erschoß.
Eine amtlich schwedische Erklärung. Stodholm, 3. Mai. ( Eigenbericht.) Amtlich wird mitgeteilt, daß Jvar& reuger Selbstmord verübte, nachdem er von schwedischen Banken zu einer Ueberprüfung feiner Betriebe aufgefordert worden iff. Eine entsprechende Unterredung mit maßgebenden schwedischen Bankenvertretern sollte am Sonntag, dem 13. März, mit Kreuger in Berlin stattfinden. Um Tage zuvor hat Kreuger feinem Leben durch Erichießen ein Ende gemacht.
Veränderung im Reichskabinett
Reichswirtschaftsminister Warmbold will zurücktreten
Reichswirtschaftsminister Warmbold nimmt wie| Sikungen des Reichskabinetts auf politische gestern auch an der heute vormittag um 9% Uhr be Gründe zurückzuführen ist. gonnenen Sitzung des Reichskabinetts nicht teil, obwohl auch im Verlauf dieser Situng wichtige wirt. schaftspolitische Fragen zur Beratung stehen. Es ist bekannt, daß Warmbold in letzter Zeit an einer Grippe erkrankt war. Andererseits läßt sich nicht mehr bestreiten, daß seine Abwesenheit von den jetzigen
NERFASSUNG DEUTSCHEN DER
REPUBLIK
Selbstverständlich ist es ein Traum- es ist ja amtlich dementiert!
England unter Waffer.
Anhaltende Regengüsse veranlassen Ueberschwemmung. London , 3. Mai.
schwemmungen in verschiedenten Teilen Englands. Die Flüffe erAnhaltende Regengüffe führten am Montag zu größeren Ueberreichten einen außerordentlich hohen Stand und traten teilweise über
die Ufer.
Die Landstraßen standen auf weitere Streden unter wasser, so daß der Verkehr eingestellt werden mußte. In Bristol regnete es ununterbrochen 30 Stunden lang. Bei Frome ertranten vier knaben in den Fluten des zu einem reißenden Strom gewordenen Flüßchens From. Am schlimmsten wurde die Stadt Chippenham in der Grafschaft Wilts heimgesucht. Sie wurde vollkommen von der Umwelt abgeschnitten. Das Waffer ftieg so schnell, daß viele Personen, die sich auf einer Brücke inmitten der Stadt befanden, vollständig abgeschnitten wurden und erst nach stundenlangem Warten befreit werden konnten. In den tiefer gelegenen Stadtteilen wurden manche Leute in den Betten von den Fluten überrascht, die in die Häuser eindrangen. In einigen Geschäftshäusern stand das Wasser annähernd zwei Meter hoch. Pferde und Laffkraftwagen mußten mit Tauen aus gefährlichen Lagen befreit werden. Auch in Henleyin- Arden ffieg der Fluß Alme fo rasch an, daß die Bewohner von dem die Erdgeschoffe überflutenden Wasser in ihren Beffen über. rascht wurden. Die Pferderennbahn in Perthore war in einen großen See von über zwei Meter Tiefe verwandelt.
Es verlautet sogar, daß Warmbold sein Rücktrittsgesuch bereits eingereicht habe oder ein derartiges Gesuch unmittelbar bevorstehe. Die zu ständigen amtlichen Stellen hüllen sich bisher in Schweigen.
Darf Danzig verteidigt werden?
Wie denkt die NSDAP . darüber?
Der blinde Lärm um Danzig , der von übereifrigen englischen Journalisten hervorgerufen wurde, hat verschiedene deutsche Zeitungen zu Erklärungen veranlaßt, in denen die unbedingte Solidarität des Deutschen Reiches mit dem Freistaat Danzig betont wurde. So fonnte man z. B. in der ,, Kreuz- Zeitung " lesen, die Polen fönnten von ihren angeblichen Raubabsichten nur zurückgehalten werden ,, durch die fichere Erkenntnis, daß ganz Deutschland bei einem Ueberfall auf Danzig den Angriff als eine gemeinsame nationale Sache erkennen und aus eigener Kraft dann handeln würde".
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Es wäre interessant zu erfahren, ob die Nationalsozialistische Partei ebenso denkt wie die Kreuz- Zeitung ". Der Fall ist für sie nämlich einigermaßen verwickelt. Nach den bekannten Erklärungen Hitlers in Lauenburg und des Grafen von der Golz in der ,, Diktatur" sowie nach den beschlagnahmten SA.- Dokumenten erkennt die Partei die Pflicht zur Landesverteidigung nicht an, solange das ,, System" nicht gestürzt ist. Nun ist zwar in Danzig das System" gestürzt, denn die Nazis dürfen dort mitregieren, in Preußen- Deutschland jedoch sollen eben jetzt erst mit dem ,, System" Verhandlungen über eine Beteiligung an der Regierung angebahnt werden. Konsequenterweise würde sich aus diesem Tatbestand der Schluß ergeben, daß zwar Danzig verteidigt werden darf, Ostpreußen aber nicht. Die Nationalsozialistische Partei hat auf die offizielle Anfrage des Stahlhelm wie vorauszusehen war und hier vorausgesagt worden ist keine Antwort erteilt. Ihr Schweigen ist das Schweigen des schlechten Gewissens. Zur Zeit des Ruhrkampfes hat Helfferich für die damalige nationale Opposition" erklärt: Wir verteidigen den Staat, wie er ist!" Eine Erklärung von gleicher Eindeutigkeit kann die NSDAP . nicht abgeben, ohne ihre Führer selber abzuschütteln. Es bleibt die groteske Tatsache bestehen, daß die Partei, die den letzten Wahlkampf ausschließlich mit der nationalen Phrase geführt hat, im Punkte der Landesverteidigung nicht stubenrein ist.
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Ein Rückzug des, Daily Expreß ".
London , 3. Mai. Der Sonderberichterstatter des„ Daily Expreß " in Danzig erklärt: Da durch die Uebersetzung eines unvollständig wiedergegebenen ,, Daily- Expreß "-Berichtes ins Deutsche ein Mißverständnis(?) entstanden ist, fo bin ich zu der Feststellung ersucht worden, daß meine Meldung, die sich mit den polnischen Plänen zur Befehung Danzigs befaßt, das Ergebnis einer eingehenden Nachfrage rungen, die gemäß dem deutschen Texte als nachteilig für die polbei allen Behörden im Freistaate war und daß gewiffe Aeußenijche Regierung angesehen werden können, nicht dem Völkerbundskommissar in Danzig zugeschrieben werden dürfen.
Borgehen gegen Bantiers. In Berliner Bankkreisen verlautet, daß einem Teil der Berliner Bantiers die Auslandspässe Bantiers in größeren Mengen Reichsmart ins Ausland gebracht abgenommen wurden. Angeblich sollen von den betreffenden
merben.