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BERLIN Mittwoch 4. Mai

1932

Der Abend

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49. Jahrgang

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Verordnung über Militärverbände

Verbot der kommunistischen Gottlosen" Organisation

Der Reichspräsident hat heute zwei Ber-| ordnungen unterzeichnet. Mit der ersten Verordnung werden alle politischen Berbände, die militä­risch organisiert sind oder sich so betätigen, der Kontrolle des Reichsministers des Innern unterftellt.

Durch die zweite Verordnung sind die kommunisti­ichen Gottlosen Organisationen mit sofortiger Wirkung für das ganze Reichsgebiet aufgelöst worden.

Der Mord von Neuteich

Polenmeister" als deutscher" Naziführer

Danzig , 4. Mai. ( Eigenbericht.) im Völkerbundsrat über die Danziger Zustände zu Der Mord, den der SS. - Führer Rudzinski gestern berücksichtigen, der sie aufgefordert hatte, das Treiben in dem etwa 3000 Einwohner zählenden Landstädtchen zu unterbinden. an dem sozialdemokratischen Stadtverordneten Gruhn der nationalsozialistischen Gewaltorganisationen endlich Reuteich auf offener Straße verübt hat, hält die Be­

Wortlaut der Verordnungen.ölkerung von Neuteich und vom ganzen Danziger Staats- sozialisten zuteil werden läßt, trägt ein erhebliches

Gegen die Militärverbände.

gebiet in begreiflicher Erregung. Der Zimmermeister und Bauunternehmer Rudzinski ist in Neuteich eine fa st Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird berüchtigte Erscheinung. Er beschäftigt in folgendes verordnet:

§ 1.

Politische Verbände, die militärisch organisiert sind oder sich so betätigen, und ihre Unterverbände sind verpflichtet, dem Reichs­minister des Innern auf Verlangen ihre Sagungen zur Prüfung vorzulegen. Sie haben ferner dem Reichsminister des

Innern jede beabsichtigte Sagungsänderung, soweit sie ihre Organis sation oder ihre Tätigkeit betrifft, unverzüglich anzuzeigen.

Die in Abs. 1 genannten Berbände find verpflichtet, un verzüglich jede Sagungsbestimmung zu ändern oder zu streichen und jede Bestimmung in die Sagung neu aufzunehmen, soweit dies der Reichsminister des Innern zur Sicherung der Staatsautorität für erforderlich hält; dies gilt insbesondere für Be­stimmungen über die Organisation und Tätigkeit der Verbände.

§ 2.

seinem Betriebe vorzugsweise Lehrlinge und nur wenige Gesellen.

Zeitweilig nüht dieser deutsche Uebermensch die Ar­beitskraft von etwa zwanzig Lehrlingen aus; da­neben hat er eine besondere Vorliebe für polnische Arbeitskräfte, so daß er den Spitznamen der Polenmeister" führt. Auf diesen Ehrentitel ist der Führer der deutschen " Nationalsozialisten offensichtlich besonders stolz. Er ist auch wegen seiner Gewalt. tätigkeiten bekannt. Erst vor wenigen Tagen fuhr er mit seinem Rade eine Frau an und beschimpfte diese außerdem in gröblichster Weise. Auch hier drohte er bereits, die Frau mit dem Revolver über den Haufen zu schießen. Die drei mitverhafteten National. sozialisten, die unseren Genossen Gruhn, einen ein­

Die Nachsicht, die diese Rechtsregierung den National. Maß von Mitschuld an dem Treiben, dessen fünftes Opfer nunmehr unser Genosse Gruhn geworden ist. Die Erbitterung der Arbeiterbevölkerung über die Brutali­täten steigt von Tag zu Tag. Der neueste St.- Mord zeigt die Zustände in dem Freistaat" Danzig in schlimmstem Lichte.

Stichwahlen und Regierungsbildung. Sozialisten gegen Antibolschewismus.

Paris , 4. Mai. ( Eigenbericht.)

zweite Entschließung angenommen, in der zunächst Herriot der Der Eretutivausschuß der radikalen Partei hat noch eine Dank für seine wirkungsvolle Wahlkampagne ausgesprochen und dann erklärt wird, daß der Vorstand, um der Partei ihre volle Handlungsfreiheit bis zu der Sigung des Exekutiv­ausschusses am 18. Mai zu sichern, sich alle Erklärungen über die Regierungsbildung verbittet, die ver Um eine Erläuterung

Berbände, die einer Verpflichtung aus§ 1 nicht nachkommen, oder einer auf Verlangen des Reichsministers des Innern geänderten fachen und besonnenen Arbeiter, in Gegenwart ihres schiedenartig ausgelegt werden könnten. oder neu aufgenommenen Satzungsbestimmung zuwiderhandeln, können vom Reichsminister des Innern mit Wirkung für das Reichs: gebiet aufgelöst werden. Wird die Auflösung angeordnet, so sind die§§ 2, 3 der Verordnung zur Sicherung der Staatsautorität vom 13. April 1932( Reichsgesetzbl. I S. 175) entsprechend an= zuwenden.

Führers angriffen und zu Boden rissen, sind der Friseur Samulewicz, der Elektriker Schwarz und ein Bäckergeselle Preuß.

Gruhn bildet bereits das fünfte Todes opfer, das die nationalsozialistischen Gewaltapostel im Danziger Gebiet auf dem Gewissen haben. Die von den Nazis abhängige Rechtsregierung Ziehm hat be­kanntlich vor kurzem den sozialistischen Arbeiter schukbund verboten und aufgelöst, weil bei

dieses Beschlusses gebeten, sagte Herriot , daß alle Erklärungen, die man ihm bis zum 18. Mai zuschreiben sollte, als unzutreffend anzusehen seien. Die radikale Partei will sich also vor dem end­gültigen Wahlergebnis in bezug auf die Regierungsbildung nicht festlegen.

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Leon Blum erinnert im Populaire" die sozialistischen Be­zirksverbände daran, daß sie gemäß den Beschlüssen der Partei­kongresse die nicht aussichtsreichen Kandidaten zurückziehen müssen, ohne von einer anderen Linkspartei eine Belohnung oder einen Ausgleich zu verlangen und ohne in die antikommu­

Gegen die Anordnung der Auflösung ist binnen zwei Wochen vom Tage der Zustellung die Beschwerde zulässig, die bei dem Reichsminister des Innern einzureichen ist; sie hat keine auf schiebende Wirkung. Ueber die Beschwerde entscheidet der nach § 13 der Verordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen einem Zusammenstoß zwischen dem Schutzbund und den nistische Einheitsfront einzutreten. Die Reaktion zu schlagen sei vom 28. März 1931( Reichsgesetzbl. I S. 79) zuständige Senat des Reichsgerichts in dem hierfür bereits geregelten Verfahren.

§ 3.

Diese Verordnung tritt mit ihrer Verkündung in Kraft. Die zur Durchführung der Verordnung erforderlichen Rechts­und Bewaltungsvorschriften erläßt der Reichsminister des Innern. Er bestimmt, welche Verbände als militärähnliche politische Ver­bände im Sinne der Verordnung anzusehen sind.

Verbot der Gottlosen".

Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird folgendes verordnet:

§1.

Die Internationale proletarischer Frei. denker( Sitz der Exekutive Berlin ) und die ihr nachgeordneten oder angeschlossenen tommunistischen Freidenter organisationen, insbesondere der Verband proletarischer Frei­denker Deutschlands , einschließlich der Proletarischen Freidenker­jugend, der Freidenkerpioniere und der Frauenkommissionen sowie die Kampfgemeinschaften proletarischer Freidenker werden mit allen dazugehörigen Einrichtungen, einschließlich der Verlags­betriebe, für das Reichsgebiet mit sofortiger Wirkung auf

gelöst.

§ 2.

Wer sich an einer Organisation, die nach§ 1 aufgelöst worden ist, als Mitglied beteiligt oder den von der Organisation erstrebten Zweck durch Herstellen, Einführen, Verbreiten oder Vor­rätighalten von Druckschriften weiter verfolgt oder die Organisation auf andere Weise unterstützt oder den durch die Organisation ge­schaffenen organisatorischen Zusammenhalt weiter aufrechterhält, wird mit Gefängnis nicht unter einem Monat bestraft.

Neben der Gefängnisstrafe fann auf Geldstrafe erkannt werden.

Gegenstände, die zur Begehung des in Abs. 1 bezeichneten Ber­gehens gebraucht oder beftinumt find, fönnen eingezogen oder un

Nazihorden ein Nationalsozialist getötet wurde. Dabei hatte diese deutschnationale Naziregierung ganz außer Betracht gelassen, daß zum Zeitpunkt dieses Zusammen stoßes bereits drei Republikaner von den Nationalsozia­listen ermordet worden waren. Sie hat auch nichts| getan, um die Mahnung Hendersons bei der Beratung

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brauchbar gemacht werden, auch wenn sie weder dem Täter noch einem Teilnehmer gehören. Rann feine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so kann auf die Einziehung oder Unbrauchbarmachung selbständig

erkannt werden.

Die Beschlagnahme der im Abs. 1 bezeichneten Druck­schriften ist ohne richterliche Anordnung zulässig. Die Vorschriften der§§ 24 bis 28 des Gesetzes über die Presse vom 7. Mai 1874( Reichsgefeßzbl. S. 65) finden Anwendung.

§ 3.

zweiten Tage nach der Verkündung in Kraft. Diese Verordnung tritt mit ihrer Verkündung,§ 2 tritt mit dem

Die zur Durchführung der Verordnung erforderlichen Rechts­und Verwaltungsvorschriften erläßt der Reichsminister des Innern."

Gverdeler statt Warmbold?

Das Reichskabinett ist heute vormittag wieder zusammenge­treten, um die Beratungen über den Reichshaushalt und die damit zusammenhängenden Fragen fortzusetzen. Der Ober­bürgermeister von Leipzig , Dr. Goerdeler, mird im Laufe des heutigen Tages zu einer Aussprache mit dem Reichskanzler in Ber­ lin eintreffen. Der Reichskanzler dürfte Goerdeler bei dieser Ge­legenheit das Reichswirtschaftsministerium anbieten. Sollte eine Ginigung nicht zustande tommen, so ist damit zu rechnen, daß Staatssetretär Trendelenburg mit der Wahrnehmung der Ge­fchäfte des Reichswirtschaftsministers beauftragt mind.

das Hauptziel der Sozialisten. Die Bezirksverbände von Paris und den beiden angrenzenden Departements haben bereits in mehreren Fällen ihre Kandidaten zugunsten tommunisti­scher oder sozialistisch- kommunistischer Kandidaten zurückgezogen. Die Rechtsparteien geben die Schlacht noch nicht verloren. Der Propagandachef der republikanischen Föderation erklärt im Echo de Paris", das Kartell der Linken müsse verhindert werden, dazu sei eine leßte Anstrengung der Einigkeit notwendig.

Der in Korsika geschlagene frühere Arbeitsminister Landry hat gegen das Wahlergebnis Protest eingereicht, da nach seiner Ansicht bei der Auszählung der Stimmen Betrügereien vor­gekommen seien.

Sachverständige ohne Sachverstand. Die Nazis und die Kreditverhandlungen des Reiches. Die Nazis machen in letzter Zeit immer frampfhaftere Be mühungen, um sich nach jeder Richtung als regierungsfähig zu er= weisen. Aus diesem Grunde versuchen sie auch, ohne einen Schimmer von Sachkenntnis, aber mit um so größerer Frechheit zu sachlichen politischen Fragen Stellung zu nehmen und bei dieser Gelegenheit Regierung und gegnerische Parteien anzupöbeln. So hat vor einigen Tagen der ,, Angriff" ein paar alberne Fragen an den Reichs­finanzminister Dietrich gerichtet, wie er sich die Verlängerung des Lee Higginson- Kredits von 125 Millionen Dollar denke, der im Oktober zurückgezahlt werden müsse. In Wahrheit tam es dem ,, Angriff" nur darauf an, in diesem Zusammenhang wieder einmal den Genossen Dr. Hilferding herunterzureißen, der angeblich dem Reich diesen Kredit ,, aufgehalft" habe.

Wir können den unerfahrenen Nazis darüber folgende Be= lehrungen zuteil werden lassen:

1. Der dem Reich von dem amerikanischen Bankhaus Lee, Higginson u. Co. gewährte Kredit von 125 Millionen Dollar, dessen jezige Verlängerung bereits gesichert ist, ist nicht unter dem Reichsfinanzminister Hilferding , sondern fast ein Jahr nach dessen Rücktritt im November 1930 von der jetzigen Regie: