Tr. 214 49. Jahrgang
3. Beilage des Vorwärts
Ein Vulkan tötet 30000
Der Untergang von Saint Pierre am 8. mai 1902
Am 9. Mai 1902, lief durch alle Zeitungen der Welt das Telegramm: New York . Der Dampfer ,, Roddam" kehrte heute nach mittag mit der Meldung zurück, daß die Stadt Saint Pierre auf der Insel Martinique durch einen Ausbruch des Mont Belée vollkommen zerstört und der größte Teil seiner Bewohner ums Leben gekommen sei." Als diese Depesche, versteckt zwischen Meldungen von den Gefechten des Burenkrieges und vom Ausgang der französischen Kammerwahlen erschien, ahnte niemand das Eigentümliche dieser fürchterlichen Katastrophe, die durch die Schnelligkeit, mit der sich die Vernichtung abgespielt hatte, an Schrecken selbst den Ausbruch des Krakatau und den Untergang der antiken Städte Pompeji und Herculaneum übertraf.
St. Pierre, Geburtsstadt der französischen Kaiserin Josephine und Hauptstadt der westindischen Insel Martinique , zählte um die Jahrhundertwende etwa 30 000 Einwohner. Sie galt als wohlhabende, als regsame und aufblühende Stadt, deren Hafen von vielen Westindienfahrern angelaufen wurde. Martinique selber ist eine der fruchtbarsten und schönsten Inseln der Kleinen Antillen . Bis zu den Wipfeln seiner Berge bewaldet oder mit reichen Plantagen von Zuckerrohr, Bananen, Kofospalmen, Vanille und Kaffee bedeckt, gleicht sie einem irdischen Paradies. Im Norden der Insel, wenige Kilometer von St. Pierre entfernt, liegt der Mont Pelée , der von den Eingeborenen Pai- Lai, der Berg des Unheils", genannt wird, denn sie glauben, daß ihn böse Geister beherrschen. Da er aber seit seinem letzten Ausbruch im Jahre 1851 feine Spuren bulkanischer Tätigkeit mehr gezeigt hatte, hielt ihn die Wissenschaft für erloschen. Gestützt auf dieses Urteil, hatte man in den letzten Jahren eine breite Kunststraße um den Berg gelegt, und Bananenhaine, Rotoswälder und Zuckerrohrpflanzungen bedeckten seine Abhänge. In dem riesigen Krater hatte sich allmählich ein See gebildet, dessen Wasser man als heilkräftig rühmte, und der für die Bewohner von St. Pierre ein beliebtes Ausflugsziel wurde.
So kam der April 1902 heran, als plöglich der Berg wieder zum Leben erwachte. In seinem Innern rumorte es, Dampf und Rauch drang aus dem Krater. Am 3. Mai, um Mitternacht, wurde die Stadt durch laute Donnerschläge aus dem Schlaf gerissen. Angstvoll strömten die Menschen auf die Straßen. Sie sahen turmhohe Rauchwollen und Flammensäulen aus dem Krater aufsteigen, mährend ein feiner Aschenregen langsam auf die Stadt niederfiel.
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Parnasse den Krater beobachtete, verdanken wir einen Bericht über den Ausbruch des Mont Pelée . Er schrieb in einem Briefe nach Paris :„ Am Morgen fand ich den Krater verhältnismäßig ruhig, von dem starken Ostwind wurden die aufsteigenden Dämpfe zu ſammengepreßt. Wenige Minuten vor 8 Uhr aber stieg eine kleine Rauchwolke über dem Krater auf, der im selben Augenblick eine Riesenwolfe folgte, die sich mit kaum vorstellbarer Schnelle über die ganze Gegend verbreitete. Sie schoß mit Windeseile vorwärts, von einem ohrenbetäubenden Krachen und Donnern begleitet, und bald war ganz St. Pierre von dieser violett leuchtenden, von zahlreichen Blizzen durchzuckten Wolke bedeckt." Kurz darauf mußte Arnaut seinen Beobachtungsplatz aufgeben, denn ein heftiger Wind erhob sich, die Sonne verfinsterte, es regnete Steine, Schlamm und Asche, und über dem Gipfel des Mont Pelée erschien eine 500 meter hohe Feuersäule, die sich langsam nach Westen zu bewegte.
Furchtbar waren die Verheerungen, welche die mit orfanartiger Geschwindigkeit dahinrasende Gaswolke im Hafen anrichtete. Dort lagen neben den Küstenfahrern vier amerikanische Schnellsegler und eine Anzahl Ozeandampfer. Der Erste Offizier der ,, Romaira", der mit vierzehn Matrosen dem Unglüd entrann, berichtete: Im Augenblick schlug eine mächtige Sturmflut über dem Schiffe zu sammen und riß Boote, Tafelage und Schornsteine über Bord. Steine und Schlamm fielen vom Himmel und alles war in finstere Nacht gehüllt. Als wir endlich etwas sehen konnten, maren die Stadt, der Hafen und die Schiffe um uns in ein einziges Flammenmeer gehüllt, und die See bildete einen großen Siedekessel. Während wir mit Bolldampf aufs Meer hinaussteuerten, mußten mir mit Entsetzen beobachten, wie sich am Strande Hunderte von schreienden, vor Angst fopflosen Menschen in das fochende Wasser stürzten."- Außer der Romaira" entfam noch der englische Dampfer Roddam"; die anderen Schiffe, zwei undzwanzig Segler und Dampfer, wurden ein Opfer der Flammen.
Sonntag, 8. Mai 1932
Tagelang standen die Flammen über St. Pierre, das mit den 30 000 Leichen seiner Bewohner einem großen, brennenden Sarge glich. Wenige Stunden nach dem Ausbruch des Mont Pelée wurde der französische Kreuzer Suchet", der in den westindischen Gewässern stationiert war, nach der Stadt entsandt. Aber er fonnte sich der Küste nicht nähern, denn der Strand bildete eine einzige Besatzung halb erstickte. Unter Lebensgefahr retteten die MannFlammenmauer. Dazu war der Aschenregen noch so stark, daß die schaften von den brennenden Schiffen dreißig Verletzte, von denen viele unterwegs starben. Gegen 10 Uhr abends lief der Postdampfer Est" ein. Auch er mußte sieben Kilometer von der Küste entfernt vor Anter gehen. Er feuerte Raketen ab und ließ seine Schein merfer spielen, er gab Dampfsignale, aber er erhielt keine Antmort. St. Pierre war nicht mehr! Am nächsten Morgen sah man, daß das Land im meiten Umkreise einer verlassenen Wüste glich, bedeckt mit Asche und Gesteinstrümmern. Die Flammen fraßen an Stadt, und der Vulkan spie noch immer Feuer und Asche aus seinem den Kirchen, Häusern und Magazinen der Innern.
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Die Nachricht von der Katastrophe verbreitete sich mit Blizes= schnelle in der ganzen Welt, überall Schrecken und Bestürzung ers medend. Sofort wurden Hilfsmaßnahmen in die Wege geleitet, denn die ganze Insel war von Schlamm und Asche wie mit einer grauen Decke überzogen; ihre blühenden Pflanzungen hatte die Gewalt des Feuers und seine sengenden Gase vernichtet. Nach Forte de France famen Scharen hungriger Menschen. Es fehlte an Obdach, Lebensmitteln und Sanitätsmaterial. Eine Hungersnot drohte in Martinique auszubrechen. Hilfe tam von vielen Seiten. Aus allen Ländern liefen Geldspenden ein. Die Stadt Berlin allein bewilligte 50 000 Mart aus ihrem Fonds für unvorhergesehene Zwecke". Von amerikanischen Häfen gingen Schiffe mit Lebensmitteln und Medikamenten in See. Kriegsschiffe begleiteten sie. Um das Unglück voll zu machen, begannen die zahl= reichen kleinen Vulkane in Martinique und den benachbarten Inseln ihre Tätigkeit. Sie forderten noch zahlreiche Opfer. Das Ausmaß der Katastrophe vom 8. Mai jedoch erreichten sie nicht Unglüd steht bis heute vereinzelt in den Geschichtsbüchern der dieses Menschheit
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Kaliban.
Tippmädel im Frühling...
Es ist eine Schreibmaschine, die mich gefangen hält;
ich diene und verdiene. Geld. Geld.
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..Beehre mich, mitzuteilen" zum hunderttausendstenmal die Buchstaben fallen und eilen. Qual. Qual,
Die Bevölkerung geriet in Unruhe. Einige Familien verließen die In Wien : Stadt, aus den umliegenden Orten strömte eine Menge Schutzfuchender in ihre Mauern. In der Frühe des 5. Mai verstärkte fich das Donnern des arbeitenden Berges. Aus dem Kraterjee brachen kochende fochende Schlammassen; ein siedendes, dampfendes Schlammeer wälzte sich den Berg hinunter und ihm, folgte, 7 Meter hoch und fast einen Kilometer breit, ein Strom flüssiger Lava, der in den Rinnen eines ausgetrockneten Sturzbaches mit der Geschwindigkeit eines Expreßzuges von der 1400 Meter hohen Berg Spize ins Meer schoß. Eine ihm im Wege liegende große Zuderfabrik mit Schornsteinen, Hallen und Lagerschuppen wurde wie vom Erdboden wegrafiert. Von ihren 200 Arbeitern konnte sich nicht ein einziger retten. Ja, fo gewaltig war die Wucht des glühenden Stroms, daß bei seinem Einbruch ins Meer die Fluten 100 Meter zurückwichen, um dann in einer riesigen Springwelle an die Küfte zu schlagen. Zugleich stiegen riesige Dampffäulen auf. Während der ganzen Zeit aber war die Luft von einem Getöse, von Bligen und Donnerschlägen erfüllt, die den ganzen Tag über anhielten. Noch in der Nacht sahen die Einwohner von St. Pierre den Gipfel des Mont Belée in ein Flammenmeer gehüllt. Auch fonnten sie deutlich schwächere Erdstöße wahrnehmen. Das Donnern aber hörte man sogar noch auf der 500 Kilometer entfernten Insel St. Thomas.
Es ist eine Schreibmaschine, die mich gefangen hält,
die Maschine, an der ich verdiene. Geld. Geld.
Draußen wird es dunkel. Nacht.
Die Kollegen grüßen flüchtig; es roird Schluß gemacht.
Auf der Gasse. Wieder. Ich bin nicht einmal so müd. Warum nur hämmert der Kopf so viel das dumme Lied?
Just heut' por dreißig Jahren mard ich geboren.
Wo hab' ich meine Sehnsucht hin? Verloren.
Hätte man nun die Stadt räumen lassen, so wäre das Leben Tausender erhalten geblieben. So aber waren die Bewohner von St. Pierre, wie alle Menschen in vulkanischen Gegenden, an leichte Eruptionen gewöhnt, von einer erstaunlichen Sorglosigkeit erfüllt. Zudem bestritt eine vom Gouverneur eingefeßte wissenschaftliche Kommiffion noch am Vortage der Katastrophe jede Gefahr, und ein Professor des Lyzeums erklärte: Der Mont Belée bedeute für St. Pierre die gleiche Gefahr, wie der Vesuv für die Stadt Neapel ! Um die Täuschung vollkommen zu machen, begann die Tätigkeit des In Berlin : Kraters nachzulassen. So brach der 8. Mai an, der Himmel= fahrtstag des Jahres 1902. Die Straßen füllten sich mit Menschen. Im Hafen erschien der Regierungsdampfer ,, Grappler", um das zerstörte Kabel Martinique - Santa Lucia zu reparieren. Die Erdstöße waren fast verschwunden. Es schien, als sei der Mont Belée zur Ruhe gekommen.
Aber wenige Minuten vor 8 Uhr geschah unter ohrenbetäubendem Krachen, anzuhören, als berste die Erde, jener furchtbare Aus bruch, der das Ende von St. Pierre bedeutete. Jm nu war der Himmel von einer ungeheuren Rauchwolke verfinstert, die fich fächerförmig ausbreitete, während gleichzeitig ein Regen flüffiger Lava die Stadt überschhüttete. Mit einer unbeschreiblichen Schnelligkeit vollzog sich die Katastrophe, Ein Gluthauch, eine Welle siedendheißer Gafe ging über St. Pierre hinweg, und wie in einer ungeheuren Stichflamme erstickte und verbrannte alles Lebende, ver. brannten 30 000 Menschen Nur zwei von ihnen überlebten die Katastrophe. Sie verdankten ihre Rettung lediglich dem Umstand, daß sie sich zufällig in verschlossenen Kellergewölben befanden. Sie erzählten, die Luft um sie sei plötzlich kochend heiß geworden, und hätte sie durch die Kleider hindurch am ganzen Körper verbrüht. Minutenlang habe man auf der Straße das Todesgeschrei der verbrennenden Menschen gehört, dann sei es verstummt und die Häuser hätten sich von der Glut entzündet. Mit der letzten Kraft seien sie aus der brennenden Stadt geflohen, halberstickt von dem Ascheregen, der unaufhörlich vom Himmel niederfiel, und stolpernd über die am Boden liegenden Leichen.
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Oskar Wöhrle.
Beinahe ein Märchen/ Von Kurt Schmeltzer Eingeengt zwischen den riesigen Häusern der Hauptstraße steht ein fleines Haus wie vergessen in der großen Stadt. Ganz ungehörig fieht es hier aus mit dem braunen, niedrigen Ziegeldach und der Steintreppe, die zu seinem Eingang führt.
Die Menschen wegen daran vorüber, auf dem Fahrdamm sausen Autos und Wagen, auf ihren Schienen flingelt die Straßenbahn I hin und her, hin und her.
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An einem Fenster des kleinen Hauses sitzt eine alte, dicke Frau. Alle Tage fizt sie da; die Menschen, die oft vorbeikommen, fennen fie längst, und es ist schon soweit gekommen, daß sie sich in ihrem Tagewert nach ihr richten. Die Kinder, die morgens auf dem Schulweg vorübergehen, sagen:„ Ach, die dice Frau trinkt noch Kaffee, da ist's noch nicht acht: Uhr wir kommen zurecht!" Wenn sie aus der Schule zurückkehren, sehen sie sie Mittagsbrot essen denn sie tut das alles am Fenster, und alles genau auf den Glockenschlag. Sogar er Zeitungsjunge, der die Abendblätter austrägt, sieht nach ihr, und wenn sie gerade beim Abendessen ist, kriegt auch der Herr Direktor gegenüber seine Zeitung pünktlich, und wird nicht schimpfen, weil er zu spät ins Theater fommt.
So ist das schon viele Jahre gegangen und nun richtet sogar der Türmer der Nikolaikirche, der oben aus dem Schalloch gerade auf das Häuschen und die dicke Frau sehen kann, seine Turmuhr nach ihr, und nach der. Turmuhr wieder stellen die Leute ihre Taschenuhren.
Es gibt Menschen, die haben den Beruf, immer das Neueste ausfindig zu machen, um es in die Zeitung zu schreiben. Die Leute, die die Zeitung lesen, warten darauf, weil sie glauben, das Neueste sei immer das Schönste und Beste.
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