Aniwori an Brüning.
Oiefranzösische�epubli?: ,Herr Kanzler, Ihre Mahnungen in allen Ehren. Aber wenn Ihre Dame sich auf den Weg nach ganz rechts kapriziert, während ich scharf nach links gehe, so werden wir schwerlich zusammenkommen!�
Arbeiterschaft, die auch in ibrer schwersten Not den Staat verteidigt hat, ein volles Recht.(Zuruf rechts: vis haben dock) im Lustgarten gesagt, das fei nicht Ihr Staat.) Gewiß, weil es ein kapitalistischer Staat ist, aber wir sichern seine Fundamente, um aus ihnen den Sozialismus aufzubauen— Sie dagegen wollen die Fundamente zerstören. Der Kopitalismus wehrt sich gegen die Vierzigstundenwoche und gegen andere Eingriffe des Staates, die mit dem wirtschaftlichen Liberalismus unvereinbar seien. Der aber gehört der Geschichte an, und ein? wirlschost, die sich auf Schritt und Tritt vom Staat siib- ventionieren läßt, hat nicht das Recht, sich zum Herren des Staates auszuwerfen. Unter Freiheit der Wirtschaft meint man die Freiheit der Aus- beutung Der Kapitalismus aber ist mit seiner Weisheit zu Ende. Neue Wirtschaftsformen müssen geschaffen werden. Wir sagen nicht wie Sie(nach rechts), zurück zu der rückschrittlichen Romantik eines Ständestaates, sondern vorwärts zum Sozialismus!(Lebhafter an- haltender Beifall der Sozialdemokraten.) Abg. Schneller(Komm.) spricht zuerst gegen die Sozialdemo- kratie, dann über deutsche Beteiligung an dem angeblichen Aufmarsch gegen die Sowjetunion und schließlich gegen das Verbot der Gott- losenbewegung. Abg. Reinhardt(Nsoz.) wiederholt srühere Ausführungen, daß die Kreditaufnahme der Reichsrcgierung verfassungswidrig und verfehlt fei. Er kündigt einen Antrag am Minifteronklage an. Um 18� Uhr oertagt das Haus die Weitcrberatung auf heute, Dienstag, 11 Uhr. Mißtrauensanträge. Dem Reichstag liegt eiue Anzahl von Mißtrauens anträgev vor. Sie gehen aus von Nationalsozialisten. Deutschvationalen und Kam- mumsten und richten sich gegen das Gefamlkabinett. gegen Groener, Dietrich und Stegerwald.
Reichsgericht gegen Staat. Es legalisiert BollfireckungSvereitelung. Es ist vielleicht einer der bleibenden Nachteile der Be- rufs- gegenüber den Geschworenengerichten, daß sich die Berufsgerichte verpflichtet fühlen, für politische Akte juristische Begründungen zu suchen. Diese alte Erfahrung wird aufs neue bestätigt durch ein aufsehenerregendes Urteil, das der 2. Strafsenat des Reichsgerichts unter dem Vorsitz des Senats- Präsidenten Dr. Witt in einem ostpreußischen Bauernprozeß gefällt hat. Da haben sich einige ostpreußische Grundbesitzer im Früh- jähr 1930 damit beschäftigt, systematisch die Zwangsversteige- rung von Bauerngütern zu verhindern. Sie trugen in der bekannten Weise dafür Sorge, daß bei jeder Z'wangsver- steige rung große Massen von Bauern durch ihr Erscheinen das Bieten bei der Zwangsversteigerung unmöglich machten-, teilweise wurden auch die Gerichtsvollzieher an der Ausübung ihrer Amtspflicht durch Gewalt gehindert. Während das Landgericht Königsberg diese Grundbesitzer zu e r- heblichen Gefängnis st rasen verurteilt hat, hat sie der 2. Strafsenat des Reichsgerichts freige- sprachen. Der eigenartige Spruch wurde mit einem Hin- weis auf die entschuldbare Annahme eines Übergesetz- lichen Notstandes seitens der Beteiligten begründet. Die Angeklagten seien der Meinung gewesen, so sagt das Gericht, die Notlage, in der sich die ostpreußischen Bauern befänden, gebe ihnen ein Recht, sich zur Wehr zu setzen. In dresem Bewußtsein hätten sie ihre Maßnahmen ins Werk ge- fegt, und sie seien deshalb gemäß§ SS des Strafgesetzbuches freizusprechen. Es ist kaum glaubhaft, daß sich der Senat der unabfsh- baren Folgerungen, die dieser Spruch in juristisch-methodi- scher sowie in politischer Hinsicht nach sich ziehen muß. voll- kommen bewußt gewesen ist. Die juristische Konstruktion des übergesetzlichen Notstandes beruht auf der Erwägung, daß es zulässig lein muß, beim Widerstreit zweier rechtlich geschützte: Güter das wertvollere auf Kosten des geringeren zu er- halten. Ihr Hauptanwendungsfall liegt auf dem Gebiet der Schwangerschaftsunterbrechung zur Rettung des gefährdeten Lebens der Mutter. Wie dieses Beispiel zeigt, hat dieser Satz seine Berechtigung für die Wertung individueller Der- haltensweisen innerhalb einer gegebenen Staatsordnung. E r führt zur Staatsauflösung, wenn man ver» sucht, ihn gegen den Staat selb st zu ge- brauchen. Dies ist aber dann der Fall, wenn der Bürger gegenüber gesetzlichen Handlungen gesetzlicher Staatsorgane sich unter Billigung des höchsten Gerichtshofes zur Wehr setzen kann. Uebergesetzlicher Notstand kann in einem geord- neten Staatswesen nur dann vorliegen, wenn der Staat nicht entschieden hat, welchem Rechtsgut der Vorzug vor dem anderen zu gewähren ist. Wenn aber dem gesetzmäßig handelnden Beamten gegenüber der gesetzwidrig Handelnde sich auf Notstand berufen kann, so heißt das nicht mehr und nicht weniger, als daß die Rechtsprechung, d. h. das Reichsgericht, darüber entscheidet. welche Gesetze gelten. Nicht der Gesetzgeber bestimmt die Richtlinien der Wirtschaftspolitik, sondern das Reichs- gericht entscheidet mit der Frage der Zumutbarkeit von Ge- setzen gleichzeitig auch die Frage der richtigen Wirtschafts- Politik. Was ist aber die politische, man möchte fast sagen die togespolitische Bedeutung eines solchen Urteils? Es bedeutet eine unmittelbare Bevorzugung der landwirtschaftlichen vor der Arbeiterbevölkerung. Hat der 2. Strafsenat des Reichs- gerichts sich dabei überlegt, daß auch andere Bevölkerung�- gruppen, denen gegenüber keinerlei Subventions- und Ost- bilfepolitik getrieben worden ist, sich mit mindestens dem gleichen Recht auf einen übergesetzlichen Notstand dem Straf- gesetz gegenüber berufen könnten? Kommt hier nicht wieder deutlich,"ach. allzu deutlich die alte Bevorzugung der Begütert e n durch die Strasjustizbehörden zum Vorschein? Durch die Zwangsvollstreckung in seinen Grundbesitz gerät anscheinend der Landwirt in eine solche Rot. daß selbst die- jenigen straflos bleiben sollen, die eine großzügige Derhin- derung dieser Not durch einen Privat krieg gegen den Gerichtsvollzieher organisieren. Aber hat sich das Reichsgericht auch einmal überlegt, um wieviel Stufen die tüchtigen Organisatoren der Zwangsvoll- streckungsvereitelung der wirklichen Not ferner stehen a l s ein vor dem Strasrichter wegen Diebstahls erscheinender ausgesteuerter Arbeitsloser? Deshalb fragen wir: Ist das Reichsgericht bereit, auch gegen- über dem wahrlich viel unmittelbareren Notstand ausgesteuer- (er Arbeitsloser die Folgerung seiner silristisch-n Konstruktion zu ziehen? Und wenn es diese Konsequenz, was wir hoffen, bejaht, nun, dann können wir wenigstens einen großen Ab- bau vornehmen: den Abbau der Strafjustiz- beHorden!
Die Arbeitslosenversicherung ist bedroht. Von drei Seiten hat der Sturm gegen sie eingesetzt: vom Städtetag, vom Reichsfinanzministerium und— von den Arbeitgebern au?. Der Vorsitzende de ? Allgemeinen Deutschen Gewerk» schaftsbundes, Theodor Leipart . hat deshalb am Montag an den Reichskanzler folgenden Brief gerichtet: „Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Wie uns bekannt geworden ist, beschäftigt sich das Reichskabinett in diesen Togen unter anderem mit der Frage der Neuregelung der Arbeitslosen Versorgung. Die Entscheidungen, die hier zur Erörterung stehen, find für die Gewerkschaften van so außerordentlicher Bedeutung, daß ich nicht versäumen möchte, in letzter Stunde unseren Standpunkt zu dieser Frage noch einmal darzulegen. Es besteht kein Streit darüber, daß eine Zusammen» legung der K r is« n fürs o r ge mit der Wohlfahrt?- pflege, soweit ihr die Betreuung der Wohlfahrtserwerbs- losen obliegt, erfolgen muß. Daß wir die Schaffung einer solchen Arbeitslosensürsorge neben der Arbeitslosenversicherung nicht auf dem untersten Niveau, nämlich dem der Wohl-
Alldeutsche gegen Hmdenburg. Er ist ihnen zu legal! Der alldeutsche Verband hat am Sonntag eine Vor- standssitzung abgehalten. Dabei hat Iustizrat C l a ß, der Erfinder des„legalen" Staatsstreichs, eine wütende Angriffs- rede gegen den Reichspräsidenten gehalten. Der Reichs- Präsident trage in noch höherem Maße als der Reichs- kanzler die Verantwortung dafür, daß der wirtschaftliche und politische Zustand ernster sei als zuvor: .Wer sich wie Fcldmarschall von Hindenburg von einem falsch verstandenen Begriff der Ueberparteilichkeit leiten läßt, wer an eine ebenso peinlich wie eng ausgelegte.formal« Legalität" gebunden ist, der wird sich nicht unter dem Eindruck der äußer» sten Not zu Entschlüssen aufraffen, die längst notwendig, aber auch längst möglich gewesen sind. Aber die Dinge rein nach der engsten Lehre von der parla in entarischen Mehrheit zu be- handeln, heißt Deutschland aufs Spiel setzen, heißt den gesunöen, rettungswilligen Kräften der nationalen Opposition den Zutritt zur Macht verweigern, weil ein tückischer Zufall ihr im Reichstag etwa gerade eine Stimme zu wenig zugesprochen hat. In Preußen näherte sich der parlamentarische Zustand diesem aufs äußerste zu- gespitzten Beispiel. In dem Falle kann, wer nur an die parlamen- tarischen Zahlensragen denkt, ein« rettende Tat nicht oerrichten, und so sehen wir, daß unser Baterland unter Hinden- burgs Oberhauptschaft immer tiefer ins Verder- den g e r a t e n ist. Das ist das Besondere im Trauerspiel unserer Zeit, daß der Feldmarschall als Reichsaberhaupt die Fühlung mit der Volksseele verloren hat. Der Feldmarschall aber stellt sich als Reichsoberhaupt gegen jenen Sturm des leidenschaftlichen Volks- gefühls und hält seine Hand über eine Regierung, der Größe, Glück und Geschick in einzigartiger Weise fehlen." Was Herr C l a ß von Hindenburg verlangt, ist nicht mehr und nicht weniger als Eidbruch und Staatsstreich. El a ß denkt nicht etwa an eine Nazikoalition mit dem Zentrum in Preußen. Er schlägt vielmehr auf das Zentrum und versichert: „Wenn man die Behauptung hört oder liest, die Parteien der nationalen Opposition oder«in« von ihnen sollte sich mit dem Zentrum oerbinden, um ein« brauch bare Regierung zunächst in Preußen zu bilden, so können wir nur sagen: Gott bewahre Deutschland vor diesem Schick, sal!" Was will er also? Er will den Bruch mit der„for- Mellen Legalität", und als Ziel schwebt ihm vor„die Auf- erftehung des deutschen Kaisertums Hohen- zollernschen Gepräges". Das ist alles ganz legall
fahrtspflege, durchgeführt wissen wollen, ist der Reichsregierung durch unsere wiederholten Kundgebungen bekannt. Eine mindestens gleiche Bedeutung müssen wir aber unserer immer wieder erhobenen Forderung noch Aufrechterhaltung der Arbeitslosen- Versicherung beimessen. Es besteht unseres Erachten» auch heute noch kein sachlicher Grund, die Versicherung zugunsten einer allgemeinen Arbeitslosenfürsorge zu beseitigen, vielmehr besteht nach wie vor die Verpflichtung, dem beträchtlichen Beitragsaufkommen. aus dem heute die Versicherung ausschließlich finanziert wird, auch Rechte gegenüberzustellen, die über den Anspruch eines Fürsorge- empfängers hinausgehen. Wir würden es darum als«in großes Unrecht ansehen müssen, wenn etwa zugunsten der im übrigen zweifellos gewaltig über- schätzten und übertriebenen Ersparnismöglichkeiten d:e Reichsregie- rung auf die Aufrechterhaltung der Arbeitslosenversicherung verzichten wallte. Ich darf daher die Hoffnung aussprechen, daß die schwerwiegen- den Gründe, aus denen heraus wir in der Vergangenheit stets f ü r die Aufrechterh altung der A rb e i t s lo s e n v e rsi ch e- rung eingetreten sind, auch bei den jetzigen Beratungen des Reichs» kabinetts gebührende Beachtung finden."
Gegen die Justiz von Schlesien . Revision gegen das empörende Urteil im Vantauer Prozeß. Oppeln , 9. Mai. Von dem hiesigen Trhwurgericht hatten sich vor fünf Tagen vierzehn Nationalsozialisten wegen Totschlags an dem Arbeiter Bassy zn verantworten. Sechs von ihnen wurden freigesprochen, die übrigen acht er- hielten Gefängnisstrafen von drei Monaten bis zu drei Jahren. Gegen dieses Urteil hat nun die Staatsanwalt- schaft in vollem Umfange Revision eingelegt. Die Versailler Präsidentenwahl. Eine Einheitskandidatur? Paris , S. Mai.(Eigenbericht.) Außer Lebruns Fraktion im Senat, der republikanischen Union, hat sich auch die Wittelgruppe, die republikanisch« Linke, für sein« Kandidatur ausgesprochen. Die demokratische Linke, d. h. die r a d i- k a l e Fraktion, hat sich angesichts der beiden Kandidaten Lebrun und Painlcv« für keinen Kandidaten entschieden, sondern ihren Vorsitzenden beaustragt. Lebrun und Painleve zu bitten, sich über eine Einheitskandidatur zu einigen. painlevä verzichtet. Paris , v. Mai. Painleve hat seine Kandidatur für die Präsidentschaft der Republik zurückgezogen. Die Krage der künstigen Regierung. Paris , 9. Mai. (Eigenbericht.) Ein Mitglied des Exekutioausschusses der Radikalen Partei er- klärte dem Pariser Korrespondenten des„Soz. Pressedienst": Da die Radikalen die stärkste Kammerfraktion geworden sind, wird der Staatspräsident H e r r i o t mit der Kabinettsbildung beauftragen. Die Radikalen werden dann ein Rcgierungsprögramm ausarbeiten. das sie ollen Links- und Mittelparteien unterbreiten werden. Die Sozialisten, die vom 29. Mai bis zum 2. Juni in Pari» ihren Landeskongreß abhalten, werden dann darüber zu entscheiden haben. ob sie dieses Programm annehmen können oder nicht. Je nach der Antwort der Sozialisten wird Herriot ein Link», oder«in Kon- zentrotionskabinett bilden. Gegen dos USA.-bonsulal in Nagasaki (Japan ) ist eine Bomb« geschleudert morden, vermutlich von einem fahrenden Auto aus Der angerichtete Brand konnte rasch gelöscht werden. Personen wurden nicht verletzt.