Morgenausgabe
Jr. 222
A 112
49. Jahrgang
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Der„ Borwärts erscheint modhentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel„ Dez Abend". Jllustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit"
Freitag
13. Mai 1932
Groß Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.
Die einipalt. Millimeterzefle 30 f. Rellamezeile 2.- M. Kleine An zeigen" bas fettgedrudte Wort 20 Bf. ( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 10 Bf. Rabatt It. Tarif. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Millimeter. zeile 25 Pf. Familienanzeigen Milli. meterzeile 16 Bf. Anzeigenannchme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr Der Verlag behält sich das Recht der Ab. lehnung nicht genehmer Anzeigen vor!
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Wie WTB. von unterrichteter Seite erfährt, wird Reichsminister Groener den Reichskanzler und den Reichspräsidenten bitten, ihm sein Amt als Reichswehrminister abzunehmen und ihm ausschließlich das Reichsministerium des Innern zu übertragen.
Ueber die Gründe, die Minister Groener zu diesem Entschluß bewogen haben, erfährt WTB. folgendes:
Er sehe die ihm im Oktober 1931 übertragene Aufgabe, die Reichsautorität durch Zusammenfassung aller Mittel des Reichs in der besonders schwierigen Zeit des Winters zu sichern, als erfüllt an, die weitere Leitung beider Ministerien werde seine Kraft übermäßig in Anspruch nehmen.
Außerdem sei die gleichzeitige Verwaltung eines ausgesprochenen politischen Ministeriums, wie die des Reichsministeriums des Innern, durch den
Reichswehrminister mit dem unpolitischen und über parteilichen Charakter der Reichswehr auf die Dauer parteilichen Charakter der Reichswehr auf die Dauer nicht zu vereinbaren.
Da er im Reichsinnenministerium eine Reihe von Aufgaben in Angriff genommen habe, an deren Durchführung ihm besonders liege, wolle er in der Lage sein, in Zukunft seine ganze Arbeitskraft diesem Ministerium zu widmen.
In die tief erregte Stimmung des Reichstags platzte gestern nachmittag wie eine Bombe die Nachricht, daß Groener als Reichswehrminister seinen Abschied nehme. Biele sahen darin den Anfang vom Ende. Die politische Weltuntergangsstimmung wurde verstärkt durch das Gerücht, daß Groeners Abschied von der Bendlerstraße auf ein ,, Ulti matum der Generäle" zurückzuführen sei. Dieses Gerücht wurde von amtlicher Seite entschieden dementiert.
Eben erst hatte der Reichstag durch Ablehnung eines Mißfrauensantrages das Kabinett Brüning in seinem Amte bestätigt und ihm durch Annahme eines Kreditgesetzes ein schließlich einer Anleihe für Arbeitsbeschaffung- die Möglichkeit zum Weiterarbeiten geschaffen. Eben erft hatte sich die echte Berbrechergesinnung der Leute, die im Reich und in Preußen an die Macht wollen, in einem ab stoßenden Roheitsaft enthüllt. Sollte der Rücktritt des Reichswehrministers nun doch einen Triumph der Heines Partei bedeuten? Und hatten hohe Offiziere, statt ihrem Borgesetzten die Treue zu halten, mit der Heines- Partei zufammen gegen jenen Borgesetzten konspiriert?
Wäre dem wirklich so und wären Groener, Brüning und zuletzt Hindenburg vor einer solchen Konspiration zurückgewichen, so wäre das in der Tat ein Zusammenbruch der Staatsautorität und das in einer Zeit, die mehr als jede andere eine feste Führung verlangt. Der Sturz Groeners auch als Innenminister und das Verschwinden des ganzen Kabinetts Brüning wäre nur die natürliche Folge eines so schmählichen Rückzugs.
Indes werden gegen eine so pessimistische Auffassung triftige Gründe angeführt. Es wird versichert, daß das Reichswehrminifterium eben darum entpolitisiert werden soll, weil man es vor der Gefahr schützen will, eine Einbruchsstelle für den Faschismus zu werden. Vor allem aber weist man darauf hin, daß Groener gerade in der Funktion bleibé, gegen die sich die Angriffe seiner Gegner richteten: als Reichsinnenminister habe er die SA. aufgelöst und der Forderung der Rechten, dann auch das Reichsbanner aufzulösen, Widerstand geleistet. Als Reichs innenminister solle er nun gerade in seinem Amte bestätigt werden. Sei er bisher Reichswehrminister gewesen und nur als solcher mit der Führung der Geschäfte des Reichsinnenministers beauftragt, so folle er jetzt erst zum Reichsinnen minifter ernannt werden, das aber sei alles andere als eine Rapitulation vor seinen Gegnern.
finden wird. Er muß aber auch Politiker genug sein, um zu verstehen, daß er dieses Vertrauens bedarf, wenn er seine Aufgabe erfüllen will.
Welche von den beiden Auffassungen die richtige ist, läßt| fanisch gesinnten Bevölkerung nicht allzuviel Vertrauen sich schwer entscheiden. Wahrscheinlich ist keine ganz richtig und feine ganz falsch; es ringen verschiedene Ten denzen miteinander, und es wird darauf ankommen, welche von ihnen sich durchsetzt.
Die Regierung Brüning muß wiffen, ob sie Groener hat bei seinem letzten Auftreten im Reichstag tapitulieren oder fäntpfen will. Ein drittes gibt es nicht. den ersten Blid anmerken, daß er im Kampfe gegen eine den Frid, Göring , Straßer und eines die weiße nicht geistig, aber förperlich versagt. Jeder mußte ihm auf Sie kann in die Geschicht eingehen als die Regierung, die vor schwere Indisposition seine Pflicht zu erfüllen bestrebt war. Fahne aufgezogen hat. Oder sie kann in die Geschichte einFür Menschen mit normalem Empfinden ist in solchen Fällen gehen als die Regierung, die Deutschland in allerschwerster eine gewisse Rücksicht Selbstverständlichkeit. Die National Beit und in allerhärtesten Kämpfen davor bewahrt hat, einer sozialisten aber sahen in dem franken Mann ein waidwundes Verbrechergesellschaft als Beute zuzufallen. Zwischen diesen Bild, und sie machten sich fröhlich daran, es zu Tode zu beiden historischen Rollen muß sie wählen. Will sie den hezen. Für sie war es ja auch ein Glücksfall, daß der Arm Kampf gegen das politisch mastierte Verbrechertum der versagte, der eben zu einem moralisch vernichtenden NSDAP . aufnehmen, so wird sie sich auf die Arbeiterschaft Schlag gegen sie ausholte, daß die Anklage des dazu beſtüßen fönnen vorausgesetzt, daß sie ihre Rechte achtet und rufensten Mannes gegen ihr landesverräterisches für den notwendigen Lebensunterhalt sorgt. Treiben mit stodender Stimme vorgetragen wurde und Das Problem der Versorgung der notleiden. in Gebrüll und Gelächter erstickt werden konnte. Für die ganze den Volksmassen ist brennend wie noch nie. Rechtspresse sah es denn am Tage danach so aus, als ob das Es muß gelöst werden. Bei dem gegenwärtigen Stand der nationalsozialistischen Landesverrats gewesen wäre, sondern ausreichenden Ernährung des Volkes keine unlösbare Aufgabe. eigentliche Ereignis des Tages nicht die Enthüllung des landwirtschaftlichen Produktion ist die Sicherstellung einer die Atemnot, von der der Ministes beim Sprechen befallen worden war.
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Die Zusammenlegung mehrerer Ministerien in einer Hand- das sollte auch Brüning bedenken stellt in dieser Zeit an den einzelnen Mann Anforderungen, denen feiner gewachsen ist. Man kann sich darum zufrieden geben, wenn Groener Reichsinnenminister bleibt vorausgesetzt, daß er das in Zukunft ganz ist. Es kann uns symbolisch ge= - symbolisch gesprochenrecht sein, wenn wir einen Reichsinnenminister bekommen, der nicht zwischen der Bendlerstraße und dem Plaz der Republik hin- und herpendelt, sondern dauernd auf dem Plaz der Republik bleibt. Nur muß sich dieser Reichsinnenminister, dessen bewußt sein, daß es jeßt seine Aufgabe ist, in schmerster Notzeit die Republik gegen ihre verbrecherischen Feinde zu verteidigen. Es versteht sich von selbst, daß der zukünftige Reichsinnenminister in dem neuen Reichswehrminister eine Stüße haben muß. Der Reichswehrminister soll sich nicht, wie es der Innenminister muß, in die Politik einmischen, aber seine Aufgabe muß sein, die Armee der Republif vor dem Verdacht zu schüßen, daß sie mit den Feinden der Republik gemeinsame Sache machen könnte. Groeners Nachfolger man nennt als solchen den Chef der Marineleitung Admiral Raeder wird es verstehen müssen, daß er zunächst in der republi
Die demokratisch und sozialistisch gesinnten Arbeitermassen find bereit, jeder Regierung zu helfen, die ernstlich gegen das politisch mastierte Verbrechertum tämpfen will. Aber sie fönnen sich nicht auf die Regierung, sondern nur auf fich selber verlassen. Sie müssen unter entschiedener Ablehnung aller tommunistischen 3er= se gungstendenzen, die in der lodenden Maste sogenannter ,, Einheitsfronten" auftreten fester denn je zu= sammenstehen und zum Einsatz aller Kräfte bereit sein!
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Rein Schritt der Heeres- und Marineleitung.
Amtlich wird mitgeteilt: In der Presse wird behauptet, daß dem Gesuch des Reichsministers Groener um Enthebung von feinem Amte als Reichswehrminister ein Schrift der Chefs der Heeres- und Marineleitung vorausgegangen fei. Hierzu wird erklärt, daß diese Behauptung unwahr ist und nicht den Tatfechen entspricht.
Hindenburg nach Neudec abgereift. Reichspräsident von Hindenburg hat gestern abend mit dem Jug 7.31 Uhr, ab Bahnhof Friedrichstraße , Berlin verlaffen, um auf seinem Befih Neuded einen furzen Pfingstaufenthalt zu nehmen.
Polizei im Reichstagssaal.
Die vier Nazi- Reichstagsabgeordneten, die den leber fall auf Dr. Klotz im Reichstag unternommen haben, sind gestern nachmittag nach der Aufhebung der Sikung von der Polizei im Reichstag festgenommen und nach dem Polizeipräsidium gebracht worden.
Drei von ihnen, die Schläger Heines, Stegmann und Weikel, werden heute vor dem Schnellrichter abgeurteilt. Dr. Klotz ist als Nebenkläger zugelassen.
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| Sozialdemokraten vor, daß sie von Gewalttaten gegen Kommunisten weniger Aufhebens machten. Jetzt fäßen die Sozialdemokraten da wie geprügelte Hunde.( Erregte Gegenrufe der Soz. Lärm.) Der Vertagungsantrag wird angenommen, die Situng unterbrochen. Während der Pause berät die sozialdemokratische Fraktion. Nach mehr als 1½stündiger Pause eröffnet Präsident Löbe
um 3 Uhr die Situng wieder und teilt mit: Ich habe der Polizei die mir zustehende Befugnis zur Verfolgung der im Hause verübten Straftaten übertragen und alle zur Verhütung einer Verdunkelung notwendigen Vorkeh
In der gestrigen Reichstagsfizung waren gegen 1 Uhr die Miß trauensanträge gegen die Reichsregierung in namentlicher Abstim mung mit 287 gegen 257 Stimmen abgelehnt worden. Bevor weiter abgestimmt wurde erklärte Stunde zu unterbrechen, damit wir Gelegenheit haben, die geteilt worden, daß inzwischen der Frau des hier im Abg. Diffmann( Soz.): Wir beantragen, die Sigung um einerungen getroffen.( Lebhafter Beifall.) Mir ist noch mit. unerhörten Borgänge, die sich vorhin abgespielt haben, durchzu ist, ihr Mann habe sich hier ungebührlich betragen, sei Hause niedergeschlagenen Mannes telephoniert worden sprechen. dafür niedergeschlagen worden und sie solle herkommen Abg. Torgeler( Rommm) stimmt der Bertagung zu und wirft den und sich seine Knochen abholen.( Tosende Pfui- Rufe.)
Abg. Dr. Frid( soz.) widerspricht diesem Antrag.