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Nieder mit dem Marxismus ! Strasse?

,3ü Befehl: sollen die Bücher auch verbrannt werden?" »Augenblick noch warten! Erst will ich mir ein paar Ideen daraus notieren!'

Frankreich und. die Kanzlerrede. Wüste Nationalistenhetze.- Die Wahrheit links!

Paris , 12. Mai. (Eigenbericht.) Die jüngste Reichsiagsrede Brünings wird von den meisten Pariser Blättern aufs schärfste angegriffen. Der nationalistischeT e m p s" schreibt: Man kann sagen, daß der Reichskanzler diesmal die Maske abgeworfen und sich mit brutaler Offenheit zugunsten der ultranationalistischen Thesen aus dem Gebiet' der Abrüstung und der Reparationen aus­gesprochen hat.(!!) Daß alle Deutschen die Gleichberechtigung auf militärischem Gebiet und die einfache Streichung der Repa- rationen verlangen, war bekannt. Daß die Reichsrcgierung es wogen würde, durch die Stimme ihres verantwortlichen Führers offen diese radikalen Lösungen zu verlangen, bevor noch die Ver- Handlungen mit den interessierten Regierungen eingeleitet sind, daran konnte man zweifeln. Die Rede des Reichskanzlers?at hauptsächlich den Charakter einer inner politischen Operation. Aber dieses Argument ist bedeutungslos geworden. Brüning manövriert nach rechts. m>t7 einer Schärfe, die feine eigenen Anhänger überrascht. Ob die Nazis an der Regierung teilnehmen oder nicht, hat jetzt

nur noch relative Bedeutung, nachdem der Reichskanzler entschlossen zu sein scheint, gegenüber den anderen Mächten ihre Politik in bezug auf die wahren Ziele Deutschlands zu erreichen." Das.schwerindustrielleJournal des Debats " sagt: Brüning hat mit seiner Rede seine Offensive gegen die Verträge noch verstärkt. Es gibt jetzt keinen Unterschied mehr zwischen seiner Politik und der der Nazis. Man kann nicht mehr von Verhano- lungen sprechen; in Berlin werden jetzt Ultimaten an die Welt und besonders an Frankreich gerichtet." Der entschieden linkeParis S o i r" dagegen sührt aus, daß die Rede nichts Neues über die Stellung der Reichsregierung zu den großen internationalen Problemen gebracht habe, nur ihr Ton sei n e u. In krafwollen und unnachgiebigen Aus- drücken habe Brüning diesmal dem Willen des deutschen Volkes Ausdruck gegeben, sich von den Versaillcr Ketten zu befreien. Der Kanzler habe nämlich vor dem Reichstag gesprochen, wo er einen Teil der Rechten brauche, um eine Mehrheit zu erreichen, aber in den internationalen Verhandlungen der nächsten Monate werde er sicherlich seine ganze Diplomatie wiederfinden.

Theologen oder Teufelsanbeter Evangelische Kirche und Nationalsozialisten. Die evangelische Theologenschaft der Universität G ö t t i n g en veranstaltete ihren ersten Vortragsabend im Sommer- femester mit dem Gegenstand:Christentum und Ratio- nalsozialisüiu s", worüber der Heidelberger Privatdozent Dr. W e n d l a n d sprach. In der Aussprache über den Vortrag, der noch gewisse Bedenken und Borbehalte zum Ausdruck brachte, erklärte ein Pastor Mattiat unter dem jubelnden Bei- fall der jungen Theologen: Wir sehen im Nationalsozialismus die deutsche Freiheits- bewegung, zu der wir uns bekennen würden, selbst wenn sie im Namen des Teufels geführt würde." Kein Anwesender, auch keiner der Theologie-Präses- foren widersprach diesem Bekenntnis! Die theologische Fakultät in Göttingen ist nicht die erste beste. Hat Köttingen immer«inen hohen Rang als Universität«inge- nommen, so war sie 1864 bis 1889, als dort Albrecht R i t s ch l Dogmatil lehrte, ein Mittelpunkt theologischen Denkens und Forschens. Die Ritschlsche Schule, der u. a. auch Adolf Harnack angehörte, nahm eine scharfe Trennung zwischen Glaubenslehre und Metaphysik(Welterkenntnts) vor und verzichtete bewußt auf den sonst von der Kirche vertretenen Anspru6> auf den Besitz der un- bedingten Wahrheit, auf die Unterordnung der Wissenschaft unter den Glauben. Eine Auffassung, an der die Kirche starken Anstoß nahm, wie denn auch die Berufung Harnacks von Marburg nach Berlin im Jahre 1888 den schärfsten Wider st and der Orthodoxie fand. Später war Göttingen einer der Mittelpunkte der Naumann- schen nationalsozialen Bewegung, die im Grunde liberal war und in guten Treuen den vergeblichen Versuch machte, Im- perialismus und Christentum. Hohenzollern -Monarchie und Arbeiter- klaffe zu versöhnen. Welch ein Weg vpn jenen Zeiten bis hinab in die Tiefen der Nazibewegung, die heute tatsächlich nirgends stärkeren Anhang findet als in weiten Kreisen der evangelischen Theologenschaft! Dabei kann niemand den unendlich tiefen Abgrund übersehe», der zwischen dieser Bewegung und dem Christ-en- tum klafft. Ist auch ein erheblicher Teil ihrer Anhänger, ohne weiter zu denken, der landläufigen Scheinreligiosttät ergeben, so sind die führenden Köpfe, mögen sie es auch aus politischer Taktik zu verdecken suchen, ausgesprochen antichristlich. Mögen sie sich aus Haß gegen dieBerjudung" des Christentums in unklarer Ro- mantik zum Wodan-Glauben der alten Germanen bekennen oder modernen mechanistischen Lehren anhängen ihre ganze Rassenblutlehre ist ja, wenn auch durchaus unwissenschaftlich, so"doch ganz im Sinn einer grobmechanischen naturwissenschaftlichen Auffassung gedacht jedenfalls hat das alles fo wenig mit dem alten gläubigen wie mit einem neuen, vergeistigten Christentum zu tun. Auch nicht, wenn sie in stumpfsinnig rationalistischer Weise dem Christentum das Brandmal feiner jüdischen Herkunft zu nehmen suchen. Trotz diesem schreienden Gegensatz hat ein immer größerer Teil der evangelisichen Geistlichkeit sich, manche mit Borbe- halt, viele in heller Begeisterung der Nazibewegung angeschlossen. Daß sie damit ihrer Kirche, der sie die entschwundene Volkstümlich- keit auf diesem Wege wiedergeben möchten, einen herzlich schlechten Dienst erweisen, braucht uns, die wir nicht Sachwalter der Kirche find, nicht zu kümmern. Jedenfalls- wird, wenn früher oder später die Nozibewegung in Staub und Gestank versinken wird, die mit ihr so eng auf Gedeih und Verderb verflochtene evangelische Kirche davon sehr stark berührt werden. Das ist auch einer der Gründe, die d'.e politisch so viel klügere katholische Kirche davon ab- hält, sich mit einem solchen Bündnis zu besudeln. Die evangelische Kirche, die seit Luthers Zeiten ihre Niederlagen gehäuft hat. teilt dieses Bedenken nicht. Wenn Pfarrer die Fahnen der Braunhemden in ihrer Kirche weihen oder jubelnd die Zeit begrüßen, in der der Hanf teurer werden wird, ja find dos Gedankengänge und Gefühlsabgründe, die sonst von den Frommen als teuflisch bezeichnet wurden. Die Furcht vor dem freien Gedanken, der sich vom Kirchcnglauben ab- gewandt hat. vor dem Verlust der Borrechte, die sie im Klassen- staat genießen, läßt also diese ehemaligen Gottcsstreiter die Hilfe suchen, wo sie sie zu finden hoffen, fei es auch die Hilfe des Teufels! So werden Verkünder der christlichen Sittenlehre zu politischen Freunden einer Kriegs- und Mordpartei, werden Theo- logen zu Teufelsverbündctcn!

Freigesprochen! Die Wahrheit über Eutin !/ Reichsbannerkamerad nach fünf Monatenllntersuchungshastalevöttigschuwlos freigesprochen Die Sundespressestelle des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold keilt mik: Kamerad Ochs aus E u i i n ist am Donnerstag nach fünf Monaten Untersuchungshaft vom Großen Schwurgericht Lübeck von der Anklage der schweren Körperverletzung mit tödlichem Ausgang freigesprochen und aus der Unterfuchungshast ent­lassen worden. Ochs war beschuldigt worden, bei den femerzeitigen von den Nazis provozierten Zusammenstößen in Eulin einen Nalionolsoziolisten gelötet zu haben. Nachdem bereits vor vierzehn Tagen das Verfahren gegen sechs Reichsbannerleute in der Angelegenheit Eutin eingestellt worden ist, mußte am Donnerstag der St a a t s a n w a l t in dem Verfahren gegen Ochs selbst den Freispruch beantragen. Der Vor- sitzende führte in der Urteilsegründung u. a. aus, daß sich bis auf einige Unklarheiten die volle Schuldlosigkeit des An- geklagten ergeben habe. Diese Unklarheiten ergeben sich eben daraus, daß er sich in der Masse der Demonstranten be- sundcn Hot. Daß sich das Reichsbanner gewehrt habe, sei ganz offensichtlich Nokwehr gewesen, denn das Reichsbanner Hobe ja einen ge- »ehmigien Umzug veranstaiiei. In der Verhandlung'wurde u. a. ein Standartenführer aus Malente vernommen, der unter seinem Eid aussagte, daß an jenem 9. November, an dein die Vorgonge in Eutin sich abspielten, seine Standarte in Malente zu einer Totengedenkfeier versammelt ge- wesen sei und auf seinen Befehl in Autos sofort nach Eutin gebracht worden je!. Natürlich, wie er betonte, unbewaffnet.

Unhaltbare Lage der Laudgemciudea. Der engere Vorstand des Demfchen Landgemeindetaaes trat in Berlin zu einer Sitzung zusammen, auf der die völlig unhaltbar gewordene finanzielle Lage der Landgemeinden erörtert wurde. Der Vorstand stimmte einer Eingabe zu, die an die Reichsregierung gerichtet ist und in, der besonders«ine sofortige Zusammenlegung der einzelnen Arten der Erwerbslosensürsorge in eine allgemeine Reichsarbeitslosen- sürsorge gefordert wird, an der auch Reich und Länder in einem Umfange von 80 Proz. beteiligt werden.

Sozialistische Politik in Frankreich Nenaudel über die Regierungsbildting Paris , 12. Mai..(Eigenbericht.) Der sozialistische Abgeordnete Renaudel-richtet in einem Artikel der von ibm herausgegebenen WochenzeitschriftDas fozia» ltstische Leben" an die Radikalen, die jetzt die stärkste Kammersraktion bildeten und die Initiative für die Regierungs» bildung übernehmen müßten, die Frage, ob sie sich schon für die Konzentration oder für ein Zusammengehen mit den Linksparteien entschieden hätten. Renaudel fährt dann fort: Im Widerspruch zu den nicht genügend unterrichteten Pro- pheten kann man, ohne sich zu täuschen, sagen, daß die fozia- l i st i s ch e Partei bereit ist, alle Vorschläge anzu- hören und zu prüfen. Das Sckilimmfte würde auf jeden Fall darin bestehen, daß die beiden großen Linksparteien durch ein Zurückweichen vor jeder Initiative das Intrigenspiel der Be- siegten begünstigen und. nachdem sie die Zügel nicht zur rechten Zeit kräftig in die Hand genommen haben, von neuem das Ton- dem Tardien-Loval auferstehen fehen, um den Steg des republika- nischcn Frankreich zu vernichten. Wehe denjenigen, die das nicht verstanden haben! Wehe denjenigen, welche der Kombinations- geist oder affektierte Unnachgiebigkeit zu Komplicen einer Eni- täuschung machen würde, die'für sie ja noch schwerer als Furcht vor den zu überwindenden Schwierigkeiten wäre." Aus diesen Worten wie aus dem kürzlich erwähnten Artikel Lc'on Blums imPopulaire" geht hervor, daß die sozialistische Fraktion einer Beteiligung an einer Linksregierung nicht ablehnend gegenübersteht. Dieser Ansicht dürfte sich der sozialistische Kongreß mit großer Mehrheit anschließen. Die Frage ist nur, ob es zu einer Einigung mit den Radikalen und dann zur Bildung einer Links- regierung kommen wird. Oer Zustizskandal von Großenhain . Anträge der Sozialdemokratischen Landtagsfraktion. Dresden , 12. Mai. (Eigenbericht.) Die Sozialdemokratische Fraktion hat im Sächsischen Landtag zu dem Großenhain er Iustizskandal solgertden Antrag eingebracht: In Großenhain haben am 28. April Nationalsozialisten, die aus den Amtshauptmannschasten Großenhain und Meißen zusammen» gezogen waren, einen vorschriftsmäßig angemeldeten Reichsbannerzug

Deutsches Theater. FreytagS:Iournalisteit". Die Neubearbeitung, die mit Couplets und mit Modernisierung aufwartet, ist geschmackvoll und si« wird wobltuend empfunden. Macklebens Musik findet oiele Pointen. Hilperts Regie, wohl die legte, bevor er zur Volksbühne hinübergeht, brachte alles zur Wir- kung, was an Komik zu schaffen ist. Darum sehr starker Beifall. " Max Hochdort

planmäßig uberfallen. Sie drangen in die hinteren Reihen des ReichSbonnerzuges ein, verletzten Teilnehmer des Zuges und stachen auf Unbeteiligte ein. Da die Polizei nicht sofort zur Stelle war, mußten sich die Reichsbannerleute selbst zur Wchr setzen, wobei drei angreifende Natlonaffazialiften verletzt worden sind. Die Polizei löste schließlich den Reichsbannerzug auf und durchsuchte das Großenhoiner Gewerkschaftshaus nach Waffen, anstatt sofort die an- greifenden Nationalsozialisten nach Waffen zu durchsuchen. Am 29. April wurden sieben Reichsbannerleute auf Grund nattonalsozia- listifcher Zeugenaussagen verhastet und nach einem Schnellverfahren, in dem die Rechte der Verteidigung in keiner Weise gewahrt worden stnd, zu jahrelangen Zuchthaus - und Gefängnis- strafen verurteilt. Dieses Urteil hat in der gesamten republika- nffchen Bevölkerung ungeheure Empörung ausgelöst. Das normale Rechtsempfinden bäumt sich dagegen auf, daß Republikaner, die in der Zlotwehr notorische Verbrecher abwehren mußten, für dieses selbstverständliche Recht mit so ungeheuren Strafen belegt werden. Das Urteil fft deswegen besonders aufreizend, weil zahlreiche Fälle von nationaffozialistifchen Provokationen in Großenhain bereits ge- richtskundtg find. Aus diesem Grunde beantragt die sozialdemokratische Fraktion: Der Landtag wolle daher beschließen: 1. die Regierung zu beaus- tragen, gegen die«inseitige Untersuchung und Prozeßführung im Großenhainer Zuchthausprozeß die schärfsten Maßnahmen durchzu­führen; 2. alle gefctzlichen Maßnahmen zu treffen, die geeignet sind, das Großenhainer Tendenzurteil gegen die verurteilten Reichsbannerleute zu revidieren.

HessenohneparlameniarischeVerireiung Etat wird durch Notverordnung verabschiedet. ' Darmsladk, 12. Mai.(Eigenbericht.) In einer Parteikonferenz kennzeichnete der Heffische Staats­präsident Adelung am Donnerstag den eigenartigen und seltenen staatsrechtlichen Zustand, daß das Land H« f f c n ohne parla­mentarische Vertretung ist. Zwar sind die Beschlüsse des durch den Statsgerichtshof als ungültig erklärten Landtags rechts- kräftig, soweit sie nicht Reichsnotverordnungen und sonstigen Reichsgesetzen widersprechen. Aber die Mandate der im November gewählten Abgeordneten sind nicht wie sonst bis zur Neuwahl in Kraft, sondern erloschen. Da der Landtag die Verlängerung des Budgetgesetzes von 1931 abgelehnt hat, besteht ein b u d g e t- loser Zustand. Der neuzu wählende Landtag wird Voraussicht- lich nicht vor dem 20. Juli zusammentreten. Die Slaatsregierung ist deshalb entschlossen, aus Grund des Artikels SS der hessischen Lerfassiing den Etat durch Notgesctz zu verabfchie- den. Die von einer naiionalsoziolislisch-koimnumstischen Mehrheit angenommenen Amnestieanträge werden im Einvernehmen mit der Reichsregierung n i cht durchgeführt.