Einzelbild herunterladen
 
  

Rr. 224 49. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Wirtschaftspolitik in England.

Sonnabend, 14. Mai 1932

internationale Preisniveau seit dem vergangenen Herbst um durchs schnittlich 13-15 Proz. weiter gefallen. Die Großhandelspreise in Pfund Sterling   sind in der gleichen Zeit um etwa 6 bis 7 Proz. gestiegen. Hier ist also die Differenz zwischen den Goldpreisen und den Sterlingpreisen nicht allzu bedeutend. Die merkwürdige Tat

Die Zoll und Währungsmaßnahmen.- Die ausgebliebene Wirtschaftsbelebung. fache aber, daß die Kleinhandelspreise seit dem September 1931

Mit den fürzlich janttionierten neuen Zöllen ist England in die| den hohen Einfuhr überschuß im legten Jahr für die in driffe und entscheidende Phase feiner neuen Wirtschaftspolitik ein- Unordnung geratene Zahlungsbilanz verantwortlich macht. So be. getreten. trug in Millionen Pfund

-

-

Die im November und Dezember vorigen Jahres im Anschluß an Loslösung der Währung vom Goldstandard eingeführ ten 50 bis 100prozentigen Not" zölle waren, wie man zurüc blickend feststellen muß, in der Tat eine Notmaßnahme, um die Zahlungsbilanz von der Einfuhrseite her zu entlasten. Dienten diese Anti- Dumpingzölle aber dem Zweck, die anormalen Importe" zu drosseln, so war das Ziel der zweiten Etappe schon erheblich weitergestedt. Der 10 prozentige Generalzoll, der im Februar dieses Jahres für sämtliche Importe von einigen menigen Ausnahmen abgesehen vom Unterhaus angenommen wurde, verfolgte zoll, finanz- und wirtschaftspolitische Ziele, Das entscheidende Ziel der britischen   Regierung bei diesem Generalzoll lag aber auf dem Gebiet der Empirepolitif. Das britische   Weltreich als einheitliches Wirtschafts und Zollgebiet, mit ungehindertem Güteraustausch innerhalb feiner fünf Erdteile umspannenden Grenzen, aber durch hohe Boll­schranken nach außen abgeschlossen, ist das große wirtschaftspolitische Ziel der jetzigen englischen   Regierung. Als Auftaft zu der Reichs­fonferenz in Ottawa  , die im Juli stattfinden wird, hat England seine Dominien und Kronländer von dem Generalzoll bes freit und damit seiner fünftigen Reichspolitik in Gestalt von Vor­zugszöllen bzw. 3ollbefreiungen deutlich Ausdruck verlichen. In­wieweit die einzelnen Glieder des britischen   Empire der Politik des Mutterlandes folgen werden, muß der Berlauf der Ottama­Konferenz zeigen. Die Schwierigkeiten für Großbritannien   find nicht zu unterschätzen. Wirtschaftspolitisch sind sie bei Kanada  besonders ausgeprägt, das in dem letzten Jahrzehnt sich eng an seinen mächtigen Nachbarn, die USA.  , gebunden hat; währungs­politische Schwierigkeiten sind bei der Südafrikanischen Union   gegeben, die ungeachtet aller Anregungen aus London  nach wie vor am Goldstandard festhält.

Nach dem zollpolitischen Vorspiel in den letzten Monaten des vergangenen Jahres und dem zweiten Borstoß im Februar hat England mit seinem Zollgesetz vom 22. April dieses Jahres den endgültigen Uebergang vom Freihandel zum Schutz­30ll vollzogen.

Dieser neue Zolltarif ist nicht wie die Serie von Anti- Dumping

zöllen eine für bestimmte Frist gedachte Notmaßnahme und kein Finanzzoll wie der Generaltarif vom Februar, sondern eine 30­mauer, deren Abbruch auf absehbare Zeit nicht mehr in Frage fommen soll.

Der endgültige Zolltarif in England hat eine völlig verän derte Situation geschaffen. Die 50 bis 100prozentigen Not­zölle vom November und Dezember vorigen Jahres sind liquidiert morden. Dafür aber sind eine Menge von Fertigwaren jetzt mit einem durchschnittlichen Zollfaz von 20 bis zu 33% Broz. belastet worden. Für die Eiſenindustrie auf dem europäischen   Kontinent find die neuen englischen Eisenzölle besonders schwerwiegend, die als einzige Gruppe allerdings zunächst nur auf drei Monate gelten.

Großbritanniens   neue Zollmauern müssen von faft 70 Broz. der gesamten englischen Einfuhr übersprungen werden.

Nur ein knappes Drittel der Warenimporte findet eine offene Tür" in der Zollmauer, und dieses Drittel beschränkt sich überwiegend auf Empire- Waren. Für Länder mit Goldwährung, wie Deutschland  , Frankreich  , Holland   und USA.  , erschwert die Balutá­entwertung des englischen Pfundes um 25 Pro3. ein leberspringen der Zollmauern noch außerordentlich, denn diese Sterlingentwertung wirkt sich praktisch als zusätzlicher Zoll aus.

1929 1930. 1931.

der Einfuhr­überschuß

382

e

387,5 411

Saldo der Zahlungsbilanz

+103

+28

-

110

Der Einfuhrüberschuß hat sich also seit 1929 nur um 29 Millionen Pfund gesteigert, in der gleichen Zeit aber hat sich die Zahlungs­bilanz Englands um 213 Millionen Pfund( in Gold: 2,26 Mil. liarden Mark) verschlechtert. Die Quelle dieser großen Verluste liegt hauptsächlich im Kapitalgeschäft. Die Einnahmen Englands aus den Kapitalanlagen im Auslande sind seit 1929 allein von 250 bis auf 165 Millionen Pfund zusammengeschrumpft. Aber auch die Gewinne aus der Schiffahrt santen von 130 auf 80 Millionen Pfund.

So sicher und flar Großbritannien   trotz der Zweifelhaftigkeit des wirtschaftlichen Erfolges den Weg zum Schußzzollsystem ge: gangen ist, so unsicher und unklar ist die weitere Entmid I ung der Währungspolitik. Auch heute kann die britische  Regierung wie vor Monaten auf dringende Fragen im Unterhaus nur entgegnen, daß sie tein festes währungspolitisches Programm habe und die Zukunft des Pfundes weitgehend von internationalen Einflüssen abhängig sei. Gegen dieses Fehlen eines festen Planes spricht auch nicht die Gründung des neuen Devisenfonds. Die Ansammlung von Währungsreserven dient zunächst nur einem ausgesprochenen Verteidigungszweck, nämlich größere Schwankungen des Pfundes nach oben oder nach unten zu verhindern. Man hat es hier also lediglich mit einer währungspolitischen Manövriermasse zu tun und noch nicht mit dem Grundstod einer neuen englischen Festmährung. Inzwischen sind in den letzten Wochen im eigenen Lager der Regierung die Stimmen gewachsen, die mit der

bisherigen Bilanz der Pfundentwertung unzufrieden sind. Der äußere finanzielle Erfolg der Pfundentmer tung wird nicht bestritten. Es ist ein träftiger Rüdstrom aus. ländischer Kredite nach England erfolgt. Auch meist die Regierung mit Stolz darauf hin, daß es ihrer Politik gelungen lei, die Lebenshaltungskosten im Innern stabil zu halten. Für diese auf den ersten Blid überraschende Tats fache sind verschiedene Gründe maßgebend. Ersten ist das

-

noch etwas gesunken sind, und zwar von 145 auf 144 Proz.( 1913 = 100) die Spanne zwischen Groß und Kleinhandelspreisen murde so erheblich verengert, hängt einmal damit zusammen, daß seit der Aufhebung des Goldstandards eine Flucht in die Sach. werte faum erfolgte und zum anderen die meiter sinkende Real­faufkraft bei unvermindertem Warenangebot einen scharfen Druck auf die Preise ausübte. Wefentlich dazu beigetragen hat sicher auch die Haltung der Bank von England  , die mindestens jede bewußte Kreditausmeitung unterließ.

Bon einem konjunkturellen Erfolg der Pfundabwertung und auch der Zollpolitik ist bisher keine Rede. Der. Arbeitsmarkt hat sich nach einer vorübergehenden Beffe. rung zur Jahreswende jetzt im Frühjahr verschlechtert. Ende April maren insgesamt 2,65 Millionen erwerbslos, also 132 000, mehr als im Frühjahr 1931. Rechnet man die durch die Oktoberverordnung Ausgesteuerten hinzu, so liegt die Zahl der Bollerwerbslosen etma um 300 000 Personen über dem Stande vom April 1931.

Kein Wunder, daß der unverminderte Krisendruck auch in England die Währungsreformer auf den Plan gerufen hat, die durch gewagte Experimente die Wirtschaft von der Geld­seite her anfurbeln wollen. So richtete in der Budgetdebatte An­fang dieses Monats der ehemalige konservative Finanzminister Robert Horne heftige Angriffe gegen die Deflationspolitik der Bank von England  , die durch Aufrechterhaltung der inneren Kauf­fraft und das Tiefhalten der Inlandspreise jede Belebung zus Schanden mache. Noch radikaler ging der konservative Abgeordnete

Boothby vor, der den

bewußten Uebergang zur Inflationspolitik forderte. Die Kreise, die hinter diesen Politikern stehen, erwarten der Weltmarktpreise. Im übrigen sind die Angriffe gegen von einer Steigerung der Sterlingpreise eine gleichzeitige 5 e bung die Bank von England   in dieser Form erheblich überspitzt, denn die am Donnerstag durchgeführte Diskontjentung war innerhalb eines Vierteljahrs die fünfte Zinsverbilligung der Notenbank, der machen kann. man also taum den Vorwurf einer sturen Deflationspolitik"

Die Regierung hat sich gegenüber dieser Währungserperi­mente bisher sehr fühl verhalten. Sie hat aber in der letzten Unterhaussigung durch den Vertreter des Finanzministers erklären lassen, daß sie bereit sei, mit den Bereinigten Staaten zusammen

,, an einer Hebung der Warenpreise" zu arbeiten, was man ruhig abwarten darf.

Krisenfeste Preußen- Elektra.

R. B.

Preußens Elektrizitätskonzern verwendet die Ueberschüsse zu Rückstellungen.

Das Geschäftsjahr 1931 der Preußischen Elektrizitäts- A.- G., deren Kapital im Besiz des preußischen Staates ist, bewies die Krisenfestigkeit auch dieses Staatsfonzerns. Natürlich blieb die Breag von Kriseneinflüssen nicht verschont. Dafür gibt es mehrere Gründe.

erzeugung zum Strombezug übergegangen, so daß sich die Konjunk Einmal ist die Industrie immer stärker von der Strom turschmanfungen in der ndustrie allmählich stärker bei den Elektrizi tätswerfen auswirken. Dazu fommt eip Rüdgang im Verbrauch traft. Bei der Breag kommt hinzu, daß der notwendige Auss des Haushaltstromes infolge der sinkenden Massentauf­bau des großen Versorgungssystems noch nicht beendet mar, als die Konjunktur schon zurüdging. So fann sich die Wirtschaftlich feit des teilweise fertigen, zum Teil noch im Bau befindlichen Pumpspeicherwerkes Walded,

-

ad

pon 110,7 auf 140 Mill. Mart. Die Anlagewerte sind int mesentlichen durch den Weiterbau des Pumpspeicherwerkes 11,5 auf 133,3 Mill. Mark gestiegen. Die Betriebsmittel( Gut­haben, Forderungen, Wechsel usw.) erhöhten sich von 40,4 auf 59,9 Mill, Mart, vor allem, meil der Posten Wertpapiere durch den 21,7 mill. Mark anstieg. Zugang 8prozentiger Preußischer Schahzanweisungen von 0,1 auf

der Passivseite eine Erhöhung der fremden Mittel pon Dem Ansteigen der Anlage- und Betriebswerte entspricht auf 94,3 auf 123,1 Mill. Mark. Hier war die Umwandlung eines Kredits der Continentalen Elektrizitäts Union in eine langfristige Anleihe von 25 mill. Schweizer   Franten( 20,6 Mill. Marf) zu verzeichnen. Neu erscheint ein langfristiger Kredit der Preußischen Staatsbant in Höhe von 32,5 mill. Mark. Die Betriebseinnahmen

find von 17,5 auf 16 Mill. Marf zurückgegangen. Einmalige Ein. nahmen erscheinen nach mancherlei Sonderabschreibungen und Rüd

Troz dieses außerordentlichen Schutzes der einheimischen Pro­buftion gibt es zahlreiche Interessentenhaufen in Eng land, die auch mit dem jezigen Zustand noch nicht zufrieden find. Die Schwerindustrie fordert eine dauernde Geltung der hohen das aus Gründen einer gesicherten Versorgung und zur Entlastung Eisenzölle und eine Erhöhung der vergessenen" Roheisenzölle. Be der Dampftraftwerfe von fostspieliger Stromipigenproduktion not sonders agressiv gehen die Wollfabrikanten und die Verwendig ist, heute noch nicht so auswirken, wie unter höherer Bestellungen alle Effekten sind unter den amtlichen treter der Industrie vor, die Ende vergangenen Jahres mit den anspruchung des ganzen eVrsorgungssystems, belastet gegenwärtig Bilanzkursen angesetzt mit 2,2 Mill. Mart. Auf der jezt aufgehobenen 50prozentigen Notzöllen geschützt wurden. aber den Konzern mit den Bautosten. Schließlich hat der Holding Ausgabenseite sind mit der Erhöhung der Kredite die Zinsausgaben ,, Unsere Industrie", so heißt es in einem Protestschreiben, hat sich charakter der Preag, der im Befiz starter Beteiligungen an anderen von 2,5 auf 5,8 Mill, Mark gestiegen. Es ist ein Zeichen für die auf einen 50prozentigen Zollschutz eingestellt und soll jetzt mehrlos Elektrizitätsunternehmen zum Ausdrud tommt, dazu geführt, daß porsichtige Geschäftspolitit der Preag, daß nicht nur der übermächtigen Auslandskonkurrenz ausgeliefert merden."(!) den stark gesunkenen Börsenmerten durch entsprechende Ab- die Abschreibungen( 5,1 Mill. Mark) nach denselben Verhältnis­Die Hartnäckigkeit, mit der Großbritannien  , das klassische Land schreibungen Rechnung getragen wurde. sägen mie im Vorjahre vorgenommen, sondern daß auch noch eine des Freihandels, sich jezt innerhalb weniger Monate mit einem ftarten Zollpanzer umgeben hat, ist nur im besondere Reserve von 4 Mill. Mark gebildet wurde. Es bleibt ein Reingeminn von 91 680 Mart, so daß der Staat eine Dividende im Vorjahr 6 Prozent nicht erhält, was unter den heutigen Berhältnissen auch den Intentionen der Staatsregierung entspricht.

Zusammenhang mit seiner Währungspolitik und der fritischen Lage der Zahlungsbilanz

zu erklären, wenn man von den veränderten politischen Mehrheits: verhältnissen einmal absehen will. Zum ersten Male in seiner Wirtschaftsgeschichte hat England im Jahre 1931 eine passive Bahlungsbilanz gehabt, d. h. Großbritannien   war nicht in der Lage, seinen traditionellen Einfuhrüberschuß durch seine Einnahmen aus überseeischen Kapitalanlagen, aus Frachten und anderen Dienst leistungen zu bezahlen. Die hieraus folgenden Goldverluste und Kreditabziehungen hatten im September 1931 den Sturz des Gold pfundes zur Folge. Es ist aber falsch, wenn man in England

Dr. Dralle

Das wichtigste Ereignis des abgelaufenen Geschäftsjahres war die Gründung der Berliner   Kraft- und Licht- A.- G. Und wenn es damals gelungen ist, die drohende Privati sierung der Berliner   Elektrizitätsmerke zu verhindern, dann ist das in erster Linie der Initiative der Preag zu verdanken. Es war in erster Linie dieses Geschäft, das Veränderungen der Kapitalverhältnisse und der Bilanz

der Preag selbst herbeiführte. Das Aktienkapital mußte von 125 auf 155 Mill. Mark erhöht werden( daneben besteht der gesetz­liche Reservesonds in Höhe von 21 Mill. Mark). Andererseits er höhte sich das Konto Dauernde Beteiligungen" durch den Erwerb der Licht- und Kraft- Aktien und einiger fleinerer Bosten

-

-

Die Stromabgabe

-

der Preagist von 682, 8 Millionen Kilowattstunden im Jahre 1930 auf 650,5 Millionen Kilowattstunden im Jahre 1931, also um 4,7 Proz gesunken. Das ist gegenüber dem Reichsdurchschnitt - ein Rüdgang von 12 Bro3. ein verhältnismäßig gutes Ergeb. nis. Läßt man die im Jahre 1931 yeu hinzugekommenen Strom­abnehmer außer Betracht, dann beträgt der Rückgang 9,3 Proz. Im allgemeinen hielt sich der Absatz in landwirtschaftlichen Gegen­den besser als in Industriegebieten. Die Breag hat mit Erfolg

Vergessen Sie nicht eine

Frühlings- Kurmit

Dr.Dralle's Birkenhaarwasser