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Oer brennende Dampfer. An der llnglücksstelle derGeorge Phillippart". Paris  , 17. Mai. In Paris   liegen am Dienstagmorgen nur spärlich Nach- richten von Bord derjenigen Schisse vor, die sich an der Unglücks- stelle derGeorge P h i l i p p a r t" im Golf von Aden befinden Die Agentur chavas veröffentlicht lediglich ein Telegramm aus Aden  , nach dem der russische DampserSowjetskaja" 400 Mann Besatzung und Passagiere übernommen hat und am Mittwoch in Aden eintrifft. Ein zweites Telegramm der halbamtlichen franzö- fischen Agentur aus Rom   besagt, daß das italienische   Marine- Ministerium am Sonntagnachmittag eine Nachricht erhalten habe, wonach 765 Mann der Besatzung des brennenden Schiffes gerettet woroen seien. Ob und wie hock) die Zahl der Opfer ist, läßt sich im Augenblick noch nicht seststeilen, da die Passagierlisten in Marseille  noch nicht«ingegangen sind. Da jedoch die Besatzung 500 Mann betrug und die Passagiere auf 600 geschätzt werden, rechnet man mit insgesamt 1100 bis 1200 Personen, die nach den Radiosprllchen der englischen Hilfsschisfe fast alle gereitet sein dürften. Der DampserPhilippart", der im Jahre 1930 vom Stapel lief, befand sich auf seiner ersten Orientfahrt, und zwar auf dem Rückwege aus Japan  . Er hatte einen Wert von 121 Millionen Franken. Zweites Autounglück im Harz  . Drei Tote, vier Schwerverlehte. N o r d h a u s e n, 17. Mai. Auf der steilen Ltraße zwischen Hohegeiß   und Zorge   verlor gestern nachmittag der Führer eines Aus- flüglerautos aus Magdeburg   in einer Kurve die Gewalt über seinen Wagen. Das Auto stürzte' die etwa zwanzig Meter hohe Böschung hinab und wurde völlig zertrümmert. Der Führer war sofort tot, ebenso eine Mitfahrerin, Frau H o r ch m a n n. Ein anderer Insasse, der Bäckermeister U e b e. erlag auf dem Transport nach dem Nordhauser Krankenhaus seinen Verletzungen. Der Zustand von weiteren vier Insassen wird von den Aerzten als fast hoffnungslos bezeichnet. Sämtliche Insassen des Wagens stammen aus M a g d e- bürg und Umgebung. Das erste Unglückam Pfingstfonntag ereignete sich, wie mit- geteilt, zwischen Goslar   und Osterode   und forderte fünf Todesopfer.
Zehn Jahre Kölner Volksbühne. Aus Anlaß des zehnjährigen Bestehens der Freien Volksbühne stöln in Verbindung mit dem siebenten Bezirkstag der Rheinischen Volksbühnenvereine hatte die Kölner Volksbühne für Pfingsten eine Reihe von Veranstaltungen vorgesehen. Am Pfinqstsonntag fand vormittags ein schlichter Festakt statt. Nach Begrüßung durch den Vorsitzenden der Freien Volksbühne Köln überbrachte der Beigeord- nete Dr. Meerfeld-Köln die Glückwünsche der staatlichen und slädti- schen Behörden. Ansprachen hielten weiter der Rektor der Kölner  Universität, der Intendant des Kölner   Schauspielhauses iowie Ver- ireter des Hauptoorstandes der Volksbühnenbewegung und des Bühnenvolksbundes. Prof. Dr. S. M a r ck hielt den Festvortrag über das ThemaDas Goethe-Jahr und das Volks- theater der Gegenwart". Generalsekretär B r o d b e ck- Berlin hielt anschließend einen Vortrag überDie Volksbühne im Kampf um die Erhaltung des Kulturtheaters". Tagung der Deutschen   Lunsen- Gesellschaft. Die Deutsche   Bunsen- Gesellschaft für angewandte und phiisikalische Chemie, die in den Tagen vom 16. bis 19. Mai in Münster   ihre 37. Hauptversamm- lung abhält, ließ am Montag vormittag am Grabe Wilhelm chittorss einen Kranz niederlegen. Daran anschließend versammelten sich die Teilnehmer zu einer Gedächtnisfeier für Wilhelm O st w a l d. Pros. W. Kernst- Berlin rief in seiner Gedenkrede den Lebens» weg Ostwalds ins Gedächtnis zurück. Eröffnung der Düfseldorf-Münchener Kunslausslellung. Am Pfingstsamstag wurde in der Rheinhalle zu Düsseldorf   die Dllsseldori-Münchener Kunstausstellung mit einer schlichten Feier er- öffnet. Die Münchener   Künstlerfchoft/die durch die Brandkatastrophe Oes Glaspalastes um ihre Ausstellungshalle gekommen ist, hat bei den Düsseldorfer   Kunsthändlern Unterkunft zu einem friedlichen Wettstreit gefunden. Der Kieler   Generalintendant tritt zurück. Generalintendant Georg chartmann, der seit 1924 die vereinigten Stadttheater in Kiel  leitet,' hat beim Magistrat sein Rücktrittsgesuch eingereicht. Er will aus künstlerischen und aus sozialen Gründen die Leitung nicht weiter behalten. In der Tennisballe in Wilmersdorf   fall von Mitte Juni ab auch die feine Kleinkunst ihre Stätte finden. Vom 21. bis 24. Mai wird das Experiment gemacht, in der Halle dasS ch u tz e n g e l s p i e l" von Max Melk auszuführen. Die Eintrittspreise sollen mtt Garderobe 50 und 90 Pf. betragen.
Die holländischen Arbeitersänger ,/Oe Gtem des Volks" im Gaalbau Iriedrichshain
Gender-Oueti. Zwischen Frankfurt   und Stuttgart  . Der Versuch, einen kunstgerechten, heiteren Unterhat- tungsabend zu schaffen, wurde von den Sendern Frankfurt   und Stuttgart   unternommen,chinüber herüber" nannte Frankfurt  sein Programm,cherüber hinüber" setzte Stuttgart   dagegen. Es wurde eine Art Wettsenden gespielt, das stellenweise sehr wir- kungsooll und lustig zusammenklang: in einem Marsch, dessen Teile abwechselnd aus Stuttgart   und Frankfurt   gesendet wurden, war djeser Zusammenklang sogar vollständig. Um des hier symbolisch zu nehmenden TitelsAlte Kameraden  " wurde dieser Marsch wohl gewählt. Dramatische Sendungen in konkretem und abstraktem siil, durchbebt von wildgewordenen Geräuschkulissen und umnachtet von unergründlichem Tiefsinn, fesselnde Interviews mit einer Rotundenfrau, eine schwungvoll weitschweifende Analyse eines musi- kalischen Nichts, waren Aeußerungen eines echten Funkkabaretts. Auch der sozusagen seriöse Teil, in der Hauptsache musikalische Sen- düngen, war recht hübsch: die Dialektdarbietungen allerdings gingen wohl für die meisten norddeutschen Ohren tn der Pointierung min- destens unverständlich vorüber. lz.
Schon nach dem Auftakt ihres langen und inhaltsreichen Pro- gramms, dem RotgardistenmarschBrüder zur Sonne" den sie in einem sehr kunstvollen und doch überaus dankbaren, wirkungs- vollen, ja hinreißenden Satz ihres jungen und tüchtigen Dirigenten Antoon Krelage zum Vortrag brachten, ernteten die holländischen Gäste vom Amsterdamer VolkschorDe Stem des Volks" stürmischen und verdienten Applaus. Schon nach diesem Chor allein wußte man, daß die Genossen von jenseits der Grenze nicht nur außerordentlich gut geschult sind, daß sie vielmehr auch über ein prachtvolles klingendes Material verfügen: über satte, samtene Bässe, kraftvolle helle Tenöre und wunderschöne Frauenstimmen, deren Ensemble nicht so sehr auf Klangmischung, als auf abwechslungs- reiche, wirkungsvolle und klug ausgenutzte Kontraste gestellt ist. Dieser günstige Eindruck wurde im Laufe des Abends, im Verlauf einer Vortragsfolge, die von allen Sängern und nicht zuletzt von dem umsichtigen Dirigenten nicht wenig verlangte, noch wesentlich vertieft, Der Schwerpunkt des Programms lag m seinem zweiten Teil. in der Aufführung des sinsonisch-symbolischen Chorwerks für Sopran- und Baritonsolo, gemischten Chor und KlavierbegleitungArbeits- a u f e r st e h u n g" von I s r. I. O l m a n. Textlich ist das Ganze ein Gedicht von MargotVos«ine Allegorie:Die Arbeit", Der Sozialismus" kommen zu Wort und wechseln ab mit zagenden Frauen- mutigen Männerchören: derDurch- Nacht- zum- Licht"- Gedanke ist in hymnischen Versen, in symbolischen Bildern, in visionärem Pathos ausgeführt. Der Komponist dem keine originelle Towprache eigen ist, der sich an Wagner, an die Italiener anlehnt, aber für schönklingende harmonische Wendungen, für wir- kungsvollen Chorsatz viel Sinn und Begabung zeigt stellt an Chor und Solisten nicht geringe Anforderungen. Sie wurden restlos erfüllt. Auch der erste Teil des Programms enthielt zwei Chöre von O l m a n, einen von K e j a sowie einen von dem auch bei uns vielgesungenen Holländer Otto de Nobel. Die Solopartien des Chorwerks meisterten S. H a a s e- P i e n e m a n sowie Otto Couperus: von Cor L e m a i re begleitet, waren sie auch als Solisten zu hören. S. Haase-Pieneman erwies an zwei Pagenarien ausFigaro  ", insbesondere ober an der Cavatine aus der Rossinischen OperSemiramis" ihr großes Können, ihre tadellose Technik, die mühelose Leichtigkeit ihrer modu- lationsfähigen und ausdrucksvollen Stimme. Otto Couperus sang nach einer Eliasarie von Mendelssohn  , die ihm besonders gut ge- lang, Schubert und Hugo Wolfs. Ms das Programm zu Ende war, da war es noch lange nicht aus: das Ganze war ja nicht nur ein Konzert, ein Fest vielmehr, eine Feier. Die Genossen Schneider und Zipp-el überbrachten den holländischen Freunden Dank- und Abschiedsgrüße der Berliner  Arbeitersänger sowie des ADGB.  : Paul Löbe   hielt«ine kurze, launige, mit viel Beifall aufgenommene Ansprache, in der er darauf hinwies, der Besuch des Amsterdamer Bolkschors wäre nicht nur eine rein künstlerische Angelegenheit, er wäre eine politische Demon-
stration in einer Zeit, in der wir in schärfstem Kampf gegen eine Gesinnung stehen, die die Abschließung des einen Volkes gegen das andere fordert. Das deutsche Proletariat stehe treu zu den Arbeitern der ganzen Welt, bekenne sich zu einer Gemeinschaft, die nichts so auszudrücken und zu vermitteln vermöge, wie dM Lied. Schließlich erhielten die sangesfreudigen Holländer noch musikalische Gegengaben ihrer deutschen   Genossen. Der Volkschor Moabit   unter G ü t t e, der Sängerchor Berlin   1900 unter Georg Oskar Schumann sangen Chöre von Lendvai  , Nobel, Tiessen, Gerster und Uthmann Sie machten ihre Sache ausgezeichnet und ernteten ihrerseits ver- diente Anerkennung der zahlreichen in- und ausländischen Zuhörer- schaft. W. Die Gartenbühne in derReuen Welt". Der Zigeunerbaron  ." Die Direktion der Gartenbühne in derNeuen Welt" hat diese einem unter Leitung von Alexander d'Arnais stehenden leistungsfähigen und hochwertigen Ensemble zur Verfügung gestellt, dos derSelbsthilfe engagementsloser Darsteller unter dem Pro- tektorot der Bühnengenossenschaft" sein Entstehen verdankt. Bei herrlichstem Psingstsonntagwetter wurde die Gartenbühne mit dem Zigeunerbaron  " eröffnet, dem LortzingsWaffenschmied" folgen soll. Die Eintrittspreise sind niedrig(50 Pf. bis 1,50 Mark), man sitzt in einem großen, schönen Garten unter Sternen, die Aufführun- gen haben sehr anständiges Niveau: so verspricht dos Ganze zu werden, was es auch fein will: ein wirkliches Volkstheater. Die von d'Arnais mit geringen Mitteln wirkungsvoll in- szcnierte, von Walter H o ch t r i t t exakt dirigierte Aufführung des Zigeunerbaron  " arbeitete vor allem das Musikalische heraus: und unterschied sich so wohltätig von dem Aufführungsklischee der man- dänen Operettentheater, denen prätentiöse Ausstattung, raffinierte Kostüme, denen die unsinnigsten Regiemätzchen wichtiger sind als der eigentliche im Musikalischen beschlpssene Sinn des Werks. Unter den Sängern finden sich sehr bekannte Nomen: Thea Stolzenberg ist ein zwerchfellerschütternder Zsupän, Hans Horsten ein sympathisch-lyrischer Barinkay, Inge von der S t r a a t e n ist eine charakteristische alte, Maria Malten eine elegische junge Zigeunerin, Mary Fuchs singt(ganz prachtvoll) die Arsena sie und alle die anderen(der Kroll-Opernchor insbeson- dere, der so endlich wieder Beschäftigung findet) verhelfen dem ent- zückenden Werk, das die Legion seiner Nachahmungen immer wieder überstrahlt, zu einem großen und unbestrittenen Erfolg. So ist die Gartenbühne ein sehr begrüßenswertes Unternehmen, das allen künstlerischen und wirtschaftlichen Anforderungen ent- spricht, das vergleicht man das Gebotene mit dem Preis stärkster Frequenz wird sicher sein können. ar. Der Zigeunerbaron  " ist bis zum Freitag dieser Wache verlängert, Sonnabend:Der Waffenschmied  ".
Rundfunk der Woche Krisenbudget des Arbeiters und Angestellten
Der Vortrag, den Fritz F r i ck e im Programm der Funk- stunde überDas Krisenbudget des Arbeiters und Angestellten" hielt,, lohnt ein ausführliches Eingehen, sowohl in vortrogstechnischer wie in inhaltlicher Beziehung. Man kann in sünsundzwanzig Rund- funkminuten sicher nicht mehr an Inhalt, sicher aber auch keine an- schaulicheren Bilder bieten, als Fricke es tat. Sein Vortrag war nüchterne Sachlichkeit: der Titel hatte in dieser Beziehung keine Konzessionen gemacht, die Ausführungen machten es noch weniger. Vor den Hörern marschierten Zahlen auf, Zahlen in endloser Reihe. Unübersehbar jedoch war diese Reihe nicht: im Gegenteil, der Vor- tragende zeigte immer wieder in immer neuen Querschnitten ihre Struktur, ihren Aufbau, ihre Entwicklung, immer ln Zahlen, die von wenigen verbindenden Worten zusammengehalten wurden. Trotzdem ging von den Darlegungen starke bildhafte Wirkung aus, die es vielleicht vielen Hörern überhaupt nicht zum Bewußtsein kommen ließ, wievieltrockene" Zahlen sie im Verlaufe dieses Bor- trags geistig oerarbeiteten. Das Krisenbudget einer Leipziger   Textilarbeiter- familie, die Mann, Frau, zwei schulpflichtige Kinder und einen in der Lehre befindlichen Sohn umfaßt, sieht so aus: Gcsamtoerdienst im Monat 153,67 M. In ihn ist bereits die wöchentliche Entschädigung von 4,48 M., die der Lehrling erhält, s einbezogen, ebenso eine in diesem Monat ausnahmsweise gegebene Sondervergütung für den Vater von 10 M. Der Mann erhält tarif- mäßigen Lohn und hat das Glück, noch voll arbeiten zu dürfen. Von den Einkünften müssen an festen Ausgaben wöchentlich ab- gezogen werden: 50 Pf. Taschengeld für den Lehrling, 1,20 M. Ver- bandsbeiträge, 7 M. für Miete. Ueber die verbleibende Summe hat die Familie genau Buch gesührt. Butter steht für sie über- Haupt nicht auf dem Speisezettel: dafür 10 Pfund Margarine zu 64 Pfennigen und 4� Pfund Schmalz. Der Fettverbrauch pro Kopf und Tag stellt sich also auf 50 Gramm für Brotaufstrich und Kochen: dieselten" Stullen, die die Erwachsenen zur Arbeit, die Kinder zur Schule mitbekommen, sind danach leicht vorzustellen. Die F l e i s ch r a t i o n für jeden beträgt, das Fleisch roh mit Knochen gewogen, am Tage 44,6 Gramm. Für 2,73 M. wurden 6 Pfund Aepfel   und 5 Pfund Apfelsinen im Monat gekauft: zweimal ein viertel Pfund Bohnenkaffee. In jeder Woche 5 Eier unfTein viertel Pfund Kakao. Als der Mann die Extravergütung erhielt, wurden notwendiger Haushaltsbedarf für 6,85 M, angeschafft, außerdem 3 Flaschen Bier. Sonst ist nur noch einmal im Monat.eine Flasche gekauft worden. SonstigeLuxus"ausgaben: 40 Zigaretten, 4 Pa­kete Tabak, 5 Kinokarten je 40 Pf., zweimal baden je- 20 Pf. Die Monatsrechnung geht genau auf: es bleibt kein Pfennig Rücklage. An irgendwelche Neuanschaffungen von Kleidung, Schuhen usw. ist zur Zeit nicht zu denken. In einer anderen fünfköpsigen in Arbeit und Verdienst stehen- den typischen Jndustriearbeiterfamilie ist das Monatseinkommen auf 109,40 M. gesunken: nach Abzug der laufenden Ausgaben für
Miete usw. bleiben 75,78 M., das sind pro Tag und Person 50)4 Ps. Arbeiter aus dem rheinischen Industriegebiet(Hütten- werk in Obernhausen  ) haben mit ihren Familien im Monat nach Abzug der Miete rund 60 Mark. Die Angestellten, die vor der Notverordnung 256 M. monatlich oerdienten, erhalten heute 170 M. Da sie die Ausgaben für Kleidungsbedarf fast immer als wichtigen Posten in ihrem Haushaltbudget führen müssen, wird die Ernährung aus ein Mindest- maß beschränkt. Für Gesundheitspflege, d. h. Seife, Zahnpslege- mittel und dergleichen, und Erholung ist kaum eine Mark übrig. Fricke begnügte sich nicht mit wenigen Beispielen; er ließ immer neue ausmarschieren, immer solche, die nicht über eine einzelne Familie, sondern über die Lebenshaltung einer Berufsgruppe aus- sagten. Er betonte, daß es nicht in seiner Absicht läge. Elends- schilderungen zu bringen, sondern daß er die durchschnittliche Lebenshaltung von Arbeitern und Angestellten zeigen wolle. Die Zahlen, die er gab, waren überzeugender, klärender, als die beste Milieuschilderung es hätte sein können. Doch mit dieser Uebersicht war der Inhalt seines Vortrages nicht erschöpft. Auf den Nothaushalt der Arbeitslosen ging Fricke nicht ein, da dieser in Grenzen liegt, die jedem denkenden Menschen die völlig unzureichende Befriedigung aller Lebensbedürf- nisse ohne weiteres erkennen lassen. Nur auf die Anzahl von Menschen, die unter solchen Bedingungen existieren müssen, wies der Redner hin, und auf die vielen Kurzarbeiter, die bei ent- sprechender Reduzierung der schon so unzureichenden Löhne mit 16 bis 24 Stunden Arbeit und Arbeitsverdienst in der Woche zufrieden sein müssen, das heißt mit einen, Einkommen, das kaum höher ist als die Arbeitslosenunterstützung. Dann zog er das Fazit seiner Aufstellungen, die ein Bild von den Lebensbedingungen in rund 7 Millionen Arbeiter- und Angestellten- Haushaltungen in Deutschland   gaben, also ein Bild von den Lebensbedingungen für 30 Millionen Personen. Immer wieder wird zur Sparsamkeit, zur Einschränkung gemahnt: haben, so fragte Fricke, diese Mahnungen hier noch Sinn angesichts einer Wirklichkeit, in der Ausgaben für ein Stück Seife, für eine Zahn- bürste schon zum wirtschaftlichen Problem werden? Und wie könnte es möglich fein, die deutsche   Wirtschaft tn Gang zu halten, die in solchem Maße von der Konsumseite her gelähmt wird: sie mußte versallen, da die gesamte Kauskrast derartig unterbunden wurde, sie muß es immer mehr, je vollständiger sich die Reserven des einzelnen aufbrauchen. Neubelebung der Gesamtwirtschaft kann heute nicht von einem Abbau der Löhne und Gehälter, sondern von einer Steigerung der Kaufkraft ausgehen. Der Vortrag erfüllte alle Forderungen, die man nur irgend an solche im Rundfunkprogramm gebotenen Darlegungen stellen kann. Schade, daß er um 17.20 Uhr stattfand, so daß nur ein Teil der Werktätigen ihn abhören konnte. Seiner Bedeutung nach hatte er den günstigsten Platz im Sonntags- oder im Abendprogramm ver- dient. Tes.