Beilage
Dienstag, 17. Mai 1932
Luise Kautzky:
Die Frau in Sowjetrußland
Der Weltkrieg und die ihm folgende Revolution haben wie in anderen Monarchien auch in Rußland mit dem Kaiserreich aufgeräumt. Der Zarismus wurde hinweggefegt, auf seinen Trümmern schien eine demokratisch regierte Republik zu entstehen, der Traum der alten Revolutionäre schien in Erfüllung gehen zu wollen.
Aber es kam ganz anders als sie dachten. ,, Die Freiheit, die sie meinten, die ihr Herz erfüllte", war ihrem Lande nicht beschieden. In blutigen äußeren und inneren Wirren ward ein neuer Staat geboren, an dessen Spize allerdings kein Zar mehr autokratisch regiert, in der aber eine fleine Minderheit ein nicht weniger diktatorisches Regiment führt, als es das zaristische Regime im alten Rußland war. Wohl sizen in der Regierung des neuen Rußlands viele von denen, die in unterirdischer Arbeit den Umsturz herbeiführen halfen. Aber wie haben sie sich umgestellt! Und wie so anders sehen die Grundsätze aus, die sie heute von Staats wegen lehren! Wo ist die Meinungs-, die Rede-, die Lehrfreiheit, die sie einst erkämpfen wollten? Nichts mehr von Freiheit, nichts mehr von Selbstbestimmung, eiserner Zwang und Kadavergehorsam herrschen dort, wo einst ideal gesinnte Frauen und Männer ein demofratisches Reich aufzurichten hofften.
Das Wesen dieses neuen Rußland auch nur annähernd zu schildern, auf das sich heute im brennenden Interesse die Augen der Arbeiterschaft der ganzen Welt richten, ist nicht die Aufgabe dieses Artikels und kann es nicht sein. Was hier untersucht werden soll, ist die Frage, wie die Revolution auf Rußlands Frauen gewirkt hat.
Wir müssen uns dabei vor Augen halten, in welchem Maß die Frauen aller Länder durch den Weltkrieg und seine Folgen revolutioniert wurden. Ueberall, wohin wir blicken, sehen wir ein neues Geschlecht heranwachsen, das durch den Sport gestählt wird, und das Schöne daran ist, daß der Sport jetzt nicht mehr wie einst nur von den„ oberen Zehntausend" betrieben wird, sondern daß auch die weibliche Arbeiterschaft ihn ausübt. Die jüngeren Arbeiterinnen turnen, schwimmen, ringen, treiben Ballspiele, werfen Speere, schwingen Fahnen mit derselben Meisterschaft wie ihre männlichen Kollegen, und wenn erst die mörderische Krise mit ihrem Gefolge von Unterernährung und Hunger vorbei sein wird, werden diese Leibesübungen noch mehr als heute Körper und Charakter, kurz das ganze Wesen der Frau günstig beeinflussen. Außerdem aber sahen und sehen wir, daß auch Frauen, deren Entwicklungsgang bereits abgeschlossen schien, durch die ökonomischen Verhältnisse während des Krieges und nach demselben sich völlig umstellen mußten, wie sie in Berufe gedrängt wurden, die früher unbeschränkte Domänen der Männer waren, wie sie zu Schlossern, Schmieden usw., kurz zu Schwerarbeiterinnen, zu Schaffnerinnen, Wagen- und Lokomotivführerinnnen auf Trams und Eisenbahnen
usw. wurden.
Mit dem Ende des Krieges hat in den kapitalistischen von der Krisis schwer heimgesuchten Ländern dieser Prozeß ein Ende genommen. Sind doch heute Millionen und aber Millionen von
Menschen aller Berufe arbeitslos, um wieviel mehr sind da die Frauen zum Feiern verurteilt. Und hier macht sich augenblicklich allerdings
ein Unterschied zwischen Rußland und der übrigen Welt geltend. Erstens gilt in Rußland für die Frau grundsätzlich die gleiche Forderung wie für den Mann: ,, Wer nicht arbeitet soll auch nicht essen" und zweitens bedarf der Fünfjahresplan, der in wahnsinnigftem Tempo Rußlands Industrialisierung zuwege bringen soll, aller Hände der Werktätigen in Stadt und Land und macht natürlich auch vor der Frau nicht halt, selbst wo es sich um die schwerste physische Arbeit handelt. Die Frauen finden Beschäftigung als Erdarbeiterinnen, Lastträgerinnen, Sägerinnen bei der Waldabholzung, sogar in Bergwerfen unter Tag usw. Daß die russische Bäuerin von jeher wie ein Lafttier in der Landwirtschaft schuften mußte, ist keine neue Erscheinung, übrigens auch keine für Rußland charakteristische, denn die Kleinbäuerin und die Landarbeiterin ist allerorten eine der geplagtesten Frauen auf dieser Welt. Abgesehen von der Schwerarbeit hat die russische Frau dieselben Betätigungsmöglichkeiten wie überall anderswo: in allen typischen Frauenberufen als Schneiderin, Modistin usw., als Stenotypistin, Sekretärin, Verkäuferin, Hausgehilfin( die sich angeblich sogar besser gestellte Schwerarbeiterinnen leisten fönnen) usw.
Was die Intellektuellen betrifft, so können die Frauen jetzt natürlich mehr Aemter bekleiden, als dies unter dem Zarismus möglich war. Die Wertung der Frau in russischen Intellektuellenfreisen war ja stets eine ungleich höhere als in anderen Ländern. Und das hat sich auch unter dem Regime der Bolschewiki erhalten. Es gibt jetzt in Rußland Frauen in einflußreichen Stellungen. Wir sehen Alexandra Kollonta y auf dem wichtigen Posten einer Botschafterin zuerst in Tokio , dann in Oslo . Wir erfahren von aktiven Befehlshaberinnen in der Armee, in der Flotte; wir wissen von Frauen in Ministerien als Leiterinnen von Museen und Aka demien. Aber wir müssen immer wieder betonen, daß auch andere Länder ihren Frauen schon die höchsten Positionen eingeräumt haben. In manchen amerikanischen Staaten fungieren Frauen als Gouverneure, als Friedensrichter, sogar in den Senat wurde jüngst eine Frau gewählt. As Dänemark das erste sozialistische Ministerium bekam, wurde eine Frau, unsere unvergeßliche Nina Bang , ins Unterrichtsministerium berufen, das sie vorbildlich leitete. Wir sahen in England Genossin Margarete Bondfield als Arbeitsminister, wir sehen seit dem Weltkrieg und nach dem Umsturz, der den Frauen das aktive und passive Wahlrecht in zahlreichen Ländern brachte, in deren Parlamenten jetzt überall Frauen als Abgeordnete aller Parteien. Befäße das heutige Ruß land noch die demokratische Einrichtung einer Duma, mie dort die vom Zaren erfämpfte Boltsvertretung hieß, tein Zweifel: die Zahl der weiblichen Mitglieder würde der der männlichen die Waage halten. Auf einem Gebiet erfreuen sich die russischen Frauen allerdings einer Ausnahmestellung im Vergleich zu ihren Schwestern in anderen Ländern: sie genießen das Vorrecht, in die Rote Armee als Soldaten eintreten zu dürfen, werden
im Gebrauch der Waffen unterwiesen und können als sogenannte ,, Milizionärinnen" im Heer dienen und gleich ihren männlichen Kollegen auf der militärischen Stufenleiter emporsteigen. Ob wir westliche Sozialdemokraten sie darum zu beneiden brauchen, steht dahin.
Mehr als anderswo macht sich in Rußland das Streben der modernen Frau geltend,
fich außerhalb des engen Bezirks ihrer Häuslichkeit zu betätigen. Die Ursache für diese überall zutage tretende Erscheinung ist psychologisch unschwer zu erklären. Mit dem erwachten Selbstbewußtsein geht natürlich Hand in Hand ein ungeheurer Selbständigkeitsdrang. Während des Krieges haben Millionen Frauen am eigenen Leib erfahren, was sie zu leisten imstande sind, wenn sie sich fest auf die Füße stellen. Dazu kommt in Rußland , wie wir schon erwähnten, der große Bedarf an Arbeitskräften und der Zwang, der physisch und moralisch auf Männer und Frauen ausgeübt wird, um sie zur Arbeit zu pressen.
Soll es doch als eine Schande gelten, die angeprangert wird, daß der Staat alles erdenkliche tun soll, den Frauen den Dienst an menn jemand sich der Kollektivarbeit entzieht. Es wird berichtet, der Deffentlichkeit zu ermöglichen und zu erleichtern. Bis ins kleinste Dorf soll sich seine Fürsorge für die Kinder erstrecken. So soll die junge Bäuerin ihr Kleines, statt es aufs Feld mitschleppen zu müssen, in der Säuglingskrippe deponieren können, soll für Mann und Kinder das Essen nicht täglich zu bereiten brauchen, da ihr die Küche der Kommune diese Arbeit abnehmen soll. Unablässig soll ihr auch durch Belehrung und Plakate der Wert und die Wichtigkeit von Sauberkeit und Hygiene eingehämmert werden. Ich sage ,, soll", denn es ist bei dem Mangel an Mitteln im Sowjetstaat und bei der unvorstellbaren großen Aus dehnung des Riesenreichs nicht möglich, daß diese Maßnahmen sich wirklich bis ins ,, kleinste Dorf" erstrecken, mag der Wille dazu auch vorhanden sein. Und bei der älteren Dorfbewohnerin ist wohl ohne hin Hopfen und Malz verloren, die stemmt sich gegen alle diese Neuheiten". In den Städten mögen sich solche Errungenschaften natürlich leichter durchsetzen.
denen der westlichen Länder in einer lebenswichtigen Frage: Einen unleugbaren Vorsprung haben die russischen Frauen vor
es gibt für sie feinen Paragraphen 144( wie in Desterreich) oder 218( wie in Deutschland ).
Kein kurzsichtiges Gesetz zwingt sie zur heimlichen Abtreibung der Leibesfrucht. Wohl dürfen Privatärzte feine Eingriffe vornehmen, aber auf jeder öffentlichen Klinik darf jede Frau fostenlos einen Abortus herbeiführen lassen, wenn sie dem Arzt einen stichhaltigen Grund für ihr Verlangen angeben kann. Unmöglichkeit, das Kind zu erhalten, Krankheit u. a. m. Bekommt sie daraufhin ein Attest vom Arzt, so gibt ihr der Ortssowjet eine amtliche Bescheinigung und sie wird auf der Klinik von einem Spezialisten pflegt. Als eine weitere Errungenschaft im neuen Rußland wird behandelt und noch wenigstens eine Woche kostenlos im Spital verstets die Leichtigkeit gerühmt, mit der dort Ehescheidungen und Wiederverehelichungen vorgenommen werden können. Abgesehen davon, daß das feine russische Spezialität ist, denn manche Staaten Amerikas schlagen darin jeden Rekord, so ist es auch noch sehr fraglich, ob dadurch ein größeres Maß von persönlichem Glück geschaffen wird.
Der Abend
Spalausgabe des Vorwärts
Darin stimmen alle Berichte überein, daß
das Leben in Rußland ungeheuer schwer.
sei. Und auf den Schultern der Frau lastet zum größten Teile diese Schwere. Die unendlich mühsame Beschaffung der Lebensmittel, das Fehlen so wichtiger Gebrauchsgegenstände, das Schlangestehen vor den Läden, die Wohnungskalamität, die auf kleinsten Familien zusammenpfercht, der Mangel an Koch- und WaschRaum nicht nur ganze Familien, sondern Angehörige verschiedener gelegenheiten, das alles erschwert das Leben besonders für die Frau und macht aus ihr durchaus kein beneidenswertes Wesen. Freilich gibt es zahlreiche Bevorzugte, die von dieser Misere nicht oder be= deutend weniger betroffen merden. Das sind vor allem die Mitglieder der Kommunistischen Partei. Zwar bilden sie nur eme dünne Oberschicht etwa zwei Millionen von 160 Millionen Einmohnern Rußlands -, aber sie herrschen und genießen alle Vorrechte der herrschenden Klasse. Kein Wunder, daß sie von ihrer Machtvollkommenheit berauscht, sich für alles begeistern, was in Rußland geschieht und auf alles andere mit Berachtung herabsehen. Mit ihrem besonderen Hasse verfolgen die Bolschewiki die Sozialdemo= kraten aller Länder, am meisten natürlich die russischen. Wie zur Zeit des Zarismus werden unsere Genossen jetzt gehezt, verschickt und eingekerkert.
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Die alte Freiheitskämpferin Genossin Eva Broido , die Verfasserin des schönen Buches Wetterleuchten der Revolution", die, ohne aus ihrer sozialdemokratischen Gesinnung ein Hehl zu machen, es magte, die russische Heimaterde wieder zu betreten, schmachtete über vier Jahre im Gefängnis und ist jetzt nach Taschkent in Zen tralasien verschickt. Vera Sassulitsch , die beim Ausbruch der Revolution freudig nach Rußland geeilt war und nicht mehr um= lernen konnte, mußte, weil sie ihren alten demokratischen und freiheitlichen Idealen treu blieb, vergessen und verlassen in Not und Elend ihre letzten Lebensjahre verbringen.
Die Breschkovskaja, das nun mehr als 80jährige ,, Mütterchen der Revolution", lebt im Eril in Prag . Für Frauen dieser Art ist kein Play mehr im heutigen Rußland . ,, Es lebt ein anders denkendes Geschlecht", das mit der Vergangenheit gebrochen hat, das rücksichtslos, von keiner Tradition beschwert, vorwärtsstürmt, anderen Zielen zustrebt.
Gewiß sind auch im heutigen Rußland die Frauen nicht ausgestorben, die jene geistige Stoßfraft besigen, die wir an den Revolutionärinnen früherer Epochen so sehr bewundern. Ja, es ist anzunehmen, daß die Revolution ihre Zahl außerordentlich ver
mehrt hat.
Die heutige Kommunistin fämpft bestimmt mit ernstem Wollen, mit unbeugsamer Energie für hohe Ziele, die sie zwar sich selbst zu stellen nicht die Freiheit hat, sondern die ihr von ,, oben" defre= tiert werden, für die sie sich aber nichtsdestoweniger begeistert: technischen Fortschritt, Kollektivierung, Industrialisierung im rasend=
sten Tempo, das sind die Zauberformeln, die ihr täglich, stündlich in die Ohren gellen und an die sie blindlings glauben soll Dafür nimmt sie die schwersten Opfer auf sich, dafür leidet sie die härtesten Enthehrungen, dafür setzt sie alle ihre Kräfte ein in der festen Zuversicht, ihr Land dadurch aus Hunger und Elend zum Wohlstand, aus tiefster Dunkelheit zum Licht zu führen.
Die Wege dazu sind andere als die, die ihre Vorgängerinnen einschlugen. Ob sie zu jenem Ziele führen werden, das uns Sozialisten als der Sinn des Lebens erscheint, als Lohn des Kampfes vor
schwebt: das Dasein freier. reicher, schöner und glücklicher zu gestalten? Die Zukunft muß es lehren.
Wir vermögen nur zu hoffen und zu wünschen, daß soviel Entbehrungen, so viel Opfermut nicht umsonst vertan sein sollen, daß über alle Hemmungen hinweg, die Terror und Diktatur heute dem Aufstieg in den Weg legen, auch über Rußland dereinst die Sonne des wahren Sozialismus leuchtend emporsteigen möge.
Hausangestellte..
Ein Querschnitt durch das Heute
Die Lage der Hausangestellten hatte sich dank der Bemühungen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei nach dem Kriege erheblich gebessert. Lohntarife und Arbeitszeitabtommen wurden getroffen und auch in hygienischer Hinsicht war manches erreicht. Der Zustand der Rechtlosigkeit, dem die Hausangestellte vor dem Kriege ausgesetzt war, bestand in der Praxis nicht mehr. Leider gelang es nicht, die Rechte der Hausangestellten reichsgesetzlich festzulegen. Eine diesbezügliche Vorlage blieb in der vorigen Seffion des Reichstages unerledigt.
Es ist deshalb nicht erstaunlich, wenn sich die Wirtschaftskata strophe, die keinen Beruf ungeschoren ließ, bei den Hausangestellten Teil der Hausangestellten arbeitslos ist, sind die Arbeitsbedingungen besonders verhängnisvoll auswirkt. Abgesehen davon, daß ein großer bei einem guten Teil derer, die noch in Arbeit stehen, so skandalös wie in den schlimmsten Vorkriegsjahren. Zugegeben, daß Finanzmisere, Wohnungs- und Haushaltsverkleinerung unter Umständen
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Weitere Stellenangebote:„ Gutes 3immer gegen aus arbeit".- ,, Gebe Borderzimmer an flinke, gesunde, vertrauenswürdige, anhanglose Person gegen Haushaltsfüh rung". ,, Fräulein, frauenloser Haushalt, gegen Kost und ,, Frei Kost und Logis, bestempfohlene Logis gesucht". ,, HausWirtschafterin für frauenlosen Beamtenhaushalt gesucht." haltshilfe, etwas pflegekundig, gegen 3immer, Verpfle gung." Mädchenzimmer gegen Haushilfe."
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Der Sinn aller dieser Angebote: Die Hausangestellte soll gegen Kost und Logis, in manchen Fällen sogar nur gegen Logis ihre Arbeitskraft hergeben!
Hausangestellte verpflichtet ist, neben der ihr zukommenden Be Ein anderes Kapitel stellen diejenigen Fälle dar, in denen die schäftigung auch noch andere Arbeiten zu machen, die mit Hausarbeit so viel wie nichts zu tun haben. Blütenleje Nr. 2
aus einer Sonntagsnummer des ,, Lokal- Anzeigers":
den Arbeitgeber zwingen, den Lebensstandard der Hausangestellten ,, Junges Mädchen, gut bürgerlich, für Haushalt, Geschäft, zu reduzieren. Wenn aber darüber hinaus die Hausangestellte die etwas Bürofenntnissen." ,, Besseres, gut aussehendes, Arbeit leisten soll, die bisher von zwei bis drei Arbeits= ,, Erzieherin, fräften erledigt wurde, wenn sich die Fälle häufen, in denen jüngeres Fräulein, Haushalt, Bürohilfe." Nähkenntnisse, Barlohn überhaupt nicht mehr zur Auszahlung kommt, pädagogisch, zu siebenjährigem Jungen. Hausarbeit." ,, Haustochter, jüngere, tüchtige Wirtwenn sich Wohnen und Ernährung für das Mädchen" zu einer Katastrophe gestalten und sich die Bedienstete" eine Behandlung schafterin, kinderlieb, frauenloser Haushalt, Stenotypistin bevorzugt." Junges Mädchen für Haushalt und Geschäft."- gefallen lassen soll, die mit dem Verhältnis Arbeitgeber nehmer nichts mehr zu tun hat, dann sind das durch nichts zu recht- Stüße, jüngere, mit allen Hausarbeiten vertraut, erwünscht Stenographie, Schreibmaschine, sucht kinderloses Chefertigende Zustände. paar." Kinderschwester für zweijähriges Kind, Haus= arbeit und Kochkenntnisse erforderlich." ,, Junges Mädchen für Haushalt und Kaffeebetrieb mit Nähkennt nissen."
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Oder:
Stellenangebote aus einer Sonntagsnummer des ,, Lokal- Anzeigers" umreißen die Situation besser als alles andere. Da heißt es zum Beispiel: ,, Haushaltshilfe, etmas pflegekundig, gegen 3immer, Verpflegung, Einzelhaushalt". Haushaltshilfe, täglich zweiſtündlich, gegen Mädchenzimmer ge= fucht". In dem einen Fall soll also die Hausangestellte auch noch die Stelle einer Pflegerin versehen und das alles ohne Gehalt. Im anderen Fall wird Arbeitsleistung verlangt, ohne als Aequivalent auch nur Beföftigung zu gewähren. Wie es im übrigen mit der zweistündigen Arbeit aussieht, fann man sich leicht vorstellen, menn man sich vergegenwärtigt, daß die Hausangestellte bei Uebertretung der vereinbarten Arbeitszeit seitens ihrer Arbeitgeberin vor die Alternative gestellt wird, die Stellung fristlos aufzugeben oder sich zu fügen.
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Der Sinn dieser Anzeigen ist eindeutig. Gemisse Kreise des Bürgertums schlachten die Notlage der erwerbslosen weiblichen Angestellten in ihrer Weise aus. Stenotypistinnen, Büroangestellte, Erzieherinnen und Kinderschwestern werden genötigt, nicht nur ihre Kenntnisse und ihre spezialisierte Arbeitstraft zur Verfügung zu stellen, sondern daneben auch noch die Stelle einer aus angestellten mit zu übernehmen.
Wie sich diese Verlagerung der Verhältnisse im Hausangestelltenberuf in der Praxis auswirkt, mögen einige Beispiele aus dem Leben zeigen, die wir ein andermal bringen.
Lucifer.