Einzelbild herunterladen
 

Brünings schwere Arbeit.

Finanzforgen und Ministerfragen.

Das Reichsfabinett tagte gestern nachmittag unter Hinzu­ziehung des früheren Preistommissars Go erdeler, des Oberbürgermeisters von Leipzig . Man nimmt an, daß es sich neben anderen Etatsfragen auch um die Finanznot der Gemeinden gehandelt hat, worüber Goerdeler als Sach­verständiger gehört wurde.

Am Vormittag hatte der Reichstanzler eine Besprechung mit dem General von Schleicher. Dieser läßt verlauten, daß er nicht die Absicht hebe, an Groeners Stelle Reichswehr­minister zu werden. Offenbar ist er lieber der Mann, der die Reichswehrminister absetzt, als der Reichswehrminister, der von einem anderen abgesetzt wird.

*

Die Reichsregierung hat nunmehr die Mehrzahl der Einzeletate aus dem Reichshaushaltsplan für 1932 dem Reichsrat zugeleitet. Es fehlen jedoch noch einige der michtigsten Haushalte, mie der Haushalt der allgemeinen Finanzverwaltung, der Haushalt der Reichsschuld und der Haushalt des Reichsarbeitsministeriums. Ueber diese Etats liegt noch feine abschließende Stellungnahme des Kabinetts vor. Die Beratungen der Reichsratsausschüsse über den neuen Etat, die ur­sprünglich bereits am Freitag, dem 20. Mai, beginnen sollten, werden infolgedessen einige Tage später ihren Anfang nehmen, und zwar voraussichtlich am Montag, dem 23. Mai.

Auf 60 Sigungstage ausgeschlossen. Der Reichstag hat Ruhe vor de tollfommando Heines.

Wie das Nachrichtenbüro D3. hört, hat Reichstagspräsident Löbe den auf dreißis age bemessenen Ausschluß des Abg. Krause Oft pren( jo 3.) von den Sizungen des Reichs= tags zurüdgenommen, weil die polizeilichen Ermittlungen nicht nach gewiesen haben, daß der Abg. rause an der Schlägerei im Reichs­tag attiv teilgenommen hat.

Die ,, Preußen des Offens"

Kriegsminister

黃衣

,, Die Armee fordert den Rücktritt des Kriegsministers. Ist jetzt große europäische Mode!"

Notmaßnahmen in Rußland .

Rückzug der Sowjetregierung vor den Bauern.

Die Sowjetregierung hat sich zu zwei Maßnahmen ge­nötigt gesehen, die sofort als außerordentliche Notmaß nahmen tenntlich werden, und damit bestätigen, daß in der ruffischen Wirtschaft eine sehr ernste Krise besteht.

Hinsichtlich der Ausschlüsse auf je dreißig Sizungstage, die im gleichen Zusammenhang gegen die nationalsozialistischen Abgg. Heines, Stegmann und Weigel verfügt waren, ist in der Deffentlichkeit die Frage entstanden, ob die Weigerung dieser Abgeordneten, auf die Aufforderung des Präsidenten hin den Saal zu verlassen, noch andere Folgen nach sich ziehen könne. Hierzu wird dem Nachrichtenbüro erklärt, daß auch nach der Neuregelung der Ordnungsbestimmungen der Geschäftsordnung des Reichstags der Ausschluß auf dreißig Gigungstage nicht das höchste Maß an Ordnungsstrafen darstellt. Die Bestimmungen gehen vielmehr dahin, daß ein Abgeordneter, der auch nur auf einen Sizungstag ausgeheißt, schlossen wurde und sich weigert, dem Ersuchen des Präsidenten, aus dem Saal herauszugehen, nachzukommen, ohne weiteres auf dreißig meitere Sigungstage als ausgeschlossen gift. Nach dieser Regelung sind die nationalsozialistischen Abgeord. neten Heines, Beizel und Stegmann tatsächlich also auf fechzig Sigungstage aus dem Reichstagsplenum ausge fchloffen.

Kuriosa um Bührer.

Der frischgebackene Razi- Bürgermeister Dresdens und der Razi Redakteurene

Der Dresdener Bürgermeister Dr. Bührer hat sich ver menigen Wochen von einem Sozialdemokraten in einen Na­tionalfezialisten verwendelf. Aus diesem famojen Stellungs­wechsel ergeben sich ergögliche Kuriosa.

Als Bührer noch der Sozialdemokratie angehörte, war er natürlich für die Hakenkreuzler ein genau so gemeiner Schuft wie jeder Marrist und ebenso forrumpiert. Daher veröffentlichte das sächsische nationalsozialistische Organ Der Freiheitskampf" am 9. Dezember 1931 einen Artikel, in dem ohne weiteres erklärt murde: Bürgermeister Dr. Bührer schenkt einem margistischen Nadtkulturverein 1000 Mart aus der Stadtkasse." Dieser schwere Borwurf, nach dem es aussah, als habe Bührer aus parteilichen Rücksichten eigenmächtig über öffentliche Gelder verfügt, mußte straf­rechtlich verfolgt werden. Also stellte die vorgesetzte Behörde durch Oberbürgermeister Dr. Rülz gegen den verantwortlichen Schrift leiter Regler Strafantrag. Es tam zu dem obligaten Offizial­verfahren. Inzwischen hatte es Bührer fertig bekommen, zu denen, die ihn gröblich verdächtigt und beleidigt hatten, überzulaufen. Das erwähnte Verfahren aber nahm seinen Fortgang und am Freitag mar der paradore Umstand zu verzeichnen, daß der verantwortliche Naziredakteur sich vor dem Dresdener gemeinsamen Schöffengericht megen öffentlicher Beleidigung eines Beamten zu verantworten hatte, der jetzt sein Parteigenosse ist.

Das Kuriosum wird noch furioser durch die Art der Verteidi­gung des Angeklagten. Er konnte absolut feinen Unterschied darin finden, ob einer eigenmächtig über etwas verfügt, in diesem Falle schenkt, oder aber auf Grund eines Beschlusses der Stadtverordneten und des Rates eine Unterstützung ge­währt. Er fehe in der Gemährung einer Unterffügung an jenen Berein aus putem Interesse an der Verwendung von Stadt­mitteln einen Standal und meinte, von Beleidigung fönne gar feine Rede sein.

Das Gericht mar aber anderer Meinung, und da es aus dem Straf­register des Naziredakteurs Reßler mußte, daß er schon mehrfach Breffedelikte beging, erkannte es auf eine ziemlich beträchtliche Strafe. Reßler murde wegen der erwähnten Beleidigung nach § 186( üble Nachrede) zu 900 Mart Geldstrafe oder einen Monat Gefängnis verurteilt. Daß es sich in der Beleidigung, mie der Staatsanwalt zu erwägen gegeben hatte, um eine verleumde­rische, also wider besseres Wissen begangene, gehandelt habe, gelte nicht als ermiesen, jedoch spricht die Begründung in dieser Hinsicht von erheblichem Berdacht.

800 Kommuniffen festgenommen. Eine Maffen- Siftierung von Kommunisten wurde in Harburg vorgenommen. Dem tommu nistischen Jugendverband war eine Lastkraftwagenfahrt genehmigt worden, bei der teine Fahnen und Schilder mitgeführt werden durften. Die Demonstranten erschienen jedoch mit insgesamt elf Wagen und führten Fahnen und Wimpel mit sich. Die Bolizei schritt ein und brachte insgesamt 800 Berfonen zur ach c. Nach Feststellung der Personalien wurden sie mieder entlassen.

Opfer der großen Zeit". In der letzten Zeit sind auf den Schlachtfeldern bei Beronne die Leichen von 186 deutschen und 114 franzöfifchen Soldaten gefunden worden. Bisher konnten 68 Deutsche und 48 Franzosen identifiziert werden.

Laurig Larsen, der Pressereferent der Dänischen Gesandtschaft feit zwölf Jahren, ist als Generalfonful nach Flensburg übergesiedelt. Larsen ist aus der Redaktion des Kopenhagener ,, Sozialdemokraten " in den diplomatischen Dienst übergegangen,

Die erste der Verordnungen bestimmt, daß das Getreide aufbringungsfoll für das Jahr 1932 erheblich herabgesetzt wird. Die Bauern und die Kollektiven dürfen die Ueberschüsse, die sie erzielen, auf dem freien Martte per kaufen. Das Getreideablieferungsfoll für 1932 ist auf den Stand der tatsächlichen Ablieferung des Vorjahres gebracht worden, das heißt, daß die Sowjetregierung vor dem Widerstand der Bauern sehr erheblich zurückgemichen ist.

Mit dieser Verordnung ist der bisherige tatsächliche Zustand, der durch die Resistenz der Bauern geschaffen worden ist, legalisiert worden. Es können sich daraus Rückwirkungen auf die Entwicklung der Kollektiven und ihre Stellung zum Sowjetregime ergeben, an die das Sowjetregime nicht gedacht hat, als es die Bauern in den Kollektiven organisierte!

Die zweite Verordnung hebt alle Sperrmaßnahmen für das Schlachten und den Verkauf von Bieb auf, ebenso alle Sperrmaßnahmen für den Berfauf des Fleisches auf dem privaten Martt. Alle Sowjetorganisationen werden an gewiefen, bem, freien. Bertauf deine Schmierigfeiten zu machent. Der Sinn der ersten mie der zweiten Berordnung ist, den

Memels neuer Gouverneur.

Der bisherige Konful Litauens in London .

Kowno , 17. Mai.( Eigenbericht.) Der litauische Generalkonsul in London Gyllys ist zum Gouverneur des Memelgebietes ernannt worden. Gyllys ist inzwischen in Kowno cingetroffen und wird sein neues Amt in den nächsten Tagen über­nehmen. Die amtliche Bekanntgabe seince Ernennung steht unmittelbar bevor.

Blut fließt in Indien . Der alte Religionshaß als Ursache.

Condon, 17. Mai. ( Eigenbericht.)

Seif zwei Tagen find im größten Teil Indiens aus Anlaß der religiöjen Feiertage der mohammedanischen Bevölkerung fchro ere Unruhen im Gange. Die Zahl der Toten in Bombay ffieg am Dienstag, am vierten Tage der Unruhen, auf 80 an; verletzt wurden wenigftens 1000 Personen.

Von den früheren Unruhen unterschieden sich die neuesten vor allem durch das Ausmaß, das die Brandstiftungen und Plünderun­gen von Läden angenommen haben. Um Dienstagabend griffen die irischen Füfiliere mit scharfen Schüssen ein, um in dem am meisten heimgesuchten Teil der Stadt die Ruhe wiederherzustellen. Gegen Ende des Tages trat eine gewiffe Beruhigung ein, nachdem die Polizeipatrouillen die Berordnung, die Zusammenrattungen, von mehr als fünf Personen verbietet, überall streng durchführen. Inzwischen find Kämpfe zwischen Hindus und Mohammedanern auch in Kalkutta ausgebrochen.

Gorguloffs Befundungen.

Schüsse in der Synose?

Paris , 17. Mai. Gorguloff wurde heute aufs neue verhört. Er erklärte dem Untersuchungsrichter, er sei von der figen Idee befallen gewesen, ein Attentat verüben zu müssen. Ende März oder Anfang April fei er von Monaco aus bereits einmal nach Paris gekommen, um hier das Einreisevisum für Belgien zu erhalten. Er habe damals die Absicht gehabt, sich nach Brüssel zu begeben, um sobald als möglich nach dem belgischen Kongo gebiet zu reisen. Ueber die Zeit unmittelbar vor dem Attentat befragt, erklärte Gorguloff, er fei seit seinem Eintreffen in Paris von einer Art Hypnose be­fallen gewesen. Er habe im Zuge gebetet und auch nach seinem Eintreffen in Paris in der Notre- Dame- Kirche. Er sei von der Idee besessen gewesen, daß der Teufel ihm eingegeben hätte: Wenn du den Präsident der Republit getötet haben wirst, mußt du Selbstmord begehen.

Gorguloff schilderte meiter, er habe, alles versucht, um seine Verhaftung vor Ausführung des Attentats herbeizuführen. So habe er an Schußleute auf der Straße unfinnige Fragen gestellt, ohne daß sich die Polizei bei dieser Gelegenheit um ihn gefümmert

| Bauern einen Anreiz zu geben, für den Markt zu liefern, damit die nichtbäuerliche Bevölkerung Lebensmittel erhalten kann und damit der Bauer nicht völlig zur Mursich selbstversorgung übergeht. Der 3wang des Fünfjahrplanes und die Schaffung der Kollektiven haben. versagt das Sowjetregime greift wieder einmal auf den An­reiz privaten Gewinnstrebens zurück.

-

Indessen muß auch die Sorge eine Rolle gespielt haben, daß die

bäuerliche Bevölkerung unruhig werden könnte. Die neuen Berord­nungen fönnen zwei sehr bedenkliche Folgewirkungen haben. Wenn der agrarische Ueberschuß auf den freien Markt geliefert werden kann und das Aufbringungsfoll verkürzt wird, wird die industrielle Bevölkerung noch stärter als zuvor auf den freien Markt angewiesen sein. Angesichts der russischen Inflation bedeutet dies, daß das mißverhältnis 3mischen Preisen und Löhnen immer größer werden muß. Die Arbeiter bezahlen die 3eche für die Erleichterungen für die bäuerliche Bevölkerung.

Der russische Viehstapel ist immer noch flein nach dem großen Biehmorden, das mit der Zwangskollektivierung einfegte. Die neue Verordnung wird ein neues Abschlachten hervor­rufen mit allen bedenklichen Folgen für die Zukunft.

Wenn troß dieser Perspektiven diese Verordnungen erlassen worden sind, so ist dies ein Zeichen dafür, daß die Somjetregierung Gefahr im Berzug fieht, daß fie der fritischen Zuspigung mur zu entgehen glaubt, menn fie Ventile öffnet

hätte. Am Tage des Attentats fei er bis 2 Uhr nachmittags in einem fleine Café geblieben, wo er ein Fischgericht zu sich genommen und

eine ganze Flasche Cognac getrunken

habe, in der Hoffnung, auf diese Weise in einen Zustand der Trun­tenheit zu geraten und sich selbst dadurch an der Durchführung des Attentats zu hindern. Die Schüsse auf Präsident Doumer habe er in einer Art hypnotischen Schlafs abgegeben, ohne sich dar­über flar zu sein, was er tat. Er wisse nicht einmal, mit welchem

der beiden Revolver, die er bei sich trug, er gefeuert habe.

Auf eine Frage über die Gründe für den Anschlag antwortete Gorguloff, er fei verzweifelt gewesen,

daß Frankreich nicht gegen die Bolschewiffen kämpfen wollte. Auf die Frage, weshalb er gerade den Anschlag gegen Doumer verübt habe, der doch als überaus gütiger Mensch bekannt gewefen. sei und viel für den Frieden getan habe, antwortete Gorguloff, er habe den Präsidenten Doumer mit der französischen Regierung identifiziert. Ueber seine Eheschließungen befragt in seinen Aufzeichnungen behauptet er, 3 mölf Frauen geheiratet zu haben -fagte Borguloff heute aus, er habe sich

viermal verheiratet,

-

einmal in Rostow , zweimal in der Tschechoslowakei und das vierte Mal in Paris mit der Schweizerin Geng. Seine drei ersten Ehen seien geschieden worden. Ueber seine finanziellen Verhältnisse soll Gorguloff erklärt haben, daß er in Prerau( Tschechoslowakei ) viel Geld verdient habe, als er seine Klinik leitete. Auch während seines Aufenthalts in Billancourt bei Paris habe er durch ärztliche Be­handlung seiner Landsleute genug verdient, um seinen Lebensunter halt zu bestreiten.

Rückgang der Auswanderung.

Weil die Einreise gesperrt ist.

Die deutsche Auswanderung ist in legter Zeit erheblich zurüd. gegangen. Die Auswanderung nach Uebersee war zwar auch in den Jahren vor dem Kriege verhältnismäßig niedrig, 30g aber nach Kriegsschluß und vor allen Dingen in der Inflation sehr start an. Während im Jahre 1911 22 000 Personen, im Jahre 1912 18 000 Personen und im Jahre 1913 25 000 Personen nach Uebersee ausgewandert sind, wuchs die Zahl der Auswanderer im Jahre 1922 auf 36 000 und im Inflationsjahr 1923 auf 115 000 an. Nach der Inflation fiel die Ziffer auf etwa die Hälfte. Sie erreichte dann mieder im Jahre 1926 mit 65 000 Personen einen neuen Höchst­stand. Im Jahre 1927 manderten 61 000 Personen, 1928 57 000 Personen, 1929 48 000 Personen und 1930 37 000 Personen aus. Für das Jahr 1931 liegt zwar noch fein abschließendes Ergebnis vor, jedoch laffen die Ziffern für die Monate Januar bis November erkennen, daß die Gesamtjahreszahl 15 000 faum überschreiten dürfte. In den Ziffern tommt die deutsche Ueberlandauswan derung, die nur schäzungsweise errechnet werden fann, nicht zum Ausdruck. In den Jahren 1926 bis 1929 haben insgesamt 80 000 Personen Deutschland auf dem Landwege verlassen. 1930 betrug die Heberlandauswanderung 40 000 und im Jahre 1931 60 000. Dicie ftarfe Steigerung ist auf die Einwanderungssperre zurückzuführen, die zahlreiche Ueberfeeländer in den letzten Jahren verhängt haben.