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2,3 Millionen aus der BVG. Die Endzahlen des pfingstverkehrs. Die Berliner   Ring- und Vorortbahnen und die Verkehrsmittel der BVG. haben an den beiden Pfingst- feiertagen einen ungeheuren Andrang erlebt. Die BVG. beförderte an den beiden Feiertagen und am Pfingstsonnabend nicht weniger als 7,3 Millionen Personen. Die Reichsbahndirektion mußte nach den chauptaus- flugsorten eine Unzahl Vor- und Nachziige einlegen. Am ersten Feiertag beförderten die L-Bahnen tgllXZW Fahrgäste. Den höchsten Andrang wies Grünau mit 45 MO Personen auf, dann kam Nikolassee  (Strandbad Wannsee  ) mit 33 RW). Am zweiten Feiertag war noch eine leichte Steigerung des Verkehrs festzustellen. Es wurden im ganzen 1 770 000 Fahrgäste befördert. Auch an diesem Tage hielt Grünau mit insgesamt 54 000 Fahrgästen den Rekord, Nikolassee   hatte 44 000. Gegenüber dem Vorjahr ist allerdings trotz des Massenandranges ein Rückgang festzustellen. Am ersten Feier- tag des vorigen Jahres wurden von den 8-Bahnen 4 800000 und am zweiten Feiertag rund 2 000 000 Fahrgäste befördert. Auf den 10 großen Fernbahnhöfen sowie in den Berliner   Aus- gabestellen des MER.-Reisebüros wurden in den Tagen vom 4l. bis 14. Mai rund 340000 Fahrkarten ausgegeben. Diese Zahl entspricht dem Ergebnis des vorjährigen Pfingstverkehrs. Den größten Anteil daran hatte der S t e t t i n e r Bahnhof, auf dem vom 11. bis 14. Mai 106 000 Reisende gezählt wurden. Zur Be- wältigung des Verkehrs muhten insgesamt 218 Vor- und Nachzüge und 3 Sonderzüge gefahren werden. Nach den uns vorliegenden Berichten aus verschiedenen deutschen  Reisegebieten war der Pfingstverkchr auch im Reich außerordentlich lebhaft. In Hamburg   ließ die Reichsbahn rund 250 Sonderzüge verkehren. Auch am Rhein   und auf dem Rhein   herrschte leb- haftestcr Verkehr. Die Gebirge Schlesiens hatten ebenfalls einen sehr guten Verkehr, zum Teil sogar einen Rekordnerkehr, an dem besonders im R i c s c n g e b i r g e die Berliner   großen Anteil hatten. Die Kahrpreispolitik der Reichsbahn. Arbeiter und Angestellte haben von der Reform nichts. Aus gewerkschaftlichen Kreisen geht uns solgende Iufchrist zu: Warum muß die Reichsbahn gerade an uns Arbeitern und An- gestellten besonders verdienen? Vor wenigen Wochen ging ein Freudenschrei durch die bürgerliche Presse, daß die Reichsbahn, dem Zuge der Zeit folgend, ihre Fahrpreise bedeutend ermäßigt habe. Bei Ferienreisen über 200 Kilometer Weg und von mindestens elf- tägiger Dauer hat man bei Hin- und Rückfahrt von derselben Sta- tion den Fahrpreis um 20 Prozent gekürzt. Die Bestimmung ist gut und richtig, aber die deutsche Arbeiter- und Angestelltenschaft hat davon so gut wie gar keinen Vorteil. Welcher Arbeiter oder An- gestellte hat denn überl>aupt 11 Tage Ferien? Und wenn es wirk- lich noch so glückliche Kollegen gibt, wer hat von diesen Arbeitern und Angestellten das Geld dazu, 11 und mehr Tage verreisen und so weite Strecken fahren zu können? Gerade die Arbeitnehmer haben in den letzten Jahren einsehen gelernt, daß sie für ihren Körper auch sehr viel tun müssen, um dem heutigen rasenden Arbeitstempo Genüge leisten zu können. Immer mehr sind gerade diese Kreise dazu übergegangen, an jedem Ferien- tag die Nase in die frische Luft zu stecken. 3, 5 und 7 Tage sind die üblichen Urlaubszeitcn, nähe gelegene Ausflugsorte sind die be- liebten Reiseziel«. Aber für solche Reisen kennt die hohe Reichs- bahnbürokratie keine Ermäßigungen, obwohl gerade in Arbeiter- und Angestelltenkreiien bestimmt jeder Pfennig mehr gebraucht wird, als bei vielen, die Hunderte von Kilometern verreisen können. An den eigenen Statistiken kann die Reichsbahn am besten sehen, daß die Arbeiterschaft sowohl im Beruf wie in der Ferienzeit ihr bester Kunde ist. Die Fahrpreisermäßigung in der jetzigen Form bedeutet für die Arbeiterschaft gar nichts. Noch ist es Zeit. Noch kann die Reichsbahn den vielen tausend Arbeit- nehmern auch die Feriensreude versüßen. Weg mit dcr Ent- fernungsgrenzc! Weg mit der Bestimmung über die Dauer
Vor derSittlichkeitskammer" in Moabit  Kinderaussagen vor Gericht
Kindcraussagcn verursachen dem Richter stets von neuem Kopf- schmerzen. Es bcdars großer Erfahrung, um hier zwischen Wahrheit und Dichtung zu unterscheiden. Mit der Zeit bildet sich gewissermaßen ein Fingerspitzengefühl heraus: sich aber auf dieses allein zu ver- lassen, wäre sehr gefährlich. Nur wenn neben den Kinderaussogen auch andere Schuldbcwcisc vorhanden sind, wird der Richter sich zu einer Verurteilung entschließen. Weil aber der Umgang mit Kindern eine große Erfahrung erfordert, ist in Moabit   mit der Aburtellung der Sittlichkeitsvergehcn an Kindern eine besondere Kammer be- auftragt. Wie verschiedenartig sind aber doch die Kinder, die hier vor dem Richtertisch stehen. Klein-Erna erkennt den Llebeltäter. Da war z.B. gestern die noch nicht vierjährige Erna. Unter Tränen erzählte sie eines Tages ihrem Vater, daß der Onkel Nachbar mit ihr etwas gemacht habe. Der Dater erstattete Anzeige. Der Mann, ein mehrfach wegen Diebstahls vorbestrafter Mensch, bestritt, sich an der Kleinen vergangen zu haben. Vor Gericht be- hauptcte er, am fraglichen Nachmittag gar nicht zu Hause gewesen zu sein. Ein Zeuge hatte ober gesehen, wie er das Kind in seine Wohnung mitnahm. Das Gericht beschloß, die Bierjährige zu hören. Der Angeklagte wurde abgeführt. Klein-Erna saß munter und frisch auf dem Richtertisch und plauderte unbefangen mit dem Onkel Richter. Sie erzählte, wie der Onkel Nachbar ihr Bonbon versprochen hatte und ihr auch seine Kaninchen zeigen wollte. Sie erhielt Kaffee und dann sei er so garstig zu ihr gewesen. Die Kleine wurde hinaus- geführt. Der Angeklagte muhte sich auf die Zeugenbank setzen, neben ihm nahmen Berichterstatter und Referendare Platz, jetzt durste Klein- Erna wieder in den Saal. Ob nicht der Onkel Nachbor unter den Onkels am Richtertisch sitze. Lachend und frisch sagt Klein-Erna Nein". Na. sieh dich mal jetzt um. Klein-Erna dreht sich um, wird ganz blaß, das Gesicht drückt Abscheu und Schreck aus, sie zeigt mit dem Finger auf den Angeklagten und sagt leise: Da ist er. Der Mann erhielt 1 Jahr Gefängnis.
Ganz anderes Zeugenmaterial boten die beiden 13jährigen Emmi und Käthe. Die Lehrerinnen nennen sie verlogen. Ihr Leumund ist denkbar schlecht. Zwei Männer sind angeklagt, mit ihnen verhältnismäßig harmlose Dinge gemacht zu hoben. Der eine ist bereits wegen Erregung öffentlichen Aergernisscs vorbestraft. Die beiden Angeklagten behaupten, die Mädchen hätten sie verführt: sie wollten 20 Pfennig für Knallfrösche es war am Silvester. Die Mädchen bestreiten das. Die Männer hätten ihnen Photographien gezeigt und sie hinterher aufgefordert, in einen Hausflur zu gehen. Eine Frau beobachtete den Vorgang, rief einen Schupo: die Männer wurden überrascht, slohen die Treppe hinaus bis zum obersten Stock- werk und wurden gefaßt. Vor Gericht erklärten sie, sie hätten einen verdächtigen Mann verfolgt, der den Mädchen in den Hausflur nach- gegangen sei. Wären sie nicht beobachtet worden, hätten sie nicht so dumme Ausreden gebraucht, und wäre einer von den beiden nicht bereits vorbestraft, diese beiden Mädchen mit dem schlechten Leumund hätten keinen Glauben verdient. So aber bekamen die beiden Angeklagten 2 und 3 Monate Gefängnis. Wer hat gelogen? Noch fragwürdiger erschien der dritte Fall. Belastungszeugen waren diesmal ein Zwölf- und ein Dreizehnjähriger. Der An­geklagte, ein K r i e gs i n v a l id e, soll versucht haben, den einen unzüchtig zu berühren: er soll ihnen 50 Pfennig versprochen haben. Der Mann sagt, die Jungens lügen. Das Gegenteil sei wahr. Als der Jüngere von den beiden ihm ein Angebot gemacht, habe er ihn zur Rede gestellt. Der Richter unternimmt einen Ueberrumpelungs- versuch, ffr mirft den Jungen Unwahrhastigkeit vor und schildert ihnen den Vorgang, wie ihn der Angeklagte darstellt. Die beiden Jungen sagen ober: Das ist gelogen. Dos Gericht glaubt ihnen und verurteilt den Kriegsinvaliden wegen versuchten Sittlichkeitsvergehens und wegen unbefugten Waffenbesitzes man fand bei ihm außer unzüchtigen Bildern auch einen Totschläger aus Gummi zu zwei Monaten Gefängnis. In dieser Verhandlung kam das Gericht ohne psychologischen Sachverständigen aus: liegen die Fälle aber besonders schwierig, so muß er bei der Wahrheitsfindung mithelfen...
der Ferienfahrt! Auch wir wollen ermäßigte Fahrpreise haben, nachdem man uns die Löhne und Gehälter, ja sogar die Urlaubszeiten und die Urlaubsvcrgütungen zusammengestrichen hat. Akademische Arbeitstagung europäischer Jugend. In der großen Aula des Staatlichen Friedrich-Wilhelm-Gym- nasiums in der Kochstraße 13 findet jetzt bis zum 27. Mai eine akademische Arbeitstagung europäischer Jugend statt. Es werden sprechen am 23. Mai Dr. Walter Johannes Stein  - Stuttgart   überSind die Arbeitslosen eine Schicksalsgemeinschaft vereint zu gemeinsamen Tun?", am 24. Mai Pater Friedrich Muckermann- Münster überGeistige Entscheidung unserer Zeit"(Kirche und Bolschewismus), am 25. Mai Professor Dr. Werner S o m b a r t überJugend und Zukunft des Kapitalismus"(von Weltwirtschaft zu Planwirtschaft und Autarkie), am 26. Mai Dr. Edgar I. Jung- München   überKonservative Revolution  "(Stand- ortbestimmung der europäischen   Jugend) und am 27. Mai Philipp Dessauer   u. Dr. Kahlefeld(Leipzig  ) überDie katholisch« Lebensauffassung"(Wege und Führung). Die Vorträge beginnen pünktlich um 20 Uhr. Ein Lehrgang für gärungslose Früchleverwerlung findet an der Lehr- und Forschungsanstalr für Gartenbau in Berlin-Dahlem   vom 9. bis 11. Juni d. I. von 9 bis 14 Uhr statt. Anmeldung unter Ein- sendung eines Lehrbeitrags von 5 M. auf das Postscheckkonto Berlin   26119 der Kasse der Lehr- und Forschungsanstalt für Garten- bau in Berlin-Dahlem  .
Berliner   im Bodetal abgestürzt. Im Bodetal im Harz   stürzte am 2. Feiertag die Limousine des Sanitätsrats Dr. Peyser aus Berlin   auf der Straße zwis�en dem Hotel Waldkater und Thole einen steilen Ab- hang hinab und blieb etwa 7 bis 8 Meter tiefer hängen. Der Wogen konnte mit Winden wieder hochgezogen werden. Verletzt wurde glücklicherweise niemand. Ein Opfer seiner Zpielwut. Danzig  . 17. Mai. Am 2. Psingstieiertag nachmittags wurde die Leiche des Berliner  Kaufmanns Karl Feichtner von Fischern in der Ostsee   auf- gesunden. Feichtner war seit dem 26. März aus einer Zoppoter Pension verschwunden. In einem hinterlassenen Brief teilte er mit, daß er infolge großer Verluste im. Spielkasino Zoppot   sich das Leben nehmen würde. Don der Bundesschule des Allgemeinen Deutschen   Gewcrkschasls- bundes wird heute. Mittwoch. 18. Mai. 16.05 Uhr, ein szörbericht gesendet. Am Mikrophon Alfred Braun  . Die kostenlosen Stenographiekurse, die der Berliner   Steno» graphen-Verein Stolze-SchrcyTiro" in seiner Uebungsgruppe Karlshorst   veranstaltet, finden Freitags von 20 bis 22 Uhr in, Städtischen Jugendheim. Treskowallee 44, statt. Anmeldungen zum Anfänger- und Wiederholungskursus, an denen sich männliche und weibliche Erwerbslose beteiligen können, werden noch am kommen- den Freitag entgegegenommen. Die Teilnehmer haben lediglich die Kosten für die Lehrmittel in Höhe von 1,50 M. zu tragen.
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Peter, einen Atemzug lanP das Anstarren seiner Finger- nägel unterbrechend und die Zizkas anschauend, sieht, wie sich der Zinnbecher in dessen rechter Hand immer mehr ein- -wärts biegt. Bald wird er brechen. Freilich geht das. Ein der Ketzerei Angeklagter kann van seinen Richtern verdammt werden, ohne daß er gehört wird. Juristisch ist diese Art des Berfahrens in Ordnung. Das kanonische Recht gibt den Vätern die Handhabe dazu!" Aber es verstößt gegen die Abmachungen!" Sehr richtig! Es widerspricht allem, was wir in dieser Sache teils mit dem Konzilium selber, teils mit dem König vereinbart haben. Es widerspricht auch dem, was der König seinerseits unmittelbar mit den Vätern verhandelt hatte." Eine offene Schurkerei also?!" Das richtige Wort, Ritter Jan. Jawohl, so kann man es nennen: eine offene Schurkerei! Ich, dessen inne werdend, was da gespielt werden sollte, laß Schreibzeug und Protokoll- blätter liegen, wie es liegt, und los, nichts wie los aus dem (Äcdräng und Gezwängc der Kutten und hierher, wo ich meinen Herrn Kepka traf, der gerade zu Tisch will. Schier außer Atem bin ich vom eiligen Laufen.Jan Hus  !" sag ich und muß mich am Türbalken halten.Was ist mit Hus?" fragt Herr Kepka und steifclt die Brauen.Er wird ver- dämmt, eh man ihn gehört hat!" Nun, ich kann es ja sagen, denn wir sind unter uns, Herr Kepka ist grau geworden im Gesicht. Aber rasch hat er seine Steinhaftigkeit abgetan, hat nach Iherrn Wenzel von Duba gerufen, und beide hin zum 5lönig, um ihm den Anschlag zu melden." Und Sigmund?!" Er war redlich empört über das, was er von uns hörte", springt Kepka ein. Rur   empört? Getan hat er nichts?" Nicht so hitzig, Herzensbruder! Getan hat er viel. Hob sofort die Tafel auf, ließ sogar dos�geliebte Wildbret in der Zinnschüssel liegen, sandte auf der Stelle den Kurfürsten von der Pfalz   und den Burggrafen von Nürnberg   zu den Vätern mit der Weisung, es sei sein, des Königs Wille, daß dem Magister öffentlich Gehör gegeben werde,"
Haben die Väter eingewilligt?" Ja, wenn auch erst nach langem Zwiedern und Zaudern." Demnach hat Hus ja öffentliches Verhör gehabt!" So wahr ich Peter heiße", sagt der Notar,Hus hat ein öffentliches Verhör gehabt. Aber was für eines, Ritter! Siehst du, so ist es angegangen: Der Offizial verliest den ersten Klageartikel und die Namen der belastenden Zeugen. Hus will reden und sich verantworten. Aber kaum hören die Väter seine Stimme, als sie losheulen und sich gebärden wie wilde Säue. Ich weiß wahrhaftig kein anderes Wort. Ihr Haar sträubt sich, sie runzeln ihre Stirnen und wetzen ihre gelben Zähne gegen Hus. Ja, Tiere waren das, aber keine Menschen, keine Männer, die sich versammelt hatten, so wichtige Fragen- zu erörtern.Keine Ausrede, Ketzer!" schreien sie,antworte auf den Klagartikel Ja oder Nein!" Als der Hurlebuß sich ein wenig gestillet, spricht der Magister eine Berufung auf die Heilige Schrift aus. Da schreien sie aufs neue durcheinander, gleich den Pharisäern wider Jesum.Das gehört nicht zur Sache!" toben sie. Einige fangen an, den Magister zu schmähen und zu schelten. Andere verlachen, verhöhnen ihn. Wenzel Tiem spuckt ihm sogar Speuz ins Gesicht. Michael de Causis kreischt:Schmeißt seine lästerlichen Bücher alle ins Feuer! Verbrennt den Dreck! Und ihn, den Ketzer, dazu!" Hus läßt sie schließlich toben und schweigt still. Aber auch das ist ihren entzündeten Ge» mütern nicht recht. Ein Triumphgeheul stimmen sie an:Er schweigt jetzt! Gelt, er schweigt! Ein Zeichen dafür, daß er feinen Irrglauben zugibt!"Nein!" widerspricht der Ma- gister,ich schweige, weil ich muß. Einen so großen Lärm kann ich nicht übertönen. Ich würde sprechen, wenn ich an- gehört würde!" Aber es kam nicht dazu. Die wildgeworde- nen Eber und Sauköpfc ließen sich nicht bändigen. Die Sitzung flog auf, ohne Ergebnis. Die Stocktnechte nahmen Hus in die Mitte und führten ihn wieder in Kette und Gitter!" Die Worte des Notars bekribbeln Zizka wie tausend bissige, angriffslustige Ameisen. Er kann nicht stillhalten, an so vielen Stellen verwunden und quälen sie ihn. Ist die Gerechtigkeit denn ganz aus der Welt ge- gangen?" fragt er, als der Notar geendet. He! Zizka. wie alt bist du?" meint breitlachend Conrad von der Ncwenftadt, einer der mährischen Ritter. Was tut mein Alter dazu?" ,Nun, weil du so dringlich nach der Gerechtigkeit sragst. Du kennst wohl ihre Geschichte nickst?" Nein, ich kenne sie nicht." »Dann gestatte, daß ich sie dir zur Helmgabe verehret"
Der Graubart sammelt sich einen Augenblick, zieht eine der Weinlachen vor ihm auf der Tischplatte mit dem Finger zu einer geraden Straße aus und beginnt, immer wieder ins Nasse tupfend:Sieh, Zizka, seht, Herren! Die Gerechtigkeit und die Ungerechtigkeit gingen eines Tages in Eilmärschen hierher aufs Konstanzer Konzil  . Sie waren aber für die lange Fahrt nur schlecht verproviantiert: denn jede von ihnen hatte nichts weiter bei sich als einen Laib Brot. Als sie hungrig wurden, setzten sie sich nieder zum Essen.Weißt du was", sagt da die Ungerechtigkeit zur Gerechtigkeit,essen wir erst dein Brot auf und nachher das meine!" Ohne Arg. wie die Gerechtigkeit ist, fügt sie sich. Also essen sie zuerst den Laib der Gerechtigkeit. Sie gehen weiter, einen halben Tag, einen ganzen Tag, was weiß ich! Ich weiß nur das eine, daß die Gerechtigkeit von neuem hungrig ist und, da sie kein eigenes Brot mehr hat, ihre Gefährtin bitten muß: Brich jetzt von deinem Brot und teile mit mir!"Wie komm ich dazu?" höhnt die Ungerechtigkeit.Wenn du Brot von mir haben willst, bezahle! Gib mir eines deiner Augen!" (Bei dieser Stelle greift Zizka   unwillkürlich an den schwarzen ledernen Lappen, der ihm vor der leeren Augenhöhle hängt.) Die Gerechtigkeit sperrt sich und will nickst: aber sie ist hungrig, und jede Stunde wird sie hungriger, schon bellt und schnellt ihr Magen, was soll sie nur auf die Dauer tun? Es bleibt ihr in der Tat nichts anderes übrig, als sich ein Auge ausstechen zu lassen. Jetzt gibt es wohl Brot, aber das halbe Leben ist weg. Am nächsten Tag, zur Essenszeit, wieder der gleiche Tanz. Wieder ist die Gerechtigkeit hungrig, wieder verlangt sie Brot, wieder will die Ungerechtigkeit als Ablaß- preis ein Auge haben. Die Gerechtigkeit sträubt sich dagegen, auch noch das letzte Auge zu geben. Die Gerechtigkeit mehrt sich, die Gerechtigkeit sagt nein, die Gerechtigkeit wandert weiter. Aber sie mag die Welt auswandern, sie mag in diesem Konstanz und auf diesem Konzil bei den frommen Vätern anpochen, an weicher Tür sie auch will, nirgendwo etwas zu effen, nicht eine Krume, Zizka  , Herren, auch nicht ein Sämlein! Was will die Gerechtigkeit tun? Toll vor Hunger, fetzt sie sich auf einen Schotterhoufen am Wegrand und läßt sich vön der Ungerechtigkeit auch noch das letzte Auge ausstechen. Aber glaubst du, Zizka  , glaubt ihr, Herren. sie habe auf diesen Schmerz hin das ausbodungene Brot be- kommen? Nein, die Ungerechtigkeit hat die blinde Gerechtig- keit mit Nesseln ins blutende Antlitz geschlagen, sie bot sie verhöhnt und ist dann mit dem ihrigen weiterge, zogen. Ritter, Mann des Zuschlags, du hast vorhin gefragt:Ist die Ge- rechtigkcit denn ganz aus der Well gegongen?" Nein, jetzt weißt du es, die Gerechtigkeit irrt wohl noch in der Welt umher, aber sie ist blind!"(Fortsetzung j