Qiflgas über dir! Sin ffiuch über den modernen Gaskrieg/ Don fHolf ffiaihc
Die bisher vorhanden« Literatur über dir Giftgoskriez ist im prei-ntlichen ein Erzeugnis dichterischer Phantasie. Man muß schon bis zum Jahre 1921 zurückgehen, um in dem Werke des Amerikaners fsries(Chemical IVarfar«) eine einigermaßen erschöpfende fachmönnische Behandlung des Gaskampfes im Weltkrieg zu finden. Nun könnte man sagen, daß es gor nichts schadet, wenn eine lebhafte Phantasie das Gespenst eines kommenden chemischen Krieges in grellsten Farben malt, denn schließlich können die Abschreckung?» Methoden zur Verhinderung eines neuen Krieges gar nicht scharf genug sein. Doch diese Auffassung ist nur scheinbar richtig. In dem harten Kampf der Weltanschauungen um Kriegsvorbereitungen oder Abrüstung ist die Phantasie eine schlechte Waffe. Hier gilt nur das Wissen um die tatsächlichen Z u s a m m e n h ä n ge. Ter Verfasser stellt sich vor. Diese notwendigen Kenntnisse vlb, den chemischen Geheimnissen des Gistgoskrieges vermittelt das Buch von Dr. Ulrich Mulker- Kiel: D i e die mische® äffe im Weltkrieg und jetzt (Verlag Chemie, Berlin W. 10. 19?2. Geb. 5,50 2R. 152'Seiten) ganz ausgezeichnet. Einige Worte über den Verfasser vorweg: Hier spricht der eiskalte Wissenschaftler, der die Wirkung der giftigen Gase auf den Menschen mit der Gelassenheit eines Mannes regi- striert, der auf dem Scheibenslond die Zahl der geschossenen Ringe anzusagen hat. In Harnisch gerät der Verfasser nur. wenn er sich mit den Gegnern des 6) e mischen Kriege« aiiseinonder- zusetzen hat. Da findet er scharfe Worte gegen die„säls6)liche Ver» »nglimpsung der chemischen Wolfe", da bemüht er ficki emsig um den Nachweis, daß die Gaswaffe..keine Steigerung der Grausamkeit" bedeute, sondern im Gegenteil,„den größten Anspruch auf Menschlichkeit" erheben könne. Sei doch ihr Zweck nicht wie bei der Feuerwaffe zu töten oder zu verstümmeln, sondern nur den Gegner kampfunfähig zu machen,„möglichst ohne ihn dauernd zu � schadigen oder zum Krüppel zu machen." Zum Beweise führt Müller die a in e r i k o n i s ch e n V e r l u st l i st e n aus dem Welt» kriege an, aus denen zu entnehmen ist, daß von den außer Gefecht gesetzten Soldaten 21.9 Proz. infolge Geschoßwirkung uild nur 2> Proz. infolge Gasvergiftung starben. Dieses Beispiel ist ober schlecht gewählt, weil die Amerikaner an den entscheidenden Fronten nur einige Monate vor Kriegsende im Großkampf standen, wo sie infolge ihrer Äriegsunerfahrenheit im Jnfaktteriesener kolonnenweise zusammengeschossen wurden..Hier läßt sich also leicht eine „humane Verlustliste" des Gaskrieges konstruieren. In dem historischen Rückblick, den Dr. Müller über die Eni- stehung und Entwicklung der Gaswaffe gibt, sprechen die Tatfachen eindeutig dafür, daß man es bei dem Gas mit dem h e i in t ü ck i f ch- st e n Kampfmittel zu tun hat, das ein menschliches Hirn je ersonnen hat. Der Erfolg des Gaskampfes beruhte doch während des Krieges einzig und ollein darauf, einen wehrlosen Gegner durch Uederraschung zu erledigen, und al» nach dem ersten Auftreten von Giftgasen hüben und drüben ein wirksamer Gasschutz ein- geführt war, ging das ganze Bestreben der chemischen Sochverstan- digen darauf aus, diesen Gasschutz zu durchschlagen, den Gegner also durch Anwendung neuer Giftstoffe wieder in den lahmenden Zustand völliger Wehrlofigkeit zurückzuwerfen. war» im Weltkrieg! Die Gefchtchte des Gaskampfes im Weltkrieg ist kurz geschildert: Gas als Kampfttosf war zunächst bei der franzo fischen Armee eingeführt, die bei Ausbruch des Krieges ZOOOO Gos- gewehrgranaten für Pioniere(zum Ausrauchern von Feftungskafe- matten) befaß. Diese Gasgefchofse. die im Arg-mner Wald bereits im Tpäiberbft 1914 Verwendung fanden, regten die deutsche Heeres- leitung an, das Gas als Kampsttoff im Massen einsaß zu er- proben. Es kam zu jenem historischen Gasangriff am 22. April 1915 bei A p e r n, wo zum erstenmal Gas in dichten Masten abgeblasen wurde. Obwohl der log von yipcrn nicht als der Geburtstag der Gvswaffe angesprochen werden kan�, stellt er doch mit den erstmalig festgestellten verheerenden Wirkungen eine? massierten Gasangriffs den historischen Wendepunkt in der Kriegstechnik dar. Zum Punkte Humanität: Hier erreichte infolge der völligen Uederraschung der Engländer der Prozentsatz der Gostoten 35 Proz. des Gesamtverlustes. Im folgenden Jahr« entgingen bei Beginn der Eomme» Schlacht im Juli 1916 fünf deutsche Divistonen— etwa 60 090 Mann— nur durch einen glücklichen Zufall einem gleicken Massensterben. Untersuchungen aus französischer Seite hatten ergeben, daß die deutsche Gasmaske gegen Blausäure— eins der furchtbärsten Glstftosfe, die es gibt— so gut wie keinen Schutz bot. Im Rahmen des Vtägigen Trommelfeuers vor Beginn des General- angriffs an der Somme sollte daher ein Mosfeneinsatz von etwa 350 000 Blausäuregranaten in der deutschen Kampffront jedes Leben ersticken. Dieser Plan wurde durch einen merkwürdigen Zufall, der kaum seinesgleichen finden dürfte, zunichte gemacht.' Ein algerischer Kapiiän, der 8 Tage vor dem Beginn der Artillerieschlacht bei einem Stoßtruppunternehmen schwer nerwundet in deutsche Gesongenschast geriet, plauderte im Fieberdelirium das Geheimnis des bc- vorstehenden Giftgasangriffs aus. I n rasender Hast wurden auf deutscher Seite Gegenmaßnahmen eingeleitet. Sie be- standen darin, daß in die deutschen Gasinosken-Einsätze Silberoxyd eingepudert wurde, das den Schutz um das Hundertfache oerstärkte. So verpuffte der sran.zöstsche Gasangriff völljg. Man kann aber nur mit Schaudern an die„humanen Wirkungen" dieses unbedingt töd- lich wirkenden Blaufäuregafes denken, wenn hier nicht der Zufall Schicksal gespielt hätte. Immer neue Arten? Bei den beiderseitigen verzweifelten Anstrengungen, die gegne- rische Front zu durchbrechen, war im Jahre 1916 ein neuer, äußerst gefährlicher Kampfstoff aufgetaucht: das Phosgen. Dieses spielte auf der Seite her Entente eine ausschlaggebende Rolle, da mit seiner Einführung die Entwicklung der chemischen Waffe bei den Alliierten gewissermaßen zum Stillstand gekommen war. Auf deut- scher Seite wurde gleichfalls 1916 der P e r st o f f— ein verkapptes Phosgen mit gleichen Wirkungen— eingeführt, der im Maffenein- fatz(110 000 Granaten) erstmalig bei den letzten Großangriffen vor Berdun im Juni 1916 angewendet wurde. Diese Granaten waren mit einem grünen Kreuz versehen und so hat sich hierfür oll- gemein der Name„G r ü n k r e u z" eingebürgert. Wenn auch die Gasabwehr durch Einführung neuer Atemeinsätze gegen dieses neue Gift einen ziemlich vollkommenen Schutz gewahrte, so blieben die beiderseitigen Verluste doch schwer. Sie wurden durch die tückische Natur des Phosgens verursacht, dessen Neizwirkung erst dann un- etträglich wurde uird die Truppe zum Aussetzen der Maske zwang, wenn der Vergiftungsprozeß schon weit vorgeschritten war. Der Verlaus der Phoszenvergiftung erstreckt sich über einige Stunden bis zu drei Tagen. Auch bei dem schwersten Verlauf bleibt das volle Bewußtsein bis zum letzten Augenblick erhalten. Vor- bedingung für die Genesung Vergifteter ist unbedingte Muskelruhe.
Da die Vergifteten in der Regel wild um sich zu schlagen pflegten, mußten sie mit Gewalt gefesselt«erden, für jeden, der auf Per- wundetentransporten und in- Kriegslazoretten derartiges miterlebt hat. auch in der Erinnerung noch eine erschütternde und abstoßende Szene., Seinen Höhepunkt erlebte der Gaskrieg in den beiden letzten Kriegsjahren, wo es der deutschen Chemie gelungen war, das Blaukreuzgas(Clark) und Gelbkreuz gas(Lost) im Felde zur Verwendung zu bringen. Das Blaukreuz war das seit langem gesuchte Mittel, den gegnerischen Gasschutz zu durchbrechen. Es ist ein Reizgas von besonderer Heftigkeit(Niesen, zäher Schleimfluß, Huste », Würgen, Erbrechen, Atemnot), das die unter der Gasmaske oersteckte Truppe zum Abreißen der Gasmaske zwingt. Da der Be- schuß von Blaukreuz mit Grünkreuzfeuer(Phosgen) verbunden wurde, war der Gegner den vernichtenden Wirkungen dieses hoch- giftigen Gases weh Mos ausgeliefert. Diese Taktik— artillerietechnisch Buntschießen genannt— war überwiegend für Angriffszwecke gedacht. Außerdem ober war mit dem Gelbkreuz ein Kämpsstoff zur Abwehr eingeführt, der alle bisherigen Giftgase in seiner unheimlichen Wirkung übertraf. Man kann es im wesentlichen dem Gelbkreuz zuschreiben, daß in den monatelongen Abwehr- schlachten von 1917, besonders in Flandern , die deutjche Artillerie sich gegen den vielfach überlegenen Masteneinsatz des Gegners behaupten tonnte. Im Gegensatz zum Grün- und Blaukreu.z wirkt da? Gelbkreuz auf die K ö r p e r h a u t. Seine ätzende Wir- kung durchsriht Leder und Kleidungsstücke und macht da«. Betreten stark verseuchter Geländestceisen aus mehrere Tage unmöglich. Um die...Humanität" der vom Bersasser viel gepriesenen chemischen Waffe zu charakterisieren, wollen wir ihn selbst über die Wirkungen des Gelbkreuzes zu Worte kommen lassen: „Für dos Gelbkreuz bezeichnend ist, daß die Wirkung... erst nach mehreren Stunden eintritt. Bereits Konzentrationen von wenigen Milligramm im Kubikmeter Luit genügen, um ernste Schädigungen... hervo: zimisen. Der Kranke verfällt in hoffnungslose Apathie, das Bewußtsein bleibt je- doch noll erhalten. In den schwersten Fällen treten olle diese Erscheinungen ver- stärkt auf; dazu gesellen sich Störungen des Nerven- s y st e m s. Die entzündeten Hautstellen weifen tiefe nekrotische Zerstörnngen aus und die Gefahr der Infektion durch andere Krankheiten steigt, aufs höchste." Wenn der Verfasser als einen Triumph der Wissenschaft und Humanität verkündet, daß die Engländer in den(etzlen 16 Kriegsmonaten durch Gelbkreuz über 124709 Mann vir- loren, von denen nur 1,8 Proz. 2308 Mann starben, so er- übrigt es sich nach der vorliegenden Schilderung der Leiden Gelb- kreuz-V«rgist«ter, überhaupt Noch von größerer Menschlichkeit der chemischen Waste gegenitber der Feuerwaffe zu sprechen. Besonders unheimlich ist die Wirkung des(Belbkieuzes, wenn einige Spritzer
davon auf die Kleidung gelangen und der Betreffende— zunächst noch ahnungslos— geschlossene Räume betritt. Aus einem eng- lischen Geheimbericht est bekannt, daß ein verwundeter englischer Soldat, der auch deutschem Gelbkreuzseuer ausgesetzt ge» wejen war, in ein rückwärtiges Feldlazarett aufgenommen wurde. Man- hängte seine Uniform ahnungslos neben fein Bett, und am nächsten Tage waren sämtliche Lazarettinsassen schwer geschädigt. � Und so ist es heute? Nach dem Kriege haben Amerikaner und Franzo- s e n die Fabrikation von Gelbkreuz im großen aufgenommen. Eine wirklich wirksame Schutzkleidung gegen dieses Gift existiert bisher noch nicht. Auch wenn sie vorhanden m�re, ist es ein Unding, an- zunehmen, daß die gesamte Bevölkerung damit ausgerüstet werden könnte. Daneben sind auch die vom Kriege der bekannten Reizgase noch entwickelt und verfeinert worden. Der M o s s e n e i n s a tz von Flugzeugen verlegt in einem Kriege die Waffenwirkung des Feindes automatisch in das Hinterland, in die Industriezentren und Großstädte. Auch der bestorganisierte Gasschutz, der bei einer massierten Bevölkerung schon an sich sehr fraglich ist, muß versagen. wenn gleichzeitig mit der Vergasung Brand- und Brisanzbomben wirksam werden. Die aus den ersten Blick bestechenden Ziffern über den geringen Anteil der Toten bei Gasvcrgistetcn dürfen nicht dar- über hinwegtäuschen, daß die Behauptung von der„größeren Menschlichkeit" der Gaswaffe— von einer grundsätzlichen Einstellung zum Kriege einmal ganz abgesehen— auch nicht die geringste Berechtigung hat. Zunächst sind die lörperlichen Qualen Gasvergisteter den Leiden Schwerverwundeter zum mindesten gleichzusetzen. Ferner beweisen die Berlustlisten des Wellkrieges, daß die überraschende Anwendung eines neuen Kampfstoffes einen unheimlich hohen Prozentsatz von Toten zur Folge gehabt hat. wie er durch Feuerwaffen nie bewirkt wurde. Damais aber wurden Giftgase nur gegen die kämpfende Truppe verwendet, bei der eine scharfe Gosdisziplm immerhin solange stark nerlustmindernd wirkte, bi» ein unbekannter Kompsstoff die bisherigen Schutzmoßnabmen illusorisch machte. In den che- mischen Laboratorien der Welt aber sind seit 15 Iah- r s n di�Fochleute des Giftgaskampses an der Arbeit, um die Er- fahrungm des Weltkrieges auszubauen und unter strengster Wahrung des Geheimnisses neue unvorhergesehene Gift- gase gegen den künftigen Gegner loszulassen. Eingesetzt werden aber diese geheimnisvollen Vernichtungsmittel künftig nicht gegen die feindliche Armee, sondern in erster Linie gegen die Bevölkerung?- zeniren des Hinterlandes. Diese Tatsachen beweisen, zu welchen verheerenden Massenkato- strophen im wehrlosen Hinterland zwangsläufig der chemische Krieg der Zukunft führen muß. Mehr denn je müssen nach dem Versagen dos Völkerbundes alle verfügbaren Energien gegen den Krieg ein- gesetzt werden. Wenn der Verfasser zum Schluß seines Buches über die Parole„Nie wieder Krieg" spöttelt zind sich zur Aufrüstung bekennt, so dürfte er sich über die Wirkung seiner eigenen sachlichen Darstellung nicht im klaren gewesen sein. Sein Buch spricht gegen die Aufrüstung, gegen den chemischen Krieg, wie gegen den Krieg überhaupt. Viele Leser, die über diese Fragen bisher herzlich wenig nochgedacht haben, werden durch dieses Buch auf- gerüttelt werden Daher wünschen wir al? Gegner der Weltanschauung des Berfafsers, daß fem Buch«inen Mostenabfatz finden mög"
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M Capone sHmi im tKiüchen! Wie kam da»?/ Won Wathan Qnrdm
Seit zPolf Iahren tobt in den Dereinigten Staaten ein wahr- hast gigantischer Kamps zwischen der Prohibitionsbehörde und den Schrnugglerbandsn. Der Kampf wurde mit den modernsten Walsen des Krieges geführt. Wenn die Regierung an der Westküste Amerikas Kanonenboote mit Schnellfeuengeschützen gegen die Schmuggler einsetzte, dann tauchten die Slbmuzglerboote mit Flammenwersern aus. Das Budget der Regierung zeigte und zeigt noch heute einen Riesenposten, der dem Kampf gegen den Alkohol- sck/muggel gewidmet war. Bei keinem Anlaß war die Bundes- regisnmz m Washington so großzügig wie bei der Bewilligung der Mttel für den Kamps gegen den Alkohol. Zeitweise waren ollem im Staat« New Park 19000 Detektive von der Pro- hibitionsbehörde angestellt. Wenn man in Washington auch nur eine Woche den Kamps gegen die Schmuggler etwas ruhen ließ, erhob sich ein Sturm der öffentlichen Meinung, der von den frommen Frauenorgamsationen inspiriert war. Aber de? ganze Kampf der Regierung war vergeblich Das Schivuggelunwesen wurde immer unerträglicher. Der Kamps forderte wöchentlich zahlreiche Todesopfer und die Kriminalität durch die Prohibition stieg erschreckend. Ein amerikanischer Senator sagte einmal:„Die Prohibftion hat in unserem Lande die Gesetzes- Übertretung zu einer Bagatelle gemacht. Die Verbrecherwelt war niemals im öffentlichen Loben so ausschlaggebend wie in der Blüte der Prohibition. Die Schmuggler mit chren unerhörten Mitteln und großen Bandenorganisationen haben das Berbrechen organisiert und damit ungeheuer ftarl gemacht!" Tatsächlich murtten die Bandenorganisationen, von Schmugglern geleitet, zu Armeen des Perbrechens. Mit riesigen Mitteln nahm man den Kampf gegen das Gesetz unid nicht nur gegen das Alkoholgofetz auf. 2> e Bonden spezialisierten sich, es gab da Abteilungen für Erpressung, Raub, Diebstahl und Alkoholschmugzcl. Das Geld regierte. Durch das Geld war es eben unmöglich, an die Führer der Schmugglerbanden heranzukommen. Es ist genügend bekannt, wie unmöglich es war, Al Capone , den Schmugglerkönig in Chitago, mit dem Gesetz unschädlich, zu machen. Unzählige Verfahren eröffnete die Staatsanwaltschaft gegen Capone. Und immer wieder kam es nicht zum Prozeß, weil nie Zeugen für die vielen Verbrechen der Capone-Bande vorhanden waren. Meldeten sich einmal Zeugen, dann verschwanden sie mit 'größter Schnelligkeit nicht nur aus den Augen des Gerichtes, sondern auch aus den Reihen der Lebenden.. Capone war von seüer Untersuchung gegen ihn früher als die Polizei selbst unterrichtet. Er hatte dank seines großen Kontos genügend Freunde in jeder Behörde Chikagos. Ein Drohbrief der Capone -Bande genügte meistens, um nicht nur Zeugen, sondern auch Polizeikommissare zum Schweigen zu bringen. Die Prohibitions- azenten, die täglich im Kampf gegen den Schmuggel ihr Leben aufs Spiel setzten, standen selbst vor Capone stramm. Capone war unantastbar, denn er mor reich! lieber Capone hotte die Oesfentlichkeit von Chikago nur ein Urteil:„Der Man» ist viele Millionen wert!" Der Weg des Bandenkönigs ging seinem Ziel zu: in die gute Gesellschaft! Dann war er ganz sicher. Capone spendete für Kirchen, er war schon, umgeben von seiner Garde, aus allen Veranstaltunger der Chikagoer Bourgeoisie zu sehen, denn da fragt man bekanntlich niemals, wie man die Millionen verdient hatte. Und nun platzte in diesen sensationellen Aufstieg des Banditen- komgs eine Nachricht:. Capone verhaftet! Nun, Capone wurde ja oft verhaftet, aber nie verurteilt und immer wieder sofort
befreit. Aber diesmal war es anders. Capcme wurde verurteilt. E l f Jahre Zuchthaus! Zeugen traten auf und die Droh- briefe sohlten! Poll.;«>kl>mm!ssare gingen energisch gegen die Capone- Bande vor, ohne am nächsten Tag ermordet ausgesunden zu wsrden. Was war geschehen? Capone war geschlagen! Cndgüftig geschlagen, aber nicht von der Polizei und nicht von den presbyterianischen Frauen- oerbanden, sondern von einem viel slärkerm Gegner: von der Krise! So unglmiblich es klingt, Capone ist pleite! Seit einem Holben Jahr konnte Al Capone seine Bandit-n nicht mehr bezahlen. Die Alkoholschmuggler sind arbeitslos geworden. Man schmug- gelte noch immer Weine, Sckmäpse und Champagner, aber lein Mensch kauft. Die besten Kunden der Schmuggler, das amerika - Nische Bürgertum, war auch pleite. Wer kann noch heute 60 Dollar für eine Flasche Champagner bezahlen? Vielleicht einige Bank- sürsten, aber der große Kundenkreis Capones war von der wirt- schaftlichen Krise erschüttert und trinkt jetzt Eoca-cola-Limonad«. Capone ging mit den Preisen runter. Aber auch dos nützte nichts. Von einigen Großkapitalisten lonnte man nicht leben und hunderte Banditen unterhalten. Die berüchtigten„Speak-easies" Caponcs mußten schließen. Ein paar Monate kämpfte der Großbandil. dann war es vorbei mit ihm. Seine Banken konnten ihn auch nicht mehr stützen. Krisenkommissare der Regierung saßen auch hier im Aus- sichtsrat. So kani es, daß eines Tages die Banditen keinen Lohn mehr vom„Boß" bekamen. Schon am nächsten Tag gingen die Unterführer Capones zur Polizei und boten ihre Dienste an. Die Bestechungsgelder waren nichk mehr da, und schvn rückten die Steuerbeamten an. Die Krise hatte ganze Arbeit geleistet. Capones Haus wurde versteigert. In Chikago hat man ober selbst vor einem Banditen- könig keinen Respekt mehr, wenn er kein Geld hat. Die Haupt- schmuggle? Capones sind beute„Experten" in den frommen Anti- alkoholoerbänden! Capone versuchte noch' mit Terror zu drohen, aber keine Hand griff zum Revolver, solange kein Dollarschein knisterte. Ganz respektlos kan�n an einem schönen. Morgen ein paar Polizeibeamte.zum„König ", ein Kettchen»m das Handgelenk. und Al Capone war Nummer 40886 des Staatsgefang- nrsses von Chikago. Früher bekam er eine fürstliche Zelle mit einer Ehrenwache und heute wurde er in Anstaltskleidung gekleidet und wird in der Wäscherei des Zuchthauses beschäftigt. Er versuchte noch das letzt?. Capone appellierte an ganz Amerika , daß nur er den Sohn Lindberghs wieder herbeischaffen könne. Aber auch das glaubte man dem bankrotten Banditen nicht. Nur die Banditen des Zuchthauses hatten noch den alten Respekt vor ihm, bis sie erfuhren, daß der„Ehes" kein Konto mehr hatte. Chikago ist von einem Alpdruck befreit! Wenn die Krise etwas Gutes tun kannte, so war es der Sturz des großen Banditen. Die vielen Unterbanditen Capones raudern zwar nock? unorganisiert in der Stadt herum, aber der neue energische Bürger- meister Hai schon Schutzabteilungen au? Arbeitslosen gebildet und diese sind viel energischer und zielbewußter an der Arbeit als die Polizei, um der sonst so arbeitsamen Stadt Chikago wieder den guten Ruf zu geben. Besonders das Chikagoer Prole- tariat atmet befreit vom Terror Capones auf� denn der Banditen- könig verdiente an den Reichen und tanzte auf ihren Festen, um die arme Veoölierüng in. schlimmster Willkür zu schikanieren. Die Maschinengewehre Capones sind verstummt. Hoffentlich für immerh