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BERLIN Donnerstag 19. Mai

1932

Der Abend

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B 116 49. Jahrgang

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Luftstreit in Genf

Ungeschicklichkeit des deutschen Vertreters

Genf , 19. Mai. ( Eigenbericht.)

Die Ablehnung des deutschen Vorschlags für das Verbot der Militärluftfahrt in der geftrigen Sitzung der Luftfahrt­hat zu heftigsten Angriffen gegen Genossen de Broudère- Belgien geführt sowie zu der falschen Darstellung, als sei durch diese Ablehnung zugleich die Abrüstung sabotiert und das Verbot der Militärluftfahrt zurückgewiesen worden. In Wirk­lichkeit hat entgegen der dahingehenden Paroleausgabe durch die deutschen Luftfahrtsachverständigen an die deutsche Presse.

Vernunft in Danzig

Bemerkenswerte Ausführungen des Senats: Vizepräsidenten

Danzig , 19. Mai. ( Eigenbericht.) Während die nationalsozialistische Presse sich wegen der auf­klärenden Veröffentlichungen des Vorwärts" über die Verhält­nisse in und um Danzig in wüstesten Ausfällen ergeht, in denen selbst mit dem Vorwurf des Landesverrats nicht gespart wird, wer­den Ausführungen des stellvertretenden Danziger Regierungschefs, Senatsvizepräsidenten Wierczinsti- Raiser, bekannt, durch die die Heuchelei dieser Vorwürfe überzeugend enthüllt wird. In einer Ansprache anläßlich des Danziger Abends des Deutschen Rund­

allein die taktisch ungeschickte Haltung der deutschen Vertretung diesen bedauerlichen Zwischenfall hervorgerufen. Der Luftfahrt­fommission lag ein Bericht ihrer Unterkommission vor zur Beant wortung der Fragen, welche Luftwaffen besonders zum Angriff geeignet, für die Zivilbevölkerung besonders bedroh lich und für die Verteidigung besonders schädlich seien. Während nun die Antworten einzelne Typen nahmhaft machen sollten, bean- funksenders führte der Senatsvizepräsident u. a. wörtlich aus: tragte Ministerialdirektor Brandenburg , den deutschen Vorschlag des Verbots aller militärischen Luftfahrzeuge gemäß den Bestimmun­gen des Versailler Vertrages anzunehmen.

Genosse de Brouckère, der die ungeheure Erschwerung des Berbots der Militärluftfahrt durch diese starre und technisch nicht präzisierte Formulierung erfannte und sich schon mehrfach bemüht hatte, im Interesse des tatsächlich berech= tigten Verbots die deutschen Delegierten zu veranlassen, de­taillierte Vorschläge ohne politische Hintergründe vorzubringen, mußte nun gegen diese Formulierung auftreten, da ihre Starrheit den Weg völlig zu versperren drohte. Er machte geltend, daß in dieser Kommission rein technische Fragen beraten werden müßten, hingegen Deutschlands Borschlag politische Entschei dungen einschließe,

die nicht zur Kompetenz der Kommiffion gehörten.

Der Versailler Vertrag verbiete gewisse Waffen aus Gründen, welche die Kommission nicht zu kennen habe. Die vom Hauptaus schuß an die Kommission gerichteten Fragen gelten den Angriffs: waffen. Die Kommission könne nicht darauf antworten mit der Liste des Versailler Vertrages, weil dies entgegen der Ueberzeugung der meisten Delegationen und nicht im Einklang mit der Aufgabe Ministerialdirektor Brandenburg beharrte trotzdem auf der Annahme der Formulierungen des Versailler Vertrages. Aus der Aussprache ging klar hervor, daß diejenigen Mächte, die eben falls das Verbot der Militärluftfahrt in ihren Vorschlägen ver­langen, die Ablehnung der deutschen Begriffsbestimmung

dieser Kommiffion stehe.

feineswegs als eine Aufgabe des Prinzips dieser Abschaffung betrachten, sondern nur als die Ausschaltung einer politischen Formulierung, die unter den gegebenen Umständen unmög­lich zum gewünschten Ziele führen könne.

Hinter diesem Zwischenfall stand außerdem noch die ungeheuer wichtige Frage der zivilen Luftfahrt. Gerade die stärksten Vertreter des Verbots der Militärluftfahrt, und unter ihnen die Sozialisten, soweit solche überhaupt in den Delegationen vertreten find, wollen aber die Zivilluftfahrt durch internationale kontrolle jeder solchen Berwendungsmöglichkeit oder Requisition sicherer entzogen wiffen. Deutschland schweigt bisher offiziell auf alle Fragen nach dieser Internationalisierung und erweckt durch allerlei halbamtliche Dar­stellungen den Anschein, einziger Gegner einer solchen Maßnahme zu sein.

Daß dies in der französischen und polnischen Propaganda aus­geschlachtet wird und in vielen anderen Ländern ungünstige Beachtung gefunden hat, ist leider schon zu oft erwiesen. Ge­rade aber hier galt das Eingreifen de Brouckères der Gleich zeitigkeit von Verbot der Militärluftfahrt und Inangriffnahme einer internationalen Kontrolle der Zivilluftfahrt.

Selbst im Rahmen seiner Aufgabe als belgischer Delegierter hat Genosse Brouckère den sozialistischen Standpunkt vertreten, der eine klare Linie für die Erreichung von Verbot und Kontrolle darstelle. An Deutschlands Vertretung liegt es, die ungeheuer starke Stellung des Abrüstungsgläubigers nicht durch weitere Starrheit noch mehr zu verderben.

Renkin bleibt. Der belgische König hat den bisherigen Minister­präsidenten Renkin mit der Bildung des neuen Kabinetts beauftragt. Wieder 23 Tote in Bombay. Auch am gestrigen Mittwoch haben die blutigen Zusammenstöße zwischen Hindus und Mohammedanern in Bombay eine Fortsegung erfahren. 23 Bersonen wurden getötet

und 115 verlegt.

Die Kompliziertheit der Danziger Verhältnisse liegt darin, daß es zwei verschiedenen Kreisen angehört, einmal dem deutschen Kulturkreis und dann dem polnischen Wirtschaftskreis. Mit beiden Kreisen ist Danzig unlösbar verbunden, denn wie über­all im Grenzland und Auslandsvolkstum ist auch hier in Danzig das Deutschtum selbstbewußter als im Binnenlande selbst und wird von jedem einzelnen, gleichviel welchen Standes und welcher

Herriot bei Lebrun.

Roch fein formeller Auftrag zur Regierungsbildung.

Paris , 19. Mai. ( Eigenbericht.)

Die offiziösen Verhandlungen zur Lösung der Kabinettstrise sind am Mittwoch durch eine lange Unterredung einge­leitet worden, die der Präsident der Republik Lebrun mit Herriot hatte. Es handelte sich dabei nur um eine under bindliche Vorbesprechung, in der Herriot noch keineswegs mit der Bildung der neuen Regierung beauftragt worden ist. Herriot ist im übrigen am Mittwochabend nach Lyon abgereist, wo er die Tagung des Generalrats des Rhone - Departements leiten muß. Er wird am Freitag wieder in Paris sein, um an der Sigung des Egetutivausschusses der radikalen Partei teilzunehmen. man nimmt an, daß er im Laufe der nächsten Woche eine neue Unterredung mit Lebrun haben wird..

Der Matin" erklärt, daß sich in parlamentarischen Kreisen eine immer stärker werdende Strömung zugunsten der Bildung eines Ministeriums bemerkbar macht, das auf eine möglich st umfangreiche Mehrheit gestützt ist, deren Grenzen aber zur Zeit noch nicht festgelegt werden können. Es sei so gut wie sicher, daß keine Kartellregierung zustande kommt, denn die von den Sozialisten gestellten Bedingungen für die Teilnahme an der Regierung hätten keinerlei Aussicht, von den Radi­talen angenommen zu werden. Das Prinzip der Beteiligung an der Macht, das der Kongreß der sozialistischen Partei billigen wolle, ziele nur darauf hin, den Einfluß der Sozialisten auf die Masse der Linkswähler zu verstärken, dadurch, daß sich die Sozialisten als die einzigen Verteidiger eines ,, angeblichen" gemeinsamen Pro­gramms hinstellen, das von den Radikalen, nachdem sie an die Regierung gelangt sind, aufgegeben worden ist. Die Zeit sei nicht für Maßnahmen geschaffen, die den öffentlichen Kredit erschüttern und das Land in ein finanzielles Abenteuer(?) stürzen fönnten. Alle Anstrengungen müßten vielmehr darauf gerichtet sein, das Vertrauen aufrechtzuerhalten und die Ersparnisse durch zuführen, die das Budgetgleichgewicht nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich sichern.

Herriot über Abrüftung und Reparation.

Partei, ständig stark erlebt. Andererseits ist sich jeder Danziger darüber im klaren, daß Danzigs Handel und Industrie nur in enger Verbindung mit seinem jest polni schen Hinterlande gedeihen kann. Jede der heute so oft angepriesenen politischen Lösung des Danziger Problems, die diesen beiden Tatsachen nicht Rechnung trägt, ist feine Lösung." Diese Ausführungen widerlegen zunächst den Schwindel, daß die Sozialdemokratie etwa weniger als andere Parteien für die Wah­rung des Deutschtums in Danzig eintritt. Daß die Sozialdemokra­tie darüber hinaus auch die aus der Lage Danzigs sich ergebenden wirtschaftlichen Konsequenzen zieht, dürfte nach den jetzt ez­folgten Ausführungen des Senatsvizepräsidenten ihr faum noch ernsthaft zum Vorwurf gemacht werden können. Allerdings setzt die Erhöhung der wirtschaftlichen Aufgaben für Danzig auch die Burückdrängung des Nationalismus voraus. Die Danziger Volkss stimme" ist jedoch unterdrückt worden, weil sie für die praktische Anwendung der jetzt von dem Senatsvizepräsidenten verkündeten Thesen eingetreten ist.

land nicht den Vorwand zur Wiederaufrüstung zu geben. Wenn man, meint Herriot , den gegenwärtigen Zustand Deutschlands beob= achte, wenn man wisse, welche Gefahr eine starke Uebertreibung nach der einen oder nach der anderen Seite mit sich bringen könne, so würden patriotische Pazifisten, wie Paul Boncour und er, hierin die Schwierigkeit erkennen. Herriot unterschreibt auch den Stand­punkt, den Paul Boncour in seiner legten Rede zur Repara. tionsfrage eingenommen hat. Paul Boncour habe zwei un­anfechtbare Grundsäge aufgestellt: 1. Aufrechterhaltung des fran­3ösischen Willens zur europäischen Solidarität; 2. des Willens, unantastbare Rechte Frankreichs nicht veräußern und auf keinen Fall eine Trennung zwischen Frankreichs Gläubiger­ansprüchen und seinen Schuldenzahlungen an Amerika vornehmen zu lassen.

Einigung in Tokio .

Diftaturregierung Suzuki.

Tokio , 19. Mai. ( Reuter.) Zwischen dem Innenminister Suzuki und dem Kriegsminister General Araki soll jetzt eine Eini­gung über die Art des zu bildenden neuen Kabinetts zustandegekommen sein.

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Nach Auffassung hiesiger Stellen wird die neue Regierung den Wünschen der extremen Militärfreise nicht entsprechen. Wohl aber wird es eine Diktaturregierung sein, die unter völliger Ausschaltung des Parlaments die Geschäfte führen wird.

Inukais Beifetzung.

London , 19. Mai.

Die Beisetzung des ermordeten Ministerpräsidenten Inukai jand unter ungeheurer Anteilnahme der Bevölkerung statt. zu den Feierlichkeiten hatten der Kaiser und die Kaiserin Vertreter entsandt. Ferner waren die Parteiführer, die hohen Würdenträger und das Diplomatische Korps zugegen. Im ganzen Lande war halb­mast geflaggt.

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Dreißig Mark kostet eine Beschimpfung Hindenburgs . Der ehe­malige SA. Führer Rudolph aus Ragis- Breitingen beschimpite während des Hindenburg - Wahlkampfes den Reichspräsidenten als " Berbrecher". Gegen einen Strafbefehl in Höhe von 30 M. erhob er Einspruch. In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht versuchte Rudolph zu leugnen; zwei Zeugen beeideten die Richtig­teit des Ausspruches. Trotzdem beließ es das Gericht bei der im Strafbefehl ausgeworfenen Strafe von 30 M.!

Paris , 19 Mai. Edouard Herriot nimmt heute in der Ere Nouvelle" zu der letzten Rede Paul Boncours Stellung und unterschreibt dessen Standpunkt in der Abrüstungsfrage. Die Stellung nahme der bisherigen Regierung, erklärt er, sege nur die tra ditionelle Linie, wie sie Frankreich seit 1929 befolge, fort. Sicherheit, Schiedsgerichtsverfahren und Abrüstung seien ein Drei­Das älteste Mitglied des Reichstags nach dem Ableben von Prof. flang, der in den Augen der französischen Republit seinen vollen Wert behalte. Allerdings füge Paul Boncour hinzu, daß man Dr. Kahl ist nunmehr der deutschnationale Abgeordnete Kammerherr faltblütig sein und ohne Demagogie untersuchen müsse, welche von Oldenburg Januschau , der im 77. Lebensjahr steht. Die Warschauer Todesurfeile gegen zwei Bolen megen Spionage Rüftungsherabjegungen bei der gegenwärtigen Lage und bei dem gegenwärtigen Stand der internationalen Garantien möglich für Rußland sind vollstreckt worden, ein drittes aus gleichem feien, um zu einer ersten Abrüstungsetappe zu gelangen und Deutsch - Grunde an einem Unteroffizier in Lublin .