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Oer Herr Archivdirektor. Ein Mann der Wissenschast!
Kohlenhändler als Schwindler Mesenbetrügereien entdeckt Zentesimalwaage in der Küche
Im Verlage von Reimar Hobbing ist ein zweibändiges Wert mit dem TitelR u h r k a m p f, Einbruch und Abwehr im rheinisch- westsälischcn Industriegebiet" erschienen. V e r sa s s e r ist der Di» rektor des städtischen Archivs in Dusseldorf  , Dr. Paul Wentzke. Auf Seite 62 des 2. Bandes schreibt dieser Wentzke, dem Ge- nassen Dr. B r e i t s ch e i d habe die einmütige Erhebung im Ruhrrevier in offener Reichstagssitzung auf Grund einer französischen   Zwecknieldung als eine künstlich aufgezogene Mache gegolten. In den Anmerkungen wird als Quelle für diese Behauptung der stenographische Bericht der Sitzung des Reichstags vom 26. Januar 1923 bezeichnet Nimmt man diesen Bericht zur Hand, so überzeugt man sich davon, daß der von Herrn Wentzke niedergeschriebene Satz glatt erfunden ist, und daß Breitscheid   in seiner Rede in Wirtlichkeit gesagt hat, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands  lasse sich in der Zurückweisung des französischen  Rechtsbruchs an Entschiedenheit von niemandem übertreffen, die deutschen   Arbeiter ständen im Ruhrkamps in der vorder st er Linie für den Bestand des Deutschen Reiches. Genosse Breitscheid   wollte sich diese Verleumdung durch Herrn Wentzke nicht gefallen lassen und beantragte durch seinen Anwalt, Genossen Landsberg  , bei dem Landgericht Berlin   II dem Verlage Reimar Hobbing   durch ein st weilige Verfügung die Ber- breitung des 2. Bandes des BuchesRuhrkampf" mit der jetzigen Seite 62 zu verbieten. Der Verlag Reimar Hobbing suchte die Sache auf die lange Bank zu schieben, indem er durch seinen An- walt, Rechtsanwalt Dr. Herbert Simon, Terminsvertagung for- dern ließ mit der Begründung, daß Herr Dr. Wentzke sich auf einer Auslandsreise befinde und daher für ihn nicht er- reichbar sei. Nebenbei bemerkt hält die angebliche Auslandsreise Herrn Dr. Wentzke nicht ab, dieDeutsche Zeitung" mit Artikeln zu be- dienen. Der Anwalt Breitscheids widersprach der Ver- t a g u n g, die denn das Gericht auch ablehnte. Darauf er- klärte der Anwalt des Verlages, daß er nicht verhandle, und es erging nunmehr ein Versäumnisurteil nach dem An- trage Breitscheids. Dieses Urteil ist rechtskräftig ge- worden, da der Verlag Reimar Hobbing Einspruch nicht ein- gelegt hat. Es steht hiernach fest, daß der Archivdirektor Dr. Wentzke sich in einem angeblich wissenschaftlichen Werk einer F ä l- s ch u n g schuldig gemacht hat. Man wird sich den Nomen des Herrn Wentzke merken müssen, da er nach dieser Leistung A n- «artschaft aus einen Führerposten in der deutschnatio- nalen oder der nationalsozialistischen Partei hat.
Oie Beamten wehren sich. Gegen weitere Abzüge und Belastungen. Der Deutsche Beamtenbund hat am Mittwoch an Reichskanzler Dr. Brüning folgendes Telegramm gerichtet: Trotz den wieder- holt und in klarster Form abgegebenen Zusicherungen des Herrn Reichskanzlers und des Herrn Reichsfinanzministers, daß keine weitere Gehaltsfenkung beabsichtigt sei, erörtert, wie ver- lautet, das Reichskabinett wieder Vorschläge, die eine neue w i r t- schoftliche Belastung der Beamten bezwecken. Gegen jede weitere Belastung der Beamten müssen wir mit größtem Nach- druck Einspruch erheben. Eine solche Maßnahme würde schwerste Erschütterungen und Zusammenbrüche zur Folge haben. Wir weisen den Herrn Reichskanzler und die Reichsregierung auf die schweren Folgen hin, die neue Belastungen in dieser Hinsicht bringen würden. Die Vergangenheit hat gezeigt, daß der allgemeinen Notlage durch immer neue wirtschaftliche Belastungen auf der Grund- läge eines schematischen Abstrichs nicht gesteuert werden kann. Eine weitere Belastung dieser Art würde die schon jetzt überaus ge- schwächte wirtschastliche Lage der Beamtenschaft noch weiter ver- schlechtern, ohne daß dadurch eine Besserung der Gesamtlage eintreten würde. Wir warnen daher dringend, den verhängnisvollen Weg einer nochmaligen wirtschaftlichen Belastung der Beamtenschaft zu beschreiten. Der Herr R e i ch s f i n a n z m i n i st e r hat am 6. März er- klärt, daß es vollendeter Wahnsinn wäre, wenn man das bequeme Mittel weiterer Lohn- und Gehaltskürzungen an- wenden würde. Der Punkt, so hat der Herr Reichsfinanzminister weiter ausgeführt, über den nicht hinausgegangen werden könne, sei erreicht. Jede Aktion dieser Art sei unmöglich. Wir sind der Auffassung, daß diese Feststellungen für jede Art neuer wirtschaftlicher Belastung gelten müsse. Deshalb fordern wir, daß auf alle Fälle von einer solchen Belastung der Beamten abge- sehen wird.
Kohls Befinden gebesseri. Keine akute Lebensgefahr. Sklarek-prozeß geht weiter. Das Befinden des Bürgermeisters Kohl aus Köpenick  , gegen den das Verfahren im Sklarek-Prozeß am Mittwoch bekannt- lich wegen einer Schlafmittelvergiftung und des dadurch hervor- gerufenen besorgniserregenden Zustandes abgetrennt worden ist, hat sich nach Ansicht der behandelnden Aerzte des Moabiter Kranken- Hauses erfreulicherweise gebessert. Die Wirkungen des Giftes haben inzwischen nachgelassen, so daß nach Ansicht der Aerzte keine akute Gefahr mehr für das Leben des Patienten besteht. Der Gerichtsarzt Medizinalrat Stürmer, dem vom Vorsitzen- den des Sklarek-Prozesses aufgegeben worden war, sich um Kohl gleichfalls zu kümmern, hat ihn im Laufe des Vormittags im Moabiter Krankenhaus aufgesucht und mit den behandelnden Aerzten Beratungen gepflogen. Welches Medikament Kohl eingenommen hat, ist auch heute vormittag noch nicht restlos aufgeklärt, da das Ergebnis der chemischen Analyse noch nicht vorliegt, sondern erst nachmittags zu erwarten ist. Für den Fall, daß sich das Befinden Kohls bis zum morgigen Freitag wieder derartig bessert, daß er vor Gericht erscheinen kann, besteht prozessual die Möglichkeit, daß das abgetrennte Verfahren wiederum verbunden wird.
Wieder exotischer Fürstenbesuch in Verlin. Mit einer Maschine der holländischen Luftverkehrsgesellschaft wird am morgigen Freitag, mittags um 13 Uhr, von Amsterdam  lammend, Prinz F e is a l von Hedschas  , der zweite Sohn des regierenden Königs von Hedschas  , in Berlin  «intresjen. Prinz Feisal  befindet sich aus einer Rundreise durch Europa   und wird voraus- sichtlich zwei Tage in Berlin   bleiben. Geplant ist vorläufig ein Empfang durch den Reichskanzler sowie eine Reihe sonstiger offizieller Veranstaltungen zu Ehren des Gastes, der auch bereits auf dem Tempelhofer Feld durch die Vertreter der Behörden begrüßt werden wird. Er wird als Gast der Reichsregierung im Hotel Adlon   wohnen.
Einem umfangreichen Schwindel mit betrügerischen Kohlenlieferungen ist die Brennstosf-Uebecwachungsstelle auf die Spur gekommen. Die Ermittlungen, die geraume Zeit an- dauerten, führten gestern zur Jestnahme eines Moabiler Kohlen- Händlers und des Berliner   Geschästsleiters einer Elberfelder Glanzstoff-Aabrik. Der Betrug geht in die lausende. Der Ge- schäftsleiter begünstigte das Treiben des Händlers und wurde mit ihm zusammen heute vormittag dem Untersuchungsrichter wegen schweren Betruges vorgeführt. Oie Untersuchung wird noch aus­gedehnt werden. Seit einer Reihe von Jahren wurde die Berliner   Niederlage der auswärtigen Firma von dem Moabiter   Händler mit Brenn- stoffen beliefert. Schon einmal war der Verdacht aufgetaucht, daß mit den Lieferungen Betrügereien verübt wurden. Als die Beamten der Ueberwachungsstelle damals den Berliner   Geschäftsführer auf- suchten, um ihn über die Betrügereien zu informieren, lehnte dieser eine Verfolgung ab. Die Beamten schöpften jetzt erneut Verdacht
Reichswehrsoldaten verunglückt. Autodroschke rast gegen einen Vaum. In ver vergangenen Nacht ereignete sich auf der Charlotten- burger Chaussee, unweit der Rennbahn Ruhleben, ein schweres Autounglück, bei dem drei Personen, darunter zwei Reichs- wehrsoldaten, verletzt wurden. Kurz vor der Einfahrt der Rennbahn platzt« ein Reifen des Autos. Der Führer verlor dadurch die Gewalt über die Steuerung und fuhr mit großer Wucht gegen einen Baum. Das Auto wurde völlig zertrümmert. Der Chausfeur, ein 42 Jahre alter Friedrich Hanke aus der Sophie-Charlotte-Straße trug schwere Verletzungen davon: er wurde ins Spandauer   Krankenhaus gebracht. Die In- sassen� die beiden Obergesreiten Wolter und Israel   der 9. Kom- pagnie des Reichswehrinsanterieregiments 9 aus R u h l e b e n, wurden zunächst zu ihrem Truppenteil und später in das Tempel- hofer Garnisonlazarett überführt.
Todesstrafe für Kindesentführung beantragt. Washington, 19. Mai. Der aus Anlaß der L i n d b e r g h- A s f ä r e ins Leben ge­rufene Unterausschuß des Repräsentantenhauses hat einen Gesetz- entwurs ausgearbeitet, der für Verbrechen der Entführung von i Menschen aus einem Staatsgebiet ins andere die Todesstrafe! für zulässig erklärt. Es gilt als sicher, daß dieser Gesetzentwurf an- i genommen wird.
und stellten insgeheim Beobachtungen und Ermittlungen an. Diese führten gestern zu einer überraschenden Durchsuchung der Wohnung des Händlers. Die Kriminalpolizei war verständigt worden und Be- amte der Dienststelle IV fanden im Keller des Hauses des Händlers einen Wiegebalken mit Druckoorrichtung, der zu einer Zentesimal- waage gehört. Außerdem entdeckte man einen großen Posten L l a n k o w i e g e k a r t e n, die zu der öffentlichen Waage auf dem Moabiter Güterbahnhof gehörten. Der Balken wiegt zwei Zentner. Wenn der Händler nun neue Lieferungen zu erledigen hatte, schleppte er die gesamte Waage in die K ü ch e und bediente sie voll- kommen willkürlich, indem er dabei die amtlichen Wiegekarten fäschte. Als der Mann verhaftet wurde, gab er auch zu, feit drei Jahren höhere Gewichte angegeben und auch statt teuren westfälischen, bil- ligen Gaskoks geliefert zu haben. Er gab weiterhin zu, daß der Ge- schäftsleiter der Firma in Berlin   jeweils 19 Prozent von dem Ge- winn abbekommen hätte. Der Leiter ist daraufhin ebenfalls ver- haftet worden.
Erwerbslosenkarten zur(Zommerschau' An sachlich interessierte Arbeitslose und Wohlfahrtsunterstützte(in-- besondere arbeitslose Siedler, Kleingärtner u. a. m.) werden bei ihren zuständigen Arbeits- und Wohlfahrtsämtern Ausweise aus- gegeben, die den Inhaber und auf Wunsch auch seine Ehefrau zum einmaligen kostenfreien Besuch der Berlinner SommerschauSonne, Luft und Haus sür Alle!" berechtigen. Der Besuch der Ausstellung auf diese Wohlfahrtskarten ist ohne Einschränkung während der ganzen Dauer, das heißt vom Tage der Ausgabe bis zum 7. August, auch Sonntags, möglich. Da die Ausgabe dieser Ausweise aus- schließlich an eingetragene Erwerbslose bzw. Wohlfahrtsunterstützte durch ihre zuständigen Arbeits- und Wohlfahrtsämter erfolgt, können direkte Anforderungen an den Kassen der Berliner   Sommerschau nicht berücksichtigt werden. Die Karten gelangen bei den Arbeits- ämtern ab Freitag, den 27. Mai, und bei den Wohlfahrtsämtern ab Ende dieses Monats zur Ausgabe.
Do X  " auf dem Heimflug. Das deutsche ZlugschissDo X  " ist heute vormittag um 10 Ith: WEZ vom Long-3sland-Sund nach St. Zahns(Neufundland  ) ge- startet. An Bord befinden sich 13 Wann Besatzung, sowie die be- kannte Fliegerin Antonie SIraßmann. In St. Iohns soll ein mehr- stündiger Aufenthalt genommen werden, um ZS 000 Liter Brennstoff aufzufüllen. Das Gesamtgewicht des Zlugschifses auf dem Fluge nach Europa   beträgt etwa S4 Tonnen.
Prozeß eines Landgerichtspräfi'dent E Vor dem Schöffengericht Berlin-Mitte begann heute morgen unter dem Vorsitz des Amtsgerichtsrats U n g e r der Beleidigungs- Prozeß gegen den Redakteur des8-Uhr-Abendblatts" Hirsch. Dieser ist wegenübler Nachrede" in bezug aus den Landgerichts- Präsidenten S ö l l i n g angeklagt. In einem Artikel vom 29. Ok- tober vorigen Jahres hat das8-Uhr-Abendblatt" dem Landgerichts- Präsidenten vorgeworfen, daß er seine Zugehörigkeit zur Sozialdemokratie zum Sprungbrett für seine richter- liche Karriere benutzt habe. Sein Hinüberwechseln zur deutschnatio- nalen Partei sei nicht einer inneren Ueberzeugung entsprungen. Ferner wurde behauptet, daß Sölling im Sportpalast während einer Nazioersammlung mit aufgekrempelten Aermeln dagesessen undHeil Hitler" gerufen habe. Amtsgerichtsrat U n g e r regt einen Vergleich an. obgleich be- reits vorhergegangene Vergleichsoerhandlungen gescheitert sind. Rechtsanwalt Bloch erklärt, daß solche Verhandlungen gänzlich aus- geschlossen erscheinen. Es wird daher in die Verhandlung eingetreten. Aber sofort stellt Bloch den Antrag auf Aussetzung der Verhandlung. Der Angeklagte habe trotz der ihm gewährten Verlängerungsfrist unmittelbar vor Pfingsten einen Schriftsatz eingereicht, durch den er die Ladung einer großen Anzahl von Zeugen beantragt habe. Diese Zeugen sind heute erschienen. Der Nebenkläger habe das Recht, über die Zeugen die nötigen Erkundigungen ein- zuziehen. Außerdem sehe sich der Nebenkläger genötigt, eine An- zahl Beweisanträge zu stellen. So beantrage er die Ladung des preußischen Justizministers Schmidt zum Beweise da- für, daß die Zugehörigkeit zu einer Regierungspartei sür die Richter- karriere ausschlaggebend sei. Ferner beantrage er die Ladung von drei Zeugen über die Vorgänge im Sportpalast. Rechtsanwalt Dr. Klee widerspricht nicht dem Dertagungs- antrag, Für den Fall, daß diesem stattgegeben werden sollte, bittet er um die Ladung des Amtsgerichtsrats Hügginshaus, des Beisitzers vom Sklarek-Prozeß. Dieser Zeuge würde bekunden, daß die Frau des Landgerichlspräsidenlen Sölling eines Tages beim Amtsgerichlsral Hügginshaus angerufen und dessen Frau ge­sagt habe, sie solle ihrem Mann den Vorschlag machen, der deutschnationalen Partei beizutreten. Amtsgerichlsral hügging- Haus habe darauf an den Landgerichtspräsidenlen Sölling ein Schreiben gerichtet, in dem er zum Ausdruck brachte, daß seine Frau wohl das Opfer einer Mystifikation geworden sei. Der Brief sei unbeantwortet geblieben. Gelegentlich einer Inspektion des Sklarek-Prozesses habe aber Land- gerichtspräsident Sölling zu Herrn Hügginshaus ge- sagt, die Sache sei eine Angelegenheit seiner Frau, ihn gingen diese Dinge nichts an. Ferner beantragte Rechtsanwalt Klee   die Ladung des Rechtsanwalts Dr. F r i e d m a n n, der be- künden würde, daß der Onkel des Landgerichtspräsidenten Sölling gegen dessen Uebergang vom Judentum zum Christen- tum gewesen sei. Der Nebenkläger habe aber den Tod des Erb- onkels abgewartet und sei erst nach Sicherstellung der Erbschaft zum Christentum übergetreten. Landgerichtspräsident Sölling erklärt zu diesen Anträgen, daß er weder dienstlich noch außerdienstlich den Versuch gemacht habe, den Amtsgerichtsrat Hügginshaus zu beeinflussen. Ihm stehe auch gar keine Dienstaufsicht über diesen zu. Der Amtsgerichtsrat unterstehe dem Amtsgerichtspräsidentsn und in weiterer Instanz dem Kammergerichtspräsidenten. Was den Anruf seiner Frau be- treffe, so sei es in der heutigen Zeit eben so, daß die Frauen ganz
Ueberläufers oelling fühlt sich beleidigt selbständig handeln. Die Behauptung, daß er den Tod seines Onkels abgewartet habe, um zum Christentum überzutreten, sei vollkommen irrig. Sein Onkel sei erst im Jahre 1929 gestorben: sei» Uebertritt zum Christentum habe bereits vor zwanzig Iahren stattgefunden. Im übrigen ersuche auch er um Vertagung der Verhandlung. Der Staatsanwalt stimmt diesem Antrage zu, bittet aber zu überlegen, ob man nicht doch in die Beweisaufnahme eintreten soll, um auf diese Weite festzustellen, in welchem Maßstabe über- Haupt eine Beweisaufnahme erforderlich sei. Der Gesinnungs- Wechsel sei ein innerer Vorgang, er könne nur durch die Aussage des Nebenklägers selbst geklärt werden. Das Gericht beschließt, in die Verhandlung einzu- treten und erst nach dem Verlaus der Beweisaufnahme zu den Anträgen der Parteien Stellung zu nehmen. Sölling, der vom Kammergerichtspräsidenten die Aussage- genehmigung erhalten hat, äußert sich als Zeuge zu dem be- anstandeten Artikel. Zur Frage seines Glaubenswechsels sagt er, daß dieser aus freien religiösen Motiven beruhe. Er sei im Jahre 1996 aus dem Judentum ausgetreten und im Jahre 1998 zum Christentum übergetreten. Er habe als Student die Vor- lefungen des Prof. Harnack gehört, habe nahe Beziehungen zu dem Kreis des Pfarrers Naumann unterhalten und habe bei seinem Glaubenswechsel während seiner Referendarzeit sich in keiner Weise von irgend welchen Vorteilsgedanken leiten lassen. Seinen Namenswechsel von Seligsohn auf Sölling, der ihm vom König von Preußen genehmigt worden sei, habe er aus Deutschtumsgründen(!) vollzogen. Vollkommen un- richtig sei es, zu behaupten, er habe seinen Eintritt in die Sozial- demokratische Partei aus Spekulationsgründen begangen. Er sei der Partei im Jahre 1918 beigetreten, also noch vor der Revolution. Er habe geglaubt, daß die Politik der Sozial- demokratie für das deutsche   Volk heilsam sein würde. Für den Bruch mit der Partei seien persönliche Erlebnisse ausschlaggebend geworden. Erstens der Fall Grützner, zweitens der Vorfall Ende 1939 mit dem Richter Lau in Glogau  . Er sollte in einer Urteilsbegründung gesagt haben, daß diese Republik auf Hochverrat und Meineid gegründet sei. In Wirklich- keit habe er aber das von der Revolution gesagt. Er, der Zeuge, sei vom Vorsitzenden des Republikanischen Richterbundes auf- gefordert worden, eine Erklärung gegen Lau mit zu unter- zeichnen. Er habe sich geweigert, das zu tun. Das Gespräch mit Kroner habe ihn überzeugt, daß die Sozialdemokratische Partei  eine Personalpolitik treiben wolle, die nicht auf sachlichen Gründen beruhe. Bei Ernennung zum Landgerichtspräsidenten habe ihm der Iustizminister Schmidt den Posten des Vorsitzenden im Disziplinarhof im Nebenamt versprochen. Die Sozialdemo- traten im Justizministerium seien es gewesen, die ihm diesen Posten aus der Hand geschlagen hätten. Das sei für ihn ein furchtbarer Schlag gewesen. Er habe sich in allen seinen Hoffnungen betrogen gesehen. Ueber die Teilnahme an der nationalsozialistischen Sportpalastkundgebung sagt der Zeuge, daß er teils in Ausübung seines staatsbürgerlichen Rechts, teils auf Befehl seiner vorgesetzten Behörde an derselben teilgenommen habe. Er habe sich in der Versammlung sehr reserviert verhalten, an den Rufen habe er sich nicht beteiligt: richtig sei es, daß er bei den RufenHeil Hitler!" ein wenig seinen Arm erhoben habe. Zum Fall Hügginshaus erklärt er noch einmal, daß er mit der ganzen Sache nichts zu tun habe. Das Gericht tritt in die Beweisaufnahme ein.