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BERLIN Freitag 20. Mai

1932

Der Abend

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Nr. 234

B 117 49. Jahrgang

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Entscheidende Kabinettssitzung

Um die Sozialversicherung und die Reichsfinanzen

Das Reichskabinett soll also heute abend zu einer ent­scheidenden Sigung zusammentreten, in der der Inhalt einer neuen Sparnotverordnung festgelegt werden soll. An dieser entscheidenden Sigung nimmt fein Sozialdemokrat teil. Seit mehr als zwei Jahren steht die Sozialdemokratie außerhalb der Reichsregierung, trägt sie für deren Entschlüsse keine Verantwortung.

Dies im gegenwärtigen Moment festzustellen, ist eine Notwendigkeit, weil die beispiellos verlogene Propaganda unserer Gegner die Dinge immer so darzustellen versucht, als ob alle drückenden Maßnahmen, die von der Regierung Brüning sei es aus Not, jei es ohne Not- verhängt worden sind, von der Sozialdemokratie zu verantworten

wären.

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Die Gewerkschaften erflären:

Vom Vorstand des ADGB . wird uns geschrieben:

Das ,, Berliner Tageblatt" berichtet in seiner gestrigen Abendnummer über die Stellungnahme der Reichsregierung zu den schwebenden sozialpolitischen Streitfragen und über mit dem Reichskabinett. Es glaubt dabei feststellen zu können, Besprechungen der gewerkschaftlichen Spizenorganisationen daß die Reichsregierung die Absicht habe, unter Verzicht auf die Aufhebung der Arbeitslosenversicherung, die Aufwendun­gen für die Unterstützung der Arbeitslosen durch eine Ver­einfachung der Unterstützung, vor allem durch Anpassung der Unterstügungssäge in Versicherung und Krisenfürsorge an diejenigen der Wohlfahrtsunterstüßung" herabzudrücken. Die vertagt". Das Tageblatt" knüpft hieran die Bemerkung: der Reichsregierung geplante Reform" sei Die Gewerkschaften sind mit dieser Lösung( das heißt Ver­tagung der Reform) auch durchaus ein verstanden."

bisher von

Die Sozialdemokratie, die seit sie besteht, für ein lebens­wertes Dasein aller Arbeitenden kämpft, darf den größten Teil dessen, was in Deutschland zugunsten der werktätigen Massen geschaffen worden ist, als ihr Werk betrachten. Sie hat mit den Vertretern der befizenden Klassen um jeden Daß die Rote Fahne" unter absichtlicher Verdrehung Groschen gerungen, um den Löhne und Sozialunterstützungen des Inhaltes dieses Berichtes diese über die durchaus falsche erhöht worden sind. Seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise Schlußbemerkung des Tageblattes" freudestrahlend benutzt, fämpft sie mit großer Zähigkeit und mit allen zweckmäßigen um einen neuen Verrat" der Gewerkschaftsführer festzu­und erfolgversprechenden Mitteln für die Verteidigung stellen, versteht sich von selbst. Es ist nichts so dumm, daß es und erfolgversprechenden Mitteln für die Verteidigung nicht den Jüngern moskowitischer Parteitaktik zur Verhegung gerade gut genug wäre.

ihres Wertes.

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Auch in dieser letzten Stunde erhebt sie noch einmal die Stimme der Warnung und des Protests gegen Regierungsbeschlüsse, die geeignet wären, das ganze System der Sozialversicherung ins Wanfen zu bringen oder geltende Unterstützungssätze noch weiter unter das Eristenzminimum zu senken. In den reichlich unbestimmten offiziösen Aus­lassungen der letzten Zeit ist viel von einer Sanierung der Arbeitslosenversicherung und der Gemeinden" die Rede ge wesen. Ganz abgesehen davon, daß die Arbeitslosenversiche­rung einer Sanierung zur Zeit gar nicht mehr bedarf, hat die Sanierung öffentlicher Einrichtungen doch nur dann einen Sinn, wenn sie dadurch instand gesetzt werden, ihren 3wed zu erfüllen. Zweck der gemeindlichen Fürsorge muß aber sein, die Hilfsbedürftigen wenigstens vor dem und um diesen Zweck zu nadten Hunger zu schützen- erreichen, muß den noch Leistungsfähigen jedes Opfer zugemutet werden! Zustände, wie sie jetzt schon in manchen Gegenden Deutschlands , in Thüringen , Nieder­schlesien usw. herrschen, sind schon vom Standpunkt der Menschlichkeit aus unerträglich und schreien nach Abhilfe. Keine Regierung könnte es verantworten, wenn immer weitere Bevölkerungsfreise unter die Hungergrenze herab­sinken sollten- das würde schließlich ein Ende mit Schrecken für alle bedeuten!

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Ueber die konkreten Absichten der Regierung liegen auch zu dieser Stunde noch keine bestimmten Meldungen vor. Angeblich geht die Absicht des Kabinetts zunächst dahin, für die Arbeitslosen­versicherung eine Entlastung" dadurch eintreten zu lassen, daß man die Unterstützungsdauer von 20 auf 13 Wochen fürzt. Der erforderliche Ausgleich foll durch die Krisenfürsorge erzielt werden, zu der das Reich bisher vier Fünftel und die Gemeinden ein Fünftel beitragen. Es besteht die Absicht, die Gemeinden von ihren bisherigen Verpflichtungen zur Krisenfürsorge weiter zu ent­lasten. Dazu kommt in Betracht die Fortsetzung der Reichs­zuschüsse für besonders notleidende Gemeinden, für die im Vorjahre 230 Millionen Mark aus Reichsmitteln zur Verfügung gestellt wurden. Ferner soll zu dem betreffenden Zwed die Bürgersteuer, deren Einziehung den Gemeinden bisher nur bis zum 1. Juli gestattet war, für den Rest des Haushaltsjahrs verlängert werden. Die Pläne, den Grundbetrag der Bürgersteuer zu erhöhen, werden wahrscheinlich aufgegeben. Schließlich wird die krisensteuer, die im Juni vorigen Jahres zunächst bis zum 31. Dezember 1932 als besondere Notsteuer des Reiches ein­geführt worden war, nicht nur verlängert, sondern wahrscheinlich auf alle Beschäftigten ausgedehnt werden. Die Beamten waren von der Krisensteuer bisher befreif.

Mit diesen Maßnahmen soll eine Anpassung der Unterstützungsfähe in den verschiedenen Kategorien der Er­werbslofenunterstützung verbunden fein.

Wie die freien Gewerkschaften zur Frage der Versor­gung der Arbeitslosen stehen, haben sie immer wieder ganz unzweideutig erklärt. Zuletzt noch in dem Schreiben Lei parts an Brüning vom 9. Mai, das in der Morgennummer| des Vorwärts" vom 10. Mai veröffentlicht ist. Die freien Gewerkschaften verlangen die Aufrechterhaltung der zehnten gekämpft haben. Sie wenden sich auch mit aller Arbeitslosenversicherung, um die sie seit Jahr­

Litauische Prozeßführung.

Der Standal Beckers Meyer.

Kowno , 20. Mai.

Seit Wochen fizen der Reichsdeutsche Beckers und der memel­deutsche Führer Schulrat Meyer in Untersuchungshaft. Jetzt hat sich herausgestellt, daß das Schreiben des Schützenverbandes, auf das sich die Anklage in erster Linie stüßt, im Organ des Verbandes Trimitas ( ,, Der Trompeter") veröffentlicht worden ist, ehe Meyer und Beckers es erhielten. Dieses Blatt hat 40 000 Auflage, so daß davon, daß das Schreiben geheim gewesen sei, nicht die Rede sein kann. Daraufhin hat sich auch der Staatsanwalt des Kriegs­gerichts veranlaßt gesehen, die Verschiebung des Prozesses zu beantragen. Der Untersuchungsrichter Novi fi foll nun beauftragt worden sein, auch die Entlastungsmomente für die Beschuldigten nachzuprüfen! Von den drei Belastungszeugen find sind zwei

Kriminalbeamte!

Beckers hat für den Prozeß sieben und Schulrat Meyer dreißig Entlastungszeugen benannt, darunter auch den Privatsekretär des englischen Ministerpräsidenten Macdonald so­wie auch andere Persönlichkeiten, die dem Völkerbunde nahestehen und beweisen wollen, daß Meyer in Genf keine litauenfeindliche Politik, sondern lediglich die memelländischen Interessen ver­treten hat.

Energie gegen alle etwaigen Pläne der Reichsregierung, die Versicherung so zu verwässern, daß sie praktisch eine Versiche­rung überhaupt nicht mehr darstellt. Das gleiche gilt auch für die insebjondere von den Arbeitgebern geforderte allge= meine Herabsetzung der Unterstützungssätze. der letzten, haben sich die Gewerkschaften gegen alle Bei allen Besprechungen mit der Regierung, so auch in Abbaupläne eingesetzt. Arbeitsbeschaffung forderten sie als eizigsten Weg, um über den gegenwärtigen wirtschaftlichen als eizigsten Weg, um über den gegenwärtigen wirtschaftlichen und finanziellen Notstand des Landes hinwegzukommen. Sie verwahrten sich insonderheit gegen eine etwa beabsichtigte Er­weiterung des freiwilligen Arbeitsdienstes im Arbeitsbe­darauf an, durch die Arbeitsbeschaffung vorwiegend auch die schaffungsplane. Damit könne kaum eine psychologische Wir= tung auf die Beteiligten erzielt werden. Es komme aber Wirtschaft selbst zu beleben. Das könne mur geschehen, wenn grundsäglich für die Arbeiten im Rahmen des Arbeitsbe­schaffungsprogrammes die tariflich vereinbarten Löhne und Arbeitsbedingungen Geltung erhalten.

Die Gewerkschaften forderten, daß die Prämien anleihe schnellstens aufgelegt und mit der Arbeitsbe­schaffung begonnen werde. Einmütig war die gewerkschaft­liche Stellungnahme auch in der Ablehnung der etwa beabsichtigten Bedürftigteitsprüfung in der Ar­beitslosenversicherung.

Wenn, wie heute in der Presse berichtet wird, die Reichs­regierung plant, die Unterstügung in der Arbeitslosenver­ficherung von 20 auf 13 Wochen zu verkürzen und die Unter­ftüßungsleistungen sowohl in der Versicherung, wie in der Krisenfürsorge herabzusetzen, so muß sie sich darüber klar zu den deutschen Gewerkschaften stellt. fein, daß sie sich damit in scharfem Gegensaz

funft eine Neuregelung vorzubehalten und gleichzeitig die Borschläge des Bajeler Sachverständigenausschusses zu berüd­fichtigen.

2. Ein Teil der amerikanischen Einwände könnte zerstreut und gleichzeitig eine Atmosphäre des Vertrauens geschaffen werden, wenn die an der Lausanner Konferenz beteiligten Mächte von sich aus und ohne das Ende der Abrüstungskonferenz abzuwarten, beschließen würden, freiwillig ihre Rüftungsausgaben einzu­

schränken.

3. Um eine Befferung der wirtschaftlichen Lage in Europa durch­zuführen und insbesondere die Donaustaaten vor dem Zu­sammenbruch zu retten, jolle versucht werden, den franzöfifchen Vor­schlag für den wirtschaftlichen Zusammenschluß der Donausta a ten wiederaufzunehmen. Der Plan solle besonders durch eine Reihe von Vorzugsrechten erweitert werden, aus denen Frankreich , Polen , Deutschland und Italien Nutzen zögen.

Auf diese Weise greife man gleichzeitig den alten Briandschen Gedanken wieder auf, der seinerzeit zur Bildung des Europa - Aus­schusses geführt habe. Diese gemeinsamen Bemühungen einer wirt­schaftlichen und zollpolitischen Solidarität sollen schließlich noch auf dem Gebiet der Finanzen durch den Zusammenschluß aller derjenigen Inhaber von Anleiheftüden ergänzt werden, deren Rückzahlung be­fonderen Schwierigkeiten begegne. Es sei nicht schwer, diesen In­habern der Anleihestücke zu verstehen zu geben, daß sie die Wahl hätten, ihre Außenstände ratenweise einzutreiben oder aber ganz auf

Beckers hat in den sechs Wochen seiner Haft an Gewicht zehn sie zu verzichten. Kilogramm abgenommen.

Wie denkt Basel über Lausanne ?

Eine offiziöse französische Darstellung. Paris , 20. Mai.

Die halbamtliche französische Nachrichtenagentur Havas äußert sich in einer Baseler Meldung offiziösen Anstriches über die Auffassung, die in den kreisen der B33.( gemeint ist offenbar der Franzose Quesney, der Präsident der B33. Red. d. V.".) an­geblich über die Lösungsmöglichkeiten auf der kommenden Caufanner Konferenz bestehen:

Ein amerikanisches Young- Komitee.

New york , 20. Mai. ( Eigenbericht.) Auf Veranlassung der amerikanischen Regierung wurde ein zwölfköpfiges außerordentliches komitee aus führenden Finanziers und Industriellen gebildet, das Vorschläge zur Be­kämpfung der amerikanischen Wirtschaftskrise ausarbeiten soll. Das Komitee steht unter der Führung von Owen young . Es erstrebt in erster Linie die Ausarbeitung eines Plans zur Verwendugn eines größeren Krisenabwehrkredites.

Neue Verhaftung in Hagen . Nach langen Bemühungen gelang es Beamten der Abteilung I A den schon seit Januar d. I. flüchtigen 1. Ein Moratorium sämtlicher politischer Schul- ehemaligen Führer des verbotenen Roten Front­tämpferbundes Wilhelm Schumann aus Hagen- Eilpe fest= den, d. h. Reparationen und interalliierte Schulden. Entgegen zunehmen. Schumann soll an mehreren hochverräterijchen Deliften den mutmaßlichen deutschen Forderungen werde man auf einem beteiligt und stark verdächtig sein, auch in die Hagen - Iserlohner Moratorium und nicht auf Annullierung bestehen, um für die Zu- Sprengstoffangelegenheit verwidelt zu sein.