Eins ausgstvckrmte Lüge. Ein Kubescher Liebesbeweis fürs Zentrum. Der Abgeorönete K u b e hat in einem Artikel des Preußischen Pressedienstes der NSDAP , vom 1ö. Mai 19Z2 ousrjesührt, es sei .ein unerträglicher Zustand, daß der deutschnationale Schriftsteller Rumpelstilzchen(Adols Stein) behaupten könne, der ZSsährige Schwager des Zentrumsjustizministers Dr Schmidt sei Landgerichts- direktor geworden". hierzu wird folgendes festgestellt: Diese völlig unrichtige Behauptung ist erstmalig im Dezember 1931 in der Rechts- presse aufgetaucht. Auf Grund der daraufhin sofort von Justiz- minister Dr. Schmidt gestellten Strasanträge sind der Schristleiter Rechenberg des„Großdeutschen Pressedienstes" und der Schrift- (eiter Siebold der„Niederdeutschen Zeitung", des„Hildesheimer Abendblatts" und der„Osnabrucker Allgemeinen Zeitung" wegen übler Nachrede zu je 1 Monat Gefängnis verurteilt worden. Auch gegen den von Abg. Kube erwähnten Hauptschrift- leiter des Deutschen Pressedienstes Adolf Stein (Rumpelstilzchen) ist Strafantrag gestellt worden. Adolf Stein hat inzwischen wäh- rend des schwebenden Versahrens solgende Erklärung abgegeben und bereits am 2. Mai 1932 im Deutschen Pressedienst veröffentlicht: „Im Deutschen Pressedienst ist am 1. Dezember 1931 ein Artikel unter dem Titel„Der preußische Justizminister" erschienen. Ich versichere, daß ich von dieser Einsendung vor ihrer Verbrei- tung keine Kenntnis erlangt habe und b e d a u r e, daß sie Ver- breitung in der Presse gefunoen hat. Ich bedaure dies um so mehrmals ich mich inzwischen davon überzeugt habe, daß die in dem Schlußpassus der Einsendung enthaltenen Behauptungen be- züglich Beförderung eines Verwandten des Justizministers un- richtig sind." Die nationalsozialistische Hetzpropaganda beruht darauf, daß die ältesten, schon längst abgestraften Lügen immer wiederholt werden. Der Fraktionefllhrer der Nazis hat eine widerlegte Lüge aufge- wärmt— offenbar um dem Zentrum zu zeigen, wie er sich Koali- tionsverhandlungen denkt. Berufung— billiger! Hannover . 21. Mai.(Eigenbericht.) Die Erfahrung, daß gerechte Sühne einer aus der Lust ge- griffenen Verleumdung durch die Berufungsinstanz häufig illusorisch gemacht wird, bestätigte sich am Freitag hier. Der durch seine Ver- leumdungen gegen Roske u. a. bekannte Redakteur S i e b o l d der „Niederdeutschen Zeitung" war von der ersten Instanz wegen Be- leidigung des preußischen Justizministers Schmidt zu einem Monat Gefängnis verurteilt worden. Die Verleumdung be- stand in der Behauptung, daß Schmidt seinen eigenen, erst 3öjährigen Schwager unter Ueberspringung zahlreicher besser be- sähigter Vormänner zum Landgerichtsdirektor befördert habe. Fest-� gestellt wurde, daß der Schwager nicht 35, sondern 42 Jahre alt ist. seine Examina mit„gut" gemacht hat und auf Vorschlag aller in Frage kommenden Stellen zu einer durchaus n o r- malen Zeit befördert worden ist. An diesem Sachverhalt ließ sich auch in der zweiten Instanz nicht ein i-Tüpfelchen abändern. Aber die Strafkammer, unter Vorsitz des Landgerichtsdirektors Haars, setzte die Strafe für Siebold von einem Monat Gesang- nis a u f 3 9 0 M a r k G e l d st r a f e h e r a b. Da es sich um einen deutschnationalen Verleumder handelt«, fand die Kammer allerhand Milderungsgründe in der Person des Angeklagten und stellte sogar den Satz auf, daß man von einem Redakteur nicht die Nachprüfung sämtlicher einlaufenden Artikel oerlangen könne! Es ist die gleiche Strafkammer, die vor Jahresfrist den gleichen Siebold wegen der Verleumdung Noskes glatt freisprach, sich an ge- schleiften Festungswerken als Wehrminister bereichert zu haben. Fairbanks besiehi sich die Welt. Eapitol. � Jule? Verne hat noch 80 Tage für seine Weltreise gebraucht, Douglas Fairbanks will es schon in 89 Minuten geschafft haben (was trotz der Verwendung des Zauberteppichs ein« arge Ueber- treibung ist). Aber was kann man in 89 Minuten schon sehen! Fairbanks sieht vor allem sich selbst im Mittelpunkt: auf dem Schiff macht er morgens seine Kletter- und Gymnastikübungen, die indischen Tempel dienen ihm gleichfalls als Sportgerät. In Honolulu und in Siam ist der Empfang die Hauptsache. Ucberall aber gibt uns Fairbanks den Kommentar zu seiner Reise, launig. witzig, ulkig.(Da der Film den Begleittext auf deutsch gibt, weiß man nicht, was auf Kosten des deuffchen Bearbeiters zu setzen ist.) Jedenfalls wäre erheblich weniger mehr gewesen. Zum Schluß wird die Sache ernst, es gibt eine regelrechte Leopardenjagd mit Elefanten und damit nicht genug, inszeniert Fairbanks eine Tiger- * jagd, in der er natürlich eine Heldenrolle spielt. Dos Ganze wird zwar als Traum entlarvt, aber das Publikum ist vorher schon ein- geschnappt und belustigt sich über das Heldentum. Die Heimreise trit der hohe Reisende auf dem Zauberteppich an, den er bereits in seinem besten und unnachahmlichen Film„Der Dieb von Bagdad" verwendet hat. Im Flug« geht es über die halbe Welt. Man sieht New Pork und Hollywood aus der Wolkenperspektioe, und dann ist die Sache aus. Es gibt natürlich manche hübsche Bilder, auch ein paar Szenen aus dem Voltsleben, aber das Ganze ist doch sehr oberflächlich gesehen mit den Augen des Vergnügungsreisenden, der sich ein paar Hauptsehenswürdigkeiten zeigen läßt und selbst immer dabei eine Hauptrolle spielen mächt«. r. Tagung der Oeuischen Tuberkulofegefellschast. Während die letzten Tuberkulosekongresse sich mit der Erörterung der Zweigansteckung befaßt hatten, behandelte die diesjährige Tagung in Harzburg in einem Hauptreferat auch die Entstehung der E r w a ch s e n e n t u b e r k u l o s e auf dem Blutwege, über die für die Klinik der Erwachsenentuberkulose Dr. U r i c i, für die Klinik der Kindertuberkulose Dr. Simon, Heilstätte Aprath, be- richtete. Es wurde hervorgehoben, daß seit der Vervollkommnung der Röntgenapparaturen und-aufnahmen zahlreiche Erkrankungen der Ausstreuungsformen beim jungen Kinde gefunden worden seien. Die alte Ansicht, daß man die Tuberkulose der Kinder so eindring- lich wie nur möglich behandeln müsse zur Vorbeugung �gcgen die Erkrankung der Erwachsenen, erfährt durch die neueren Forschung?- ergebnisse eine starke Stütze. Dr. D i e h I- Sommerfeld und Dr. V e r s ch u e r- Berlin berichteten über Untersuchungen an tuber- kul'ösen Zwillingen und legten die Ergebnisse ihrer Forschung an 128 tuberkulösen Zwillingspaaren aus ganz Deutschland vor. Die Untersuchungen haben ergeben, daß das Wesen der örtlichen Tuber- kulosedisposition nicht in irgendwelchen auch sonst vorkominenden Besonderheiten im Bau oder in der Funktion des Körpers besteht. sondern daß ein« spezifische vererbliche Tuberkulosedisposition vor- Händen ist, die bewirkt, daß chre Träger mit überdurchschnittlicher Wahrscheinlichkeit an Tuberkulose erkranken. Erbanlagen für Tuberkulosedispcsition verlieren die Widerstandsfähigkeit gegenüber tuberkulöser Ansteckung. — Anschließend fand die Ausschußsitzung und die Generalvcrsamlung des deutschen Zentralkomitees zur Be- kämpfung der Tuberkulose und«ine Sitzung der Dettweiler- Stiftung statt.
In Rostock fand, wie bereits kurz berichtet, die 49. Vertreter- Versammlung des Deutschen Lehrervereins statt, der ! größten deutschen Lehrerorganisation, die über 159999 Mitglieder zählt. Die Tagung, die von über 2999 Teilnehmern besucht war, stand im Zeichen der Auseinandersetzungen mit den Nöten der Gegenwart und brachte eine temperamentvolle Abfuhr der Nationalsoziali st en und Reaktionäre anderer Schattierung. Die deuffche Volkschullehrerschaft ist dank der Methoden der kon- servativen Herrschast der Vorkriegszeit immer ein Vortrupp für Geistessreiheit und Demokratie gewesen. Die diesjährige Tagung hat wieder den Beweis der unverändert r e p u b l i k a- nischen Gesinnung der im Deutschen Lehrerverein zusammen- gefaßten Lehrerschaft erbracht. Eine kleine Gruppe Hamburger Lehrer unternahm einen Vorstoß gegen die Leitung und besonders gegen die Lehrerzeitung, deren Schriftleiter, ein Elsäsfer, als entschiedener Kriegsgegner und Vorkämpfer des Gedankens der Völker- Verständigung und der internationalen Zusammenarbeit in der Lehrerschaft bekannt ist. Auf einer großen Lehreroersammlung hatte er einst das Wort geprägt, daß sein Vater auf die Deutschen geschossen habe, daß er auf die Franzosen schoß, daß aber sein Sohn auf niemand mehr schießen solle. Dieses Wort war der Anlaß hef- tiger Angriffe dieser kleinen Hamburger Gruppe. Mit Minuten- langem stürmischen Beifall bekundete die Rostocker Haupttagung ihre Zustimmung zu diesem Bekenntnis zur Völkerversöh- nung. Daß die Lehrerschaft im Sinne der Vorschrift der Reichs- Verfassung auch gewillt ist, im Dien st e der Volksgemein- s ch a f t tätig zu sein, zeigte die mit allen gegen nur vier Stimmen angenommene Entschließung, die das Treiben der Razigruppe unzweideutig verurteilte. Als einer der Naziredner seine Ausführung mft dem Rufe schloß: „Deutscher Lehrer erwache!" erhob sich ein Sturm der Eni- rüstung und die Versammlung bekundete gegen nur wenige Stimmen dem Nazi, daß sein Verhalten„ebenso überflüssig wie in der Form ungehörig" sei. Ueber„Die Beamtenschaft in der Wirtschafts- und Finanzkrise" sprach der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes, Flügel, über„die wirtschaftliche Lage der Lehrerschaft" Konrektor Meyer (Berlin ). Unnötig zu betonen, daß die Lehrerschaft gegen die Notverordnungspolitik Brünings scharfen Protest erhob, zumal sie im besonderen Maße Gegenstand der Sparmaß- nahmen gewesen ist, vor allem aber zum Teil sehr ernste und be-
denkliche Eingriffe in ihre beamtenrechtliche Lage erfahren hat. Um so erfreulicher war die in der Aussprache be- kündete Solidarität zu den verbrauchenden Schichten und das sich immer wiederholende Bekenntnis zu den gemeinsamen Interessen und Aufgaben mit den arbeitenden Menschen aller Kreise des Volkes. In einer Entschließung forderte die Versammlung, alle zu tresfenden Maßnahmen s o durchzuführen, daß das Realeinkommen keine weitere Einbuße erleidet und daß die Arbeitslosen wieder in das Wirtschaftsleben eingegliedert werden. Mit diesem Ziel, so sagt die Entschließung, muß der Staat das Wirtschaftsleben im Sinne einer planvollen Wirtschaftsführung maßgebend beeinflussen. Die Arbeitslosigkeit hat auch die Reihen der Lehrerschaft stark gelichtet. Mehr als 39 999 junge Lehrer find in Deutschland ohne Beschäftigung. Die Versammlung wies auf die katastrophalen Folgen hin, die aus dem Ausschluß der Jugend vom Arbeitsprozeß schon jetzt erkennbar werden. Der Deutsche Lehrer- verein wird für ein Jugendhilfswerk des deutschen Volkes zum Zwecke der Arbeitsbeschaffung werben. In einem mit starker Zustimmung ausgenommenen Vortrag über„Schule, Lehrerschaft und Deutscher Lehrerverein in der Gegen- wart" zeigte der Vorsitzende des Verbandes, Schulrat W o l f f (Berlin ) die Fülle der in den Berufsverbänden gegenwärtig not- wendigen Klärungen, die ganz besonders aus den Irrungen und Wirrungen unserer Tage auf kulturpolitischem Gebiet erforderlich sind. Die Tagung schloß die sich an den Bortrag anknüpfende lebhafte Aussprache mit dem in einer Entschließung ausgedrückten Appell, die Sparmaßnahmen nicht auf Soften der körperlichen, geistigen und sittlichen Erziehung der Jugend und damit der Zukunft des Volkes durchzuführen. Der Deutsche Lehrerverein ruft in dieser Kundgebung alle Kreise zum Schutze der Jugend, insbesondere auch gegen deren politische Verhetzung auf. Volkstum und Volksgemeinschaft werden als die fördernden Kräfte der Erziehung bezeichnet, Freiheit des Geistes und der Persönlichkeit zu schützen, Selbstverantwortung des Menschen zu wecken und der sozialen Gerechtigkeit zu dienen, seien die Aufgaben der Volksschule und des Lehrerstandes. Von neuem bekannte sich der Deutsche Lehrerverein zu dem auf der Gleichberechtigung und der staatsbürgerlichen Mündigkeit aller Volksgenossen beruhenden V o l k s st a a t. Zum Orte der nächstjährigen Tagung wurde Magdeburg be- stimmt, als Gegenstand der Verhandlungen ist das Thema„Sin-' und Aufgabe der deutschen Volksschule" gestellt.
Einakier-Theater. Renaissance-Theater. Das Sommertheater der sehr pikanten und packenden Einakter ist wieder eröffnet. Vor etwa zehn Jahren sollte es ein elegantes Wintertheater werden. Man lud die sonst mit der Kunst verfein- beten Lebemänner, Jnflationsgewinnler und deren Damenanhang ein, die Technik des anständigen und auch des lasterhaften Süß- Holzgeraspels zu lernen. In der Inflation hielt sich das Institut. Heute dürste es kaum noch lebensfähig fein. Denn Direktor Gustav H e p p n e r, der bald im Pyjama, bald im Smoking, die Haupt- personen seiner Stücke, die etwas verwelkten und abgewrackten Herren, spielt und ihren Jargon näselt, der im amüsierlustigen Binnenland, auch Provinz genannt, für diesen besonderen Betrieb, für diese besondere Sünde und Krisenbetätigung sorgt, verwechselt immer noch Zötchen und Witz. Er gibt Entkleidungsszenen für Psychologie aus, pornographisches Geschwätz für erotische Leiden- schaft. Kurz, alles was da im Einakter-Theater geboten wird, nährt sich von geistigen Ersatzstoffen. Die fidelen Damen und Herren, die Stammpublikum bilden, sind außerordentlich dankbar für alles, was sie aufkämmt. Kaum droht eine Anspielung auf Unterleibsgeheimnisse oder Sexualoffen- barungen, als sie schon lächeln, als die ganz Dankbaren schon laut lachen, als die Dankbarsten schon wiehern. Die Künstler, die bei diesem Gewerbe der geistigen Johimbin- Erzeugung zeitweise Unterkunft finden, haben schon eine gewisse Routine für solches Genre erlangt. Man darf sogar sagen, sie sind durchaus taktvolle Taktiker dieses Zweideutigkeits- und Eindeutig- kcitstheaters geworden. Fräulein Ernestine C o st a ist wohl die Netteste, und der meist in grotesker Episode als Barkellner oder durch und durch verluderter Durchgänger gebrauchte Herr Iac D i e h l könnten sogar den Entdeckern schauspielerischer Kuriosi- täten empfohlen sein. Eine Dame, die am Permierenabend auch auftreten sollte, mußte vom Programm gestrichen werden, Fräulein Else Ward, wohl bekannt noch als höchst appetitliche und reizende Attraktion des Kabaretts. Aber die Direktoren vergaßen sie sehr schnell, weil das Ueberangebot der Nachdrängenden ihnen solche un- barmherzige Nachlese gestattet. Am Vorabend der Premiere nahm Fräulein Ward durch Verona ! Abschiede aus dem dunklen Diesseits in ein helleres Jenseits. Der Streich gelang ihr nicht vollkommen, und man rief sie wieder ins Diesseits zurück. Solches bewegende Unglück ist ja heute ein alltäglicher Vorgang. Aber man zittert doch immer wieder bei dem Gedanken, daß täglich einige unserer nächsten Bekannten so stillen Schattenabschied nehmen, verschuldet ohne Schuld, durch Unheil gestraft ohne jede Berechtigung des Schicksals, vom Untergang gestreift, obwohl sie zu dem besten Menschenschlag gehörten. dl. H. „Razzia in Gi.Nauli." Ll.T. Kurfürsiendamm. Hamburg ist in der Welt bekannter als Berlin , und St. Pauli ist bekannter als alle Stadtteile der Reichshauptstadt es sind. In St. Pauli verjubeln Seeleute aller Nationen ihr sauer erschuftetes Geld. Der Film spielt in einer der billigsten Kneipen in St. Pauli . Dort findet man viel Strandgut, und es ist gerade kein wertvolles. Auch die Ball-Else fristet ihr Leben auf St. Pauli . Sie hat viel Abwechslung, viele Männerbekanntschastcn, und doch leidet sie unter der Langenweiie. Und ihr Beschützer? Nun, der spielt in einer wüsten Kneipe Klavier . Im Morgengrauen kommt er todmüde nach Hause, und den Tag über schläft er. Und die Mädels in der Kneipe? Ach. die haben das Leben auch so satt. Sie sind durch- aus nicht mehr anspruchsvoll. Die«ine wünscht sich beispielsweise ein kleines Häuschen mit einem ganz kleinen Garten davor und dann keinen Mann mehr oder höchstens nur noch einen. Zu Else kommt der flüchtende Matrosen-Karl. Sie verbirgt ihn, sie will mit ihm türmen. Doch Matrosen-Karl wird geschnappt, und Else kehrt mit ihrem Schützling zurück in das alte Zimmer. Werner H o ch b a u m schrieb da» Manuskript und führte die
Regie. Endlich ließ die Industrie mal wieder eine echte Film- begabung an die Arbeit kommen. Er sieht Milieu, und er läßt es sprechen. Laut Programm verwandte er echte Ganoven und Mädchen aus St. Pauli . Man glaubt es ihm, auch wenn es nicht der Fall sein sollte. Er ist wahr, er ist wuchtend. Die Hauptdarsteller Gina Falckenberg und Friedrich Gnaß sind ganz groß. Sie sind Darsteller, die sich in ihrem Können noch nicht verausgabt haben. Sie sind frisch und echt. Neben ihnen besteht Wolsgang Z i l z e r in allen Ehren. Es ist viel Musik in diesem Film, und doch stört sie nicht: denn sie illustriert die Handlung und unterbricht sie niemals. Und was das Gute ist, dieser Film webt keinen romantischen Schimmer um die Ganoven. Er schließt mit einem Song der Hafenarbeiter und zeigt, wie das Heer der Hafenarbeiter in gleichem Schritt und Tritt ans mühevolle Tagewerk geht. e. b.
Drei Zahrzehnie Zsitgefchichie. Sendung der Funkstunde. Drei Jahrzehnte Zeitgeschichte, bespiegelt in einem Berliner Haus, wollte das Hörbild„Potsdamer Straße 17a" zeigen. Sieb- zehn Häuser hinter dem Potsdamer Platz lagen 1895 noch Zi- geuner mit ihren Wagen auf einem Stück Freiland, auf dem ein Jahr fpäter sich ein gut bürgerliches Wohnhaus erhebt. Spieß- bürgerliche Familiengesellschaften, Kremserpartien und Riesen- schlangen nachbarlicher Beleidigungsklagen erblicken hier das Licht des Tages. Man hat für Kleinigkeiten viel Zeit. Dann kommt der Krieg. Geheimnisvoll wachsen nächtliche Amüsierbetriebe aus allen Winkeln des Hauses hervor, fliegen auf, fassen aufs neue Wurzel. Krieg, Revolution durchzittern auch das Haus: der Sturm aber bricht erst mit der Inflationszeit darüber herein. Das Ge- bäude wird zur Unwirklichkeit: es lebt nur noch als Spekulations- objekt. Der Pensionsbetrieb, der sich in dem Haus etabliert hat, reflektiert dieses unwirkliche Spiel im kleinen: Menschen tauchen auf und verschwinden. Dann konsolidiert sich die Mark: doch Amerika bleibt als leuchtende Fata morgana über Deutschland stehen. Ein Kaffeehausbetrieb mit allem und noch etwas macht das Haus Potsdamer Straße 17a zeitgemäß zurecht, und schließ- lich, wenn alles versagt, geht man ihm von außen zu Leibe und stockt es auf. Die Idee dieser Sendung war gut; auch ihre Grundzüge. Die Ausarbeitung allerdings bewegte sich in mifrophonfremden Bahnen. Daß dichterische Geschlossenheit fehlte, bedeutet keinen absoluten Mangel/ auch wenn die Verfasser Werner Fink und Egon I a- c o b s o h n nur zeitgeschichtliche Reportage geboten hätten, wäre eine sehr wirksame Wendung denkbar gewesen. Sie hätte nur für bessere und sinnvollere Abwechslung zwischen laut und leise, zwischen Massengeschehen und Einzelschicksalen sorgen müssen. Stattdessen quirlten sie in einem Strudel auf, der eigentlich nur da» Durch- einander deutlich sichtbar werden ließ: die Struktur der einzelnen Bestandteile konnte man höchstens erraten. Wirklich gelungen war nur die Jnflationsszene, in der der Dollarkurs zum Hauptdarsteller wurde.— Ir. „Goethe und das Elsaß ". Die Gedächtnisseier für Goethe wurde in S t r a ß b» r g mit der Eröffnung der Ausstellung „Goethe und das Elsaß " eingeleitet. Die Ausstellung ist im Rohan- schloß untergebracht und enthält Dokumente und Erinnerungen an Goethes Aufenthalt in Straßburg . Am nächsten Sonntag findet in Sesenheim zur Erinnerung an Goethe und Friederike Brion eine große volkstümliche Veranstaltung statt. Staatliche» Schauspielhaus. Paul B i l d t spielt seht wieber in Webe- kinds„L i e b e s t r a n k" den Fritz Schwigerling. teltcr-Feier der Alademie der Künste. Aus Anlaß des 100. Todestages arl Friedrich Zelter deranstaltcl die Preußische Akademie der Künste Tienstagvormittag 12 Uhr eine Eedenkieier, bei der Professor Moser spricht und lümmn von Stetten und Bcrtaud singen. Der„Bund sür radikale Ethik" veranstaltet Dienstag Anhaltstr. 11 einen Vortrag von Professor C a r l F r i e s über„Weltanschauungsfragcn der Zukunft". Beginn um 8 Uhr. Eintritt frei.