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Ber Schleicher angreift, fliegt aus der NSDAP .
Hamburg , 21. Mai. ( Eigenbericht.)
Der Hauptschriftleiter des gauamtlichen Organs der Hamburger Nazis, des„ Hamburger Tageblatt", Dr. Albert Krebs , ist von Adolf Hitler seines Amtes enthoben worden. Gleichzeitig wurde ihm der Ausschluß aus der Hitler - Partei angekündigt. Der bisherige Nazi- Chefredakteur Dr. Krebs gibt dazu eine außer ordentlich aufschlußreiche Erklärung ab. Danach find als Gründe für den Ausschluß u. a. angegeben worden ein Angriff auf den General Schleicher, der im„ Hamburger Tageblatt" erfolgt ist und die„ brüningfreundliche Polifif", die Dr. Krebs im „ Tageblatt" betrieben haben soll. Angriffe auf den General Schleicher reichen also bei der NSDAP . zum Ausschluß aus! Das fennzeichnet nicht nur die NSDAP., sondern auch diesen General. Dr. Krebs schreibt, daß fein Ausschluß gegen den deutschen Geist der Ge. wiffensfreiheit" gerichtet sei. Die NSDAP . dulde teine Menschen, die selbständig zu denken wagen. Sie sei so„ tömisch", wie sie es ihrerseits vom Zentrum behaupte.
Ein weiterer Paffus des Briefes enllarot den Schwindel, den die NSDAP . mit dem Sozialismus treibf. Krebs erklärt, sein Blatt sei das einzige der Nazipreffe gewesen, das noch ohne Rüdficht auf ein taktisches oder finanzielles(!) Anlehnungsbedürfnis an bestimmte Wirtschaftstreise, bemüht war, der sozialistischen Anschauungswelt der NSDAP . Ausdruck und Form zu geben".„ Das wird", schreibt er weiter, in Zukunft ein Ende haben. Man wird höchstens noch von sozialistischer Gerechtigkeit sprechen aber nicht mehr sagen dürfen, was man sich darunter vorstellt. Die NSDAP . hat um des Wohlwollens der ,, Bürogentäle" und reaktionären" Wirtschaftskreise willen, einen ihrer ältesten Mitkämpfer hinausgeworfen. Das richtet nicht mich, sondern die Partei."
Der Mann war nicht gefährlich..
Das Braune Haus nimmt zu der Erklärung des ausgeschlossenen Hamburger Chefredakteurs in sehr bezeichnender Weise Stellung. Es beschimpft ihn, wie es die Kommunisten mit ihren ausgeschlosse= nen Mitgliedern zu tun pflegen, und erklärt dann:„ Die Disziplinarmaßnahme sei eine rein interne Angelegenheit, die weiter keine Folgerungen nach sich ziehe. Krebs seivöllig bedeutungslos und habe teinen Anhang hinter sich."
Der völlig bedeutungslose" Mann war Chefredakteur des Hamburger Organs der NSDAP.! Ob er eine Gesinnung hat oder nicht, ist Nebensache, Hauptsache: er hat keinen Anhang hinter sich. Die Willkür, Gesinnungslosigkeit und Treulosigkeit, die aus diesem Sag hervorgeht, ist tennzeichnend für den Geist der NSDAP .
Bon der Utopie zur Realpolitik. Neue russische Berordnung über den freien Lebensmittelmorft Unsere Feststellungen, daß die Sowjetregierung mit ihren legten Berordnungen über die Agrarwirtschaft auf den Antrieb pridaten Gewinnstrebens zurüdgegriffen hat, hat bes trächtliche Aufregung in der fommunistischen Presse hervorgerufen. Es werden in der deutschen Kommunistenpresse die fühnsten Interpretationsversuche unternommen, um den Kommunisten den wahren Charatter der legten bedeutsamen Berordnungen der Sowjetregierung zu verheimlichen.
Das hat seinen guten Grund! Wenn die deutsche Kommu nistische Partei ihren Anhängern zeigen moute, daß auch die Sowjetregierung von der Macht der trisenhaften wirtschaftlichen Tatsache zum Abgehen von ihrem Kurs gezwungen ist und real politische Maßnahmen ergreifen muß, so würde die starre Bosition der Kommunisten in Deutschland gegenüber einer auf Wirklichkeitsfinn eingestellten Politik zusammenbrechen.
Aber alle Bertuschungs- und Interpretationsversuche gegenüber den letzten Berordnungen der Sowjetregierung stehen auf schmachem Fuße. Soeben hat die Sowjetregierung eine dritte Ber ordnung zur Anregung des bäuerlichen Privathandels und zur Steigerung der bäuerlichen Produktion auf der Grundlage pringten Gewinnstrebens erlassen. Sie geht aus von der Herabfegung der staatlichen 3mangstontingente an Getreide und Bich und der Erlaubnis zum Verkauf der Ueberschüsse am Markt und enthält eine Reihe von Vorschriften, die den Prinathandel mit Lebensmitteln erleichtern sollen. So werden alle Vorschriften über Marktabgaben, Marktsteuern und alle Sonderabgaben aufgehoben. Ebenso die Umsatzsteuer für den bäuerlichen Martthandel mit Lebensmitteln. Was aber wird den am wichtigsten ist: es Bauern gestattet, ihre Produkte zu Preifen zu verkaufen, die fich aus der Martilage ohne Einschränkung durch Richtpreise ergeben.
In dieser Berordnung ist noch stärker herausgearbeitet, mas der Sinn der taktischen Schwenfung der Somjetregierung ist: Abkehr vom Fünfjahresplan, soweit die Agrarwirtschaft in Betracht kommt, Anerkennung des privaten Geminnstrebens. Diese dritte Verord nung ist nicht nur wie die ersten beiden die Legalisierung eines Zustandes, den die Bauern im Kampfe gegen die Somjetgefeße geschaffen haben, sie zielt vielmehr darüber hinaus ganz offen auf eine Ausdehnung des privaten Lebensmittelhandels ab. An die Stelle der Förderung und Ausweitung des gemeinwirtschaftlichen Settors tritt in der Agrarwirtschaft die Begünstigung und die Ausweitung des privaten Seftors.
Was wird in Preußen werden?
Die nationalsozialistische Fraktion lehnt es ab, den bisherigen Preußenfurs mitzumachen. Sie wird vielmehr ihre bewährte Politik auch in der preußischen Schlüffelftellung zur Anwendung bringen.
Die nationalsozialistische Fraktion wird ihren Kampf nicht um Ministerposten und dgl. führen, sie wird aus dem Preußenparlament vielmehr eine Stätte der nationalen Ertüchtigung machen.
Die nationalsozialistische Fraktion wird sich gemäß der Anweisung ihres großen Führers als die Gruppe fühlen, die die Endschlacht zu schlagen haf.
BEB
Die nationalsozialistische Fraktion wird ihre Politik der cistalten Ueberlegungen bei 40 Grad Hirntemperatur folgerichtig weiter zur Anwendung bringen.
Bölferbund und Arbeitsbeschaffung.
Albert Thomas' Bermächtnis vor dem Rat.
des Spaniers Madariaga an, durch den die Entschließung der Are beitskonferenz der Vollversammlung des Bölkerbundes für ihre Septembertagung zugeleitet wird. Ferner wird das Studien fomitee für öffentliche Arbeiten aufgefordert, seine Arbeiten zur
Zum erstenmal fam eine Resolution der internationalen Arbeitstonferenz vor den Bölferbumbsrat....( Es handelt sich in jene Resolution her legten Arbeitstonferenz, in der der Plan internationaler öffentlicher Arbeiten zur Bekämfpung der Arbeitslosigkeit, der im wesentlichen Albert Thomas' Werk war, niebergelegt wurde. Reb. b. 23.".) Der stellvertretende Direktor Butler erläuterte das Zustandekommen dieser Willensäußerung. Die Industrien aller Länder seien außer stande, selbst die Heilmittel für ihre Krise zu finden. Dreißig Regierungs-, sech sundzwanzig Arbeiter und drei(!) Unternehmervertreter hätten daher für diese Resolution einer inter - delsprobleme vorzuschlagen. Diese Konferenz foll den Abschluß nationalen Wirtschaftsorganisierung auf gemeinfamer wirtschaftlicher Grundlage gestimmt.
Dutch öffentliche Arbeiten allein
könne die Krise natürlich nicht behoben werden. Aber wenn ein Schritt notwendig sei, so sei es dieser, dessen ungeheure moralische Wirkung nicht zu verkennen sei. Ohne diesen Schritt sei überhaupt fein Ausweg aus der Not und Verzweiflung der leidenden Völker und der ungeheuren Arbeitslosenheere zu sehen.
Als Ergebnis der Aussprache über das von der Arbeitskonfeinternationale renz geforderte Währungssystem wurde der Sizungsbericht dem Finanztomitee zum weiteren felb ständigen Handeln überwiesen. Darauf nahm der Rat den Bericht
Regierungsfrise in Griechenland .
Ueber den Gehaltsabbau gestürzt.
Athen , 21. Mai. Die griechische Regierung unter dem Vorsitz von Veniselos hat ihren Rücktritt beschlossen.
Unter dem Druck der schweren Finanznot hatte man die Gehälter des Post personals start gekürzt. Die Antwort war Streif. Man versuchte es vergeblich, mit Nothelfern, von denen man das Land schleunigst befreien mußte. Die Drohung mit Entlassung, Einberufung zum Heeresdienst und Racheprozesse vor Kriegsgerichten
Ausarbeitung internationaler Arbeitspläne zu beschleunigen. Dabei stellt der Rat die verschiedenen Organe des Bölkerbundes zur Berfügung der Lausanner Konferenz und zum Schluß entscheidet er, der Vollversammlung die Einberufung einer Welt. fonferenz zur Prüfung der internationalen Produktions- und Han internationaler Abkommen zum Ziele haben, die eine Wiederaufnahme der wirtschaftlichen Tätigkeit sicherstellen sollen. Das Völkerbundssekretariat soll sämtliche Vorbereitungen dazu treffen.
Eine unwürdige Szene schloß diese 67. Ratstagung ab. Die Vertreter Liberias mehrten sich erfolgreich gegen die Zus mutung des Generalsekretärs, telegraphisch die Garantie vom Parlament einzuholen für die 25 000 Franken Unfosten einer Völkerbundss mission zur Befriedung" der Kruneger. Der Rat mußte diese Summe wohl oder übel vorschußweise und wahrscheinlich auf Berluftkonto zur Verfügung stellen.( Eine Umschreibung für die Untersuchungskommission über den tatsächlichen Stlavenhandel, der bort betrieben wird. Red.)
Sinnige Ehrung.
Stadtzerstörung beim Ozeanfliegertreffen.
Italien hat die 102 erfolgreichen Ozeanflieger zu einem inter nationalen Treffen in Rom vom 22. bis 30. Mai eingeladen. 52 haben ihr Kommen zugesagt, die anderen sich mit Berhinderung entschuldigt, darunter Lindbergh. Sir Arthur Witten Brown, der bereits am 14. und 15 Juni 1919 den Atlantic von Terranova nach Clifden( Irland ) überflogen hat, ist in Rom eingetroffen.
Waffen- und Dynamitfunde in Madrid . nerfing nicht, trieb aber immer weitere Beamtengruppen zu objettartig am Liber aufgebaut. Man ficht Fabriken, Lagerhäuser
Transportmittelbetrieb noch im Gange.
Madrid , 21. Mai. ( Eigenbericht.)
In Madrid wurden von der Polizei 200 kilogramm Dynamit, viele Waffen und Munition entdeckt, die von Terroriften aus Andalufien zur Ausführung politischer Affentale verwendet werden sollten. Es erfolgten zahlreiche Berhaftungen. Der Transportmittelstreif in ganz Spanien dauert an. Die Bersorgung mit Lebensmitteln und die Müllabfuhr gefchehen unter polizeilichem Schutz. Die Streifenden verhindern den Autobuslinienverkehr und bedrohen die Privatautos.
Das Kriegsschuldenproblem. Tausend amerikanische Bontiers fordern feine Lösung. Etma 1000 anläßlich der Jahrestagung des Nationalverbandes. der Sparkassen in New York versammelte Bantiers forderten eine fofortige nach den Grundsägen der Billigfeit erfolgende Löfung des Kriegsschulbenproblems. In einer Entschließung, die Hoover jübermittelt wurde, wird die Ernennung einer Kommission vorgefchlagen, die Berhandlungen mit den Schuldnerländern aufnehmen foll. Die Versammlung stimmte zugleich den fürzlichen ähnlichen Borschlägen der Eisenbahnverbände zu.
Solidaritätsbezeugungen, Geldsammlungen für die Boftler und rief schließlich die Gefahr eines allgemeinen Beamten-, Verkehrsund Arbeiterstreifs hervor. Dazu fam der scharfe Rampf der Opposition gegen das neue Pressegeses, das heute abend in der Kammer beraten werden soll. Dieser Zwickmühle hat sich die Regierung entzogen.
Als Ministerpräsident Venizelos in der Kammer den Rüdiritt der Regierung ankündigte, empfahl er, aus der demokrati. schen Opposition eine neue Regierung zu bilden, um Unruhen vorzubeugen, die für den Fall der Uebernahme der Regierung durch die Partei der Monarchisten nach seiner Auffassung ficher entstehen würden.
Venizelos verteidigte unter Berufung auf den deut. ichen Verfassungsartifel 48 die vorgeschlagene Einschrän fung der Preffefreiheit.
Plötzliche Gehaltsfürzung in Polen .
Warschau , 21. Mai. Wenige Stunden nach Empfangnahme einer Beamtendentschrift gegen neue Gehaltsfürzung hat der Ministerrat sie bereits ab 1. Juni festgesetzt, und zwar 9 Broz. für alle Staatsbeamten, 8 Broz. für alle Offiziere und Unteroffiziere- beites jedoch nur für die nicht in Warfa u Lebenden!
Unter den Festlichkeiten zu Ehren der Gäste ist auch die Zer störung einer Stadt durch Luftangriff. Diese Stadt ist filmund Laderampen, an denen Güterzüge halten. Man sieht Wohnviertel und sogar eine alte Burg. Auch Autokolonnen, die der Stadt zuftreben und von oben angegriffen werden sollen, sind da. Sogar ein Dampfer kann zerstört werden, wenn er auch nicht im Basser, sondern im Sande liegt. In wenigen Minuten wird man eine Stadt in Brand geschossen, mit Bomben belegt, mit Giftgajen bestrichen fehen.
New York , 21. Mai. Das Flugichiff Do X iff um 23 Uhr 15 miffeleuropäischer Zeit auf den Azoren gelandet.
Die Gegensätze in der tichechoslowakischen Regierung, besonders zwischen den Agrariern und den Sozialisten, hat der agrarische Ministerpräsident Ubrzal nody verschärft. Gang überraschend erschien er auf der Industriellentagung und erklärte nach der Rede eines Großbankdireitors gegen Blanpirtschaft, daß er sie dankend zur Kenntnis nehme! Nach dem großen nationalen Sotolfest Ende Juli dürften mehrere Minister, auch Ubrzal, auss gewechselt werden.