Nr. 247» 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sonnabend, 28. Mai 1932
Fahrt ins Mittelalter. Konigswusterhausen— Mittenwalde— Rangsdorf.
Von besonderem Reiz sind in der Mark Brandenburg die ob- gelegenen Städtchen mit historischer Vergangenheit. Die Entwicklung ist über sie hinweggebraust, die Eisenbahn ging manchmal gänzlich an ihnen vorüber und viel zu spät versuchte man, durch Nebenbahnen das Verlorene wieder nachzuholen. Unsäglich langsam wuchsen sie, aber immer blieben ihre Einwohner mit der Natur, mit Acker, Wold. Wasser und Wiese in inniger Berührung. Straßenbohnen brauchten hier nicht gebaut zu werden und erst das Auto hat im 20. Jahr- hundert meist nicht einmal sehr erwünschtes Leben in das sonst so verträumt erscheinende Dasein gebracht. Die Vorortbahn bringt uns vom Görlitzer Bahnhof noch Königswu st erHausen, dessen Wahrzeichen die hochragenden Funktürme im Norden der Siedlung sind. Durch die Funkstation, die aus einer Militärfunkstelle hervorgegangen ist, hat Königswuster- Hausen Weltruhm erlangt. Die 14 Funktürme gehören zu den größten der Welt. Die Anlagen dienen dem Europaverkehr. Die zu ihnen gehörende Empfangsstation liegt in Zehlendorf . Im Gegen» satz dazu umspannt der Funkdienst von Nauen mit seiner Empfangs- stelle Beelitz die ganze Welt. Die südlich von Königswusterhausen ausragenden beiden Funktürme tragen eine Antenne, die die Dar- bietungen des Deutschlandsenders ausstrahlt. Ueber Königswuster- Hausen werden auch die Nachrichten der großen Korrespondenzbüros, unter anderem auch des Sozialdemokratischen Pressedienste«, ver- breitet. Die Geschichte de? Ortes selbst geht weit in die Vergangenheit zurück. Ursprünglich stand hier eine wendische Siedlung, die dann von den Deutschen erobert wurde. Sie baute» hier zum Schutze des Notteübergonges die Burg Wustrau. Sie wurde 1781, nachdem sie ihre Besitzer mehrfach gewechselt hatte, in ein Jagdschloß umgebaut, das durch die sogenannten„Tobakskollegien" des„Soldatenkönigs" eine gewisse Berühmtheit erlangt«,.izeute dient der alte, oft er- neuerte Bau vernünftigeren Zwecken: hier ist die Gemeindeverwol- tung Königswusterhausens untergebracht. Die Besichtigung des idyl- lisch von Efeu eingesponnenen Schlosses und des hübschen Parkes ist möglich. Wir gehen nun zurück zum Nottekanal und wandern auf der linken Seite an kleinen Wäldchen, an Wiesen und birkengesäumten Ufern nach M i t t e n w a l d e. Wie ein Kleinod liegt dieses Sädtchen mitten im Kreise Teltow . Sein Wahrzeichen ist der alte Rundturm in der Nähe des Berliner Tores. Diese beiden Kostbarkeiten geben der Stadt ihre besondere Note: sie ist die einzige Stadt des Kreises Teltow , die damit aufwarten kann. Um die Jahrhundertwende wurde der alte Turm gründlich repariert, mit einem Kranz von Zinnen ge- schmückt und mit einer Spitze versehen. Seitdem ragt er wieder wehrhaft wie einst in unruhigen und unsicheren Zeiten empor. Durch dos Tor flutet an schönen Sonntagen der Autoverkehr in die Stadt hinein, vorüber an dem schönen alten Friedhof, den kleinen, ge- drückten Häusern, vorüber an der alten Kirche, in der zu Ausgang des Dreißigjährigen Krieges Paul Gerhard wirkte, und nach wenigen Minuten fahren sie schon am anderen End« der Stadt hin-
aus. Mittenwalde zählt etwa ZOOO Einwohner, die Ackerbau treiben, in den Ziegeleien oder in der Seifenfabrik und anderen kleinen ge- werblichen Betrieben tätig sind. Durch die von Neukölln, Hermann- strotze, ausgehende Mittenwalder Kleinbahn ist der Ort mit Berlin verbunden. Von Mittenwalde kann man noch Hause fahren oder am W e i n- und Heideberg vorüber nach Groß-Machnow wandern. Von hier führt nördlich des Ortes ein einfacher Weg links von der Chaussee ab nach R a n g s d o r f, wo an sommerlichen Tagen ein erfrischendes Bad winkt. Ein hübscher Waldweg führt am Ostufer des Rangsdorfer Sees entlang in die Nähe der Eisenbahn- station Dahlewitz. Wer diesen Weg ersparen will, tritt die Heim- fahrt vom Bahnhos Rangsdors an. Weglängen: Königswusterhausen — Mittenwalde 8 Kilo- meter. Mittenwolde— Rangsdors(Seebad) 10 Kilometer. Rangs dorf — Bahnhof Dahlewitz 4 Kilometer. Gesamtlänge: 18 bzw. 22 Kilometer.
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Neues Opfer der Auiorennen. Todessturz von Morgens auf dem Nürburgring. A d e n a u. 27. ZNai. Auf dem Rürburgring wurde am Freilagnachmitlag bei einer Trainingfahrt der Rennfahrer Joachim von Morgen mit seinem Bugatti. Magen etwa 800 Meter hinter dem Mer- cedesturm bei der Ouiddelbacher höhe über die Kurve hinausgetragen. Der Magen rutschte etwa 20 Meter über die Böschung hinab und überschlug sich dann in Längsrichtung. Die Ma- schine kam schließlich wieder auf ihre vier Röder zu stehen, jedoch wurde beim Ueberschlageu die rechte Seite de« Führersitzes völlig eingedrückt. Don Morgen erlitt hierbei einen Schädelbruch, der sofort seinen Tod zur Folge hatte. Die Maschine ist unbeschä- digt. Die Untersuchung ergab, daß Motor und Bremsen richtig ge- arbeitet haben. Köln . 27. Mai. Am gleichen Tage, an dem der in Berlin beim Avus-Automobil- rennen tödlich verunglückte Rennfahrer Fürst Lobkowicz in seiner Heimat zur letzten Ruhe gebettet wurde, erfolgte der Todes- stürz Heinz Joachim von Morgens. Von Morgen befand sich auf seiner zweiten Trainingsrunde für das ADAC .» Eis el rennen am kommenden Sonntag und hatte für die folgende Runde durch Zeichengabe«inen Reifenwechsel angemeldet. Etwa 2 Kilometer hinter den Tribünen wurde der Wagen in einer leichten Kurve plötzlich au« nicht geklärter Ursache aus der Bahn getragen und raste mit dem Kühler gegen die Schutzböschung. Da» G e» fährt überschlug sich mehrmals. Die herbeieilenden Sani. tätet konnten den Fahrer nur noch tot unter den Trümmer« hervor- ziehen. Von Morgen stand im Alter von 30 Iahren und war erst seit kurzer Zeit verheiratet- In seiner vor wenigen Iahren b«> gonnenen Laufbahn hatte er im In- und Auslände schöne Erfolge zu verzeichnen. Er gewann in den Iahren 1930 und 1931 den Frei- burger Bergrekord auf dem Schauinslond in der Rennwagenklasse sowie das Gaisberg-Rennen jedesmal in neuer Streckenrekordzeit. Im Vorjahre waren ihm weiterhin Erfolg« im Baden-Badener Bergrennen und im Riesengebirgsrennen beschieden, während er auf der Avus hinter Caracciola den zweiten Platz belegte.
Oachstuhlbrand in Charloiienburg. Ln fünf Monaten das dritte Feuer in demselben Haufe. Die Feuerwehr wurde gestern nach der Kaiser» Friedrich-Straße 33 in Charlottenburg alarmiert, wo im Dach stuhl des Hinterhauses Feuer ausgebrochen war Da die Flammen in kurzer Zeit fast den ganzen Dachstuhl erfaßt hatten und für die angrenzenden Dächer Gefahr bestand, muhten vier Löschzüge eingesetzt werden. Trotz starken Wasser- zebens brannte der größte Teil des Dochstuhles herunter. Als Ent- tehungsursache wird Brandstiftung oermutet. Es ist nämlich der dritte Dochstuhlbrand, von dem das Haus Kaiser» Friedrich-Straße 33 seit Jahresbeginn heimgesucht worden ist. Di« Kriminalpolizei hat eine eingehend« Umersuchung eingeleitet.
Das Autounglück der Verkehrsrichter. Oberamtsanwalt Brehm freigesprochen. Zm Prozeß wegen des tödlichen Autounglücks aus einer Ilebungsfahrt der Derkehrsrichler zwischen Rathenow und Raven verkündete Amtsgerichtsrat Mangelsdors folgendes Urteil: ver Angeklagte Oberamtsanrvalt Brehm wird von der Anklage der fahrlässigen Tötung auf kosten der Staatskasse freigesprochen. In der Urteilsbegründung führte der Vorsitzende aus, daß Brehm als nichtroutinierter Fahrer das Hindernis, das den Niveauunterschied zwischen der festen Fahrbahn und dem Sommer- weg bot, nicht habe erkennen und dementsprechend auch nicht dar- auf habe reagieren können. Das Gericht stehe auf dem Standpunkt, daß Brehm als Laien in seinem Verhalten kein fahrtech- nischer Fehler zur Last gelegt werden könnte. Anders wäre dieser Fall zu beurteilen, wenn ein geübter Fahrer am Steuer des Wagens gesessen hätte. Infolgedessen sei der Angeklagte aus s u b- jektiven Gründen freizusprechen gewesen, aber auch aus objektiven Gründen, weil auf Grund der Hauptverhand- lung die SOprozentige Möglichkeit bestehe, daß der neben Brehm
sitzende Fahrmeister Wengler im Augenblick des Schleuder«? des Wagens gebremst und so vielleicht zum Umschlagen des Autos bei- getrogen habe. Diese Tatsache sei geeinget, den Kausalzusammen- hang, soweit eine Schuld Brehm» in Frage kommen könnte, zu unterbrechen und infolgedessen habe auch aus diesen Gründen eine Freisprechung erfolgen müssen. Eegelflüge überall. Lange Zeit glaubte man, daß erfolgreiche Segelflüge nur in hügeligem Gelände infolge der dort besonders günstigen Aufwinde möglich seien. Inzwischen haben aber Segelflüge über Ber- l i n, New V& r k und anderen Städten gezeigt, daß Segel- flüge überall möglich sind, wenn es nur gelingt, das motor- lose Flugzeug in die Luft zu kriegen. Das wird durch Autofchlepp- starts und durch den sogenannten Windenschlepp erreicht. Auf Grund dieser Erfahrungen hat der Deutsche Lustsahrt- Verband einen sogenannten„W ander-Segelflugzirkus" zusammengestellt, der aus einem Spezialschleppkraftwagen, einem weiteren Kraftwagen und zwei Ferntransportanhängern besteht, aus die zwei Segelflugzeuge verpackt sind. Der„Wanderzirkus -" wird nun in Deutschland umherfahren, um in der Ebene den Gedanken des Segelfliegens zu propagieren. Der bekannte Segelflieger Wolf Hirth zeigte vor Vertretern der Berliner Presse aus dem Tempel- hofer Zentralslughafen die Arbeitsweise des„Wanderzirkus". Die dabei ausgeführten Flugzeugstarts erregten allgemeine Bewun- derung. Bekanntlich wirbt auch der„Sturmvogel ", die proletarische Fliegerorganisation, für die Ausbreitung des Segelfluges. Da? neue Werbemittel, das sich sicherlich als sehr zugkräftig erweisen wird, sollte seiner Aufmerksamkeit trotz der Schwere der Zeit nicht entgehen. Interessant ist die Tatsache, daß die hier verwendeten Autos, da sie Arbeitswagen sind, die auch Personal von und zur Arbeitsstelle befördern, steuerfrei sind. Ermäßigte Eintrittspreise für die Sommerschau. Die Ausstellungsleitung Hot mit Gültigkeit ab Sonnabend, den 28. Mai d. I., die Eintrittspreise für Erwachsene von 1 ,5 0 M k. aus 1,00 Mk. und sürIugendliche von 0,75 Mk. a u f 0,50 Mk. herabgesetzt. Die Preise von Organisationskarten, die durch Be< Hörden, Betriebe, Verbände und Bereine an ihre Mitglieder ner- trieben werden, sind ebenfalls ermäßigt worden und werden nun- mehr durch diese Organisationen zum Preise von 0,75 Mk. abgegeben. Soweit Organisationskarten bereits im Besitz van Mitgliedern dieser Stellen sind, wird den Inhabern dieser Karten beim Besuch der Ausstellung ab Sonnabend, den 28. Mai d. I., an einer hierfür be- sonders errichteten Umtausch-Kajse der Differenzbetrag zwischen dem alten und neuen ermäßigten Preis in Höhe von 0,25 Mk. in bar zurückerstattet. Damit hat die Ausstellungsleitung einen an sie vaü vielen Seiten herangetrogenen Wunsch ersüllt. Schupo niedergeschlagen? Einen Roheitsokt verübte gestern nachmittag eine Ratte halb- wuchsiger K o m m u n i st e n, die sich vor den Lorenzwerken in der Ordensmeisterstroß« in Tempelhof umhertrieb. Die Burschen trieben allerlei Unfug und belästigten Passanten. Als ein Schupobeamter mehrer« der Rädelsführer feststellen wollte, wurde er von den Burschen umringt und zu Boden geschlagen. Der lieber- fall spielte sich so schnell ab, daß der Beamte sich nicht zur Wehr setzen konnte. Als das alarmierte Uebersallkommando«intraf, mar von den Tätern keine Spur mehr zu entdecken. Dreifacher Zusammenstoß? Auf der Kreuzung A l t- M o a d i t und WilsnackerStraße stieß gestern abend ein L i e s« r a u t o mit einem Motorrad und einem Pferdegespann zusammen. Der Führer des Motor- rades, ein 21 Jahre alter Karl Reinald aus der Filondastrahe 6 in Steglitz , und sein Sozius, ein 17jähriger Günter Sterner aus der Feld.zeugmeisterstraße 8 in Moabit , erlitten schwere Verletzungen Beide fanden im Moobiter Krankenhaus Aufnahme. Dos Motorr-'d wurde völlig zertrümmert. Billiger Sonnabend im Zoo. Am heutigen letzten Sonnabend im Monat kostet von 2 Uhr nachmittag ab der Eintritt in den Zoolo- gischen Garten für Erwachsene nur 50 Pf., für Kinder unter zehn Jahren nur 25 Pf.: ebenso im Aquarium. Von 4 Uhr nachnnrta-g ab konzertiert der Philharmonische Bläserbund des neuen Sinfonie-Orchefters unter Leitung von Hugo Eduard Rie-
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