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Nr. 251 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Unerträgliche Not der Mieter

So geht es unmöglich weiter

Die am 29. Mai 1932 zur Bundesbeiratssitzung in Berlin   ver­sammelten Vertreter der Landes-, Provinzial- und Bezirksverbände im Reichsbund Deutscher   Mieter e. B.( Sih Berlin) haben eine Protestresolution angenommen, in der auf das schärfsfe gegen die sowohl von der Reichsregierung als auch von den Lan­desregierungen und den Gemeinden unter dem starken politischen Druck des radikalen Hausbesitzes und seiner Freunde seit mehreren Jahren betriebene und gerade in neuester Zeit immer mehr verschärfte un soziale Mieten- und Wohnungspolitif Einspruch erhoben.

In der Entschließung heißt es: Trotz des katastrophalen Um­fanges der Arbeitslosigkeit und der Kurzarbeit und trotz der wieder­

in Alt- und Neubauten für sozial bedrängte Mieter.- 3. Schnellste Ingangsetzung der Neubautätigkeit durch die Bereits stellung öffentlicher Mittel. 4. Sofortige Wiederherstellung eines ausreichenden Mieterschutzes unter Aufhebung aller Lockerungs­

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verordnungen

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Dienstag, 31. Mai 1932

bis zur völligen Beseitigung der Wohnungsnot.

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5. Schaffung eines zeitgemäßen sozialen Miet- und Wohn­rechts als Dauerrecht nach den Forderungen des Reichsbundes Deutscher   Mieter und Wiederaufbau einer Mietgerichtsbarkeit mit Laienbeisizern. 6. Restlose Erfassung der Inflations­geminne des Hausbesizes. 7. Schaffung eines gesez­lichen Zwanges für den Hausbesitz zur Durchführung der notwendigen Reparaturen. 8. Reichsgesetzlichen Ausbau der Wohnungs­aufsicht und Wohnungspflege.

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Die vorgeschlagene Wohnraumsteuer lehnen die Bersammelten erneut mit aller Entschiedenheit ab.

Prügelanstalt Waldhof.

holten ſtarken Senkung der Gehälter und Löhne, der Renten und Fürsorgezőglinge als Opfer von Sadisten/ Sieben, Erzieher' vor Gericht

Unterstützungen unter gleichzeitiger starter Steigerung der Steuer­lasten ist die von der gesamten Mieterschaft seit langem geforderte und endlich angeordnete

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Senfung der Mieten in den ersten Anfängen stedengeblieben. Die am 1. April 1932 eingetretene Senkung der Hauszinssteuer und mehrere Lockerungsmaßnahmen haben gerade für besonders hilfs= bedürftige Mieter teils die Mietsenkung illusorisch gemacht, teils so­gar darüber hinaus eine Mietsteigerung herbeigeführt. Ist die Miet­sentung in den Altbauten schon völlig unzureichend gewesen, so hat sich die Mietsenkung in den Neubauten, trotzdem die Neubaumieten erheblich über den Altbaumieten liegen, infolge der Verknüpfung mit der Zinsjenkung und infolge der Unterlassung wirksamerer Maß nahmen zum Teil gar nicht, zum Teil nur in ganz geringem Um fange ausgewirkt. Die immer noch bestehende

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starte Uebersteigerung der Mieten führt zu immer größeren Mietrückständen und damit trotz Steigens der Wohnungsnot - zu immer häufigeren Ermiffionen und zu Zusammenbrüchen gemeinnütziger Wohnungsunternehmen.

Der durch die Notverordnung der Reichsregierung herbeigeführte völlige Abbau der Hauszinssteuer zugunsten des Hausbesizes und die durch die gleichzeitige Entziehung der Hauszinssteuermittel erfolgte Drosselung des Wohnungs­baues haben nicht nur dem entschuldeten Althausbesiz Riesen­gewinne in noch nie dagewesenem Umfange in den Schoß geworfen, sondern auch das Baugewerbe  - einen wichtigen Bestandteil unserer Wirtschaft- fast völlig stillgelegt; hunderttausende Bauarbeiter haben das Arbeitslosenheer vermehrt, ganz zu schweigen von den Arbeitslosen in der Baustoffindustrie.

Eingeleitet durch die Notverordnungspolitik der Reichsregierung, die sogar die Laienbeisiger in Mietsachen beseitigt hat,

nimmt der Abbau des Mieterschutzes derart absurde Formen an, daß z. B. in Thüringen   bereits Wohnungen mit 15 M. monat­licher Friedensmiete als teure Wohnungen" gelfen und den Mieterschutzbestimmungen nicht mehr unterliegen.

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Die Fürsorgeanstalt Waldhof bei Templin   wird in der Geschichte der Anstaltserziehung der Inneren Mission mit zu den trübsten Kapiteln gehören. Die un­glaublichen Zustände, die hier herrschten, stehen jetzt zur Ver­handlung vor dem Schöffengericht in Prenzlau  . In Waldhof bei Templin   gehörte die Züchtigung der Zög­linge neben der Isolierabteilung zu der hauptsächlichsten Erziehungs­maßnahme. Der Direktor der Anstalt Pastor Grüber ging dabei mit schlechtem Beispiel voran; auch ihm rutschte die Hand beim geringsten Anlaß aus er verdankt wohl nur einem glücklichen Zu­fall, daß nicht auch er auf der Anklagebant sigt; er wußte, daß seine Erzieher prügelten, er duldete es und hat sich zum mindesten moralisch mitschuldig gemacht. Am schlimmsten trieb es aber mit seinem Wissen sein Stellvertreter Franke. Die Erlasse des Wohlfahrtsministeriums, insbesondere der Erlaß von 1929, der die Züchtigung schulentlassener Fürsorgezöglinge verbot, wurden einfach ignoriert. Die Erzieher und die pädagogisch vollkommen unvorgebildeten Landwirte wußten sich nicht anders zu helfen, als durch Mißhandlung der Zöglinge. Daß sich unter diesen auch Schwachsinnige und schwere Psychopathen befanden, auch solche, die von den Eltern unmittelbar in die Anstalt gebracht wurden, störte sie nicht; sie prügelten lustig darauf los. Man kann hier ohne Uebertreibung von Sadismus reden.

Angeklagt sind die Erzieher Willi Frank, Wenda und Knublauch, die Landwirte Stein, Küchenmann und I app und der Wohlfahrtspfleger Terschler, Terschler und Knublauch in der Hauptsache wegen sittlicher Verfehlungen gegenüber den Zöglingen, die übrigen wegen förperlicher Mißhandlung mittels gefährlichen Werkzeugs.

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Dem Stellvertreter des Pfarrers Gruber, Franke, werden zehn Fälle von Mißhandlung zur Last gelegt die ,, unbedeuten­den" Fälle hat die Anklage überhaupt unter den Tisch fallen lassen. Das gilt für sämtliche Angeklagte. Wie machte es aber zum Beispiel der Erzieher" Franke? Dem Für jorgezögling W., der seit neun Jahren in der Anstalt war, versetzte er, bloß weil dieser widersprochen hatte, einen Faustschlag ins Troz steigender Wohnungsnot, verschärft durch die Stillegung der Geficht und marf nach ihm mit einem Schlüsselbund; dem Jungen Neubautätigkeit, wird das Wohnungsmangelgejek immer mehr außer wurde dabei die Ohrmuschel durchbohrt. S. mar aus der Lehre Kraft gesetzt, unbekümmert um das Elend und die Not der Betrof: davongelaufen und hatte ein Fahrrad gestohlen. Franke bedeckte fenen. Die Unterbringung der Wohnungslosen erfolgt in vielen seinen Körper vermittels eines Gummischlauches mit Striemen Gemeinden in durchaus menschenunwürdiger Weise. Wohnstätte und schlug an ihm einen Schemel entzwei. Den förperlich zurück und Arbeitsstätte werden entgegen den Verheißungen des gebliebenen 19jährigen Sch. bearbeitete er mit einem armdicken| Artikels 155 der Reichsverfassung immer mehr der berufsmäßigen Stück Holz. An dem psychopathischen Zögling N. brach er eine Sputulation ausgeliefert. Die Vertreter der Mieterverbände im Latte entzwei. Den Jungen B. stieß er gegen die Tür und ver­Reichsbund Deutscher   Mieter fordern deshalb erneut und dringend| ursachte bei ihm Nasenbluten. Auf S. schlug er mit der Faust ein, von der Reichsregierung, den Landesregierungen und den politischen bis der Junge zu Boden fiel, und bearbeitete ihn dann mit Füßen. Parteien: M., der 50 Mart vertrunken hatte, bekam Frankes Lederriemen auf dem bloßen Hemd in einer Weise zu spüren, daß sein Körper noch lange Zeit blutunterlaufene Striemen zeigte. In gleicher Weise wurde von ihm Schl. in Behandlung genommen.

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1. Sofortige weitere Senkung der Mieten für Wohn­und Geschäftsräume in Aft- und Neubauten bis auf die Höhe der Friedensmieten und Fortführung der Mietsenkung zur Anpassung der Mieten an die bis weit unter den Vorkriegswert verminderten Einkommen der Mieter.

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Das war also Franke. Und die übrigen Angeklagten: Dem 2. Gewährung von Mietzuschüssen 27jährigen Erzieher Wenda werden drei Fälle zur Last gelegt.

Den Zögling F. bearbeitete er mit einem Hackenstiel; als er ihn auch zu Boden werfen und mit Füßen treten wollte. wurde er daran von den anderen Zöglingen gehindert. Den 16jährigen B. schlug er mit einem Emaillekochdeckel auf den Kopf und verlegte ihn am Ohr. Dem 19 Jahre alten W. verabsolgte er Ohrfeigen und warf ihn die Treppe hinunter; der Junge trug eine Knieverlegung davon. Wenda hatte auch schon früher einmal einen Zögling die Treppe hinuntergeworfen. Dem Landwirt Küchenmann wurde der 14jährige R. pazig; der Erzieher" schlug ihn mit seinem Sapzierstock auf das Gesäß, der Junge wollte sich dagegen schützen, indem er die Hand vorhielt; ein Schlag brach ihm den fünften Mittelknochen. Pfingsten 1929 schlug Küchenmann in der Strafabteilung den 18jährigen P. über den bloßen Körper; die blutigen Striemen plagten und ver= ursachten dem Jungen gräßliche Schmerzen.

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Der Angeklagte Japp bearbeitete einem schwachsinnigen Zög­ling, der ihm vorgelogen haben sollte, er habe die Kühe bereits gefüttert, mit einem armdicken fantigen Holz Kopf, Schulter und

Handgelenke. Dann nahm er ihn am Kragen und stieß ihn mit jo großer Wucht gegen die Steinmouer, daß ein Stück ausbrach. Der Junge trug Beulen am Kopf und Schwellungen an den Hand­gelenken davon; es mußte ihm ein Verband angelegt werden, er war mehrere Tage arbeitsunfähig.

Und schließlich der Lehrer Stein. Auch er verursachte einem Zögling Armverlegungen und Quetschungen. Die sittlichen Verfeh­luungen der Wohlfahrtspflegers Teschler und des Erziehers Knublauch an den Jungen vervollkommnen nur das Bild von den in dieser Anstalt der Inneren Mission herrschenden Zuständen.

Pfarrer Grüber ist heute noch im Dienst, er wird vor Gericht größten Teil Zöglinge der Anstalt, aber auch mehrere Persönlich­als Zeuge erscheinen. Außer ihm sind noch 69 Zeugen geladen, zum

feiten vom Landesjugendamt, unter anderem Frau Weyl, Ober­magistratsrat Dr. Knauth und Minna Todenhagen  . Eine Reihe von Sachverständigen wird ihr Gutachten erstatten. Für die Verhandlung sind vier Tage vorgesehen.

Kommunist von Nazis niedergestochen.

Im Osten Berlins   in der Blumenstraße wurde gestern abend ein Kommunist von sechs Haten treuzlern überfallen und niedergestochen. Der Verletzte wurde über die Rettungsstelle ins Krankenhaus gebracht. Vier Täter wurden vom Ueberfallkommando festgenommen und der Politischen   Polizei über­geben. Kurze Zeit darauf entspann sich in der Markusstraße eine blutige Schlägerei zwischen Kommunisten und Nationalsozia­listen, bei der es mehrere Verletzte gab. In diesem Falle wurden drei an der Schlägerei Beteiligte festgenommen.

Sturmflut in Swinemünde  . Ein schweres Unwetter ging über Swinemünde   nieder. Große Strand- und Anlagenstrecken wurden überflutet und zum Teil schwer beschädigt. In vielen Häusern steht Grundwasser.

nanu?

PADDEL?

NEUES

GELD?

SCHWER­ATLETHIK?

KRAGEN­KNOPF?

SIGNAL?

was ist denn das?

FERNSEHER?

MONDRAKETE?

Schon morgen werden Sie mehr darüber erfahren!