Die fommunistische Landtagsfraktion hatte am Dienstagnachmittag die bürgerliche Presse zu einer Besprechung eingeladen, in der Abgeordneter Pied über die Schlägerei im Zandtag und über die Absichten der APD. Auskünfte erteilte. Das Nachrichtenbüro des Bd3. gibt über den Inhalt der Mitteilungen Pieds folgenden Bericht:
Gleichlautend mit der fommunistischen Erflärung, die unmittel bar nach der Schlägerei im Landtag herausgegeben murde, bezeich nete Abgeordneter Bied die Nationalsozialisten als die eigentlichen Urheber des 3usammenstoßes; bei ihnen habe die Absicht des unmittelbaren tätlichen Angriffs vorgelegen. Dabei sei es gleichgültig, ob ein Kommunist oder ein Nationalsozialist den ersten Schlag geführt habe. Seine, Pieds, Be= merfung, daß bei den Nationalsozialisten eine ungeheure Zahl von Mördern fäße, fönne nicht die Veranlassung zu dem Angriff der. Nationalsozialisten auf die kommunistische Frattion gewesen sein, denn die Nationalsozialisten seien sonst nicht so zartfühlend. Zur Beträftigung seiner Ansicht verlas Abgeordneter Bied einige Säge aus einer Nummer des„ Völkischen Beobachters", in denen die Rommunistische Partei als Partei der Meuchel mörder bezeichnet wird. Die kommunistische Frattion habe fein Interesse an Schlägereien im Landtag, sie werde sich aber, wenn sie ange= griffen werde, in 3ufunft besser zu wehren wissen. An einer polizeilichen Untersuchung der Vorgänge am 25. Mai habe sie, wie bereits im Weltestenrat betont worden sei, fein Interesse, da sie weder zur Polizei noch zu den Gerichten Vertrauen habe.
Zur Frage der
Regierungsbildung in Preußen erklärte Abgeordneter Pied, daß die Kommunisten jedes geschäftsordnungsmäßige Mittel anwenden würden, um die Wahl eines nationalsozialistischen Ministerpräsidenten zu verhindern. Bezeichnend für die Haltung des Zentrums sei die Tatsache, daß die Sozialdemokraten, wie sich im Weltestenrat herausgestellt habe, von der Absicht des Zentrums, für Kerri zu stimmen, zunächst nicht unterrichtet gewesen seien. Hinsichtlich etwaiger Anträge auf Auflösung des Landtags betonte Pied, daß die KPD. im Augenblick derartige Anträge ablehnen würde, weil die Nationalsozialisten erst Gelegenheit erhalten müßten, in der Praxis zu erweisen, was an Tatsächlichem hinter ihren Versprechungen stehe. Die KPD. trete für Auflösung des Parlaments dann ein, wenn sie den Zeitpunkt für gekommen erachte.
Die Kommunisten lehnten im Einklang mit der Kommunistischen Internationale den Individualterror ab, also auch die blutigen Zusammenstöße auf den Straßen.
Zu den bevorstehenden praktischen politischen Fragen erklärte er noch, die PD. werde auch den deutschnationalen Antrag ablehnen, wonach die alte Geschäftsordnung in ihrer Fassung vor der Erschwerung der Wahl des Ministerpräsidenten weiter gelten foll. Die KPD. fei immer gegen diese Geschäftsordnung gewesen.
Zwischendurch beschimpfte Pied die sozialdemokratische Fraftion, weil sie nicht zugunsten der Kommunisten mitge: prügelt habe. Ferner erflärte er, daß die KPD. jezt an die christlichen Gewerkschaften herantreten wolle, um eine Einheitsfront gegen den Faschismus zu schaffen!
Die Großdeutschen retten den Heimwehrminifter. Wien , 31 Dhai.( Eigenbericht.) Der Nationalrat lehnte den Weißtrauensantrag der Sozialdemofratie gegen die Regierung Dollfuß ab.
Bunächst gab Bundestangler Dollfus eine Erklärung ab, in der er versuchte, die Angriffe der Sozialdemokratie gegen den Heimwehrminister Jafoncig zu entkräften. Dollfuß behauptete, Jafoncig jei österreichischer Staatsbürger, und das Gerichtsverfahren, auf das angespielt werde, sei eine reine 3ivilsache. Nach dieser Erklärung meldete sich Dr. Bauer( Soz.) sofort zum Wort. Er stellte unter großer Erregung des Hauses fest, daß der Heim= mehrminister in Italien Rechtsanwalt gewesen ist und daher nach dem Kriege unbedingt italienischer Staatsbürger gewesen sein muß. Er behauptete ferner, daß Jafoncig zweifellos miberrechtlich die österreichische Staatsbürgerschaft erworben
habe.
Während Bauers Rede sprangen die Heimwehrfaschisten auf und stürmten auf die Rednertribüne zu, offenbar in der Absicht, Dr. Bauer anzugreifen. Die Sozialdemokraten stürmten ihnen entgegen, und unter tosendem Lärm drohte es zu Tätlichkeiten zu fommen. Die Sigung wurde unterbrochen. Nach ihrer Wiederaufnahme hielt Dr. Bauer seine Behauptungen in vollem Maße aufrecht. Schließlich wurde über den Mißtrauensantrag abgestimmt. Die Groß deutschen, die nicht der Regierung angehören, Derließen den Saal, so daß die Regierung eine knappe Mehrheit erringen konnte. Für das Mißtrauensvotum stimmten nur die Sozialdemokraten.
Der sozialdemokratische Antrag auf Einfegung eines Unter. suchungsausschusses zur Klarstellung der Staatsbürgerschaft des Handelsministers Dr. Jakoncig murde mit 86 Stimmen der Christlichsozialen, des Landbundes, der Großdeutschen und des Heimatblocks gegen 69 Stimmen der Sozialdemokraten ab gelehnt.
Die Rüftungsindustrie arbeitet. Aus Shanghai find alle japanischen Truppen bis auf 100 Mann für die Fremdenstadt abtransportiert, sei es nach Hause oder in die selbständige" Mandschurei , deren lebenslänglicher Präsident Buji übrigens der Sohn jenes Tschun ist, der nach dem Bogeraufstand als Sühnepring" megen der Er mordung des deutschen Gesandten v. Ketteler nach Berlin geschickt murde. China hat dem Bölferbund eine neue Denkschrift über die Mandschurei eingereicht.
Eine britische Regierungsauskunft besagt, daß in den Monaten Februar, März und April den Japanern von britischen Firmen 240 Feldgeschütze und Maschinengemehre und sechs Millionen Maschinengemehrpatronen geliefert worden find, den Chinesen 25 Maschinengewehre, 505 000 Maschinengemehr patronen und 500 000 Gempehrpatronen.
Auf dem Holland Ostasien Dampfer Neerfert" fanden Zollbeamte in Amsterdam unter Tauen verborgen 250 Repplver und 25000 Patronen. Diese Waffen, von denen der Schiffsleitung nichts bekannt war, soll von einem Waffenhändler in Hamburg stammen, moher das Schiff fam. Ein chinesischer Matrose ist verhaftet worden.
7000 neue Abonnenten hat eine Werbeaktion der Wiener ,, Arbeiter- Zeitung " gewonnen. Mit 200 000 Arbeitslosen unter 1,8 Millionen Einwohnern ist Wien genau so von der Krise gedrückt wie Berlin ,
Siedlung.
Landwirtsch
Reichskanzlei
Sitzungssaal
Innenminister
Siedlund Gesetz
2 Millionen Ha
Reichskanzler
Finanzminister
Gin besonderer Anlaß sum Ghurs der Regierung Brüning war ihr plan, den bankrotten Großgrundbesig zu besiedem.
Arbeitsminister
,, Na, jetzt werden wir mal hier ansiedeln!"
Finanzalarm im Kapitol.
Zum erstenmal spricht Hoover im Senat.
Washington , 31. Mai. Während sonst Botschaften des Präsidenten im ParLament von einem Kongresbeamten verlesen werden, hat Hoover heute persönlich sein Notprogramm dem Senat borgetragen, um hierdurch die Bedeutung seiner Vorschläge hervorzuheben und für ihre Annahme zu werben. Er führte aus:
Ich fühle mich verpflichtet, den Senat von der Notlage zu unterrichten, die sich in den letzten Tagen entwickelt hat. Die Abwärtsbewegung im Wirtschaftsleben hat sich besonders in den legten Tage beschleunigt. Neben anderen Gründen hat der ver 3ögerte Haushaltsausgleich im Auslande Zweifel und Befürchtungen hervorgerufen, ob die Vereinigten Staaten ihre Verpflichtungen noch erfüllen können. Die Folge davon sind große Goldabzüge
gewesen.
Hoover verlas fein Programm mit zitternden händen. Während seiner Ausführungen war er anscheinend infolge Ueberarbeitung sehr nervös. Er sprach schlecht hörbar. Nachdem er geschlossen hatte, folgte nur kurzer Beifall. Hoover fuhr sofort nach dem Weißen Haus zurück. Seine Rede machte nur geringen Eindruck. Viel Polizei war vor dem Senatsgebäude aufgeboten, da man mit kommunistischen Rundgebungen rechnete.
Hoover- Steuer schon abgelehnt!
Der Finanz ausschuß des Senats hat die von Hopper vorgeschlagene begrenzte Berkaufssteuer mit 12 gegen 8 Stimmen bereits eine Viertelstunde nach Hoovers Rede abgelehnt.
Die Vollpersammlung hatte vor der Rede Hoovers einen Antrag auf Wiedereinführung der hohen Einkommen steuersäge vom Jahre 1922 angenommen. Danach beträgt für die ersten 4000 Dollar die Einkommensteuer 4 Proz. Die Höchsts einfommen sind bis zu 55 Broz. belastet. Diese EinkommensteuerDie Vereinigten Staaten hoben jedoch genügend Hilfsmittel, un änderung soll jährlich 225 millionen Dollar ergeben. durch die Krise hindurchzukommen.
Der Dollar ist im Auslande entwertet morden.
Hoover verlangte dann vom Senat schnelles Handeln. Gr forderte Bildung eines überparfeilichen Wirtschaftsausschusses zur Ausarbeitung meiterer Sparmaßnahmen unter gerechter Verteilung der Lasten. Mit der allgemeinen Vers faufssteuer( General Salestax) erflärte fich Hoover nicht einperstanden. Er befürwortete hingegen eine begrenzte Bertaufs steuer von 1,75 Broz.
Die Notwendigkeit der Erwerbslosenhilfe, jedoch nur durch die bereits bestehenden Amtsstellen( hauptsächlich durch die Finanzrefonstruktionsgesellschaft) erkannte er an.
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Washington , 31. Mai. Präsident Soober hat Botschafter Mellon an gewiesen, deur britischen Plan, baldigst eine Welt. mirtichaftstpnferenz einzuberufen, der Bedingung zuzustimmen, daß sie sich nicht mit der Kriegsschulden und Reparations frage beschäftigt.
Die Radikalen lehnen ab.
Weitere Koalitionsverhandlungen mit den Sozialisten zwecklos.
Paris , 31. Mai. ( Eigenbericht.)
Der Exekutivausschuß der Radikalen Partei, der dem Landesausschuß der Sozialisti: schen Partei, also einem kleinen Parteikongreß entspricht, hat heute abend fast einstimmig( nur etwa zehn von mehreren hundert Delegierten stimmten dagegen) eine am Nachmittag vom Vorstand ausge arbeitete Antwort auf das sozialistische Programm angenommen, die auf Grund der Beschlüsse des sozialistischen Kongresses und der ihnen von Leon Blum gegebenen Auslegung jede weitere Verhandlung über eine Beteiligung der Sozialisten an der Regierung ausschließt.
Die Antwort spricht sich zwar für eine aufrichtige Zusammenarbeit mit den Sozialisten aus, aber nur für ein den sofortigen Notwendigkeiten Rechnung tragendes Wert, das sich auf die Ausgleichung des Budgets durch alle Formen der Ersparnisse, auf eine den Interessen Frankreichs entsprechende Regelung der Reparationsfrage und auf die Durchführung einer Abrüstung, die nicht die Sicherheit des Landes gefährdet, beschränft.
Was die verschiedenen Punkte des sozialistischen Programms anbetrifft, werden einige für die nächste Zukunft ziemlich fategorisch abgelehnt, meil sie, wie das Verbot des Waffenhandels und die Einführung der Vierzig- Stunden- Woche, nur auf internationalem Gebiete, durchgeführt werden könnten, und andere, wie die Verstaatlichung der Eisenbahnen und der Verfiche rungsgesellschaften, ungeheure Summen erfordern würden, die nur durch neue Steuern aufgebracht werden können.
Bon anderen, wie z. B. der Organisation des Friedens und der Organisation der allgemeinen Schiedsgerichtsbarkeit, wird er flärt, daß die Radikale Partei dazu nicht erst aufgefordert zu werden brauche, weil sie sich bereits durch Taten dafür eingesetzt habe. Eine Rede Herriots.
Paris , 31. Mai. ( Eigenbericht.) Die Kammerfraktion der Radikalen hat den Vorstand mit Herriot an der Spige bis auf weiteres miedergemählt und die endgültige Konstituierung der Fraktion bis nach der Gültigkeitserklä.
rung der Wahlergebnisse und der Kabinettsbildung verschoben. Am Schluß eines Siegeseffens" hielt Herriot eine Rede, in der er die Lebenskraft der Radikalen Partei feierte und hinzufügte:„ In einem mit aller meiner Erfahrung versuchen, die Sache des Friedens äußerst schwierigen Augenblick werde ich mit allen meinen Kräften, und die Sache Frankreichs zu verteidigen. Aber
ich will meine Politik nicht auf dem Elend irgendeines Boltes aufbauen. Man wird von Frankreich feine egoistischen Handlungen in einer Stunde zu befürchten haben, in der in der ganzen Welf so viele Mißverständnisse bestehen. Ich werde auch dem Volk dienen, dem ich angehöre. Wir wollen für das Wohl aller arbeiten. Weil ich mein ganzes Leben lang vom Haß verfolgt worden bin, wird der Haß niemals in meinem Herzen zu finden sein."
Während der Beratung des Vorstandes des Erekutivausschusses überbrachten zwei Sekretärinnen der Sozialistischen Partei einen Brief, in dem das Programm der Sozialisten und die Mitteilung enthalten war, daß eine Delegation zu seiner Ver. fügung stehe, um mit ihm über das Programm zu verhandeln. Es wurde die Antwort erteilt, daß der Parteivorstand von 6 Uhr ab bereit sei, die Delegation zu empfangen.
Abwehr des Faschismus.
In der Tschechoslowakei und in Finnland . Die tschechoslowakische Regierung hat den faschistischen Jugendverband aufgelöst. Zahlreiche Haussuchungen und Berhaftungen wurden vorgenommen, darunter auch die beiden Brüder Gajda, wovon der eine der dienstlich davongejagte, degrádierte und bestrafte ehemalige Generalstabschef ist.
In Finnland ist die vorläufige Auflösung der Lappo Bempegung gerichtlich als rechtsgültig anerkannt worden. In der Berhandlung wurde der Mobilisierungsbefehl vom 24. Februar befanntgegeben, in dem es u. a. hieß:" Die Führung ist der Ansicht, daß Ruhe eintritt und die Entwicklung miederhergestellt wird, wenn die Regierung abdantt und von einer anderen ersegt wird, die das Programm der 2 appo Bemegung durchfett. Alle Männer sollen sich in Landschafts- und Schuhforpsdiftrif ten sammeln, mit voller Ausrüstung, furzen und langen Waffen und vier Tagen Proviant."
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