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Nr. 255 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Die Rätsel um Frau Zichm.

Neue schwere Belastungen im Gubener Giftmordprozeß.

Guben , 1. Juni.

Die Beweisaufnahme im Giftmordprozeß gegen die Frauen Ziehm und Ladewig, die beschuldigt werden, den fleinen Karl­heinz Ziehm ums Leben gebracht zu haben, wurde in den letzten Tagen fortgesetzt. Sie brachte weitere schwere Belastungen der beiden angeklagten Frauen.

Besonders dramatisch gestaltete sich die Vernehmung des Lehrers Ziehm, des Ehemannes der Angeklagten. Wie in der Nacht, als der jüngste Sohn des Zeugen in Kunzendorf ver= brannte, so hatte auch in der Todesnacht des kleinen Karlheinz Frau Ziehm ihren Mann abholen wollen. In beiden Fällen war das für die Kinder bestimmte Zimmer verschlossen gewesen. Als Ziehm selbst einmal schwer frank war, rang ihm seine Frau ein Testa ment ab und versteckte es dann unter ihrer Steppdecke. Der Rek­tor Müller aus Kunzendorf bekundete unter ergriffener Span nung der Hörer, daß der kleine Ziehm einmal nach dem Unterricht unter den Bänken nach Brot gesucht und gierig in eine gefundene Brotschnitte gebissen habe. Lehrer Liebig sagte aus, daß er am Abend nach der Beerdigung des verbrannten Kindes Frau Ziehm durch mehrere Wände hindurch hell habe auflachen hören. Der Gemeindevorsteher erklärte, ganz Kunzendorf sei da mals der Meinung gewesen, es habe Brandstiftung vorgelegen. Eine Nachbarin gibt an, daß der später durch Chlorkali umgefom mene Junge einmal halb erfroren zu ihr kam, weil er trotz bitterster

Kälte nur einen Sweater und dünne Höschen anhatte.

Am Dienstag wurde Lehrer 3iehm über den Tod des ältesten Jungen gehört. Die Eltern schliefen in einem, Frau Ladewig und der Junge im anderen Zimmer. Ziehm sagte: Wir waren noch nicht eingeschlafen, da ertönte ein schriller, gellen. der Schrei aus dem Zimmer des Kindes. Wir stürzten hin. Der Junge lag mit dem Oberkörper über dem Bett der Schwiegermutter, die nicht im Zimmer war. Da ich im Kriege viele Vergiftete ge= sehen habe, sah ich, was los war und rief: Der Junge ist vergiftet Der Körper des Jungen bäumte sich auf, Karlheinz fonnte kein Wort mehr sagen und seine Augen waren gebrochen. Meine Schwiegermutter sagte, der Junge sei wahrscheinlich an einem Herz­fehler gestorben, worauf ich sie anbrüllte, daß Karlheinz niemals herzkrank gewesen sei. Meine Frau verlangte, daß der Junge ein­herzkrank gewesen sei. Meine Frau verlangte, daß der Junge ein­geäschert werden solle.

Am Mittwoch gab es eine sensationelle Wendung. Der Staatsanwalt hatte einen Zeugen namens Kaspar aus Berlin telegraphisch geladen. Er war als Soldat während des Krieges auf ein Jahr zur Abdeckerei des Kaufmanns Winkel in Potsdam tommandiert, über dessen Beziehungen zur späteren Frau Ziehm von uns berichtet wurde. Kaspar ist von der Arbeit häufig mit dem damaligen Fräulein Ladewig, der späteren Frau Ziehm, zu sammen nach Hause gegangen. Später, nach dem Kriege, tam Fräulein Ladewig zu ihm ins Geschäft und sagte: Herr Kaspar, Sie können gut verdienen, wenn Sie etwas für mich vollbringen." Auf die Frage, um was es sich handle, meinte fie:" Sie müssen Frau Winkel eins auswischen und sie zu diesem Zweck nach Pots dam locken. Sie muß allerdings so eins abbekommen, daß sie nicht wieder aufsteht." Er habe daraufhin Fräulein Ladewig aus dem Baden gewiesen. Die Aussage erregte beim Gericht und im Zu hörerraum ungeheures Aufsehen. Frau Krüger, eine Mitbe­wohnerin im Ziehmschen Hause, befundete, daß Frau Ziehm und ihre Mutter in der Todesnacht des Jungen mehrmals miteinander tuschelten. Frau Krüger war es, die in Frankfurt für die Ange­klagte das chlorsaure Kali in einer Drogeie einkaufte und nachher von Frau Ziehm zu einem Meineid angeregt wurde.

Frau Ziehm hat ihre Tattit, alle Aussagen, die gegen sie sprechen, als Lügen zu bezeichnen, nicht geändert. Wiederholt

die U nouo

ermahnte sie der Vorsitzende, von dieser Methode zu lassen und ihr Gewissen zu erleichtern. Frau Ziehm beteuerte immer wieder, daß sie unschuldig sei und niemals einem Menschen das geringste Leid angetan habe.

Die Aussage des Arztes.

vorlag, behielt

Als nächster Zeuge wurde der Arzt des Fürstenberger Kranken­hauses, Dr. Kahlisch, vernommen. In der Bußtagnacht wurde er eine Viertelstunde nach ein Uhr zu Ziehms gerufen. Gegen 2 Uhr traf er dort ein. Er stellte fest, daß das Kind in den letzten Zuckungen lag und keinen Pulsschlag mehr hatte. Seine einstündigen Bemühungen blieben erfolglos. Seinen Verdacht, daß hier eine unnatürliche Todesursache seiner Ankunft, also etwa 1.35 Uhr, ein. Herr Ziehm war ganz ver­er für sich. Der Tod des Jungen trat fünf Minuten nach zweifelt und rief aus: Zwei Kinder in einem Jahre zu verlieren, das ist bitter! Als der Zeuge aus dem Sterbezimmer herausging, begegnete ihm Frau Ladewig. Sie fragte: Was ist los. Der Arzt war natürlich bei dieser Frage vollständig verblüfft und sagte nur: Das Kind ist tot. Daraufhin sah ihn Frau Ladewig mit einem vernichtenden Blick an, drehte sich um und verschwand wortlos in der Küche. Frau Ziehm schrie bei der Nachricht, daß der Junge nicht mehr zu retten sei, furchtbar auf und lief, wie von Furien verfolgt, durch die Wohnung. Der Zeuge benachrichtigte erst die Kriminalpolizei, als am nächsten Morgen Herr Krüger von ihm einen Totenschein haben wollte und dabei die Frage stellte:

3ft Chlorkali eigentlich giftig?

Er erkundigte fich nach den näheren Zusammenhängen und erfuhr von dem Kauf des Chlorkalis. Als besonders merkwürdig empfand er das Verhalten der Frau Ziehm, die nach Beendigung seiner Be mühungen um die Wiederbelebung des Kindes hin und her lief, laut aufschrie und sich die Haare raufte. Auch das Verhalten der Frau nach dem Tode hielt er für wenig würdevoll. Frau Ladewig hat ihm noch am gleichen Abend gesagt, daß sie dem Jungen nach ihrer Rückkehr von den Bekannten, also etwa gegen% 1 Uhr, ein Glas Wasser gegeben habe. Hinterher machte Frau Ladewig wider­geben zu haben. Dann behauptete fie, es sei Kaffee gewesen. sprechende Angaben. Einmal bestritt sie, dem Jungen Wasser ge­Augenblicklich bleibt sie dabei, ihm überhaupt nichts gegeben zu haben. Nach seiner Meinung müsse die Bergiftung mit dem Glas Wasser erfolgt sein, und zwar muß das Wasser mit dem Gift etwa 15 Minuten vor dem Schrei dem Jungen gegeben worden sein. Dies ist das erste wichtige Sachverständigengutachten des Prozesses. Zum Schluß der heutigen Verhandlung machte der Chauffeur mewald, der Dr. Kahlisch zu Ziehms gefahren hatte, noch eine äußerst belastende Aussage. Als er auf den Doktor im Housfiur wartete, tam Frau Ziehm aus dem Sterbezimmer und sagte zu Frau Ladewig: Gott sei Dank, er ist schon tot. Hierauf erwiderte Frau Ladewig: Dazu bin ich nun hierher gekommen. Frau Ziehm: Das wäre ja eine Roheit sondergleichen von mir, wenn ich das gesagt hätte. Ich habe gesagt: Ach Gott , jetzt ist der Junge tot. Troß Ermahnungen des Vorsitzenden, der dem Zeugen vorhielt, daß wir alle nur Menschen seien und uns irren fönnten, blieb der Zeuge bei seiner Aussage, die für Frau Ziehm äußerst belastend ist, und be­fch wor sie.

Eine neuartige Verkehrsregelung wird am heutigen Donners­tag zum erstenmal an der Ede des Kurfürstendamms und der Leibnizstraße durchgeführt, um den plötzlichen Richtungs­wechsel zu vermeiden. Das gelbe Licht soll noch vor Erlöschen des grünen Lichtes eingeschaltet werden. Durch diese Schaltweise soll der jetzt unmittelbar einsehende Richtungswechsel vorbereitet werden.

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Donnerstag, 2. Juni 1932

Ein Zögling fagt aus...

Erschütterndes Martyrium bei der Innern Mission.

Die Prenzlauer Sonderstraffammer ver­handelte gestern in den Prozeß gegen die Prügelpädagogen von Waldhof in der Stadt Templin . Im Mittelpunkt der Berhandlung stand der traurige und erschütternde Bericht eines mißhandelten jungen Menschen.

Zunächst wurden die letzten drei Angeklagten vernommen. Der Wohlfahrtspfleger Teschler und der Erzieher Knublauch unter Ausschluß der Oeffentlichkeit über die ihnen zur Last gelegten fittlichen Verfehlungen an mehreren 3öglingen und der Erzieher Wenda über die Mißhandlungen von Zöglingen in drei Fällen. Dieser Wenda, noch ein ganz junger Mensch, der aus der Jugendbewegung fommt, ist unter den Angeklagten der sympa= thischste, und um so niederschmetternder, daß auch er der Ansicht ist, daß es in einer Anstalt wie Waldhof, die besonders schwierige Jungen betreue, nicht möglich sei, ohne drastische" Maßnahmen auszukommen. Selbst Dhrfeigen genügten da nicht. Den Höhepunkt der gestrigen Verhandlung bildete aber die Aus­schütternd ruhigen Art, ohne die geringste Gehässigkeit, als lägen sage des früheren Zöglings von Waldhof, H. In einer fast er= die Dinge weit zurück, schilderte er sein eigenes Martyrium in dieser Erziehungsanstalt der Innern Mission. Er hatte einen Diebstahl begangen und erhielt zehn Wochen Arrest, dar­unter eine Nacht Dunkelarrest, keine Freistunden, aber Ohr= feigen vom Direktor Grüber. Von Franke wurde er vier Tage hintereinander mit drei Stöcken in einer Weise bearbeitet, daß die Stöcke an ihm zerbrachen. Der Angeklagte Franke steht freide= bleich da. Er sagt zum Zeugen. Du hast gut gelogen. Vielleicht lügen Sie, Herr Franke, wirft Rechtsanwalt Dr. Löwenthal da zwischen. Franke, mit geballten Fäusten: Wiederholen Sie, was Sie gesagt haben. Dr. Löwenthal: Vielleicht lügen Sie. Frankes Verteidiger( zum Gericht): Ich bitte doch, meinen Mandanten in Schutz zu nehmen. Landgerichtsdirektor Achilles: Ich sehe keinen Grund dazu, Ihr Mandant hat den Zeugen der Lüge bezichtigt. Die Worte des Verteidigers waren nur eine Antwort darauf.

Die Stadtamtmännin, Frau Todenhagen, jetzt Leiterin

Direktor

des Kinderschutzheimes in Zehlendorf , bekundet über ihre Erfah­rungen mit der Erziehungsanstalt Waldhof folgendes: Es sind wiederholt Beschwerden eingegangen. Grüber hat dauernd versprochen, Aenderungen zu schaffen. Es geschah aber nichts. Bei den Untersuchungen tam nie etwas heraus. Das Prügeln war vom Landesjugendamt aufs strengste verboten. Frante zudte nur mit den Achseln, Direktor Grüber deckte alles. Auch der Arrest in der Zelle, wie diese beschaffen war, war unstatt­haft, die Belichtung ungenügend, ebenso die Luftzufuhr.

Der frühere Leiter des Landesjugendamts, der Obermagistrats­rat Knauth, und der Pfarrer Grüber sind erst Freitag an der Reihe.

Mit Hitler Heil und Rübensaft.

So sollen die Menschen furiert werden. Mehrere Tage hat die Potsdamer Straffammer gegen den Naturheilkundigen und Schriftsteller Albin Rathaus Werder a. d. Havel verhandelt, dem Betrug zur Last gelegt wird. Der Angeklagte war seinerzeit vom Potsdamer Schöffengericht wegen Betruges zu 4000 M. Geldstrafe verurteilt worden und hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Rath behandelt seine Patienten, die zu tausenden zählen, mit einer sogenannten Fernbehandlung, die darin bestand, daß er den Patienten, ohne sie überhaupt gesehen, geschweige untersucht zu haben, durch Prospekte gymnastische Uebungen und Rote Rüben Kuren verordnete. Diese Methoden wurden auch Krebstranten, Tuberkulösen und Herzkranken verordnet. Die Kosten dieser Behandlung richteten sich nach der Zimmerzahl, die die

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