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BERLIN Freitag 3. Juni

1932

10 Pf.

Der Abend

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49. Jahrgang

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Noch heute: Auflösung!

Das Kabinett der Barone berät...

Seiner Pflicht entsprechend hat der Reichstagspräji. dent 2öbe sich mit der neuen und auf die Verfassung bereideten Regierung in Verbindung gesetzt, um Näheres über die Möglichkeit der Einberufung des Reichstags zu erfahren, die notwendig ist, um die Regierungserklärung entgegenzunehmen.

Die Regierung fonnte zunächst noch keine Auskunft geben und ersuchte den Reichstagspräsidenten, sich einst­weilen bis 12 Uhr mittags zu gedulden, bevor er seine Dispositionen treffe. Um 12 Uhr wurde ihm jedoch er­öffnet, daß das Reichskabinett mit seinen Beratungen noch nicht fertig sei. Die Entscheidung werde erst in den Abendstunden fallen.

Man kann als sicher damit rechnen, daß der Beschluß auf Auflösung des Reichstags gefaßt wird, um seinen nochmaligen Zusammentritt und damit ihre parla­mentarische Niederlage zu verhindern.

Reichstagspräsident Löbe hat nunmehr, ohne weitere Verzögerungen abzuwarten, den Weltestenausschus des Reichstags auf Sonnabendnachmittag 4 Uhr einberufen!

Der Wahltermin.

In einem Berliner Mittagsblatt wird als Wah Itermin für die Neuwahlen bereits der 26. Juni angegeben. Das kann schon deshalb nicht stimmen, weil selbst bei tn appester Innehaltung aller gesetzlichen Fristen als frühester Wahltermin der 17. Juli in Betracht kommen könnte. Sollte etwa mittels einer ,, Notver­ordnung" trotzdem ein früherer Wahltermin festgesetzt werden, so mürde das nur unter offener Berfassungsverlegung geschehen können.

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JCH werde...

Schleicher erklärt, was er wird.

Der neue Reichswehrminister von Schleicher erließ folgende Rundgebung an die Reichswehr :

,, Mit dem heutigen Tage trete ich das Amt des Reichswehr­ministers an, zu dem mich das Vertrauen des Reichspräsidenten , des Oberbefehlshabers der Wehrmacht, berufen hat. Ich werde meine Kraft daransezen, daß die Reichswehr dazu befähigt wird, ihre Berufsaufgabe zu erfüllen, Deutschlands Grenzen zu schützen und seine nationale Sicherheit zu gewährleisten. Ich werde dafür forgen, daß diejenigen geistigen und physischen Kräfte unseres Boltes gestärkt werden, welche die unentbehrliche Grundlage der Landesverteidigung bilden. Ich bin überzeugt, daß im Innern die Tatsache, daß wir eine geschlossene und überparteiliche Wehrmacht befizen, allein genügen wird, um die Autorität des Reiches vor jeder Erschütterung zu bewahren. Ich vertraue darauf, daß jeder Angehörige der Wehrmacht mir dabei helfen wird, das mir an= vertraute Erbe einer großen Vergangenheit zum besten von Volk und Vaterland zu verwalten."

Raas antwortet.

Das Wort des Herrn von Papen.

Der Zentrumsführer Raas hat an den Reichskanzler von Papen eine längere Antwort auf dessen Schreiben ge­geben, der wir folgende Stellen entnehmen:

Wenn Worte einen Sinn und Erklärungen einen Wert haben sollen, mußte ich auf Grund unserer Aussprache am Dienstag­nachmittag mit Sicherheit annehmen, daß Sie das Amt des Reichs­fanzlers aus zwingenden Gründen nicht übernehmen würden.

Bon dieser Auffassung ausgehend, habe ich mich in der Sizung des geschäftsführenden Borstandes für die Loyalität Ihrer Ent schließung verbürgt. Unmittelbar danach traf die Nachricht ein, daß Sie im Gegensatz zu der mir gegebenen Zusage anders entschieden hätten.

Wenn Sie in Ihrem Schreiben als ein Motiv die Notwendigkeit einer ,, Synthese aller wahrhaft nationalen Kräfte" betonen, so umschreiben Sie ein politisches Ziel, an dem die Zen­ trumspartei und ich selbst im Sinne der Verwirklichung des natio­nalen Volksstaates seit Jahren unermüdlich. arbeiten.

Kaas erinnert Papen weiter daran, daß dieser ihm früher aus­drücklich erklärt habe, daß zu einer nationalen Konzentration auch prominente Männer der Linken, selbst der sozial­demokratischen Linfen gehören sollten.

Militärattaché von Papen

Eine amerikanische Bilanz

Als am Mittwochmorgen die Nachricht durch die Blätter ging, daß der Reichspräsident Herrn von Papen zum Nachfolger Brünings ernannt habe, rieb sich der deutsche Zeitungsleser erstaunt die Augen: Was ist denn das? Eigentlich nur in politischen Kreisen Deutschlands war der neue Kanzler bekannt als ehemaliger Militär­attaché in Washington , als rechtsgerichteter Eigenbrötler der Zen trumspartei und als Herr im Hause der Germania ", der die wich tigsten Redaktionsposten mit Männern seines Vertrauens besetzte.

RIGGS NATIONAL BANK

No 16F

neuen Kanzlers während der ersten beiden Kriegsjahre in Was shington möglichst wenig oder gar nichts zu sagen. Die Regie­rungsstellen in der Wilhelmstraße sind zugleich emsig damit be­schäftigt, aus dem Blätterwald der Weltpresse einige wenige Kom­mentare herauszuzupfen, deren Urteil über die Persönlichkeit des neuen Reichskanzlers nicht gerade brüst ablehnend ist. So versucht man, dem deutschen Volk eine Auslandsstimmung vorzutäuschen, die der Wahrheit geradezu ins Gesicht schlägt.

PASHINGTON DC. Aies 26 th 1915 The Riggs National Bank

FORMERLY RIGGS& C

244

Poyled the center of Sans: Kon Two hundred fortyseven $ 24724

15-3

Dollars

Einer der Schecks, den der Militärattaché von Papen ausstellle und die in der amerikanischen Oeffentlichkeit noch immer eine große Rolle spielen.

Für den Mann von der Straße war er ein völlig unbeschriebenes

Blatt.

Anders flang die Nachricht von dem neuen deutschen Kanzler in den Ohren des Auslandes. Herr von Papen fann sich rühmen, während des Krieges

neben dem ehemaligen Kaiser der meiffgenannte und bekannteffe Deutsche in den Bereinigten Staaten gewesen zu sein. Leider ist sein Name zu Deutschlands Unglüd in den Vereinigten Staaten nur in einem Zusammenhang bekannt, der geeignet ist, alle häßlichen Erinnerungen an die unſelige Zeit des Weltkrieges im amerikanischen Volke wieder wachzurufen. Die Rechtspresse bemüht sich, ihren Lesern von der Tätigkeit des

So erscheint der Breffe

Herr von Papen. neue Reichstanzler heute in der englischen Erinnerung an seine Kriegstaten!

Um ihre Verlegenheit über die unerwartet scharfe Sprache der europäischen und amerikanischen Weltpresse zu verbergen, ver­suchen die Blätter der Rechten es mit dem bekannten Dreh. Lieferung von Stimmungsmunition"," Die Linke wirft dem Aus­land die Bälle zu" so kann man bei Hugenberg und der reaktionären schwerindustriellen Presse lesen. Die republikanischen Blätter in Deutschland sind es also, die durch wahrheitsgetreue Berichte über die Aufnahme des neuen Kanzlers in der Welt Stimmungs­munition" für das Ausland liefern. Ganz wilde Männer auf der Rechten versteigen sich sogar zu der Behauptung, daß auf diese Weise Amerika eine feindselige Haltung gegen den neuen Kanzler geradezu aufgezwungen werde."

Sind diese Lügen, die nur noch auf das Stichwort ,, Dolchstoß" warten, auch zu dumm, um uns zu treffen, so bleiben die Methoden der regierungsfreundlichen Presse um nichts verwerflicher. Durch ein System von Lügen und Entstellungen will man dem deutschen Volk so lange ein verzerrtes Weltbild vorgaukeln, bis es wieder ein böses Erwachen gibt. Welchen traurigen Ruhm Herr von Papen in Amerika genießt, zeigt

eine Artikelferie Deutsche Spione" in der weitverbreiteten Zeitschrift Liberty",

die im Frühjahr 1931(!), also vor einem Jahr, erschien. Mit tage­buchartiger Genauigkeit wird in dieser Abhandlung das deutsche Spionage und Sabotagesystem geschildert, das die kaiserliche Regie­rung noch in der Zeit der amerikanischen Neutralität, also in der ersten Hälfte des Weltkrieges, in dem Lande des Sternenbanners aufgezogen hatte. Immer wieder taucht der Name des damaligen Militärattachés, des Hauptmanns von Papen, auf, dem vorgeworfen wird, das Haupt dieser Spionage- und Sabotage­organisation gewesen zu sein.

Im Januar 1915 bereits begannen unerklärliche Explosionen in Munitionsfabriken, die Deutschlands Kriegsgegner mit Waffen und Munition versorgten, die amerikanische Deffentlichkeit zu beunruhigen. Von diesem Zeitpunkt ab verging feine Woche, in der nicht Granatenstapel in die Luft flogen, Munitionsbetriebe in Brand gerieten, Brüden- und Eisenbahnsprengungen sowie Schiffs­explosionen stattfanden.

Der amerikanischen Deffentlichkeit, die damals noch feineswegs durch­weg deutschfeindlich eingestellt war, aber am Kriegsgeschäft verdienen wollte, bemächtigte sich eine ungeheure Erregung. Man beschuldigte ganz offen in amtlichen amerikanischen Kreisen den deutschen Militär.