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BERLIN  Montag 6. Juni 1932

10 Pf.

262 B 131

Der Abend

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Spätausgabe des Vorwärts"

49. Jahrgang

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Noch immer kein Wahltermin!

Das Adelskabinett kann nicht einig werden

Auch heute noch ist die Regierung Papen   nicht zu einem Entschluß über den Wahltermin gekommen. Dafür läßt sie aber erklären, der Termin ,, dürfte" heute abend oder morgen beschlossen und wahrschein lich morgen veröffentlicht werden.

Angeblich sollen die verschiedenartigen Wünsche der Parteien berücksichtigt werden.

Von einer in der Presse behaupteten Besprechung des Reichswehrministers mit der Hitler  - Partei über die Auf­hebung des SA.  - Verbots ist an zuständiger Stelle" nichts bekannt. Es wird dazu bemerkt, daß diese Angelegenheit in die Zuständigkeit des Reichsinnenministers falle, der heute wieder in Berlin   eintreffe.

Die Wahlen in Mecklenburg  

Bürgerliche Mitte zerrieben.- Deutschnationale erleiden schwere Verluste Sozialdemokratie trotz Terror gut behauptet

Schwerin  , 6. Juni.  ( Eigenbericht.)

Die Wahlen zu dem Landtag von Medlenburg­Schwerin zeigen wiederum das gleiche Bild wie die vorauf­gegangenen Wahlen Auch in Mecklenburg- Schwerin ist die Mitte völlig aufgerieben worden. Die Erben sind ausschließlich die Nationalsozialisten. Sie haben zugleich auch den Deutsch­nationalen einen erheblichen Teil ihrer bis­herigen Stimmen genommen.

Berordnung gegen Notverordnungen! Terrors gut behauptet. Gegen sie ging der Sturm aller Parteien,

Die Pläne Gayls.

Wie die Telegraphen- Union zu der vom Reichsinnenminister Freiherrn von Gayl in Königsberg   angefündigten Neuregelung der verschiedenen Bestimmungen zur Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung von unterrichteter Seite erfährt, ist im Reichsinnenministerium bereits der Entwurf einer Notver­ordnung fertiggestellt, der als erstes das Reichskabinett bei seinem Wiederzusammentritt, voraussichtlich am Dienstag, beschäf­tigen wird.

Die neue Notverordnung soll zunächst alle bisherigen politischen Notverordnungen( nicht die wirtschaftlichen) aufheben und nur einige Bestimmungen in neuer Fassung ent­halten. Aufgehoben würde vor allem das S2.- und SS.- Verbot sowie das Uniformverbot. Die Versammlungsfreiheit und die Presse­freiheit würden in weitestem Umfange wiederhergestellt. Bestehen bleiben würden in erster Linie die Bestimmungen über Baffenbesitz und Waffentragen, ferner einige Bestimmungen, die grobe, unrich­tige Angriffe in der Presse und in Bersammlungen verhindern sollen. Auch das Kontrollrecht des Reiches über die Wehrverbände dürfte aufrechterhalten bleiben. Mit der Veröffentlichung der Notverord­nung ist Ende der Woche zu rechnen.

Herausforderung für alle...!

3mbusch gegen das Kabinett der Barone. Effen, 6. Juni.

Der Führer des christlichen Bergarbeiterverbandes und des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Reichstagsabgeordneter Imbusch, sprach am Sonntagnachmittag in Essen   über die letzten politischen Ereignisse im Reich. Imbusch führte u. a. aus: Wenn man einmal von allem anderen absehe, so sei allein die amtliche Erklärung des neuen kabinetts ein Beweis dafür, daß die Arbeiterschaft der neuen Regierung kein Vertrauen schenken könne. Die Arbeiterschaft habe immer schon mit wachsen dem Mißtrauen verfolgt, in wie starkem Maße Brüning und Stegerwald den For­derungen derjenigen nach gegeben hätten, die jetzt Brüning gestürzt hätten, und aus deren Beauftragten das neue Kabinett bestehe. Trotzdem habe die Arbeiterschaft Brüning und Stegerwald unterstüßt, da sie an ihrem ehrlichen Willen zur Herbeiführung einer wirklichen Boltsgemeinschaft nicht gezweifelt habe. Die Regierung von Papen bedeute eine Herausforderung für alle,

Die Sozialdemokratie hat sich trotz des agrarischen von den kommunisten bis zu den Nazis.

Die Arbeiterpartei"

Der Staat

ist keine Wohlfahrts

anstalt

Nat. 5oz.

5

Arbeiterpartei

Hitler: Dieser Parole folge ich gern!"

Dr. Heim mit dem Dreschflegel. Schärffte Kampfansage an Papen- Schleicher. München  , 6. Juni. Auf einer in Endorf   im bayerischen   Chiemgau   in Ober­ bayern   abgehaltenen Jungbauernversammlung am Sonntag richtete

Von den 447 947 Stimmberechtigten wurden bis Sonntag um Mitternacht 359 453 gültige Stimmen gezählt. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von etwa 80 Proz. 3m einzelnen entfallen auf die Parteien folgende Stimmziffern, die wir mit den Ergebnissen der Reichstagswahl vom 14. September 1930 vergleichen:

Mandate

·

.

108 358( 124 922) 26 962( 27 644)

18( 20)

4( 3)

177 029( 72 033)

30( 4)

7 895( 8 096)

1( 2)

32 875( 39 874)

5( 11)

Sozialdemokraten. Kommunisten Nationalsozialisten. Arbeitsgemeinschaft der Mitte( Staatsp.) Deutschnationale Arbeitsgemeinsch. natio­

naler Mecklenburger ( Volksp., Wirtschafts­

partei, Christl.- soziale, Landvolk)

Soz. Arbeiterpartei.

7 482( 49 412) 952(-)

1( 12) (-)

Wenn man die gestern erzielten Stimmenzahlen mit denen der Reichspräsidentenwahl vergleicht, so stellt sich die Kafa­strophe der Deutschnationalen   noch deutlicher heraus. Damals wurden im ersten Wahlgang für den Hugenberg- Kandidaten Du e si e t- berg in   Mecklenburg 48 493 Stimmen gezählt. Am Sonntag er­hielten die Deutschnationalen nur 32 683 Stimmen. Sie haben also seit März nicht weniger als ein Drittel ihres Bestandes eingebüßt. Das genügt den Hugenberg- Blättern jedoch, um von einer ,, absoluten nationalen Mehrheit" zu schwätzen. Diese nationale Mehrheit" bestand auch bisher schon. Sie hat sich nur innerlich gewandelt insofern, als die Schrittmacher der Hitlerei ausgeschifft wurden und   Hitler für sich die Mehrheit in der Mehrheit erlangte.

Die Nazis hatten beim ersten Wahlgang um die Reichspräsi­dentenschaft 139 000 Stimmen erzielt. Diese Zahl erhöhte sich bei dem zweiten Wahlgang auf 178 000, das heißt, es waren von den deutschnationalen Stahlhelmwählern rund 40 000 ins Hakenkreuzlager hinübergewechselt. Nachdem dieje erst einmal von der Hillerspeise getoftet, sind sie bei den Landtagswahlen gleich am selben Tische geblieben.

Bemerkenswert ist aber auch noch das Stimmenverhältnis der kommunisten. Diese brachten beim ersten Gang der Reichs­präsidentenwahl noch 33 100 Stimmen auf. Bei der Landtagswahl famen die kommuniffen nur auf 26 850 Stimmen. Das heißt, sie büßten mehr als 5000 Stimmen seit März dieses Jahres ein!

Es ist den Nazis aber dank der Zersplitterung der Arbeiter­ffimmen durch die an sich belanglose   Rosenfeld- Partei ge­lungen, das 30. Mandat und damit die absolute Mehrheit zu erhalten.

der Regierung nichts zu erwarten haben. Nun sage man, es solle zum Reichstag neu gewählt werden. Wir wählten uns aber all­mählich zu Tode und

jede neue Wahl bringe immer größere Minderwertigkeiten ins Parlament.

Bezüglich der kommenden   Berliner Politik gegenüber der

die diese Volksgemeinschaft wünschten, besonders für die christ. Dr. Heim die schärfsten Angriffe gegen die Reichs Landwirtschaft müsse man die Augen offen halten. Denn es liche Arbeiterschaft, die an diesem Ideal stets festhalte regierung. Er erklärte, unser heutiges Leben sei ziemlich gleich sei dort ein Geist eingezogen, bei dem die Landwirtschaft erst mit

und viele Opfer dafür gebracht habe. Das   Papen- Kabinett nenne sich eine Regierung der ,, nationalen Konzentration", aber es ftoße die breitesten national denken und handelnden Volksschichten brüst vor den Kopf. Die in der Regierungserklärung zum Ausdruck lom­mende Meinung, als ob Staat und Wirtschaft in allen ihren Hand­fungen und in ihrer Entwicklung seit dem Kriege maßgebend von gemerffchaftlicher und marristischer Seite beeinflußt worden seien, stehe mit der Wirklichkeit in schroffem Wider= spruch. In den bevorstehenden Wahlen müsse die christliche und gesamte deutsche Arbeiterschaft mit aller Energie fämpfen, um die Anschlage der arbeiterfeindlichen Kreise abzumehren.

bedeutend mit dem Untergang eines Reiches und eines Volkes. von Papen sei zur Führung einer Regierung nicht ge= eignet. Der eigentliche Mann der neuen Regierung heiße Schleicher. Un sich sei es ein großes Beginnen, daß die Leute vor die Front gemußt hätten, die bisher unter der Dede ge­arbeitet hätten. In   Bayern verbitte man sich, daß der Justiz­minister Gürtner als Vertreter   Bayerns angesprochen werde. Es sei

noch nicht vergessen, was sich in der bayerischen Rechtspflege

alles ereignet habe, folange Gürfner ihr Hüfer gemefen fei. In der neuen Regierung seien Beute, die nach einer noch weiteren Zentralifienung riefen. Es sei unzmeifelhaft, daß die Länder von

dem Großgrundbesig anfange.

Die bayerische Regierung müsse hier gegebenenfalls ein ent­schiedenes Mein" aussprechen. Jeht müsse der Föderalismus feinen Wechselpreis präsentieren und die Länder müßten wieder zurück­erobern, was man ihnen genommen habe. Er könne sich auch ganz gut denken, daß die Länder unbeschadet der Interessen des Reiches auch ihre selbständige Staatsform wählten. Die Frage der Mon= archie fomme immer näher. Dr. Heim schloß, er glaube nicht an eine Inflation. Eine solche müsse um jeden Preis verhindert werden, selbst wenn die Länder sie selbständig verhindern müßten. Dazu bestehe eine gewisse Möglichkeit, vor der er im äußerften Notfall nicht zurückschreden würde.