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die amtliche Publikation erklärt, daß bei den bestehenden� Genossenschaften die genossenschaftliche Thätigkeit sich vielfach auf die Erhebung der Beiträge und Um- lagen beschränkt, so daß die Mitglieder zwar die ihnen auferlegten Lasten fühlen, ohne jedoch der Vortheile der Genossenschaft theilhaftig zu werden. Man muß dem nur hinzufügen, daß die Lasten der Genossenschaften allem Anscheine nach auf die Lehrlinge und Gehilfen noch schwerer drücken. Eine Last für alle Be- theiligten, das ist die sozialpolitische Charakterisirung der gewerblichen Genossenschaften, wie sie die Gewerbenovelle des Jahres 1883 geschaffen hat. Unserer Meinung nach lehren auch die Erfahrungen der österreichischen Genossenschaften, daß die Handwerker wohl die Fähigkeit haben, durch unausgesetzte Agitation die Regie- rung zu zwingen, ihr zu willen zu sein, daß ihnen aber jede organisatorische Fähigkeit fehlt, den Rahmen, der ihnen geschaffen wird, auch auszufüllen, das Gesetz auszunützen, ihre Ideale zu verwirklichen. In Oesterreich   ist das Handwerk noch lange nicht so durch die Konkurrenz der Großindustrie eingeengt wie im Deutschen Reiche; wenn nun die österreichischen Handwerker mit ihrer Jnnuugsgesetzgebung so völligen Schiffbruch er- litten haben, ist für Deutschland   nichts anderes zu er- warten. DaS Experiment wird gemacht werden. Es wird den Nutzen haben, daß die Handwerker aus ihren phantastischen Träumen erwachen. Die VvvNnev GettrvvKlVhÄfken und die Uohndettregungen Während der ersten Hälfte des Jahres 1896. Der halbjährige Rechenschaftsbericht der Berliner   Gewerk- schafiskommisston hat soeben als eine stattliche Broschüre von KS Seiten die Presse verlassen. I» der Gewerkschastskommission sind zur Zeit 69 Gewerkschaften mit 95 Delegirte» vertreten, sie findet also unter den Betheiligten mehr und mehr Anklang. Dieser Fortschritt zeigt sich auch im Besuch der Delegirten. Ber- sammlungen. Solcher wurden siebe» abgehalten, und jede der- selben war durchschnittlich von 83 Delegirte» besucht, während man in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahres eS nur auf 78 Anwesende hatte bringen können. Einzelne Delegirte freilich scheinen es mit ihrer Pflicht noch immer nicht ernst nehmen zu wollen. So schwänzte der Delegirte der Posamentirer viermal, die Delegirten der Schlächter und Dekateure fehlten fünfmal, und der Vertrauensträger der Schirm- macher ließ sich gar nur in einer Verfainmlung sehen. Es iväre nicht unebe», wenn die in Frage kommenden Geiverkschafte» hier nach dem Rechten sehen wollten. Bei den Schlächtern wird allerdings nichts zu machen sein. Die Geldgebahrung der Kommission hat sich bedeutend umfang- reicher gestaltet als im vorvorigen Halbjahre. Während in der Zeit vom 1. Juli 1395 bis zum 12. Januar 1896 nur 17 571,13 M. einliefen, betrugen die Einnahmen dieses Jahr, vom 12. Januar bis zum 20. Juli. 127 998,89 M. Dabei ist zu beachten, daß über die Bewegung der Maurer. Zimmerer, Putzer und Stuckateure noch nicht abgerechnet werden konnte; mit der für diese Berufe eingegangenen Summe beträgt der Umsatz der Gewerkschaftskomniission über eine halbe Million Mark. Hier zeigen sich deutlich die Wirkungen des Beschluffes vom 21. Februar: Daß vom 1. März an bei allen in Zukunft sich entwickelnde» Streiks die von den Gewerkschaften aufgebrachten Gelder nur durch die Gewerkschaftskonimisston den ausständigen Gewerk- schaften übermittelt werden." Bon den Einnahmen wurden 124 601,28 Mark als Streikunterstützungen und Darlehen an Streikende ge- gebe». Der größte Theil dieser Gelder blieb in Berlin  . Der Streik der Konfektionsarbeiter erforderte 73 320,37 M., den ausständigen Musikinstrumenten- Arbeitern flössen 16 384 M. zu, den Hutmachern 6670,01 M. An die Textilarbeiter in Kottbus  gingen 24 027,50 M., einige hundert Mark an die Weber Langenbielau's, die Stuhlarbeiter Lauterbergs und die Metall- arbeiter Bielefelds. Als opferfreudig erwiesen sich besonders die Gewerkschaften der Putzer, Zimmerer, Maurer  , Möbelpolirer und Buchdrucker. Für die Konfektionsarbeiter gingen von aus- wärt? ein 1793,35 M. von Gewerkschaften und 508,40 M. durch Sammlungen der Parteipresse. Die Frequenz des Gewerkschasts-BureauS hat sich im ab- gelaufenen Halbjahr beständig gesteigert. Organisirte und nicht- organisirte Arbeiter holen sich Rath und Auskunft über die ver- schiedeusten Angelegenheiten, auch Unternehmer haben in III Fällen die Dienste deS Bureaus in Anspruch genommen. Die Zahl der hinausgegebenen Sendungen betrug 2522. Ueberdievon den Berliner   Gewerkschaften veranstaltete Maifeier spricht sich der Bericht sehr anerkennend aus. Die Zahl der Feiernden hat abermals eine Zunahme erfahre». Im Jahre 1894 hatten sich a» den TageS-Versammlungen 12 000 Personen betheiligt/ 1395 schon 19 500, diesmal aber sind 32 411 theilnehmende Personen gezählt worden. Rechnet man davon die Zahl der Streikenden ab, so bleiben immer noch rund 27 000 Feiernde übrig. Von den Metallarbeiter» haben sich dieses Jahr dreimal mehr an der Maifeier betheiligt als sonst. Vev S7. Ankhvopologen-Wiongvetz hat am Montag in Speyer   seine Sitzungen eröffnet. Aus den Verhandlungen thcilen wir einiges allgemein Jntcressirende mit. Proffessor V i r ch o w führte aus, was in der Pfalz  , namentlich mit Rücksicht auf die Streitfragen des Augenblicks vorwiegend interessirt, das seien die sogenannten Reihe ngräber, die neuerdings mit einer gewissen Beflissenheit alsgermanisch" angesprochen werden. Demgegenüber müsse betont werden, daß es bis jetzt noch nicht gelungen sei, zu sagen, was man denn eigentlich unter einem germanische» Schädel zu ver- stehen hat. Ebensowenig wie man im stände sei, einen Inden- schädel als solchen zu charakterisiren, vermöge man einen Typus für den Germanenschädel aufzustellen. Wenn zwar die Schädel der Reihengräber im Westen und Südweste» Deutsch- lands eine gewiffe Gleichartigkeit zeigen, so niüsse einmal berücksichtigt werden, daß diese Gräber erst der nachrömischen Zeit entstammen, zweitens aber, daß beispielsweise im südlichen Ungarn   Reihengräber mit ganz ähnlichen Schädeln vorkommen. Es bestehen aber keinerlei Anzeichen dafür, daß in Süd- Ungarn jemals eine germanische Bevölkerung gesessen hat.") Der bloße Langschädel könne nichts entscheiden. Redner erinnert daran, daß er selber früher auf der Suche»ach dem Germanenschädel das Opfer eines Jrrthums geworden ist. Er hatte geglaubt, den typischen Germanenschädel in der Mark Brandenburg gefunden zu haben, mußte sich aber schließlich überzeugen, daß, wie die Beigaben der betreffenden Gräber darthaten, diese Schädel Slaven  angehört hatten. Ganz demselben Jrrthum verfiel damals Lissauer hinsichtlich der Schädelfunde im Weichselgebiet, und schon um *) Da scheint der berühmte Gelehrte in einen Jrrthum ge- rathen zu sein. Durch die ungarische Tiefebene wogten zur Zeit der Völkerwanderung zahlreiche deutsche Volksstämme, die dem Golhenbunde angehörten. Die G e p i d e n werden ausdrücklich als Bewohner Ungarns   genannt. Für eine frühere Zeit ist dort die Ansässigkeit der B a st a r n e r als möglich anzunehmen, was ja indirekt durch die weiterhin angeführten Darlegungen des Prof. Furtwäugler bestätigt wird. Red. d.Vorwärts". In de« erstell Hälfte des Jahre? 1896 schlug in Berlin   dies Lohnbewegung Wellen wie nie mehr seit 1871 und 1872. Für manche Gewerbe kam mij dem Frühjahr eine günstige Konjunktur, bei andern wie z. B. bei der Konfektion, waren die Löhne auf ein Niveau herabgesunken, daß mit ihnen nicht mehr zu leben und zu sterbe» war. Infolge der Bockbeinigkeit der Unternehmer spitzte sich die Bewegung in den meisten Fällen auf einen Streik zu. Nur den Modelleuren und Gipsbildhauern gelang es, ihre Forderungen auf gütlichem Wege zu erreichen. Tie Streiks waren theils Abwehrftreiks und solche, die in Ans- sperrungen übergingen, wie bei den Formern, Musikinstrumenten- Arbeitern und Hutmacheru, theils Angriffsitreiks. Am umfang- reichsten gestaltete sich der Ausstand der Konfektionsarbeiter, an dem sich 23 805 Personen betheiligten. Von den Tischlern traten 10 500 in die Bewegung, von den Maurern legten 3000, von den Zimmerern 2000, von den Putzern 1700, von den Malern 1144 die Arbeit nieder, von den Mnsikinstrumenten-Arbeitern waren 3000 und von den Hutmacbern 2000 ausgesperrt. Die Grundforderung fast bei allen Gewerben bildete die neun- stündige Arbeitszeit, bei vielen bandelte es sich um eine geringe Erhöhung des Stundenlohnes, Festsetzung eines Wochen-Minimal- lohnes, bessere Bezahlung der Ueberstunden, menschlichere Be- Handlung, einigemal wurde auch die Freigabe des 1. Mai ver- langt. Der Slusstand der Konfektionsarbeiter wurde durch einen Vergleich beigelegt, doch wurden die Abmachungen schon nach kurzem von den Unternehmern gebrochen. Verloren gingen die Streiks der Hutmacher und Musikinstrumenten-Arbeiter. Die ersteren hatten ihre Mittel in einem Unternehmen festgelegt, und auch die zweiten konnten die Ausständigen mit ungenügend unterstützen. Ganz oder zum theil setzten ihre Forderungen durch: die Putzer, Maurer  , Zimmerer, die Maler, Anstreicher und Lackirer, die Tabakarbeiter, die Schristhauer, die Tischler, die Möbelpolirer, die Parquetboden- leger, die Mechaniker, Holzbildhauer und Schraubendreher. Etwas erreicht haben die Klempner, die in den Holzbearbeitnngs- Fabriken und auf Holzplätzen beschäftigten Arbeiter, die Stell- macher und ein Tbeil der Dachdecker. Der Streik der Zimmerer kostele 16 914,88 M. Das ganze Geld mit Ausnahme von 135 M. wurde von den Zimmerern Berlins   allein aufgebracht. Am stärksten aber flössen die Einnahmen bei den Putzern. Ihr Streik dauerte vom 16. März bis zum 20. April und kostet« 5076,42 M. Die Einnahme» betrugen 10 596,15 M.. der Ueberschuß blieb in den Händen der Gewerkschaft. Die Gewerkschaft der Tischler führte ihren Streik aus eigenen Mitteln glücklich zu Ende; von der Gewerkschafts-Kommission wurden ihr nur 250 M. überwiesen. Einen schönen Beweis von dem Werths einer guten Orga- nisatio» hat der Streik der Parquetbodenleger ergeben. Als der Ausstand begann, gehörten 80 pCt. der Arbeiter ihrer Organisation, dem deutsche» Holzarbciter-Verbande, an, 95 pCt. betheiligten sich n» der Bewegung. Als vier Wochen»m waren, hatte man die Unternehmer so mürbe gemacht, daß sie die gesamniten Forderungen glatt bewilligten. Auch die seit dem 2. Mai ausgesperrten Former hätten sich wohl nie so lange hallen können, wen» von den Berliner   Formern nicht 95 Prozent orgauisirt wären. Wie dagegen ein Streik nicht in Szene gesetzt werde» darf, das haben die Textilarbeiter der Berliner   Jute- spinnerei und Weberei in Stralan gezeigt, die beim Ausbruch des Ausstandes vollständig unorganisirt waren und weder Geldmittel noch eine Leitung besaßen. Der Bericht der Berliner   Gewerkschafiskommission liefert den Beweis, daß es mit dem Geschrei der Stummpresse über die vielen in diesem Jahre gescheiterten Streiks nicht weit her ist. Für den nächstjährigen Bericht schlagen wir eine etwas übersichtlichere Anordnung vor. als sie der vorliegende aufweist. DoliUpche Uebevfirlzk. Berlin  , 6. August. Sozialdemokratische Sinekuren. Unter dieser Ueber- schrift macht der Bimarck'sche Moniteur und Schimpf- Abladeplatz seinem Zorn und Aerger darüber Luft, daß die Arbeiter die Aemter, welche die Bismarck  'schen Sozial- reform-Einrichtungen geschaffen, nicht den Bismarck  'schen Kreaturen überlassen, sondern den eigenen Vertrauens- männern übertragen werden. So lange solche Aemter angütgesinnte" übertragen waren, hießen sie eben- sowenig Senekuren, wie die sonstigen fettgespickten Ehrenämter der Bourgeoisie oder der Plötze und Plötzgenoffe».{Alle die tausendSinekuren", die mit un- endlicher ArUm verknüpft sind, erreichen zusammen nicht einmal einen Theil der Summe der Dotation, die sich Bismarck  , im Gegensatz zu den süddeutschen Ministern, welche eine solche ablehnten, im Jahre 1871 bewilligen ließ. Ter Zar. Unserer gestrigen Mittheilung glaubt das Berliner Tageblatt" mit der Behauptung entgegentreten zu können, daß Prof. Mendel nicht zu dem Zaren, sondern zu einem russischen Fürsten   berufen worden sei. Dagegen ergiebt folgende Notiz derDeutschen Warte" eine Be- stätigung unserer Nachricht: Mit der Gesundheit deS Zaren Nikolaus H. steht es nach in hiesigen Hofkreisen eingegangenen Nach- deswillen wird die Suche nach dem germanischen Schädeltypus ziemlich aussichtslos sein, weil in der vorslavischen, der so- genannten altgermanischen Zeit Deutschlands   die Tobten nicht bestattet, sondern verbrannt wurden. Die verbrannten Knochen sind zudem, weil sie in Urnen untergebracht werden mußten, noch in kleine Stücke zerschlagen worden, so daß leider gar nichts mehr aus ihnen zu ersehen ist. Noch niemals gelang es beispielsweise aus Bruchstücken von Leichenbrand wieder einen Schädel zusammenzusetzen. So bleibt es ein Wagestück, von germanischen Schädeln z» sprechen, und es wiederholt sich bei der ganzen Angelegenheit der alte logische Grund- sehler, daß man in dem Bestreben, eine möglichst lauge Abnenreihe aufzubauen. die Vorstellungen der geschichtlichen Zeit auf die vorgeschichtliche übertrage. Da gelte es denn, kaltes Blut zu behalten, um nicht von dem wissenschaftlich ge- sicherte» Boden a»f das Gebiet abenteuerlicher Spekulationen zu gerathen und niit Begriffen zu wirthschaften, denen die sachliche Unterlage fehle. Virchow kam dann auf den Dubois'schen Pithecanthropus zu sprechen. Der Brüsseler Anthropolog Houssaye habe dieses viel erörterte Wesen für einen Mensche», für den wahrhaftigen Urmenschen, homo primigenius, erklärt und ans seiner Verwandtschaft mit den Schädeln von Spy den Schluß gezogen, daß der Urmensch auch Belgien   bewohnt habe. Er, Redner, habe i» der Berliner anthropologischen Gesellschaft nachgewiesen, daß ein geometrisch entsprechend vergrößerter Gibbonschädel sich mit dem Schädel des Pithecanthropus voll- ständig decke, und da er keine Schwierigkeit darin sehe, anzu- nehmen, es habe am Ausgange der Tertiärzeit oder zu Beginn der Diluvialzeit einen riesigen Gibbon gegeben, so stehe der An- schauung, daß der Pithecanthropus nichts weiter gewesen ist, als ein Affe, nichts im Wege. Er wolle ja nie- mand nöthigen, sich dieser Anschauung ohne weiteres an- zuschließen; sie möge eben nur, wie die von Houssaye oder die Dubois'sche, daß der Pithecanthropus eben ein Mittelding zwischen Mensch und Affe sei, zur Diskussion stehen; aber jedenfalls sei diese heißumstrittene Angelegenheit heute nur noch Gegenstand für die logische Untersuchung, nicht mehr für die materielle naturwissenschaftliche Forschung. Am 2. Verhandlungslage besprach der Alterthumsforscher richten doch nicht sonderlich gut. Die GemüthZerregungen der letzten Wochen, besonders in Moskau   und in bezug auf die Greuel- thaten und Unruhen in Armenien   und Kreta  , haben auf das seelische und körperliche Befinden des jungen Zaren einen nach- theiligen Einfluß ausgeübt, so daß der bekannte Berliner  Nerven- und Irrenarzt Professor Mendel, dessen Abreise nach Petersburg   wir schon vor einige» Tagen meldeten, zur Kon- sulation berufen wurde. Professor Mendel weilt noch in St. Petersburg   und dürften von seiner Diagnose und Rath- ertheilung die endgiltigen Reisedispositionen des Zarenpaares abhängen." Lothaire ist freigesprochen. So meldet kurz und bündig eine Depesche aus Brüssel  . Vorbereitet wurde man auf diese Nachricht bereits durch die voraufgegangenen Depeschen, deren letzte sagte: In der heutigen Forlsetzung der Verhandlung gegen Lothaire sprach der V e r t h e i d i g e r, der frühere M i n i st e r G r a» x. Derselbe beschäftigte sich fast ausschließlich mit Stokes, welchen er als einen Schurken schilderte, der mit Pulver und Kriegsmunition handelte und diese Gegenstände an die Araber verkaufte." Ob der Händler Stokes daS gethan, können wir nicht beurtheilen. Aber selbst wenn er es gethan, war das immer noch keine Entschuldigung für den Hauptmann Lothaire, ihn ohne Urtheil und Recht aufzuhängen. Wir kommen auf diesen erstaunlichen Prozeß, der abermals ein treffliches Bild von europäischer Zivilisation in Afrika   liefert, zurück, wenn uns die ausführlichen Berichte vorliegen. Chronik der Majestätsbeleidigungs- Prozesse. Gegen den Redakteur derMärkischen Volksslimme" in Frank- f u r t a. O., Genossen S ch ö p s l i n, ist Anklage wegen an- geblicher Majestätsbeleidigung erhoben. Das Vergehen soll ge- ichehen sein in der Besprechung der Angriffe, die von der bürger- lichen Presse gegen den Reichstags-Abgeordneten Schmidt aus Frankfurt   a. M. gerichtet wurden, weil er im Reichstag beim Hoch auf den Kaiser sitzen geblieben war. »» m Deutsches Reich  . AuS der Garnison Tilsit wird folgender Fall gemeldet: Ein Unteroffizier von der 7. Komp. des dortigen Jnf.-Regts. ließ, derKöuigsb. Allg. Ztg." zufolge, in seiner Mannschaftsstube die Soldaten mitten in der Nacht Uebungen ausführen und bedrohte sie, als diese endlich sich weigerten, mit dem geladenen Gewehr. Es gelang den Soldaten sich zu retten und den Unteroffizier in dem Zimmer einzuschließen. Der offenbar geisteskrank Ge- wordene wurde zur Untersuchung seines Geisteszustandes in das Garnisoulazareth gebracht. Zu dem Vorkommniß in der K ü r a s f i e r- S ch w i m m- an st altzu Kleinburg meldet ferner dieBreslauer Zeitung", daß der am Sonnabend Abend bei de» Schwimmübungen an der Angel ertrunkene Kürassier Walter bereits am Montag Abend auf dem Militär- Kirchhofe beerdigt worden ist. Die Sektion soll einen Schlagansall als unmittelbare Todesursache ergeben haben. Der Schwimmlehrer, Unteroffizier Ulrich, befindet sich in Unter- suchungshaft; über die Einleitung des militärische» Straf- Verfahrens gegen den Schwimmoffizier, Lieutenant Graf Saurma- Jeltsch, der beim Tode des Kürassiers Walter in der Schwimm- schule anwesend war, verlautet nichts. Dagegen schreibt dieNordd. Allg. Ztg." zu der Darstellung des Breslauer Porfalls: Nach unseren Informationen ist diese Darstellung im all» gemeinen richtig. Jedoch kann erst die eingeleitete Untersuchung Klarheit darüber schaffe», ob der Tod«ingetreten ist, weil der Kürassier Walter vorschriftswidrig behandelt wurde, oder aus anderen Gründen. Es kann sehr wohl noch eine plötzliche Er- krankung vorliegen. Wenn das Breslauer Blatt meldet, der Unteroffizier Ulrich sei verhastet, so ist davon an hiesiger maßgebender Stelle nichts bekannt." Hoffentlich wird die ,N a t i o n a l« Z e i t u n g", um ihrer neuen Rolle als Kettenhund des Militarismus treu zu bleiben, nun auch gegen die Zeitungen loskläffen, die die Vorkommniffe in Tilsit   und Breslau   zuerst an die Öffentlichkeit gebracht haben. Ein neueSKnackfuß-Bild. Der Kaiser hat von seiner Nordlandfahrt den Entwurf eines neuen Gemäldes fast vollendet mitgebracht. Es versinnbildlicht den Schutz der Künste und der Industrie durch die Armee. Unter einem gothischen Thorboge» stehen die idealen Fraueuaestalten, welche die Künste und Gewerbe personifiziren, gegen sie heranzieht«ine drohende Wolke, aus welcher unheimliche feindliche Gestalten auftauchen. Ein germanischer Krieger tritt den Schreckbildern machtvoll ent- gegen. Professor Knackfuß zu Kassel   ist mit der Ausarbeitung einiger Einzelheiten beauftragt, und man hofft, daß bald auch dies Werk der Oeffentlichkeit übergeben werden wird. Fürst Hohenlohe bleibt uns doch noch einige Zeit erhalten. Die Gerüchte, daß er im Herbste zurückzutreten be- absichlige, scheinen sich nicht zu bestätigen, da er bei der In- stallalion des elektrischen Lichtes im Reichskanzler-Palais sich die letzten Anordnungen über die Beschaffung der Lnstres vorbehalte» hat. Will er diese schwere Mühe im Herbste auf sich nehmen, so wird er auch das Deutsche Reich   weiter regieren können. Professor Furtwängler- München die ältesten Ger- manen-Darstellungen, wobeier auf ein bisher wenig bekanntes Denkmal hinweist, das für die Benrlheilung der körperlichen Beschaffenheit der alten Deutschen   wichtige AnHalls- punkte bietet. Es ist dies das erst vor einigen Jahren entdeckte und von Gr. G. Toulesko eingehend beschriebene Denkmal von Adamklissi(Dobrutscha) zur Verherrlichung des Sieges, durch welchen Crassus  , der Feldherr des Kaisers Augustus die Bastarner, Daker und Thraker der römischen Botmäßigkeit unterwarf und somit die Grenzen des römischen Reiches bis an die Mündung der Donau   ausdehnte, von ersterem in dem Ge- biete der heutigen Dobrutscha errichtet. Während es höchst zweifelhaft ist, ob unter den auf der bekannten Trajanssäule und der Säule Mark Aurel's   dargestellten Völkern unvernuschte Germanen zur Darstellung gebracht sind, unterliegt es nach Furt- wängler keinem Zweifel, daß die auf dem kürzlich rekonstrurrten Trophäen-Monument von Adamklissi dargestellten Bastarner unverfälscht« Germanen sind und den germanischen Typus in seiner ganzen Eigenart wiedergeben. Sie sind gekennzeichnet durch ihre hohe schlanke Gestalt, eine be- sondere Gesichtsbildung, die vollen starken, zugleich aber etwas zugespitzten Bärte, eine eigenthümliche Haartracht, sowie durch eine auf Selbstbewußtsein hindeutende Körperhaltung Eigenthüm- lichkeiten, die genau der Beschreibung entsprechen, welche Dio Cassius  und andere römische Geschichtsschreiber von den Vorsahren der heutigen Deutschen   liefern. Von den auf dem besagten Monument ebenfalls zur Darstellung gebrachten Geten und Thrakern, welche im Gegensatz zu den Bastarner» nicht als reinblütige Germanen zu betrachten sind, unterscheiden sich die Bastarner ebensowohl durch die im vorhergehenden erwähnten Eigenthümlichkeiten wie durch den Umstand, daß sie mit völlig entblößtem Oberkörper kämpfe». Der imposanten Erscheinung der Bastarner(Germanen) ent- spricht auch die Thalsache, daß dieselben schon 200 Jahre vor­dem Beginn unserer Zeitrechnung sehr begehrte Bundesgenosse» waren und dem Mitbridates in seinen Kämpfen gegen Rom  wichtige Dienste geleistet haben, sowie der Umstand, daß es dem Feldherrn des Augustus, dem bereits erwähnten Crassus, nur durch Auwendung von List gelungen ist, dieses kriegerische Voll zu überwältigen.