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Beilage

Dienstag, 7. Juni 1932

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Hausangestellte!

Ein Weg zur Selbsthilfe!

Wir haben an Hand von praktischen Beispielen die Leiden und Nöte der Hausangestellten aufgezeigt. Wir haben darauf hinge­wiesen, daß ein Reichsgesetz zur Regelung der Rechte und Pflichten der Hausangestellten, wie es von der Sozialdemokratischen Partei und den Gewerkschaften gefordert wird, und wie es dem Reichstag vorgelegt wurde, nicht zustande gekommen ist. Inzwischen hat sich das Kabinett der Barone in den Sattel gesetzt. Die finsterste Sozialreaktion herrscht in Deutschland mit Hilfe der Nationalsozialisten. Es ist zu erwarten, daß das, was die Arbeiterschaft an sozialem Recht seit der Novemberrevolution cr= kämpft hat, den stärksten Belastungsproben ausgesetzt, wenn nicht zerstört wird.

Die Situation hat sich also seit der Zeit, in der mit der Unter­suchung der Lage der Hausangestellten begonnen wurde, auch für die Hausangestellten weiter verschlechtert. Aber das ist kein Grund zum Verzweifeln. Jetzt gilt es erst recht,

zu kämpfen!

zu kämpfen? Was kann schon so eine Hausangestellte der ,, Herrschaft" gegenüber ausrichten? Haben nicht gerade die von uns

vergütet bekommt) obdachlos in der Großstadt umher und geraten, von Not und Verzweiflung getrieben, in Gefahr, sich der Prostitution in die Arme zu werfen!

Weiter bemüht sich der Zentralverband der Hausangestellten, seinen Mitgliedern durch eine planmäßige Berufsausbildung das Fortkommen zu erleichtern. Gelingt es, eine systematische Ausbildung durchzusetzen, so könnte man damit dem Unfug des Haustochter­Systems" ein Ende machen, das eine Ausbeutung wenig oder un­geschulter Hilfskräfte ist. Ueberdies würde eine solche Klassifizierung der Hausangestellten den wirtschaftlichen Konkurrenzfampf erleichtern. Durch gesellige Zusammenfünfte ist der Verband bestrebt, die Freizeit der Hausangestellten sinnvoll auszufüllen. Wieviel Haus­angestellte wissen mit den Stunden, in denen sie ausruhen und Kräfte

sammeln sollen, etwas Richtiges anzufangen! Ohne Angehörige in der Großstadt, gerät ein Teil der Hausangestellten durch ihre Ver­einsamung in gefährliche Gesellschaft. Gerade diese Vereinsamung, die durch die gesellschaftliche und menschliche Isolierung in den Haus­halten gefördert wird, ist mancher Hausgehilfin zum Verhängnis geworden. Schon aus diesem Grunde ist ein Zusammenschluß not­wendig.

Schließt euch zusammen!

Das ist das Gebot, das auch das eigene Interesse diktiert. Ohne diesen Zusammenschluß seid ihr ein Spielball von Willkür und Laune, ohne diesen Zusammenschluß seid ihr im Kampf um euer Recht unterlegen! Denkt an die moralischen Schäden, die ihr er­leidet, wenn ihr unausgesetzt gedemütigt, in eurer persönlichen Frei­beit und Willensbestimmung eingeengt und fühlbar ven jeder Ge­meinschaft isoliert werdet!

Eltern, wenn eure Kinder Hausangestellte merden, vergeßt nicht, sie rechtzeitig auf diesen Zusammenschluß aufmerksam zu machen und ihnen die Vorteile der Organisation, der ihr ja selbst so manches zu verdanken habt, auseinanderzusetzen!

Der planmäßige Zusammenschluß ist die Voraus­schung zur Ueberwindung des sozialen Glends!

Diktatur des Hungers?

angeführten Fälle hundertprozentig bewiesen, daß die Hausange Bemerkungen zum Kabinett der Barone | Von Dr. Julius Moses

stellte ihrer Herrschaft auf Gnade und Ungnade ausgeliefert ist? Ja= wohl! Und doch: nein! Die einzelne ist schwach und machtlos.

dagegen stellt

Die Gesamtheit

eine Macht

dar. Das ist der Sinn des Volksstaates, das ist der Sinn der sozialen Demokratie, um die die Sozialdemokratische Partei und die Gewerk­schaften kämpfen und die die Herren Barone , die Großagrarier, die Großindustriellen und die Kapitalmagnaten mit Hilfe der National fozialisten vernichten wollen, daß sich die Gesamtheit schützend vor die Rechte des einzelnen stellt, daß sie ihm diese Rechte erkämpft, wo das kapitalistische System sie ihm vorenthält! Deswegen jubelt ja ein großer Teil eurer ,, Herrschaften" den Baronen und National­fozialisten zu, weil er hofft, daß die Sozialreaktion der von Papen und Hitler eure Rechtlosigkeit endgültig besiegeln wird.

Nun gerade nicht!

Häst man euch die Faust entgegen, zeigt ihnen tausend Fäuste! Aber seid klug. Der einzelne hat diese tausend Fäuste nicht, ihr habt sie erst, wenn ihr euch zusammenschließt. Wie ihr das machen sollt?

Hinein in die Sozialdemokratische Partei !

Die ungeheure Arbeitslosigkeit hat gesundheitliche Schäden im Volke angerichtet, die sich in ihrem ganzen Ausmaße noch immer nicht übersehen lassen. Millionen von Menschen leben unter fast ganz gleichen wirtschaftlichen Bedingungen, wie während der härtesten Kriegszeit. Wie verheerend die Arbeistlosigkeit die Volksgesundheit getroffen hat, wie die Keime für viele Krankheiten durch die soziale und wirtschaftliche Not gelegt werden, das haben hervorragende deutsche Aerzte und Kliniker in ihren Beiträgen zu meiner Dent­

anders? Auch hier hunger, Hunger und wieder Hunger! Auch hier Verzweiflung bis zur Erschöpfung, volksgesundheitliche Rückschläge, Not und seelische Depression! Was aber wird getan, um dieser Verzweiflungsstimmung Herr zu werden? Es wird Polizei aufgeboten, es werden die Gerichte in Bewegung gesetzt. Und schließlich: über dieses erschöpfte, verhungerte, psychisch und seelisch niederbrechende Arbeitslosenheer, das das ganze Volk durchsetzt, wird eine Regierung gesetzt, die aus Generälen, oft elbi= industrie besteht. In der Zeit des Hungers der Arbeiterschaft wird eine Regierung gebildet, in der nicht ein einziger Arbeiter­vertreter vorhanden ist. Und die unverhüllte Absicht geht dahin, auch in den Ländern das Junker- und Militärregime durchzusezen.

schrift Arbeitslosigkeit: ein Problem der Volksschen Junkern und Interessenvertretern der Schwer: gesundheit" dargelegt. Arbeitslosigkeit, schlechte Ernährung und Wohnungselend sind die drei Faktoren, die Millionen von Menschen gesundheitlich verelenden lassen. Ebenso wie in den schlimmsten Kriesjahren sind es die Kinder, die das schwerste Los zu tragen

haben. Die Kindersterblichkeit ist allerdings nicht so groß, wie man erwarten sollte. Das hängt aber damit zusammen, daß die Eltern sich die Brocken vom Munde absparen, um ihre Kinder durchzu­bringen, daß die Eltern für die Kinder hungern. Dagegen hat sich der Gesundheitszustand der Kinder in besorgnis= erregender Weise verschlechtert. Aus einem Bericht des preußischen Ministerialrats Dr. Koenig ergibt sich, daß in Preußen bei den Säuglingen und Kleinkindern seit dem Herbst 1931 eine Zunahme von Blutarmut , Strofulose, Rachitis, Hautkrankheiten, Kräge und Nervosität zu beobachten ist. In zahlreichen Kreisen hat

ist die erste Parole. Die kommenden Reichstagswahlen bereits geben der Ernährungszustand der Kinder merkbar abgenommen. Die Gelegenheit, in dieser Gemeinschaftsfront zu kämpfen.

Die zweite Parole heißt:

Hinein in die

Organisation der Hausangestellten, in den

Zentralverband der Hausangestellten Deutschlands !

Fälle, daß Kinder ohne Frühstück in die Schule kommen, werden in steigendem Maße registriert. Die Wäsche und die Bekleidung der Kinder sind wieder sehr mangelhaft geworden. Groß ist der Mangel an Betten und Bettwäsche. 40 Prozent der Volksschüler befizen kein eigenes Bett, sondern müssen zu zweit und zu dritt zusammenfchlafen u. a. m.

Kinder hungern!... Das ist Krieg!

Der Zentralverband der Hausgestellten Deutschlands ist eine Gruppe im Gesamtverband der Arbeitnehmer der öffentlichen Be- Der Hunger dringt aber auch in immer weitere Kreise der er­triebe und des Personen- und Warenverkehrs( Geschäftsstelle Berlin wachsenen Proletarier ein. Die schrumpfenden Leistungen der N. 24, Johannisstraße 14/15). Er gewährt seinen Mitgliedern in Sozialversicherung zwingen die Arbeitslosen, sich in ihrer Lebens allen Lebenslagen Schuh und Hilfe. Sie finden Unter- führung immer mehr einzuschränken. Die Mieten werden nicht mehr stützung bei Krankheit und Erwerbslosigkeit. Es gibt hier eine aufgebracht, die Familien drängen sich in ungefunden, alten Klein­Invaliden-, Notfall-, Sterbegeld-, Reise-, Streif- und Gemaßregelten wohnungen zusammen. Das Essen wird verschlechtert, nur das Not unterstützung, eine Renten- und Pensionszuschußkasse. Dem Zentral- wendigste, Kartoffeln und Brot, wird gekauft, für Fleisch, Milch, verband ist es zu verdanken, daß die schmachvollen Gesindeordnungen Fett und Gemüse reicht das Geld nicht. Von einer gesunden für die Dienstboten aufgehoben sind und den Hausangestellten die Rost ist keine Rede mehr, die Wirkungen der elenden Er­Möglichkeit gegeben ist, ihre berechtigten Ansprüche vor dem Arnährung auf die Kinder kann man sich unschwer vorstellen. Die beitsgericht geltend zu machen. Allerdings, nichts würde es Kleidung iſt minderwertig, fulturelle Ausgaben fallen vollständig nuzen, wenn die Hausangestellte, rechtsunkundig oder schlecht be- weg. Noch schlimmer aber ist das Schicksal derjenigen, die auf die raten, vor dem Arbeitsrichter ohne Rechtsbeistand erschiene. Ohne den Wohlfahrtsfürsorge angewiesen sind oder aber überhaupt schußlos Zentralverband, der schützend vor ihre Rechte tritt, ist es, wie die dastehen. Hier herrscht der nackte Hunger! Die Zahl der Bettler, Praris beweist, der Hausangestellten fast unmöglich, ihre Ansprüche die von Haus zu Haus ziehen, der Straßen- und Hofmusikanten, der beim Arbeitsgericht durchzusetzen. Wenn man bedenkt, daß jede Schnürsenkelverkäufer usw. nimmt immer mehr zu. Die Menschen Woche fast 200 Fälle dieser Art vor dem Arbeitsgericht verhandelt find hungrig... und aus dem Hunger ergibt sich alles übrige: sie merden, ist die Bedeutung des Rechtsschutzes für die Hausangestellte werden psychisch reizbar, sie befreien sich von, moralischen Hem­durch den Zentralverband Klargestellt. Die meisten nichtorganisierten mungen", was aus der steil ansteigenden Kriminalstatistik Hausangestellten sind sich der Aussichtslosigkeit ihrer Klage felten fraß hervorgeht, sie gehen auf die Straße, um ihren Groll heraus bewußt. Die vielen abgewiesenen und verlorenen Klagen lassen zuschreien. Und wenn der Staat gegen diese Hungererscheinungen dann die Hausangestellten verzweifeln und ihr trauriges Los als feine anderen Hilfsmittel kennt, als den Gummiknüppel der Polizei, unabwendbares Schicksal hinnehmen. So kommt es auch, daß viele als gerichtliche Urteile wegen eines gestohlenen Brötchens, dann Hausangestellte, durch eine verlorene Klage enttäuscht und entmutigt, zeigt er, daß er des Hungers nicht mehr Herr werden kann. ihre berechtigten Ansprüche gar nicht mehr geltend machen und so unbewußt einem ausbeuterischen System Vorschub leisten. Das Recht des einzelnen ist demnach als Pflicht gegenüber der Gesamtheit zu betrachten.

Dem Zentralverband ist es auch zu verdanken, daß die ge­werbsmäßige Stellenvermittlung aufgehört hat, die naturgemäß von ihren Inhabern vor allem als Erwerbsquelle be­trachtet wurde. Eine Abart von privater Stellenvermittlung bilden allerdings jene Stellenangebote in Tageszeitungen, von denen wir zu Beginn der Serie eine Blütenlese gaben. Die Gesinnung, die aus ihnen spricht, ist unmißverständlich. Es wäre deshalb wichtig, daß freie Stellen, ehe die Hausangestellte sich bewirbt, so gut es in dieser Zeit geht, erst von Vertrauensleuten der Organisation über­prüft werden. So könnte mit der Zeit eine Uebersicht geschaffen werden, die es dann ermöglichen würde, die Hausangestellte vor dem Arbeitsantritt in einem als unsozial und menschenunwürdig ge= führten Haushalt zu warnen.

Es ist selbstverständlich, daß der Verband auch weiterhin für die Schaffung eines Reichs ausgehilfinnengeseẞes, in dem Arbeits- und Freizeit sowie Urlaub und Arbeitsschutz ge= regelt sind, unnachgiebig eintritt. Er ist bemüht, Tarifverträge abzu­schließen, in denen Löhne, Kostgeld usw. festgelegt sind. Er fordert die Einbeziehung der Hausgehilfinnen in die Unfallversicherung und die Errichtung von Hausgehilfinnenheimen für stel lungs und wohnungslose Hausangestellte. Diese Heime sind von meittragender Bedeutung für das moralische Wohl so vieler Mädchen. Wie oft irren stellungslose Mädchen ohne einen Pfennig Geld( gerade in Fällen, mo zwischen Arbeitgeber und Ar­beitnehmerin Differenzen vor dem Arbeitsgericht erst ausgetragen werden müssen, bevor die Hausangestellte ihre finanziellen Ansprüche

Der Hunger der Massen ist der Beweis dafür, daß wir noch immer in schlimmer Kriegszeit leben. Unser österreichisches Bruder­blatt, die Wiener Arbeiterzeitung", veröffentlicht eben einen alarmierenden Bericht aus den österreichischen In dustriezentren, wo die Stillegung der großen Eisenbetriebe eine furchtbare Arbeitslosigkeit hervorgerufen hat. Aerzte haben den Gesundheitszustand der Arbeitslosen untersucht und etwas festgestellt, was wichtiger als alle Budgetziffern, ernster als jede Wirtschafts­statistik ist:

Die Nahrung selbst derjenigen Arbeitslosen, die noch die Notstandshilfe beziehen, enthält um mindestens ein Drittel Kalorien weniger, als zur Erhaltung des menschlichen Körpers notwendig ist.

Eine Nahrung ohne Fletsch, Fett, ohne Frischgemüse, frei von den für den menschlichen Körper unentbehrlichen Vitaminen! Die Tuberkulose steigt bedrohlich an! Fast alle Kinder der Arbeitslosen sind rachitisch. Vierzigjährige Frauen, Mütter von kleinen Kindern, fehen mie Greifinnen aus. Das allerschlimmste steht noch bevor: wenn nicht ganz schnell Hilfe gebracht wird, so wird binnen wenigen Monaten in den österreichischen Arbeitslosenorten der Storbut wüten, die furchtbare Krankheit, die wir in der Kriegszeit in den Kriegsgefangenenlagern gekannt haben. Der Hungerstorbut steht vor der Tür! Wenn einmal nicht mehr die letzte Hilfe, jene der Ge­meinden, möglich sein wird, dann kommt totsicher der Storbut, die Hungerkrankheit, das langsame Verhungern! Die Bevölkerung er­immert sich fast mit Sehnsucht der Nachkriegsjahre mit der Nahrungs­aushilfe des Auslandes!

Steht es in unferen Hungerbezirken, in den Arbeitslosengebieten im Erz- und Riefengebirge, in Schlesien , im Ruhrgebiet , in Berlin ,

Das Volk hungert! Eine Regierung aber wird ge­bildet, die die Interessen eines winzigen Bruchteils der Bevölkerung, der zahlenmäßig sich faum errechnen läßt, allein vertritt.

Weil einige Großagrarier sich dagegen mehrten, daß ihre bankerotten, schlecht bewirtschafteten und zum Zusammenbruch verurteilten Güter für soziale Siedlungszwecke aufgeteilt werden sollten, mußte das Kabinett Brüning gehen.

Wenn man den Mut hat, den Hunger in Deutschland zu organiz fieren, dann kann man allerdings Autartie treiben, dann kann man den ostelbischen Junkern die Sorge um das nackte Leben der Arbeitslosen und ihrer Familien übertragen. Wenn man den Mut hat, den Hunger zu stabilisieren, dann kann man die Sozial­versicherung abschaffen und an ihre Stelle irgendeine Art von Wohlfahrtsfürsorge einsetzen. Wenn man den Mut hat zu zeigen, daß das Wohlergehen der Großgrundbesizer, Schwer­industriellen und Militärs über das Wohl des arbeitenden Volkes gestellt wird, dann vergrößere man den Hunger, indem man an die Stelle des rechtlichen Anspruchs der Arbeitenden auf Brot das Gnadenbrot segt, dann erseye man das Recht des Proletariats auf die Hilfe des Staats und der Gesellschaft durch eine mittelalter­liche Charitas!

Wie es heute in Deutschland steht, das hat der frühere Reichs­tangler Brüning in seiner Rede am 28. Mai d. I. gesagt: ,, Auch die Beschaffung von Ernährung und Bekleidung beginnt in Deutsch­ land in ein bedrohliches Stadium zu treten." Die Konsequenz, die aus dieser fürchterlichen Erkenntnis gezogen wurde, war diese reaktionäre Kabinettsumbildung, um die ostelbischen Junker zu fanieren! Das Volk hungert! Aber wichtiger war das Streben, die nationalen Kräfte", die durch Militär, Agrarier und Schwer­industrie repräsentiert werden, in den Sattel zu bringen.

Dieses neue Kabinett mit seinen agrarischen, mili­tärischen und industriellen Interessen, Prototyp der Adels- und Militärherrschaft, soll Verständnis für

den Hunger der Massen aufbringen? Will es den Hunger bekämpfen mit seinen Autarkieplänen, die auf eine völlige Unterbindung der Einfuhr billiger Lebensmittel hinaus­laufen, mit seinen Absichten, die staatlichen Geldmittel statt dem hungernden Volke den bankerotten Großgrundbefizern zuzuleiten? Will es den Hunger bekämpfen mit seinen nationalen Phrasen, mit seinen Plänen zur Beseitigung der Sozialversicherung, des letzten Rettungsankers Millionen arbeitsloser Hungriger? Soll etwa dieses volksfremde und volksfeindliche Kabinett das frühere Wort Hinden­burgs verwirklichen, daß die Gesunderhaltung des deutschen Volkes eine der wichtigsten staatlichen Aufgaben sei, da nur ein ge­sundes deutsches Volk aus der schweren Gegenwart den Weg in eine bessere Zukunft finden wird"?

Es ist an der Zeit, an das Wort des großen Arztes Rudolf v. Virchow zu erinnern, das in seiner Zeitschrift Medizinische Reform" aus dem Jahre 1848 zu lesen ist:

,, Wenn der Staat es zuläßt, daß durch irgendwelche Vorgänge, sei es des Himmels, sei es des täglichen Lebens, Bürger in die Lage gebracht werden, verhungern zu müssen, so hört er recht= lich auf, Staat zu sein, er legalisiert den Diebstahl( die Selbst­hilfe) und beraubt sich jedes sittlichen Grundes, die Sicherheit der Personen oder des Eigentums zu wahren. Dasselbe ist der Fall, menn er zuläßt, daß ein Bürger gezwungen wird, in einer Lage zu Und beharren, bei der seine Gesundheit nicht bestehen kann." Birchom war fein ,, Bolschewit".

Wir leben heute in der Zeit eines Vormärzes, wir sind um hundert Jahre zurückgeworfen. Birchows Kampf galt damals der Regierungspolitik, die die gesundheitliche Verelendung verschuldete, die am Hunger weiter Gebiete in Deutschland Schuld trug. Die Diftatur des Großagrariertums bedeutet Diktatur des Hungers, Dittatur der Rachitis, Diktatur der Tuberkulose, Diktatur der Prostitution und Diktatur der Selbstmorde!

Sorgen wir dafür, daß durch die kommenden Reichstagswahlen diese furchtbaren Gefahren für das deutsche Proletariat abgewendet werden! Nur der Sieg der sozialen Demokratie kann dem deutschen Bolte feelische und psychische Gesundung bringen.