Die Nöte der Mitte. Verhandlungen über Neubildungen.- Der Verfall der Volkspartei. Der Hauptoorstand der DeutschenStaatspartei erNärte sich am Sonntag in Berlin grundsätzlich zu einer Neubildung der Mitte bereit. Voraussetzung sei jedoch, daß vorher Klarheit über den politischen Charakter der neuen Mittelpartei bestehe. Erforder- lich für die neue Partei wäre: Oppositionsstellung gegen die Regierung Papen , bedingungslose Kampf st ellung gegen den Nationalsozialismus und ein klares und eindeutiges Geständnis zur Republik und zurWeimarerVerfassung. Angesichts dieser Forderungen dürfte eine Neubildung der Mitte mit der V o l k s p a r t e i und der Wirtschaftspartet kaum in Frage kommen. Die Staatspartei rechnet deshalb damit, daß sie selbständig in die Wahlen geht. Man beabsichtigt mit dem Zentrum Listenoerbindung einzugehen. Die übrigen Splitter der Mitte wie die W i r t s ch a f t s p a r t e i, die Volkspartei und rechtsgerichtete Gruppen der Staatspartei werden am Dienstag in Berlin eine Besprechung über die Neubildung der Mitte abhalten. In diesen Kreisen hofft man, für den Fall einer Einigung Dr. Hugo E et e n e r als Führer der neuen Partei gewinnen zu können. Die V o l k s p a r t e i zerfällt immer weiter. Eine Landestagung der Deutschen Volkspartei Anhalt bestätigte am Sonntag den Beschluß ihres Borstandes auf Austritt des Landesver- bände s Anhalt aus der Deutschen Volkspartei . Beschlossen wurde ferner die Bildung einer nationalliberalen Partei. Der Beschluß wurde sofort in die Tat umgesetzt. Der Christlich-Sozial« Volksdienst will selbständig bleiben. pariser Lausanne -Vorkonferenz. Englisch -französische Einigkeit. Paris , 13. Juni. (Eigenbericht.) Die französifch-englischen Verhandlungen, die am Sonnabend- abend begonen hatten, sind Sonntagnachnüttag um 1% Uhr beendet worden. An der mehrstündigen Sonntagsbesprechung nahmen teil für England Premierminister Macdonald, Außenminister Simon und Botschafter Tyrrell, für Frankreich Ministerpräsi- dent Herriot und Finanzminister Germain Marin. In dem amtlichen Kommunique heißt es:„Die offiziösen und freund- schaftlichen Verhandlungen zwischen den französischen und englischen Ministern haben eine Gemeinsamkeit der Ansichten her- vortreten lassen, die erlaubt, eine gerechte und wirksame Lösung auf der Lausanner Konferenz sowie die Verstärkung des Ver- t r a u e n s und die Aufrechterhaltung des Friedens unter den Völkern vorauszusehen." Ueber diese Unterredung berichtete Herriot dem Präsidenten der Republik. Macdonald erklärte Pressevertretern:„Wir haben keinen Kuhhandel noch ein Kompromiß abgeschlossen. Wir haben festgestellt, daß wir beide fast dieselbe Auf- sassung haben und daß wir in derselben Richtung marschieren. Wir werden natürlich unsere Ansichten anderen Re- gierungen mitteilen, aber wir sind entschlossen, alles zu tun, um die Konferenz von Lausanne w i r k s a m zu machen Wir wünschen eine Entscheidung, die zugleich gut und praktisch ist. Herriot und ich werden also mit allen Kräften kämpfen, um die zur De- batte stehenden Probleme zu regeln." Dazu kommen einige präzise Angaben in der französischen Presse. So erklärt das„Echo de Paris": das am 30. 3uni ablaufende hoover-Moralorium soll in ein absolutes Moratorium verwandelt werden, welches keinerlei Zahlungen, weder wirkliche noch fiktive vorsieht: aber die Rechte der Gläubiger sollen gewahrt werden. Herriot scheine noch nicht ausdriidlich aus den sogenannten„Netto- Saldo", d. h. aus den Ueberschuh verzichtet zu haben, der sich für Frankreich aus den deutschen Zahlungen nach Abzug der an Amerika zu leistenden Zahlungen ergibt. Wer alles deute darauf hin, daß Frankreich nicht mehr auf ihm bestehen werde, wenn Amerika aus die Zahlung der Kriegsschulden verzichte. Der„Petit Parisien" glaubt, daß eine Studienkommission eingesetzt werden soll, um ein Kompensationssystem auszuarbeiten, durch das zugleich die Re- parations- und Kriegsschulden annulliert werden würden. Sehr eingehend ist ferner Über die finanziellen Schwierigkeiten Oesterreichs und seiner Nachbarländer gesprochen worden. Nach dem„Echo de Paris" hat sich die französische Regierung bereit er- klärt, Oesterreich 170— 200 Millionen Schilling zur Ber- fllgung zu stellen und sie hat ihr Einverständnis dazu gegeben, daß der von der Bank von England der Nationalbank in Wien gewährte 100-Millionen-Schilling-Kredit als der Beitrag Englands zu der Kreditoperation betrachtet wird. Aber Herriot und Germain Marin haben verlangt, daß die österreichische Anleihe der Tell eines Ge- s a m t p l a n e s für die wirtschaftliche und finanziell« Wiederauf- richtung der Donauländer sei. Die französische Regierung wolle außerdem den Kredit nur geben, wenn Oesterreich ernsthafte finanzielle Reformen durchführe. Luther beruhigt die Weltbankiers. Basel , 13. Juni(Eigenbericht.) Am Sonntagnachmittag waren die Leiter der Notenbanken zur inoffiziellen Vorbesprechung der Tagesordnung des Verwaltungsrats der WZ. unter dem Vorsitz ihres Präsidenten Mac Garrah zu- sammengetreten. Reichsbankpräsident Dr. Luther orientierte über die währungspolitischen Absichten der neuen Reichsregie- r u n g, wobei er betonte, daß die R e i ch s b a n k im Einoernehmen mit der Reichsregierung nach wie vor zur unbedingten Ver- teidtgung der Stabilität der Reichsmark entschlossen sei. Heute dürste der Verwaltungsrat die Finanzlage Oesterreichs und der Donauländer besprechen.
Zwei Opfer eines Klugzeugabsturzes. Znsterburg, 13. Zun!. Bei einer Zlugveranstallung in Znsterburg auf dem Flugplatz hermannshos ereignete sich ein tödlicher Unglücksfall. Nach Abschluß des reichhaltigen Programms wurde ein Fallschirmabsprung mik Puppe gezeigt. Das Flugzeug V 1979 mit den Piloten preß und T e s f e n d o r s geriet ins Trudeln und stürzte aus etwa 400 Meter höhe ab. Die Maschine bohrte sich etwa 1H Meter in den Erdboden. Der Pilot Preß war sofort tot, Tessendorf st a r b an seinen schweren Verletzungen kurz nach Einlieferung in das Krankenhaus.
Mit dem Wasserfahrrad über den Kanal. London , 13. Juni. Auf einem wassersvhrrod hat der Holländer Schiperoort den Kanal überquert. Er verließ am Sonnabend 7 Uhr Calais und kam um 20 Uhr in Dover an.
Qroffieuer im Xunapark
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Großfeuer im Lunapark. Hauptrestaurant und Lichtturm ausgebrannt! Der Lunapark ist in seiner diesjährigen Saison, die ohnehin durch das vielfach rregncrische Wetter erhebliche Einbuhen für die vielen Betriebe gebracht hat. geradezu vom Unglück verfolgt. Nachdem erst vor wenigen Wochen ein Teil der Berg- und Tal- bahn durch ein Feuer zerstört wurde, ist in der vergangenen Nacht, offenbar in der Aulomatenhalle, abermals ein Feuer ausgebrochen, das in kurzer Zeit gewaltigen Umfang annahm. Glücklicherweise konnte der Brand nach allen Seiten abgeriegelt werden, so daß schwerer Schaden noch rechtzeitig verhütet wurde. Kurz nach 1 Uhr wurde von einem Schausteller das Feuer be- merkt. Aus einer Ecke der sogenannten„A u t o m a t e n h a ll e", die unmittelbar an das Restaurant anschließt, quollen dichte Rauch- wölken hervor. Da dieser Teil des Gebäudes zum größten Tell aus Holz errichtet ist, griff das Feuer mit rasender Schnelligkeit um sich. Von Angestellten des Lunaparks wurden sofort Löschversuche unter- nommen. Inzwischen war auch die Feuerwehr alarmiert worden, die zunächst mit drei Löschzügen anrückte. Sehr bald zeigte sich, daß die Löschzüge für die Bekämpfung des Feuers nicht aus- reichten. Vier weitere Löschzüge wurden aus den Alarm„Groß- f e u e r" an die Brandstätts beordert. Oberbranddirektor Gempp und Branddirektor Pozdziech leiteten von zwei Stellen den Lösch-
angriff. Obgleich aus IS Schlauchleitungen ungeheure Wassermengen in das Flammenmeer geschleudert wurden, nahm das Feuer immer größeren Umfang an. Der L i ch t t u r m, von dem allabendlich die Scheinwerfer spielen, brannte lichterloh. Wie eine riesige Fackel wirkte der brennende Turm in der Dunkelheit. Die Flsammen machten aber auch hier noch nicht halt, sondern griffen auf die Terrassen des Hauptrestaurants über. Erst gegen 3 Uhr war das Feuer eingedämmt, und nachdem einige Ab- lösungszüge eingetroffen waren, wurden die Aufräumungs- arbeiten in Angriff genommen. Bis heute früh waren die Feuerwehrleute unaufhörlich mit der Forträumung der Schuttmasien beschäftigt. Bisher hat sich noch nicht feststellen lassen, wie der Brand entstanden ist. Die Kriminalpolizei wird im Laufe des Tages ver- schiedene Verhöre vornehmen. Der weithin bis in die Stadt hinein sichtbare Feuerschein hatte trotz der späten Stunde Tausende von Schaulustigen angelockt, die am Kurfürstendamm und den Seitenstraßen am Wellenbad Auf- stellung genommen hatten. Die Direktion des Lunaparks teill uns folgendes mit: Obgleich die Weißbierstube, der Trumpf-Pavillon, die Automaten- halle, wo das Feuer ausgebrochen ist, sowie mehrere kleine Buden ausgebrannt sind, wird der Betrieb des Parkes keine Unter- b r e ch u n g erleiden. Die gefährdeten Stellen werden abgesperrt, so daß für das Publikum keinerlei Gefahr besteht. Auch das Fest der Kriminalpolizei am Sonnabend findet, wie vorgesehen, statt.
Eine„Angriff"- Setze zusammengebrochen Wollenbergs gestohlene Aktentasche/ Kein Belastungsmaterial gegen Wollenberg
Die Pressestelle des Polizeipräsidiums teilt mit: Die Schrift- leitung des„Angriff" übersandte, wie sie in ihrer Ausgabe vom 11. Juni ankündigte, am 10. Juni nachmittag dem Polizeipräsidium Material, das nach ihrer Angabe von dem Redakteur Wollenberg von der„Roten Fahne" herrühren sollte, dem bei einem Zusammenstoß mit Nationalsozialisten in den Pharussälen am Abend des 2. Juni eine Aktenmappe abhanden gekommen ist. Aus dem Material ging hervor, daß Wollenberg und ein„Schlater" Meldungen und Aufzeichnungen verfaßt bzw. entgegengenommen hatten, die sich offenbar auf Terrorakte bezogen. Der„Angriff" behauptete, der als„Schlater" Bezeichnete sei personengleich mit dem unter dem Spitznamen„Schlageter" be- kannten Walter Erdner. Wollenberg und Erdner wurden des- halb zwecks Klärung der Angelegenheit zum Polizeipräsi- dium gebracht. Durch genaue Untersuchungen wurde fest- gestellt, daß Erdner als Verfasser der Notizen und Aufzeichnungen nicht in Frage kam, er wurde deshalb wieder entlassen.
Gegen Wollenberg ergab sich der Verdacht einer führenden Beteili- gung an Gewalttätigkeiten, da die vom„Angriff" gelieferten Unter- lagen hierfür sprechen konnten. Die kriminalpolizeiliche Unter- suchung ergab aber auch gegen Gollenberg kein hinreichendes Belastungsmaterial, so daß auch von seiner Festhaltung abgesehen werden konnte. Besonders beachtenswert war, daß sich in dem vom„Angriff" gelieferten, angeblich am 2. Juni dem Redakteur abhanden ge- kommenden Material ein belastendes Schreiben befunden hat, das das Datum des 3. Juni trägt, von dem Wollenberg außer- dem behauptet' es sei ihm unbekannt und nie in seinem Besitz ge- wesen. Die Ermittlungen nach dem Schreiber der„Meldungen" werden fortgesetzt. Nach Wschluß der Ermitllungen wird das Ma- terial an die Staatsanwaltschaft abgegeben werden. * Die Zentrale der KPD. bezeichnet das sogenannte Material des „Angriff" als„idiotische F ä l s ch u n g e n".
Reichswehrauto zertrümmert. Vier Tote?— Immer der verhängnisvolle(Sommerweg. s ch l e i,. 12. Juni. Ein schweres Autounglück ereignete sich heute auf der Schleizer Drelecks-Rcnnstrecke. Auf der hofer Straße etwa 200 Meter oberhalb der Gastwirtschast„Rennbahn" wurde in der Nacht zum Sonntag gegen 1 Uhr ein mit acht Personen besetztes Reichs- wehrauto bei einer steilen Vegbiegung, vermutlich infolge zu schneller Fahrt, aus der Kurve auf den Sommerweg heraus- geworfen, gegen einen Baum und dann in den Straßengraben ge- schleudert. Der Führer, ein verheirateter Reichswehrangehöriger, war sofort tot. Die anderen sieben Insassen wurden in das Krankenhaus nach Schleiz gebracht, wo heute vormitkag drei von ihnen ihren schweren Verletzungen erlagen. Von den übrigen vier ist einer schwer verletzt. Der Kraftwagen wurde vollständig zer- trümmert. Der sofort getötete Führer ist Obergefreiter Walter Arndt . Im Krankenhaus verstorben sind Gefreiter Walter A l b r e ch t, Gefteiter Walter Mücke und Obergefreiter Ernst Lonnig. In bedenklichem Zustande liegen noch im Krankenhaus Obergefreiter Ernst Wilde und Stabsgefreiter Willy K r u m n o w. Die beiden letzten Verunglückten, Gefreiter Bruno K o h l e r und Sanitäts- Unteroffizier Schöbe-, befinden sich außer Lebensgefahr. Die verunglückten Reichswehrangehörigen gehörten sämtlich der in Potsdam stationierten 1. Kompagnie der 3. Nachrichtenabteilung an. Die Reichswehrangehörigen befanden sich auf der Rücklehr von einer Funkübung. Die Leichen werden heute nach P o t s- dam übergeführt.
Aussiugsautobus verunglückt! Gegen einen Baum gefahren.- Mehrere Verletzte. Aus der Chaussee zwischen Lychen und Boitzenburg ist gestern am kllomelerstein 11,3 ein mit 2b Personen besetzter Aus- flugsaulobu» der BVG. verunglückt. Der Autobus fuhr mit
erheblicher Geschwindigkeit gegen einen Baum und durch deu Auf- prall wurden die Fahrgäste von ihren Sitzen geschleudert. Mehrere von ihnen erlitten Quetschungen und Glassplitter. Verletzungen. Nach den Aussagen des Führers des Autobus ist in der Kurve, in der das Unglück passierte, die Steuerung gebrochen. Da- durch verlor er die Gewalt über den Wagen, und nur durch das Anziehen der Bremsen vermocht« er noch den Anprall etwas zu mildern. Die weitere Untersuchung wird von der Staatsanwalt- schaft in Prenzlau geführt. Die Verunglückten, etwa 2 0 Perso- nen, haben zum größten Teil leichte Verletzungen erlitten, wurden im Lychener Krankenhaus behandelt. Etwa fünf Ver- unglückte bleiben noch weiter in ärztlicher Behandlung. Heute mittag wurde an der Unfallstelle ein Lokoltermm abgehalten, über dessen Ergebnis bis zur Stunde noch nichts bekannt ist. »- Die im Krankenhaus verbliebenen Verletzten sind: Frau Döring, Tempelhos, Hohenzollernkorso 2: Frau Olga Schulze. Sckzmargendorf, Berkaer Str. 2: Herr Schulze, ebenda: Frau Käte Lohmeyer, Berkaer Str. 2: Frau Frida Nie st a, Berlin , Essener Str. 24. Sechzehn leichtverletzte Fahrgäste, darunter auch der Schaffner, wurden nach ärztlicher Behandlung mit einem aus Berlin entsandten Wagen heimbefördert.
9 Tage hilflos qpf dem Ozean. Ozeanfl eger Hausner aufgefunden. Paris , 13. Zuni. Der polnisch-amerikanische Flieger h a u s n e r, der seii seinem Start zum Ozeanslug verschwunden war, so daß man bereits mit seinem Tode rechnete, ist von dem Dampfer„Eirceshell" mitten im Ozean aufgefunden worden. Das Flugzeug befand sich im 42. Grad, 41 Minuten nördlicher Breite und 20 Grad 24 Minuten westlicher Länge, also ungefähr bS0 Silometer von der franzö- fischen Küste entfernt, und trieb in südwestlicher Richtung ab.