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Eine Rundgebung der Reichsregierung.

Fromme Sprüche zur bösen Tat.

Die Regierung von Papen erläßt folgende Kund­gebung:

Die Reichsregierung hat bei ihrem Amtsantritt den Willen befundet, die soziale, finanzielle und wirtschaftliche Not Deutschlands  hurch organische neuaufbauende Maßnahmen zu bekämpfen.

Die Bilanz, die die Regierung vorgefunden hat, zwingt fie, als ersten Schritt vor der Inangriffnahme ihres eigentlid en Programms, die Rassenlage von Reich, Ländern und Ge­meinden porläufig zu sichern und tie Sozialversicherung vor dem tatsächlich drohenden Zusammenbruch zu retten. Werden diese notwendigen und unaufschiebbaren Voraussetzungen nicht er. füllt, so find alle weiteren Maßregeln von Anfang an in Frage gestellt.

Für die ersten Notmaßnahmen hat die Regierung an Borbereitungen antnüpfen müssen, die schon das vorige Kabinett getroffen hatte. Da diese Maßnahmen jedoch nicht ausreich­ten, um Rassen und Finanzen zu sichern, ist die Reichsregierung genötigt, über sie hinauszugehen. Es sind infolgedessen meitere Abstriche am Reichshaushalt jowie an allen Ausgaben der öffentlichen Hand beschlossen worden. Es muß von der Ausgaben seite her versucht werden, eine Gesundung der Kassen und Finanz­lage herbeizuführen; denn die Erfahrungen der letzten Monate haben gezeigt, daß Steuererhöhungen nicht mehr zu einer Berbeffe­rung, sondern nur noch zu einer Verschlechterung der Einnahmen führen. Es bleibt also eine der wichtigsten Aufgaben, den gesamten Berwaltungsapparat Deutschlands   weiter zu verbilligen. Das bringt zwangsläufig auch scharfe Einschränkungen auf dem Gebiete der Sozialversicherung mit sich, deren Eristenz jetzt auf dem Spiel steht.

Es ist eine schi djalhafte Entwicklung, daß es heute, nach einem halben Jahrhundert des Bestehens der Sozialgesetz gebung, nicht mehr um die Höhe der Leistungen geht, sondern um thre Erhaltung überhaupt. Die Reichsregierung, deren soziale Ge finnung in der von ihr vertretenen Weltanschauung begründet ist, würdigt in ihrer ganzen entscheidenden Bedeutung die mit der Schöpfung des ersten Kanzlers des Deutschen Reiches begonnenen sozialen Einrichtungen, zu deren Erhaltung in dieser Stunde äußerster Not an das Gemeinschaftsgefühl aller Deutschen   neue harte Anforderungen gestellt werden müssen.

Wenn die Reichsregierung heute zunächst den dringendsten Er­fordernissen der Stunde nachkommt, so betont sie besonders, daß sie nicht die Absicht hat, den Weg der Erschließung neuer Einnahmequellen in 3ufunft weiter zu beschreiten. Ihr Ziel ist, die deutsche   Wirtschaft vernunft­gemäß, unter Ausschaltung fünstlicher Experimente, neu zu be fruchten. Sie wird deshalb mit den auswärtigen Regierungen nach einer Lösung der Weltwirtschaftsfrise suchen. Darüber hinaus hält es die Reichsregierung angesichts der ungeheuren Wirtschaftsnot für thre unabweisbare Pflicht, die Wirtschaftsenergie des eigenen Lantes zu mobilisieren und in erhöhtem Maße für die Verwertung der brachliegenden Arbeitskräfte nutzbar zu machen. Die Regierung wird alles daranjeßen, um neben der Pflege des Güteraustausches der Länder untereinander burch eine zielbewußte Binnenmarktpolitit, insbesondere unter Buhilfenahme des Arbeitsdienstes, durch ge­eignete Maßnahmen auf dem Gebiete der Siedlung und der bäuer tichen Beredelungswirtschaft die deutsche   Wirtschaft einer allmäh

lichen Gesundung entgegenzuführen.

Der Wille des deutschen   Boltes, von der Geißel der Arbeits= losigkeit erlöst zu werden und die Hoffnung der jungen Generation, neue Lebensgrundlagen zu finden, werden von der Regierung als eine für die Zukunft der Nation entscheidende Aufgabe mit allen Mitteln unterstügt werden.

Das ist ein Entschuldigungsgestammel und ein vergeb­licher Versuch, durch Worte Tatsachen in ihr Gegenteil zu verfehren. Wie fann die Regierung von Gemeinschafts­gefühl" sprechen, da sie doch den Besitzenden überhaupt fein Opfer auferlegt! Woher nimmt sie den Mut, von Arbeits­beschaffung und Siedlung zu reden, da sie doch alle darauf beschaffung und Siedlung zu reden, da fie doch alle darauf zielenden konkreten Pläne zerschlagen hat. Sie will, fagt fie, die Wirtschaft, vernunftgemäß neu befruchten", aber von der Vernunft, mit der das geschehen soll, sieht man nicht das geringste. Bir sehen nur eine überflüssige Berschärfung der Notverordnung darin, daß die Regierung dem Bolf oben drein noch so schlecht stilisierte Erklärungen zu lesen gibt!

Goebbels   droht Papen  .

Man wird nervös.

Bis gestern war die Nazipresse der Regierung Bapen gegenüber sanft und freundlich wie ein Schäfchen auf der Weide. Gestern ließ der Angriff" zum erstenmal wieder schärfere Töne hören. Daß der Vorwärts" noch nicht verboten und die SA. noch nicht wieder erlaubt ist, das kann Goebbels nicht ertragen. Wir warnen die Reichsregie­rung! Wo bleiben die angekündigten Taten?"- so lauten die drohenden Ueberschriften und nicht weniger drohend ist der Tert. Wer die Macht hat, der muß sie auch verteidigen, und zwar mit allen gefeßlichen Mitteln, die ihm zu Gebote stehen... Dem Bad muß man die Zähne zeigen, das ist das einzige, was ihm imponiert" so belehrt Goebbels  Herrn von Papen. Die Frage ist nur, wer das Pack ist.

Der Notverordnungs- Segen.

b. Der Noto  

Keine

Nolverordnungen!

KASSE

ZIRKUS HITLER

Saison­Direktion Papen  &

Schleicher

Sereinspaziert! In unserem natio nalen Reich gibt es feine Notverord nungen mehr!"

Stev

Abzuge

Holver­

Билиро

Stevern

Kürzung

Man nur zur Begrüßung und zur Abfühlung!"

Parole Nachgeben?

Was Frankreich   von Papen erwartet.

Seit der nationalsozialistische Abgeordnete Dr. Frid dem Genossen Breitscheid   mitgeteilt hat, daß er den sozial demokratischen Antrag auf Einberufung des Aus wärtigen Ausschusses zunächst dem Außen­minister Dr. Neurath unterbreitet habe, hat man nichts mehr von der Sache gehört. Inzwischen ist der Termin der Lausanner   Konferenz herangekommen, und so besteht keine Aussicht mehr, daß der Ausschuß vor der Konferenz über die reparationspolitischen Gedanken und Absichten der Regierung Bapen unterrichtet wird. Das Kabinett und mit ihm die Nationalsozialisten find einer großen Berlegenheit überhoben. Stellen wir nun diesen Berzicht auf eine Aussprache vor dem Ausschuß mit der Dürftigkeit und Berschwommenheit der Bendungen zusammen, die das sogenannte Regierungspro­gramm über die auswärtige Politif enthielt, so haben wir mohl eine Erklärung für die bemerkenswerten Auffassungen, die ein Teil der Pariser Bresse von den Ideen und Plänen der neuen Männer in Deutschland   hegt. Ihre Schweigjam teit wird in Frankreich   als Bereitwilligteit zum Nachgeben aufgefaßt und das Bariser Journal" beispiels weise, glaubt sicher sein zu dürfen, daß die Toftik der deut schen Unterhändler in Lausanne   nicht mehr so starr fein merbewie unter Brüning und daß der Reichs fanzler Dr. Papen   sich nur an die Realitäten halten und mit dem Erreichbaren sich zufrieden geben werde.

Ob die Franzosen mit dieser Einschäzung des derzeitigen Reichstanzlers recht haben, wird fich bald herausstellen. Aber wir müssen schon sagen: es spricht manches dafür, daß Herr mann spielen zu wollen. Er möchte sich doch sein bekanntes von Papen weit davon entfernt ist, in Lausanne   den starken außenpolitisches Konzept sicher nicht verderben. Gespannt dürfen wir dann aber darauf sein, wie sich die nationalsozialisten zu der größeren Geschmeidigkeit der von ihnen tolerierten Regierung stellen werden. Der

Grieser Staatssekretär.

Der Nachfolger Geibs im Reichsarbeitsministerium. Der Reichspräsident hat den Minifterialdirektor Dr. Grieser In einer Borbesprechung der Notverordnung sagt der zum Staatssekretär im Reichsarbeitsministerium ernannt. Angriff", die Verordnung werde eine ungeheuere Er Grieser ist 64 Jahre alt, begann die berufliche Laufbahn im baye bitterung weden, und die Regierung Bapen sei ideenrischen Richterdienst, trat 1909 in die Münchener Stadtverwaltung los und hilflos. Das alles ist aber offenbar nur ein kleiner Erpreffungsverfuch, um die Aufhebung des S.- Verbots zu beschleunigen. An eine Scheidung der jungen Ehe gerade in dem Augenblick, in dem das erste kind, die neue Not verordnung gefommen ist, ist ernstlich nicht zu denken.

Keine Verlängerung der Bürgerftener.

Letzte Rate Ende Juni.

te von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, wird die Bür. gersteuer, deren letzte Rate Ende Juni fällig ist, nicht ver längert

Die Gemeinden hatten die Reichsregierung um die Ermächti­gung gebeten, die Bürgersteuer in der bisherigen Form weitere sechs Monate lang zu erheben. Die Reichsregierung hat sich jedoch auf den Standpunkt gestellt, daß die Gemeinden durch den ihnen gemäß der neuen Notverordnung vom Reich zufließenden Betrag von 670 Millionen Mark statt 230 Millionen Mark im Vorjahre in ihren Wohlfahrtsleistungen eine derartige Entlastung eriahren, daß sie ohne die Bürgersteuer auskommen müssen.

On mer kommunistenprozeß, der jetzt läuft, find unter 16 Männern und Frauen die Hauptangeklagten Be­amte des höchsten Gerichts.

ein, wurde im Januar 1918 Erster Bürgermeister in Würzburg  und fam im November 1920 in das Reichsarbeitsministerium, wo und fam im November 1920 in das Reichsarbeitsministerium, wo er zulegt Ministerialdirektor für die nationale und internationale Sozialversicherung und Wohlfahrtspflege war. Griefer gilt als ein über­zeugter Anhänger der Sozialversicherung, weshalb auch zunächst die Rede davon war, daß er aus dem Arbeitsministerium aus scheiden merde. Zu seinem Nachfolger ist der Ministerialrat Dr. Krohn ernannt worden, der bisher die rechte Hand Briefers

mar.

Der Wahlkampf im Rundfunt.

Fünfundzwanzig Minuten für jede Fraktion.

Am Mittwoch erscheint der neue Erlaß des Reichsinnenministers Freiherrn von Gayl über die Benutzung des Rundfunks durch die Parteien im Reichstagswahltampf. Der Rundfunk wird jeder Partei, die im alten Reichstag Frattionsstärte besaß, für 25 Minuten zur Verfügung gestellt. Die Reden sollen an den sechs Wochentagen vor der Wahl gehalten werden. Die Reihenfolge der Reden wird folgendermaßen bestimmt: Zuerst spricht von den sich anmeldenden Fraktionen die schwächste, zum Schluß die stärkste Fraktion. Das Schlußwort am Sonnabend vor der Wahl, am 30. Juli, erhält daher die fozialdemokra tische Fraktion. Die Manuskripte müssen zehn Tage vorher eingereicht werden.

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starre" Brüning war ihnen doch bei weitem noch nicht starr genug. Werden sie nun Herrn von Papen einen Landes verräter schelten, wenn er nach Hause zurückkehrt, ohne fich- um mit Hitler zu reden zu einer endgültigen aktiven Aus einandersetzung mit Frankreich   zusammengerafft zu haben? Oder ist in ihren Augen alles, was die Barone der nationalen Konzentration tun oder unterlassen, von vornherein über jeden 3weifel erhaben?

Genfer   Aus prache bis nach Lausanne   vertagt. Genf  , 14. Januar.  ( Eigenbericht.)

Die am Dienstagnachmittag abgehaltene Sigung des Büros der Abrüstungsfonferens gipfelte in bem Bes fchluß, die Beratungen der Generalfommission erst wieder auf­zunehmen, wenn aus den privaten Besprechungen ber Staatsmänner Grundlagen für neue politische Be. schlüsse hervorgegangen seien. Man rechnet allgemein damit, daß die Wiederaufnahme wohl im Laufe der nächsten Woche erfolgen tönne, nachdem die Konferenzarbeit von Lausanne   vorübergehend auf die Sachverständigenausschüsse übergegangen sein wird.

Betont wurde die Wichtigkeit der heutigen Sigung schon burch die Anwesenheit der Delegationsführer. Für Deutschland   nahm Nadolny teil, für Frankreich Herriot und Paul Boncour  , für England Sir John Simon, für Amerita Gibson, für Italien Grandi, für Belgien   Hymans und de Broudère, für Rußland Lunatscharski und für Spanien Madariaga.

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Der politische Sinn dieses Beschlusses ist offenbar. Besprechungen abwarten will, die sich natürlich auch auf die der, daß man erst den Verlauf der privaten" Lausanner  Abrüstungsfrage erstrecken dürften. Von der Möglichkeit einer all­gemeinen Annäherung zwischen Herriot  , Macdonald und Papen wird das weitere Schicksal der Abrüftungskonferenz abhängen.

Eine dreiste Lüge.

Baron Elk vou Rübenach verleumdet Otto Braun  . Der neugebadene nationalsozialistische Bandtagsabgeordnete Baron Elg von Rübenach( ein Neffe des Reichsverfehrs­ministers und Postministers in der Regierung der Nazibarone) aus Bahn bei Köln   hat eine schwere Berleumdung gegen Otto Braun  verbreitet. Obwohl schon vorige Woche festgestellt wurde, daß Otto Braun   sich in Berlin   befindet und die Reichshauptstadt noch keine Stunde verlassen hat, wiederholte Baron Eltz von Rübenach in einer nationalsozialistischen Berjamulung am Montagabend in Köln   bie dreiste Lüge, Braun habe Berlin   nerlassen. Man wisse nur nicht, wo er wäre, in der Schweiz  , in Holland  ; man wisse audy nicht, wieviel er mitgenommen habe.

Brandstifter gegen Feuerwehr. Zentrumsftimmen gegen die Amnestie.

In der Kölnischen Bolkszeitung", im rheinischen Zentrumsorgan, schreibt Profeffor Dr. Wilhelm Herschel über den Amnestieantrag der Radikalen in Preußen:

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Was jetzt in Preußen vorzugehen droht, ist im Wesen nichts anderes, als wenn in einem Gemeindeparlament auf Antrag der Brandstifter die Abschaffung der Feuerwehr beschlossen wird. Diese Amnestie wäre ein Unrecht gegenüber der Vergangen­heit, zugleich und noch mehr ein Freibrief für fünftige Rechtsbrecher, da diese felbstverständlich mit neuer Amnestierung rechnen und rechnen tönnen." Ebenso nimmt auch die Germania  " in schärfster Form gegen die Amnestie Stellung. Es dürfte danach im Plenum des Preußischen Landtages  , mo die Amnestie am Mittwoch zur Ver handlung fommen soll, an der schärfften Gegnerschaff des Zentrums nicht zu zweifeln jein, was freilich die Kozi- Nazi- Mehrheit nicht davon abhalten wird, diesen Rechtswahnsinn zu beschließen.