BoUes und(einer Empörung, ganz offen die schwerste Äe- drückung des werktätigen Volkes gutheißen! Aber die Verantwortung für das Hungerdiktat kann keine verlogene Agitation der Nationalsozialisten Herrn Hitler abnehmen! Der Weg aus dem Wohlfahrtsstaat in die Elendsanstalt entspricht jenem Programm, das Hitler in Düsseldorf vor den Scharfmachern entwickelt hat. E r i st d i e Folge von Bündnissen zwischen Hitler und der sozialen Reaktion, die unmittelbare Folge des nationalsozialistischen Wahlsieges! Die Wähler, die bei den letzten Wahlen den Nationalsozialisten nachgelaufen sind, haben sich selbst die Einschränkung ihres Einkommens be- reitet, die ihnen durch die neue Notverordnung diktiert wird! Bei den Reichen aber herrscht vollste Zufrie- denheit! Die Vertreterin des offensten und brutalsten Kapitalismus , die„Berliner B ö r s e n z e i t u n g" stellt voll Freude fest: „Das neue Kabinett von Papsn lehnt es ab, durch neue, die Wirtschaft belastende Besitz- und Einkommensteuern der Finanzschwierigkeiten Herr zu werden, in der richtigen Erkennt- nis, daß die Steuerschraube bereits überdreht ist." Das ist ein offenes Bekenntnis zum Klassenkampf von oben! Für die reichen Leute ist die Steuerschraube überdreht. Sie vertragen keinerlei weitere steuerliche Einschränkung ihres Einkommens, und wenn es auch nur um 1 oder 2 Prozent wäre. Sei den Armen aber kann die Steuer- schraube immer noch weiter gedreht werden. Und bei den Allerärmsten ist es sogar möglich, daß das Ein- kommen um mehr als 20 Prozent gesenkt wird, obwohl es längst nur noch ein Hungereinkommen darstellt, das bereits entsetzlich tief unter dem Existenzminimum liegt. Diese schreiende soziale Ungerechtigkeit ist die erste Tat des Kabi- netts der Barone, und der laute Beifall der Besitz- b ärger zeigt, wessen Interessen sie vertritt! „Regierung der nationalen Konzentration", so nannte sich dies Kabinett bei seinem Amtsantritt. Die nationale Kon- zentration besteht darin, daß das Volk in zwei Lager, in zwei getrennte Völker zerrissen wird! Hier die werktätige Be- völkerung, die praktische Solidarität untereinander übt, auf der anderen Seite die reichen Leute, denen das Elend der Armen gleichgültig ist, die vom Staate nicht zur praktischen Solidarität verpflichtet werden, die vom Steuerfiskus ver- schont werden, weil sie ja so arm sind, und weil es den Erwerbslosen in Deutschland im Vergleich zu den reichen Leuten so glänzend geht! Die neuen Systemparteien, Deutschnationale wie Ratio- nalsozialisten, suchen den zerschmetternden Eindruck dieser Notverordnung durch neue großmäulige Verspre- chungen für die Zukunft zu verwischen. Nun erst, nach dieser Notoerordnung, so hört man es aus ihrem Lager, würde erst der Aufbau beginnen, würden neue Wege der Wirtschaftspolitik beschritten werden, neue fruchtbringende Ideen hervorkommen. Die neuen Wege, die das Kabinett der Barone mit Unterstützung dieser Parteien geht, sind die Wege, die vom Wohlfahrtsstaat zur Elendsanstalt stihrsn. Die neuen fruchtbringenden Ideen— das ist der Ktaffenkampf von oben, ist die Begünstigung der Flucht der Reichen aus der Solidarität mit den Erwerbslosen, ist die schamloseste Bedrückung des werktätigen Volkes im Geiste der sozialen Reaktion! Es gibt nureinenWeg.der aus dem wirtschaftlichen Elend herausführen kann! Das ist nicht der Weg, den Hitler durch sein Bündnis mit der sozialen Reaktion einschlagen will, es ist nicht der Weg der Begünstigung unfähiger kapi- talistischer Wirtschaftsführer, deren Sdeen in die schwerste Krise hineingeführt haben. Die neue Wirtschaftspolitik zur Rettung des Voltes ist nur möglich auf dem Wege der plan- mäßigen Organisierung der Wirtschaft, auf dem Wege zum Sozialismus!
Straßers Rundfunkhonorar gepfändet. Für- Otto Braun ? Das Büro des Rechtsanwalts Otto Landsberg hat der Deutschen Welle G. in. b. H. ein Zahlungsoerbot gegen Gregor S t r a ß e r zustellen lassen, um das Honorar, das Gregor Straßer aus seiner Rundfunkrede zusteht, für Ansprüche pfänden zu lassen, die Ministerpräsident Otto Braun aus einer Strafsache gegen Gregor Straßer auf Erstattung von Kosten hat. politische Roiverordnung unterzeichnet. Veröffentlickuna am Donnerstag Die politische Notverordnung der Reichsregierung, die u. a. auch die Frage des SA.-verbotes behandelt, trägt das Datum des heutigen Tages mit der Unterschrift des Reichspräsidenten . Den Vertretern der Länder wird der Inhalt der Verordnung heute nachmittag im Reichslnnenminislerium mitgeteilt. Mit der Veröffentlichung der Verordnung ist nach wie vor für den morgigen Donnerstag zu rechnen. Die Verordnung erscheint morgen nachmittag im Reichsgesehblatt, sie tritt am Freilag in Kraft. (Zteinhagel gegen Kirchenfenster. Chemnitz , 15. Juni. (Eigenbericht.) In der Nacht zum Mittwoch wurden in der Synagoge auf der Feldstraße in Chemnitz sämtliche 24 Scheiben nach der Straßen» front, ldarunter 12 dicke Kunstglasscheiben, durch zahlreiche Stein- würfe zertrümmert. Die Täter müssen sich sehr dicker Steine be- dient haben, denn die Fenster sind stark und doppelt. W o die Täter zu suchen sind, dürste nicht schwer zu erraten sein. Außerdem wurden an dem Gebäude der sozialdemokratischen „Chemnitzer Volksstimme" sechs Scheiben mit faustgroßen Steinen eingeworfen. was war, was wird?— Offiziere über den Krieg. Im Rahmen eines Sonderabends der Deutschen Liga für Menschen- rechte e. V. sprechen Major a. D. Anker, Oberleutnant der Reserve Georg' Halle, Kapitänleutnant Heinz Karschutzki, Polizeioberst a. D. Hans Lackge über das Thema„Was war, was wird? Offiziere über�den Krieg." Oberleutnant der Reserve Georg Halle behandelt das Spezialthema„Kriegsdienst und Gewissen". Die Beranstaltung findet am Donnerstag, dem 16. Juni, 20.36 Uhr, im Reichswirt- schastsrat(Plenarsaal, Vellevuestr. 15) statt. Gäste gegen Unkosten- bcitrag, der wegen der Zeitverhältnisse ermäßigt woroen ist, herzlich willkommen.
Cisenbahnverbrecher ss? Beginn des großen Prozesses gegen Sylvester Maiuska
Wien , 15. 3uni. kein Prozeß des letzten Jahrzehnts ist mii solcher spannongs- vollen Erregung erwarlet worden wie die heute beginnende Verhandlung gegen den 40jährigen Cisenbahnatlenläter S y l v e st e r M a t u s k a vor dem wiener Schöffengericht. Die Tatsache, daß das wiener Verfahren nur der erste Akt des großen Prozeßdramas ist. das vorausfichllich in Deutschland seine Forlsehung finden und in Ungarn zum Abschluß gelangen wird, tut dieser Spannung keinen Abbruch. Denn mehr noch als der Attentäter Rkaluska nimmt das psychologische Rätsel Makuska das Interesse der Welt in Anspruch. Es gibt vielleicht in der ganzen Kriminalchronik der Reuzeit keinen phanlaflifcheren Verbrecher als diesen wann, dessen Abnormität zugleich Entsetzen und ungeheure Neugierde hervor- gerufen hat, eine Abnormität, die jedoch von den Gerichlsärzlen nicht als Geisteskranlheil oder Sinnesverwircnng anerkannt wird. Es mag als interessante Tatsache vermerkt werden, daß in diesem Prozeß sowohl der Ankläger als auch die Verteidiger zu den Jüngsten ihres Fachs zählen. Besonderes Interesse erweckt das Debüt des Hauptverteidigers Dr. E t t i n g e r, der in sportlichen Kreisen einen großen Ruf. genießt: er ist der langjährige Meister von Oesterreich im Fechten und Sieger in zahllosen Turnieren. Sein Mitverteidiger ist Dr. G r a u a u g, die Anklage vertritt Staatsanwalt Dr. Freiing er, während als Borsigender der Chef des Präsidialbüros im Wiener Landesgericht, Oberlandeegerichts- rat Z e i d l e r, fungieren wird. An die Spitze der Anklage wurde jene Tat Matuskas gestellt, für die das österreichische Gericht allein zuständig ist: der v-Zug-Anschlaq bei Nitzbach. Sie wird als Verbrechen der öffentlichen Gewalttätigkeit bzw. als Eisenbahnfrevel qualifiziert. Die Strafe, die Matuska für diese Tat erwartet, beträgt fünf bis zehn Jahre schweren Kerkers. Sollte also von Deutschland ein Auslieferungsbegehren gestellt werden, so wird Matuska frühestens in fünf Jahren vor einem deutschen Gericht erscheinen können. Aus jeden Fall wird er nach der Strafver- büßung nach Ungarn ausgeliefert werden. Da ihm dort die Todesstrafe sicher ist, tritt der Fall ein, daß der Angeklagte das denkbar größte Interesse an einer schweren Bestrafung hat. Mit dem Attentat von Anzbach beginnt die Kette jener An- schlüge, die in Oesterreich zwar nicht unter Anklage gestellt, aber zur Illustrierung der Persönlichkeit Matuskas sehr ausführlich be- handelt werden. Am 31. Dezember 1930 unternahm Matuska beim Kilometerstein 3,301, der 33 Kilometer weit von Wien entfernt ist, den ersten Attentatsversuch. In den frühen Morgen- stunden fand ein Streckenwärter einige Schritte von den Schienen entfernt einen Meißel, einen verbogenen Schraubenschlüssel und einige Schrauben, an denen die Muttern befestigt waren. Er unter- suchte nun genau die Strecke und bemerkte, daß die B e r b i n- dungslaschen zweier Schienen gelöst waren. In diesem Augenblick nahte ein D-Zug aus Wien heran. Der Streckenwärter signalisierte mit seiner Lampe, daß der Zug halten möge. Infolge eines Mißverständnisses verlangsamte der Zugführer das Tempo, fuhr ober weiter. Dank der verringerten Fahrtgeschwindigkeit tonnte der Zug die Stelle glücklich passieren. Es war ein besonders günstiger Zufall, daß ein wachsamer Bahnwärter gerade zu dieser Zeit den gefährdeten Streckenabschnitt besichtigt und da- durch ein großes Unglück verhindert hatte.— Genau einen Monat später, am 30. Januar 1931, wurde ein Anschlag auf den D-Zug Wien — Berlin verübt, und zwar an der gleichen Stelle. Obwohl der Lokomotivführer im letzten Augenblick gebremst hatte, entgleiste die Maschine, und mehrere Beamte. die im Postwagen saßen, wurden leicht verletzt. Die Ermittlungen verliefen ergebnislos. Zwar meldete sich ein Lastautobesitzer, der Matuska nach Anzbach gefahren hatte, aber auch auf Grund seiner Beschreibung konnte der Täter nicht ermittelt werden. Erst die furchtbare Katastrophe von Bia Torbagy konnte Licht in dieses geheimnisvolle Dunkel bringen. Äas Nttentat vsn Jüterbog . Am 8. August 1931 passierte der D-Zug Basel — Berlin gegen VtlO Uhr abends die Strecke zwischen Jüterbog und Kloster Zinna . Plötzlich verspürten die Passagiere einen Ruck und ohrenbetäubendes Krachen. Die Lokomotive entgleiste und kam nüt dem Postwagen und dem ersten Personenwagen etwa 400 Meter hinter der eigent- lichen Unfallstelle zum Stillstand. Die folgenden neun Wagen wurden vom Zug abgerissen, entgleisten und kippten an der Böschung um. Durch den losen Bachsand wurde der Sturz zum Glück sehr gemildert. 109 Personen wurden dabei verletzt. aber nur vier von ihnen erlitten schwere Verletzungen. Menschen- leben waren nicht zu beklagen. Das Fehlen eines Stücks Schiene bildete die unmittelbare Ursache der Entgleisung. Die Untersuchung ergab, daß ein Spreng st offattentat vorlag. Roch in der gleichen Nacht fand man an der Unfallstelle das Ende einer elek- trifchen Leitung, die zu einem nahen Versteck führte, von dem aus der Täter die Sprengladung zur Explosion gebracht hatte. An einem Telegraphenpfahl war mit Reißnägeln die Titelseite des „Angriff" vom 7. August angeheftet. An den Rand des Blattes waren die Worte:„Attentat",„Revolution" und„Sieg" geschrieben und einige Hakenkreuze gezeichnet. Die umfassenden Nachforschungen der Polizei und Bahnbehörden blieben zunächst ergebnislos, ob- wohl die Polizei sich bei der Suche neuartiger Methoden bediente. Es konnte nur ermittelt werden, daß der Attentäter am 7. August in einem Geschäft in der Friedrichstadt eine Eisenröhre und zwei- hundert Meter Leitungsdraht gekauft hatte. Dabei gab er sich als irischer Offizier aus. Die Polizei konnte den irischen Offizier C a r- n e l l ausfindig machen und verhaften. Später stellte sich seine Unschuld heraus: Matuska hatte ihn bei einem zufälligen Zu- sammentreffen in einem Lokal ausgehorcht und die Er- Zählungen des Iren dazu verwertet, um die Spuren abzulenken. Earnell mutzte dieses Mißgeschick mit dem Verlust seiner Existenz büßen. Die Schreckensnacht von B'a Torbagy. Um Uhr nachts verließ der Wiener Schnellzug am 13. September den Ostbahnhof in Budapest . Skhnungslos fuhr er ins Verderben. Bei Bia Torbagy ertönte plötzlich, als der Zug die Talbrücke passierte, eine fürchterliche Detonation. Die Loko- motive und fünf Waggons stürzten aus 25 Meter Höhe in die Tiefe. Herzzerreißend« Schreie erschollen. Als die Hilfsmannschaften ein- trafen, zogen sie aus dem wüsten Trümmerhausen 22 Zote hervor: eine große Anzahl von Passagieren hatte mehr oder minder schwere Verletzungen erlitten. Auch hier war ein Teil des Gleises ge- sprengt worden. In der Nähe des Tatortes fand man auf einem Zementständer einen Zettel mit der Inschrift: „Arbeiter! Ihr habt keine Rechte. Also werden wir die-
Monat von uns hören, weil unsere Genossen überall zu Hause sind. Es gibt keine Arbeitsgelegenheiten, also werden wir welche schaffen Alles werden die Kapitalisten bezahlen. Fürchtet euch nicht, das Benzin geht nicht aus." An der Unfallstelle wurde noch eine Taschenlampenbatterie ge- funden— offenbar der Bestandteil einer Zündvorrichtung. Auch in diesem Falle verliefen die Erhebungen zunächst resultatlos. Dem kriminalistischen Instinkt der ungarischen Polizeibeamten, die die Untersuchung führten, gelang es schließlich, den wahren Täter zu ermitteln. Matuska hatte sich sofort nach der Katastrophe als einer der verunglückten Passagiere gratis nach Wien befördern lassen Dort erteilte er ausführliche Interviews über seine Er- lebnisie. Die Polizei interessierte sich für ihn Die Frau wurde zur Ueberprüsung seiner Angaben vorgeladen. Sie machte, ohne es zu wissen und zu wollen, belastende Aussagen. Am 7. Oktober 1931 war Matuska auf Ersuchen der unga - rischen Polizei von der Polizeidirektion in Wien zum erstenmal vor- geladen worden. Ein paar Tage später wurde er verhaftet und legte ein G e st ä n d n i s ab. Die„Wiener Arbeiterzeitung" cha- rakterisiert Matuska und seine Motive folgendermaßen: „Wollte man den Erklärungen glauben, die Sylvester Matuska seinen ungeheuerlichen Taten gibt, und dächte man sie zur letzten Konsequenz, so mühte der heutige Tag für ihn der größte Triumph sein, die Genugtuung des erreichten Zieles. Er sagt doch, er habe mit Ekrasit und Höllenmaschinen Lärm gemacht, damit die Leute von ihm reden und die Zeitungen über ihn schreiben, er wollte ein berühmter Mann werden, dessen Namen in aller Munde sei. Daß dabei so viele Menschen zugrunde gehen werden, das Leben von noch viel mehr gefährdet fein wird, daran dachte er nicht... Aber darin unterscheidet er sich nicht von anderen, die groß werden wollten, solchen war zu jeder Zeit das Leben der Menschen billig." Beginn der Verhandlung. Der Saal war bereits um 9 Uhr bis auf den letzten Platz ge- füllt: das Landesgerichtspräsidium hatte, um dem Bedarf auch nur einigermaßen nachzukommen, Stehplatze reservieren lassen. Zu der Verhandlung hat auch die Deutsche Reichsbahn vier Vertreter entsandt: Reichsoberbahnrat Loppotz, Reichsbahnober- inspektor Held und die Reichsbahnräte Dr. Vollmer und Dr. Gehns. Die österreichischen Bundesbahnen haben sich mit einem Schadensanspruch von 8000 Schilling als Nebenkläger dem Ver- fahren angeschlossen. Um y,10 Uhr wird Matuska unter atemloser Stille des Auditoriums von zwei Justizwachtmeistern in den Saal geführt. Einige hundert Augenpaare richten sich gespannt auf die Gestalt des Angeklagten. Matuska ist mittelgroß, hat ein glattes Gesicht mit einem kurzgestutzten Schnurrbart. Sein Gehaben wirkt schon auf den ersten Blick merkwürdig weibisch. Er hatte einige Tage vor der Verhandlung erfahren, daß die Psychiater ihm eine feminine Psyche zuschreiben und zieht nun daraus seine Nutzanwendungen. Sein ganzes Benehmen ist so, daß man nicht weiß, ob man es mit einem Simulanten oder einem geistig abnormen Menschen zu tun hat. Er bleibt beim Betreten des Saals im Türrahmen stehen, mustert mit einem idiotischen Blick den Zuhörerraum: seine Zunge ist im rechten Mundwinkel herausgestreckt. Mit besonderer Sorgfalt mustert er die Presiebänke: als er den vollbesetzten Saal sieht, nickt er befriedigt und geht erst dann auf die An- klagebank zu. Er ist sorgfältig zurecht gemacht, trägt einen dunkel- blauen Anzug, Lackschuhe und Seidenstrllmpfe. Beruf: Eisenbahnattentäter. Kurz darauf erscheint auch das Gericht, die Schöffen nehmen ihre Plätze ein, und der Vorsitzende beginnt mit der Personaloer- nehmung des Angeklagten. Matuska spricht sehr geziert, mit aus- gesprochen ungarischem Akzent. Die Personalvernehmung gestaltet sich ziemlich ungewöhnlich. Der Vorsitzende fragt ihn nach dem Namen seiner Mutter. Matuska erklärt: Atonia. Vors.: Das ist doch nicht wahr. Sie heißt Anna. Matuska(verbindlich): Bitte schön. Vors.: Wann sind Sie geboren? Matuska: Im Jahre zwomal 92. Vors.: Das ist ja Unsinn. Sie sind im Jahre 1892 geboren.(Matuska verneigt sich lächelnd.) Was sind Sie von Beruf? Matuska: Ich war zuletzt leider Eisen- bahnattentäter. Vors.: Aber das ist doch kein Beruf. Matuska: Na, dann sagen wir halt Realitätenbesitzer. Beim Zeugenaufruf erscheint auch die Gattin des An- geklagten, Irene Matuska, im Saal. Sie ist schwarz gekleidet. Matuska blickt sie starr an, die Frau lächelt ihm beruhigend zu. Der Vorsitzende gibt bekannt, daß Frau Matuska erst am 17. Juni um 9 Uhr vormittags als Zeugin vernommen werden wird. Als Frau Matuska sich mit den übrigen Zeugen aus dem Saal entfernt, winkt sie ihrem Mann mit der Hand zu. Matuska legt zwei Finger an die Lippen und wirft ihr mit tragischer Geste | drei Küsse nach. Raffinierter Versicherungsbetrug. Ein SchVindler markiert erfotgreich den Toten. Lyon , 15. Juni. Das hiesige Gericht verurteilte den Mechaniker Durand wegen Versicherungsschwindels zu vier Jahren, und seine Freundin Ieanne Piolat zu zwei Iahren Gefängnis, außerdem beide zu 130 000 Franken Schadenersatz. Durand hatte eine Lebensversicherung in Höhe von 150 000 Franken abgeschlossen, deren Nutznießerin die Piolat sein sollte. Kurz darauf markierte Durand so gut den Toten, daß der an das„Sterbebett" gerufene Arzt den Toten- schein ausstellte. Statt Durand wurde aber eine Puppe be- e r d i g t, un-d der Schwindler ließ sich mit der Piolat in Südfrank- reich aus einem für das Versichevungsgeld gekauften Grundstück nieder,©in Zufall brachte jedoch die Polizei auf die Spur. Eine nicht unbedeutende Schuld an dem Zustandekommen des Betruges trägt zweifellos der Arzt, dessen Untersuchung ungewöhnlich flüchtig gewesen sein muß. HHswstte in Indien . Bombay , 15. Juni. Eine ungewöhnlich heftige Hitzewelle sucht seit einigen Tagen Julien heim. Die Sterblichkeit ist infolge der Hitze außer- ordentlich groß. In Lucknow starben 16 Personen an Hitz- schlag. Die meisten Schulen wurden wegen der Hitze geschlossen. Der Prozeh gegen den Präsidealenmörder Gorgulow ist auf den 11./12. Juli verschoben worden.