Morgenausgabe
Nr. 279
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49. Jahrgang
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Der„ Borwärts erscheint wochentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel„ Der Abend". Jalustrierte Gonntagsbeilags Bolt und Zeit"
Donnerstag
16. Juni 1932
Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.
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Die sogenannte politische Notverordnung, deren Kernstück die Aufhebung des SA. Verbots und des Uniformverbots sein wird, soll am Freitag in Kraft treten. Bereits gestern erschienen die nationalsozia=
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Uniform den Notverordnungsjacken, so daß das Plenum des Landtags auf der Rechten eher einer englischen Armeeversammlung glich als einem deutschen Bar
lament.
Die Deffentlichkeit hat das größte Interesse, im Zusammenhang mit dem Wiederauftreten einer neu uniformierten SA. eine Reihe von Fragen geklärt zu sehen.
Zunächst: wer bezahlt die Neuuniformierung der SA. , deren Koffen insgesamt auf niedrig gerechnet 15 Millionen Mark geschäht werden? Die Frage ist angesichts des ungeheuren Elends nur zu berechtigt!
Weiter: besteht die Absicht, der SA. eine halbstaatliche Stellung zu geben?
Sicher ist, daß eingehende Borbesprechungen der SA .. Leitung mit Reichsbehörden über die künftige Gestaltung der Hitlerschen Privatarmee stattgefunden haben, die bis in die Einzelheiten gegangen sind. Ferner hat Hitler unterm Datum des 14. Juni eine Neuorganisation seines Stabes angeordnet. Man findet in dieser Anordnung nichts über den Stab der Sa. , wohl aber: Reichsinspektion I, Leiter Ober leutnant Paul Schulz . Der Organisator der soge= nannten Arbeitskommando s" von 1923 ist seit längerer Zeit von Hitler als Organisator der Arbeits dienstpflicht" vorgesehen.
Ueber diese Dinge, die von brennendem Interesse sind, hat die Deutsche Zeitung" vom 13. Juni eine Veröffentlichung vorgenommen, in der sie sich rühmt, daß sie über die Absichten der Reichsstellen genau unterrichtet sei. In dieser außerordentlich sonderbaren Veröffentlichung heißt es: ,, Aus dem letzteren und aus der Verordnung vom 5. Mai ergibt sich, daß die Führer der SA. zunächst ihre Sazungen dem Reichs: minister zur Prüfung vorzulegen haben. Dabei dürften dann die notwendigen Verabredungen über alle Einzelheiten, insbesondere über die künftige Gliederung und Verwendung der SA. getroffen werden.
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An die Aufhebung des Uniformverbotes sind schon im voraus alle möglichen Gerüchte über angebliche amtliche Uniformierungspläne für die SA. und SS. geknüpft worden. Davon fann natürlich keine Rede sein. Die zuständigen Stellen stehen vielmehr auf dem Standpunkt, daß es nach erfolgter Aufhebung des SA. - Verbotes Sache der SA. Führung sei, die Uniformen zu bestimmen. Es dürfte also zunächſt die alte SA. und SS. - Uniform beibehalten werden.
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Daß der Staat sich im übrigen bei der Lösung der großen völkischen Zukunftsaufgaben wir denken vor allem an die Arbeitsdienstpflicht in erster Reihe auf die großen, im Geiste der alten soldatischen Disziplin ausgebauten nationalen Verbände stützen wird und nicht auf Reichsbanner und Rotfront, ist eine Selbstverständlichkeit, mit der sich die Novemberlinge und die schwarz- roten Massenkampsparteien abfinden müssen. Wenn in den nächsten Tagen die SA. wieder marschiert, beginnt der Wieder ausbau Deutschlands aus dem Geiste einer neuen nationalen Disziplin."
Die SA. Führung hat inzwischen die Uniformen bestimmt, man fonnte sie auf der Modenschau im Landtag besichtigen. Wer sie finanziert, ist eine andere Frage!
Was heißt im übrigen Arbeitsdienstpflicht, so wie die SA. - Führung und die„ Deutsche Zeitung" es auffaßt? Wir sehen von der Unmöglichkeit und Unsinnigkeit einer Arbeitsdienst pflicht ab, und stellen nur fest: Arbeitsdienstpflicht seit Allgemeinheit der Verpflichtung voraus. Eine sogenannte Arbeitsdienstpflicht, die, wie die Deutsche Zeitung" andeutet, ausschließlich der SA. und etwa dem Stahlhelm eine halbstaatliche oder staatliche Stellung gäbe, wäre nichts anderes als die Aufstellung einer faschistischen Miliz. In diesem Fall wäre es ganz flar, daß diese Arbeitsdienstpflicht, wie die Deutsche Zeitung" fie auffaßt, mit Arbeit so wenig zu tun hat, wie seinerzeit die ,, Arbeitskommandos" des Oberleutnants Paul Schulz .
Man spekuliert in den Kreisen, deren Sprachrohr die ,, Deutsche Zeitung" ist, auf eine braune Miliz, die als ,, Arbeitsdienstpflicht" getarnt werden soll. Die unvorsichtige Offenherzigkeit der Deutschen Zeitung" läßt daran feinen Zweifel!
Die Deffentlichkeit hat ein Recht, zu erfahren, was diese Kreise zu solchen Hoffnungen und Erwartungen berechtigt!
Diese Veröffentlichung der Deutschen Zeitung" ist gefährlich, und die Reichsregierung sollte sich nicht durch sie kompromit tieren lassen und sollte ihr entgegentreten!
Da die Arbeitsdienstpflicht Zukunftsmusik ist, besteht die Möglichkeit, daß die S2. zum freiwilligen Arbeitsdienst kommandiert wird. Im freiwilligen Arbeitsdienst ist vorgesehen, daß die Behörden nicht nur für den Unterhalt, sondern auch für die Kleidung der Arbeitsdienstwilligen
aufkommen.
Wir stellen also die eindeutige Frage: joll jetzt mit staatlichen Mitteln, die für den freiwilligen Arbeitsdienst aus
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geworfen find, die Privatarmee des Herrn Hitler befoldet und neu eingekleidet werden?
Dies würde eine Finanzierung der Nationalsozialistischen Partei und ihrer Propaganda durch den Staat bedeuten!
Dreißig Tage nach dem 31. Juli muß der neue Reichstag zusammentreten. Bleiben diese Fragen ungeflärt, so können sie im Reichstag oder in einem Untersuchungsausschuß in vollster Deffentlichkeit behandelt und geflärt werden! Die Frist, die sich das Kabinett der Barone mit der Reichstagsauflösung verschafft hat, ist nicht lang!
Notverordnung unterschlagen!
Die Angriff": Leser dürfen sie nicht erfahren. Der Angriff", das Berliner Organ ber into a telefon.
der Sozialversiche
Der„ Angriff", das Berliner Organ der Nationalsozialisten, hat gegenüber den Nolverordnungen der Regierung Brüning die fettesten Schlagzeilen gebraucht.„ Brünings Sozialraub" so hieß es damals! Als vor einigen Tagen die Pläne der Sozial. reaktion durchzufickern begannen, hieß es im Angriff" in fetter Baltenüberschrift:„ Sanierung rung". Und wie heißt es heute über die Notverordnungen des Kabinetts der Barone? Da gibt es feine Schlagzeile, nichts von Sozialraub, nichts von Protesten; denn das Berliner Organ der Nationalsozialisten vom 15. Juni 1932 hat den Inhalt der Notverordnung des kabinetts der Barone feinen Lejern glatt unterschlagen! Nicht ein einziges Wort über den Inhalt dieser Notverordnung! Die SA. - Profeten dürfen nicht erfahren, wie ihre Erwerbslosenunterstützung abgebaut wird, die Mittelständler nicht, welche schweren Lasten das kabinett der Barone mit Unterstützung der Nationalsozialisten ihnen auferlegte!
Bersteckt auf der zweiten Seite des Blattes ohne sichtbaren Hinweis auf die Notverordnung findet man eine furze Betrachtung unter der Ueberschrift:„ Was wir dazu sagen." Was sie dazu fagen ist, daß sie nach wie vor eine abwartende Haltung gegenüber dem Kabinett der Barone einnehmen, und daß sie keinen Anlaß sehen, diese Haltung zu ändern. Das ist das Geständnis der Tolerierung dieser Hungerverordnung, wenn sie sich auch den Anschein geben, als ob sie der Form nach ein Nein dazu sagen wollten. Darüber hinaus wird in Aussicht gestellt, daß das Verhältnis der Nationalsozialisten zum Kabinett der Barone noch intimer werden könne, wenn das kabinett den Wünfchen der Nationalsozialisten willfährig sei!
Das Berliner Organ der Nationalsozialisten hat damit auf das deutlichste den ungeheuren Boltsbetrug der Nationalsozialisten entlarvt. Sie tragen die Verantwortung für diese Hungerverordnung, und sie werden dafür zur Rechenfchaft gezogen werden!
Die Prozedur vereinbart.- Macdonald wird Konferenzpräsident.
Lausanne , 15. Juni. ( Eigenbericht.)
Den Auftakt zur Causanner Reparations- konferenz bildete eine Besprechung der Vertreter der sechs einladenden Mächte Deutschland , England, Frankreich , Italien , Belgien und Japan über die Prozedur der feierlichen Eröffnungsfitzung am Donnerstag vormittag. Das lafonische Kommunique, das unmittelbar danach der Presse verlesen wurde, teilt nur mit, daß Motta ( Schweiz ) die Begrüßungsrede und der Präsident der Konferenz eine Einleitungsrede halten werden. Wie man darüber hinaus erfährt, hat Macdonald auf Vorschlag Herriots angenommen, sich am Donnerstag zum Präsidenten der Konferenz wählen zu lassen. Er wird in seiner Ansprache die Probleme umreißen, die endgültig das Programm der Beratungen bilden werden.
Neben den sechs einladenden Mächten sind auf der Konferenz noch zwölf Länder vertreten: Polen , Portugal , Ru mänien , Jugoslawien , Ungarn , Auftralien, Kanada , Bulgarien , Tschechoslowakei , Griechenland , Südafrika und Neuseeland . Daß Desterreich nicht eingeladen ist, wird dahin gedeutet, daß die Donaufrage nicht zum Beratungsstoff gehören werde. Tatsächlich zeigt die vorliegende Lifte auch nur Staaten, die noch mit der eigentlichen Reparationsfrage allein zu tun haben.
Deutschlands Delegierte nicht optimistisch.
Lausanne , 15. Juni. ( Eigenbericht.)
Der Reichstanzler, Außenminister von Neurath und Finanzminister Graf Schwerin von Krofigt legten furz nach Abschluß der ersten Besprechung zwischen den einladenden Mächten der deutschen Preffe die Richtlinien der deutschen Haltung in Lausanne dar. Sie famen alle drei nicht über ganz allgemeine Säße hinaus, wobei am interessantesten die Be merfung des Reichstanzlers war, die jetzige Regierung werde die nationalen Notwendigkeiten mit der gleichen Festigkeit vertreten mie ihre Vorgänger. Demnach scheint von der stärkeren nationalen Haltung der jeßigen Regierung gegenüber dem Kabinett Brüning nach außen hin schon teine Rede mehr au sein.
Reichskanzler von Papen führte sich ein zwar als Neuling auf internationalen Konferenzen, er finde hier aber eine Reihe guter Bekannter aus dem Auslande, die ihm die Verhandlungen sehr erleichtern. Sein Kabinett werde die nationalen Notwendigkeiten mit der gleichen Festigkeit vertreten wie seine Vorgänger. Es müsse nicht nur ein
Strich unter die Reparationen gezogen
werden, sondern man müsse auch verständnisvoll die allgemeine
Lage mit den anderen Staatsmännern besprechen. Es handele sich dabei um eine Lage, die psychologisch keine Vertagun= gen mehr ermögliche, und Deutschland werde darauf drin gen, eine umfassende Lösung für die Probleme der Reparationen und der Wirtschaft zu finden. Man müsse einen Auftrieb schaffen, dafür seien alle Staatsmänner hier, nicht nur für Deutschland , sondern auch für Europa und die ganze Welt. Am Freitag werde lanzler den deutschen Standpunkt darlegen werde. Ueber wiele Brodie erste Arbeitssigung der Konferenz sein, in der gleich der Reichsbleme gäbe es in Deutschland Meinungsverschiedenheiten, aber wenn fanzler den deutschen Standpunkt darlegen werde. Ueber viele Proauch die Deutschen durch innerpolitische Dinge und Nüancen sich unterschieden, über die Fragen, die in Lausanne zur ständen, gäbe es keine Meinungsverschiedenheiten. Reichsaußenminister von Neurath versicherte, daß das Kabinett den nationalen Interessen gerecht werde mit seiner Haltung in Lausanne . Von Paris her sei in den letzten Tagen eine optimistische Auffassung geäußert worden, als wäre es leicht, hier in Lausanne Entscheidungen zu trefferi.
Debatte
Er teile diesen Optimismus nicht, und es sei ein großer Fehler, wenn man erwarte, daß schon in einigen Tagen hier ein greifbares Ergebnis erzielt werden könne. Von der Erkenntnis, daß die Reparationen nicht mehr gezahlt werden fönnten, bis zur offiziellen Feststellung dieser Erkenntnis sei eben ein harter Weg.
Finanzminister von Krosigk knüpfte an seine gestern in Berlin der deutschen Presse gegebene Darstellung der finanziellen