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Tlr. 229 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Vonnerstag, 4 6. Juni 19Z2

Meine Tat ist wirklich eine Tat" Was der Eisenbahnverbrecher Matuska erzählt und phantasiert

Wien , 15. Zuni. Die Vernehmung des Eisenbahnverbrechers ZN a t u s k a för­derte im weiteren Verlauf der Verhandlung interessante Momente zutage, die sich in der Hauptsache aus das Vorleben Matustas beziehen. Vors.:Bekennen Tie sich schuldig?" Auge kl.:Schuldig und auch nicht schuldig, bitte schön." Vors.:Schuldig im Sinne der Anklage?" A n g e k l.:Ja." Matuska läßt nun einen un- verständlichen Redeschwall los, aus dem man nur soviel entnehmen kann, daß er die Psychiater gegen seinen eigenen Verteidiger in Schutz nimmt. Man hört die Worte:Meine Tat ist wirklich eine Tat." Dann unterbricht ihn der Vorsitzende:Wir kommen besser weiter, wenn Sie uns Ihren Lebenslaus schildern." Matuska kommt dieser Aufforderung nach. Der Vorsitzende fragt ihn:Können Sie sich an Ihren Schulkollegen K i ß entsinnen?" Matuska schüttelt den Kops. Vors.:Er hat sich freiwillig als Jeuge gemeldet und an- gegeben, Sie sollen ihm gesagt haben, daß Sie sich nichts Schöneres vorstellen könnten, als eine große Explosion in dunkler Nacht." Angekl.:Weih ich nicht mehr, was ich mit 12 oder 13 Iahren gesagt habe." Maiuska erzähli. Matuska erzählt dann, daß er die Lehrerausbildungsanstalt ab- sgloiert und dann einen Lehrposten in einer geistlichen Schule be- kommen habe. Besonders gern habe er sich als Organisator betätigt. Ich Hab« auch das erste Fußballmatch in Csanwver sMatuskas Geburtsort) organisiert", erklärt er, nicht ohne Stolz. Vors.:Sie waren auch im Krieg?" Matuska, sich stolz in die Brust werfend: Bin ich bei sechste chonved-Reziment gewesen, was gutes ungarisches Regiment ist." Vors.:Sie sollen mit großer Freude in den Krieg gezogen sein?" Angekl.:Ja, ich hatte Angst, der Krieg wird in einer Woche zu Ende sein. Dann bleibt für mich nichts übrig und kann ich meinen Kindern nichts vom Krieg erzählen. Mein Groß- vater hat immer viel vom Krieg erzählt, habe ich mich darum be- sonders besilt." Vors.:Wie haben Sie Ihre beiden Auszeich- nungen dosSignum landis" und die silberne Tapferkeits- medaille erworben?" Matuska:In Serbien , wo ich aus- gehalten ganzes serbisches Angriff. Dann ich bin gekommen in Hinterland und war hier Lehrer von 300 Einjährige. Dann bin ich wieder an Front gekommen. Das ist Tatsache, e« war große Glorie und großer Sieg." Matuska gerät in immer größere Erregung und schildert in seinem gebrochenen Deutsch den Ansturm des Feindes:War schreckliches Trommelfeuer, zwanzig Offiziere in einer halben Stund« tot. Ich haben bekommen Befehl, mit acht Maschinengewehre aufzufahren. Wir lagen auf Erde bis 3 Uhr früh. Dann kommt Feind... fbrül- lend und händefuchtelnd) wir schießen, schießen, schießen. Bei unserer Regiment hat geheißen(wieder schreiend) wenn österreichisch -unga - risches Armee kommt, dann wird mit Maschinengewehr« gespritzt. Am Morgen sind Leichen so hoch vor unsere Stellung gelegen(er- hebt den Arm in Manneshöhe). Tote, nichts als Tote. Es war eine halbe Stunde kolossales Gefecht und große Glorie. Aber meine arme arm« Schulkommandant, mein bester Freund, ist gestorben in meinen Armen."(Er bricht in konvulsivisches Schluchzen ays.) Vors.: Sie haben dann Ihre Lehrerstelle aufgeben inüssen. Warum?" Angekl.:Weil ich keine Sprachen konnte. Ich lerne schon seit 30 Jahren Deutsch und noch immer nicht können." Aus dem weiteren Verhör ergibt sich, daß Matuska nach dem Krieg in Csantaoer ein Freiwilligen-Bataillon organisiert hatte, bis die Jugoslawen den Ort. besetzten. Später verdiente er viel Geld mit Petroleumschiebungen. Aus dem Ertrag kaufte er sich ein Gut. Er besah dann abwechselnd einige Häuser in Budapest und kaufte später fünf Häuser in Wien an.In Budapest ich haben gegründet eine Aktiengesellschaft", erzählt er.Dort war ich Direk- tor,(laut) Direktor, bitte,(schreiend) Erster Direktor!" Bigotterie und Geschäft. Matuska schildert dann seine Uebersiedelung nach Wien und erklärt, daß ihm die Wiener sehr gut gefielen. Aller- dings ist er auf sie auch böse, weil sie seiner Meinung nach zu große Atheisten seien.Diese schöne Stephanskirche ist ganzen Vormittag leer", erklärt er.Und andere Kirchen auch leer. Das ist große Sünde. Ich gehen jeden Sonntag in die Kirche. Ich kämpfe gegen Acheismus, ich bin seit meiner Geburt religiös."

Aus Budapest kam Matuska mit etwa 140 000 Schilling(damals rund 84 000 Mark) nach Wien .. Hier kaust« er die Hikuser und be- trieb nebenbei auch das Zwiebelgeschäft im großen.Es war größtes Zwiebelgeschäft in Europa ", erzählte er. Mit dem 10. Oktober 192S begann Matuskas finanzieller Zusammenbruch. Es liefen zuletzt gegen ihn nicht weniger als 200 Prozesse und Psändungsverfahren. Matuska erzählt dann, es habe ihn immer geschmerzt, daß die Men- schen so gottlos seien und er habe beschlossen, gegen die Atheisten zu kämpfen. Als er in Csantaoer bei seinem Vater zu Besuch weilte, sei ihm der Geist eines gewissen Bergmann er- schienen. Der Geist habe ihm gesagt, daß er einmal sehr berühmt sein werde und daß er gegen die Acheisten kämpfen müsse. Matuska erklärt pathetisch:In zwanzig Iahren werde ich Minister. Ich weiß, übermorgen bekomme ich eine Strafe", aber dann kommt die Stufe. Ich werde ganz bestimmt Minister." Der Angeklagt« ergeht sich dann in breiten Schilderungen über den Geist, der ihn ständig begleitet und ihm die Gedanken zu den Attentaten eingegeben habe. Durch diese Allentale würde die Regierung gezwungen sein, die Eisenbahnen zu elektrifizieren. Dann würden auch' die Arbeiter Brot haben und sehen, was er, Matuska. für sie getan habe. Der Staat müßte dann auch seine Erfindung, einen leuchtenden Se- maphor, der automatisch jede Beschädigung der Strecke anzeigt, an- kaufen müssen, um künftige Eisenbahnattentate zu verhüten. Er, Matuska, habe auch noch eine Weltsensation in Bereitschaft gehabt: ein« Erfindung, die es ermöglicht hätte, mit einer großen, in der Donau postierten Turbine, alle Eisenbahnen Oesterreichs zu be- treiben. Der Angeklagte schildert dann die Vorbereitungen zu dem Anzbacher Attentat. Er kaufte sich in einem Wiener Eisen- geschäst einen passenden Schraubenschlüssel und das Rohr, das er später über die Schienen legte. Vor der verhängnisvollen Autofahrt spielt« er seelenruhig im Kaffeehaus Schach. Auf die Frage, ob er Menschenleben gefährden wollte, meint Matuska:Ich wollt«, daß der Zug entgleist und die Zeitungen darüber schreiben. Ich bin kein grausamer Mensch. Es lag mir nicht daran, daß Menschen getötet werden." Oer Geist Leo. Matuska erzählt dann, daß ihm in Budapest , wohin er sich in der Zeit Mischen dem ersten und zweiten Anzbacher Attentat be- geben hatte, wieder«in Geist namens.Leo" erschienen sei. Dieser Hab« ihn aufgefordert, das Attentat zu wiederholen und ihm sogar eine Zeichnung des zu beschädigenden Gleises übergeben. Matuska behauptet, daß der Geist ihm auch geHolsen habe, die 70 Kilogramm schwere Eisenschien? vom Fahrdamm auf das Gleis zu schleppen. Auf dem Tatort hinterließ er einen Zettel:Arbeiter, bitte zur Kenntnis zu nehmen, eine große Kraft steht hinter eurem Rücken." Nach dem Attentat kehrte er nach Wien zurück und ver- brannte seine Kleider. Er bekennt tteuherzig:Ich habe in Zeitung gelesen, daß große Aufregung über mein Attentat war, aber keine Menschen tot. Das war richtig. Ich war sehr zufrieden." Jüterbog und Bio Torbagy. Das Gericht geht dann zu Matuskas Vernehmung über das Attentat in Jüterbog über. Auch zu diesem will er von seinem Geist" inspiriert worden sein.Ich weiß jetzt, daß er nicht existiert und ich tu mich auch schämen", sagt er,aber es war doch so. Ich habe ihn gesprochen." Matuska erzählt dann eine verworrene Geschichte. Er habe in Berlin in einemHotel Hallenstraße " einen Saal gemietet, in dem die Sekte der Eisenbahnattentäter ihre Versammlungen ab- halten sollte. In Berlin habe er sich unter dem NamenT u r c o- logia Procop" gemeldet, weil ihm dieser Name so interessant erschienen sei. Vor dem Attentat in Jüterbog habe er in Linz Selbstmord begehen wollen, doch sei ihm das Wasser zu kalt gewesen und dann habe er aus Angst zu ungenau gezielt, als er sich erschießen wollte. Matuska beschrieb dann seine Ein- k ä u f e im Geschäft in der F r i e d r i ch st r a ß«. In der Vor- Untersuchung hatte er angegeben, er habe dabei mit der Inhaberin des Geschäftes und ihrer Tochterangebandelt", weil ihn der Ge- danke beherrschte, er müsse beide an einem Tag besitzen. Als der Vorsitzende auf diese Angabe zurückkommt, erklärt Matuska :Ich möchte mich darüber nicht äußern." Nach dem Attentat bei Jüterbog ging Matuska fünfzig Kilometer zu Fuß nach Berlin zurück. Er behauptet, überzeugt gewesen zu sein, daß kein Unglück geschehen

würde, weil die Eisenbahnwagen auf Sand entgleisen würden. Vors.:Aber es hat doch mehr als hundert Verletzte gegeben!" Angekl.(triumphierend):Aber die Waggons sind ganz ge­blieben." Vors.:Warum haben Sie sich gerade denA n g r i f f" ausgesucht, um ihn dann mit Ihren Inschriften versehen beim Tat­ort zurückzulassen? Sollte das ein Ablenkungsmanöver sein?" Matuska antwortet: »Weil ich mich den Nationalsozialisten am nächsten fühle." Aber ganz wollte ich mich nicht anschließen, weil mir verschiedenes bei ihnen nicht paßt." Matuska geht dann auf das Attentat bei Bia Torbagy über:Leo(der Geist) sagt« mir, ich sollte die Brücke sprengen." Der famose Leo fuhr dann nach Matuskas Schil­derung mit ihm nach Budapest . Sie seien ein paar Tage vor dem Attentat an die Unglücksstelle hinausgefahren, und er, Mattisko, habe eine Versuchssprengung gemacht. Die Kapsel explodierte jedoä, vorzeitig, und Matuska lies davon. Als Matuska dann auf das Hauptattentat zu sprechen kommt, schluchzt er plötzlich aus, schlägt die Hände vors Gesicht und gebärdet sich wie toll. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß er eine widerliche Komödie aus- führt. Der Vorsitzende hält ihm dies auch vor. Er will Zeitungen in die Lust sprengen. Vors.:Sie wollten noch weitere Attentate verüben?" Angekl.:Jawohl, in allen Ländern. Bis man mir darauf- gekommen wäre. Ich werde auch in Zukunft Attentate begehen. Und wenn ich 70 Jahre alt bin, bis ich Gefängnis verlasse, ich werde meine Tat vollführen." Vors.:Also Eise'nbahnen spren- gen?" Angekl.:Nein, aber Zeittingen. Ich wollte auch bei Bia Torbagy nicht den Zug sprengen, nur die Brücke. Ich dachte, Lastzug wird zuerst kommen aber zum Unglück hat sich Lastzug verspätet und Schnellzug kam zuerst." Vors.:Und nun sagen Sie mir, Sylvester Matuska : Was war der eigentliche Grund Ihrer Taten?" Angekl.(schreiend):Das möchte ich auch wissen! Ich weiß selbst nicht, warum ich das alles getan habe." Auch das ganztägige Verhör vermochte das Rätsel des Motivs. das Matuska zu seinen grauenhaften Attentaten veranlaßt hat, nicht zu klären. Die Verhandlung wurde auf Donnerstag vertagt.

Tod durch das Jagdgewehr. Kommerzienrat v. Guilleaume erschossen aufgefunden. Remagen , 15. Zuni. Der öbjährige kommerzienrat Rlax von Guilleaume . ZNitinhaber der Kabelwerke Zelten u. Guilleaume Earlswerk A.-G., Köln-Mülheim , wurde heute auf seinem Sommersih Haus E a l- m u l h bei Remagen erschossen ausgesunden. Sein Diener, der sich in den oberen Räumen des Hauses aus- hielt, hörte plötzlich einen Schuß. Als er nach unten eilte, fand-er Guilleaume am Tische, den Kopf zur Seite geneigt, mit einer k l a f- senden Wunde. Ein Schuß seiner Jagdbüchse war ihm mit solcher Wucht in die Sttrn gedrungen, daß ein Teil der Schädeldecke sich abgelöst und die Fensterscheibe zertrümmert hatte. Allem Anschein nach war Herr von Guilleaume mit seiner Jagdflinte beschäftigt gewesen. Er hatte kurz vorher mit seinem Förster eine Fahrt zum Anstand auf der Jagd verabredet. Der Wagen stand bereits mit der Jagdausstattung vor dem Hause.

Oes Lebens müde...! Selbstmord wegen schwerer Krankheit. Wegen schwerer Krankheit verübte gestern früh um Sf.- Uhr der 47jähr»ge Arbeiter Fritz Schröther aus der Ackerstr. 57 Selbstmord. Sch. stürzte sich aus dem Fenster seiner im dritten Stockwerk des Quergebäudes gelegenen Wohnung auf den 5)of hin- ab, wo er mit zerschmetterten Gliedern bewußtlos lieben blieb. Di« alarmierte Feuerwehr schaffte den Lebensmüden ins nahe- gelegene Lazarus-Krankenhans, wo bei der Einlieferung jedoch nur noch der Tod festgestellt werden konnte.

Rücken Sie,JUe£»tSUuuh/e/t% Jeder Mann wird über dieses Ansinnen lachen!

Die heutige Männerwelt hdl andere Sorgen-, diese zu bannen, dem grauen Alltag ein paar frohe Minuten abzuringen, dafür ist Juno die Rechte.

Den uberragenden Erfolg der

schuf ihre Güte. Weil sie keine Stickereien, Wertmarken oder Gutscheine bringt, bleibt Juno die Cigarette aller Kenner; sie ist gleichmäßig gut bis zum letzten Zug!