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C.&.3ilesgen:

'ewiiier über dem

Unter Wolkenkeulen sinkt die Sonne nieder Wie grüne Galle ist ihr Licht Es ist. als ob eine Unruhe das Meer ersaht, als ob die gespensterhaft wachsenden Schatten der Steilküste das Meer er» schrecken. Der blaue Horizont der See läuft schwarz an wie ein blankes Messer Wolkenherden steigen hoch und höher, und wie giftige Muscheln und Pilze steigt ein Unwetter aus dem Meere herauf. Die Schatten der Küste greifen tiefer und weiter in das Meer. Die Wolkenmaffen färben sich mit Schwefel und Phosphor und schleudern drohende Fäuste hoch in den erblassenden Himmel. Warnungszcichen zappeln an den Küsten hoch. Die scherenden Fischer flüchten mit den sturmverkündenden Möwen dem Festlande zu und ziehen ihre Boote weit den Strand hinauf, ehe die Brandung die Küste verbarrikadiert. Steif und schwer dehnt sich das Meer, das der Sturm weckt und wie an den Haaren zu einem heimlichen Komplott heranzieht. Zn Wirbeln bohrt sich der Sturm in das Meer. Wie zusammengekauerte Hunde liegen die Felsquader am Ufer, bereit, gegen die Flanken der Erde zu springen. Heimtückisch wider- strebend gehen die Wogen aus und ab, hoch und nieder, lockern die Steine auf sandigem Grund, bis mit einem plötzlichen Anlauf das Meer, vom Sturm besessen, aufspringt und die gliedernden Wogen in ihrer Breite und Tiefe zu sich empor und wirbelnd gegeneinander schleudert. Die Wogen entreißen der sinkenden Sonne rote Fetzen, und mit tausend roten Fahnen brechen die Wogen am Horizont auf und türmen Wellen zu Bergen hoch, daß die dahinfchießenden Brecher im ' Sturmgeheul zu Gischt zerkochen. Oben von der Steilküste aus erkennst du im Aufruhr des Meeres die ooranstürmenden Führer und Aufklärer. Unaufhaltsam jagen sie den blindlings nachrollenden Massen voran. Die letzten Sonnenstrahlen fliegen wie funkensprühende Brandfackeln gegen die Steilküste, und in diesem Augenblick ist das unübersichtliche Getöse von Gischt und Schaum ein in Feuer und Wasserstaub zerplatzender Planet Aus dem brüllenden Toben lassen sich Meilen vor der Küste alle und junge Wogen klar unterscheiden. Die tief aufwühlend den brüllenden Anführern dicht folgen, das sind die Jungen. Die Alten bleiben weiter zurück, schütteln verzweifelt ihre weihen Häupter und werfen sich den Aufrührern immer wieder in den Weg. Sie werden zur Seite geschleudert und über sie weg stürmen die Führer vor- wärts. Ueberall reißen sich die Jungen los, springen hoch und ent- winden sich schäumend den zitternden Alten. Brüllend jagen die Jungen ihren Führern nach. Der Aufruhr tobt wie eine wahnsinnige Flucht aus die Steil- küste los. Alle Urkräfte entfesseln Sturm und Meer. Die Wellen- massen sind zu Peitschen des Wahnsinns geworden und zerbrechen an der durchwurzelten Steilwand. Verwegenheit lockt euch in sinnlosen Kamps!" brüllen be- schwörend die Alten.Euer Sturm ist feige Flucht vor euch selbst! Ihr flieht, von der Freiheit getrieben, in eine Flucht ohne Ende!" Wir sind die Fäuste und Zähne der Zettl" lachen die Jungen zurück. Fäuste und Zähne zerbrechen im Sturm!" erwidern die Allen. Wir erzwingen, was wir singen!" stürzen die Jungen rasend fort und zerbrechen mtt krachendem Getöse an den oersteckten Felsen, daß ihr Schaum hoch gegen die Stellwand spritzt. Die Quader und Felsen bewegen sich schwer, als warteten sie auf den Peitschenknall. Wellenberge um Wellenberge rollen un- sichtbar vor Gischt und Schaum höher die Stellwand hinauf und fallen zurück. Die Sonne steht halbiert am Horizont und entzündet mtt letztem Licht die donnernde Brandung zu einer kochenden Feuers- brunst. Leuchtfeuer speien ihre Lichtzeichen gegen die aufzuckenden Gewitterwolken, die noch den offenen Blitz verstecken, bis die unge- heuren Gewichte der Atmosphäre in kabeldicken Feueradern auf­flammen Wie ausgerissene Bäume, mit ungeheuren Wurzeln und Kronen schleudert der Himmel seine Feuerkeulen von Horizont zu Horizont, daß die Erde im zerberstenden Donner ausbrllllt und bebt. Orkane reißen Meilen um Meilen alle Windstärken der Erde zusammen. In gurgelnden Wirbeln rasen die Wogen und schneiden wie Sensen über die Steilküste hinweg. Das von Orkanen brodelnde Wasser reißt die Felsquader vom Grunde los und schleudert sie hoch, daß sie zersplttternd gegen die Felswand donnern. Strahlend hält die Stirn der Steilwand den Widerschein der Sonne dem schonungslosen Element entgegen. Wie der Krater eines Bulkans, der von Lava überschüttet in sich zusammenbricht und immer wieder neue Riesenkegel hochtürmt, donnern Gischtstrudel die Steilwand brandend hinauf und hinab. Millionen schwere Zentner hämmern die Wogen Schlag auf Schlag gegen die Steilwand, an deren Stirn sich die harzigen Kiefern um ihr« Wurzeln drehen. Meilenweit brüllt der Sturm in das Land hinein. Mit schwarzen Fahnen sind die Sterne verhängt. Leuchtfeuer rufen ohne Unterlaß ihre Wegezeichen hinaus auf die sturmumwirbelten' Handelsstraßen, darauf der Mensch, zitternde Planken unter den Füßen, mit sturmgefesselten Atmosphären Dampf und Kohle dem Aufruhr mit kaltem Blute trotzt. * Der Aufruhr des Meeres zerfloß über Nacht mit seiner weiß- kochenden Wut wie flüchtiger Schnee. Wie eingeschlafen liegt das Meer. Kaum stärker als dein Blut im Handgelenk bewegt es mit ruhigem Atem samenfeine Kieselsteinchen Bruchteile eines Milli- meters hin und her, vor und zurück. Ein Fremder wird die Unordnung ringsum am Strande und an der Stellwand nicht erkennen. Alles ist durcheinander geworfen. Kein Stein liegt an der allen Stelle, und doch liegt alles so, als könnte sich die Landschaft nie verändern. Fische sind in das Netzwerk der Wurzeln an der Steilwand geschleudert. Raben sind schon früher wach und teilen sich die Meeresbeute. Zwischen angetriebenem Tag und Holz liegen Bernsteinstücke. Das Meer verlor im Aufruhr seinen kostbaren Besitz. In die Steilwand haben die Wogen Runen eingekerbt, die wir nicht mehr zu deuten wissen. Die Steilwand trotzt mit ihrer Stirn dem Meer, und was die Wellen mit ihren Zähnen fortreißen, müssen sie immer wieder hin zur Küste tragen. Das Meer muß neu aufbauen, wo es niederreißt. Der geflüchtete Sturm hat feine Stärken in Wellenlinien wie eine Skala in den Sand gezeichnet. Sie alle, Meer und Sturm, Muschel und Wurm, zeigen chre Fieberkurven und zeichnen in Wellen und Ringen'ihr Tagebuch. Kein Tag geht ohne Zeichen an Baum und Muschel und an deinem Gesicht vorüber. Es summt und singt das Meer, als wäre nur Friede und Groß- mut in ihm. Jedoch der feingemahlene Sand zu deinen Füßen sagt dir. wie fein da» Meer jeden Widerstand zermahlt und wie es keinen Stein in Ruhe läßt, bis er zu Staub zerfallen ist. Ihr Macht-

bewußtfein ist unerschütterlich Unversöhnlich sucht das Meer die Liebe und Sehnsucht des Menschen zu seinem Verderben. Es lockt mit feiner Ferne und fordert mit grausamer Tücke die Menschen- kraft mit all ihrem Wissen und Erfinden zu seiner Vernichtung heraus Mit welchem Wohn überlistet das Meer die Geschöpfe! Mit seiner Himmelsbläue und seinem smaragdsunkclnden Feuer unter der hohen Sonne, mit seinem Rubinglanz zum Morgen- und zum Abendrot, verlockt und verführt es Greis und Kind. Mann und Weib und trägt sie alle auf wiegenden Armen in eine ausweglose Fremde Die lachende Lebensinbrunst des kühnen Fischers macht das Meer mit einem Atemzug zum Todesschrei und Leichenzug. Heimtückisch schmeichelt und flüstert die See. glättet immerzu ihre versteckte Grausamkeit. Singt ein Seemann sein Lied, oerbirgt er dahinter Schrecken

und Grauen. Sein Gesang ist ein Gebet, ein singender Fluch dem Ungeheuer, das lächelnd daraus lauert, feine Lieder wie die Liebes- briefe seiner Segel zu zerfetzen und ihn und sein Steuer in den Grund zu ziehen. Die Wellen kennen kein Erbarmen. Ihr Spiel ist Grausamkeit. Ihr leises Lachen ist der Aniang und das Ende einer Schurkerei. In ihren Armen lauert nur der Tod. Wie lange Streifen abgerollter Seidenballen, darurner sich Meter für Meter alle Todesschrecken verbergen, dehnt sich ihr Wellenkleid Sie macht dich oerliebt mtt ihrer fanften Hmgeaebcnhelt in stiller Stund? und hält alle Grausamkeit bereit, dich an den Haaren in ihren Wellen aufzuhängen. Du lernst ihr Geheimnis kennen, wenn du mit ihr den Kampf auf Leben und Tod wagst. Nur mit unerschöpflicher Kraft und unendlicher Mühe, mit der Kostbarstes zu erringen und.zu erhalten ist, nur mit der legten Vor- sicht und mit rücksichtsloser Gewalt., mit der Chirurgen Kammern des Lebens dem Tode öffnen und wieder verschließen, um einmaliges Sein mit kühner Hand zu erhalten, wird das urgewaltige Medusen- weib dem Menschen eine freigebige Ernährerin.

Filarie �lierele: Oltl

Dreimal bin ich um die Welt gereist. Auf meiner ersten Reise um die Welt habe ich überhaupt nichts gesehen. Ich bin sehr kurz- sichtig. Aber um nichts in der Welt hätte ich eine Brille ausgesetzt. (Ganz gewiß ist es für eine junge Frau auf einer Reife um die Welt auch viel wichtiger, wie die Welt sie sieht, als wie sie die Welt steht.) Ich bin nicht zu kurz gekommen. Andere mögen mehr von der Welt gesehen haben, ich habe mehr von der Welt gerochen. Alle fünf Sinne können nicht gleichzeitig mit Volldampf arbeiten. Wer zuviel sieht, riecht zu wenig und hört zu wenig. Mein Weltbild setzt sich mehr aus Gerüchen und Geräuschen zusammen als aus Bildern. Sehen kann man die Welt im Kino und auf Ansichtskarten. Aber wie riecht dampfender Regen im Tropenwald, wie riechen frisch in Oel gebratene Sardinen in Portugal , wie riecht das Minzkraut in den Straßen von Marokko , wie riechen die Orangenfarmen von Kalifornien , wie riechen die kleinen Oellampen der Dschunken auf dem Jangsekiang gemischt mit dem Duft zusammengepferchter Chinesen und aller Beglcitdüfte Chinas ??? Heute, in der Er- innerung, kann ich mich in alle Länder der Welt hineinriechen... wer das nicht kann, hat etwas versäumt auf dieser Welt. Man soll mit offenen Augen durch die Welt gehen? Vor allem mit offener Nase. Ueberhaupt muß ich so einiges richttgstellen. Leute mit Beob- achtungsgabe sehen am allerwenigsten von der Welt. Sie sehen die Welt objektiv und erfühlen sie nicht. Ich beobachte nie auf Reisen, ich lasse es mirzumute sein". Mein subjektives Befinden ergibt sich aus mit feinsten Nerven ersühller Umwelt. Nachfühlend in der Erinnerung, rekonstruiere ich mir die Eigenart eines Landstriches, den ich gegenwärtig haben möchte. Sehen, hören, riechen, fühlen muß man die Welt... bleibt noch das Schmecken. O wenn mein Magen reden wollte!! Er kennt das Tutti-Frutti aller Küchen der ganzen Well. Auch die Liebe zu den Ländern geht durch den Magen. Ich habe mit Chinesen am Hungertuch genagt, aber ich habe auch im Hotel Cecil diniert und ein Souper im Mena-House mtt einem Schälchen kalter Bouillon begonnen. Spanische Oelküche und nordische Platten, javanische Currysoßen, australische Hammel und amerikanische Blechdosen liegen mir im Magen: oft habe ich ge- schlafen wie der Wolf mit den Rumpelsteinen im Bauch. Mein

Magen hat die ganze Welt erkannt vielleicht bester aks mein Auge. Genießen I Fresten muß man die Welt mit allen fünf Sinnen. Sehen: Marokko , das in Sonne schwimmt! Da drüben glitzert ein maurisches Türmchen. Der Himmel blaut. Und da trotten Araber auf ihren Efeln, unter aufgespannten Regenschirmen auf ihren Eseln schlafend. Hören: den dumpfen Klang der oielhundertjährigen Glocke» der alten Kirche hoch über Marseille . Fühlen: hingeschmiegt in zartes Urwaldmoos ein zärtliches Streicheln über meine Haut...(bitte, keine moralische Entrüstung wer sagt, daß es ein Mann ist? Es kann auch die Quaste von einem Löwenschwanz sein). Schmecken: ein Stückchen überreifer indischer Papaja auf der Zunge schmelzend... Aber das schönste ist doch, die Augen schließen, ganz gefühllos liegen und den Duft der in Portugal getauchten Trauben riechen! Gewiß, man kann auf Reisen auch seine Geschichtskenntnisse erweitern. Aber man muß der Geschichte ebensowenig wie den Geschichten nachlausen. Die besten kommen ganz von allein. Zum Beispiel. Man sitzt nachts in der oberen Koje der Kabine der Schiffsoffiziere und bammelt mit den Beinen. Da hängt ein Bild: Nelsons Heimkehr. Der Held von Trafalgar wird auf offener Bahre an Land getragen und ganz England entblößt das Haupt. W'.sten Sie, wie die Sache wirklich war?" sagte der zweite Radiooffizier.Nelson war gefallen. Nun. damals hatten sie an Bord noch keine Kühlanlagen. Wochen dauerte die Reise. Wie war die Leiche nach Hause zu schaffen. Spiritus, konserviert. Also steckten sie Nelson in ein volles Faß Schnaps. Nelson war nur ein kleiner Stöpsel, er paßte großartig hineim Unterwegs kam nun ein großer Sturm und das Schiff schien verloren.Nun ist uns alle» wurscht", sagten die Matrosen und soffen das Faß mit Nelson aus. Als sie in England ankamen, mußten sie Nelson erst einmal gründlich ausräuchern, ehe sie ihn in Gala ausstellen konnten." Das steht natürlich nicht in englischen Schulbüchern. Nur auf Reisen lernt man solch kleine Geschichten aus der Geschichte.

Alfred &rugel:

Sin Sdiiig in der IflaeM

Das Zimmer liegt im Halbdunkel. Das Licht der Schreibtisch- lampe schwimmt ausgegossen auf der dunklen Platte des Tisches, auf Büchern und Papieren. Ich habe bis in die Nacht hinein ge- arbeitet. Das Haus ist still. Kein Laut stört mich. Die Menschen schlafen. Die Geräusche und Stimmen sind von der Nacht aufge- schluckt. Wie bin ich allein in der großen Stadt, deren Häuser und Menschen um mich gestellt sind! Mitternacht muß längst vorüber sein. Ich bin müde. Mein Kopf ist schwer. Mein« Gedanken laufen schwerfällig wie große, ächzende Räder. Wie zum Ersticken ist die Luft im Zimmer. Ich reiße das Fenster auf und blicke in die Nacht hinaus. Am Himmel stehen die Sterne. Kall und regungslos. Ich sehe hinunter. Die Straße ist" menschenleer. Am Ende der Straße liegt der Park. Ich kann seine dürren Wipfel erkennen. Als ich heute mittag vorbeiging, lag die Sonne auf den feuchten Wegen. Weiße Kinderwagen rollten. Auf. den Bänken saßen die Alten und ließen sich von der warmen Sonne überrieseln. Jetzt liegt der Park stumm, seines Lebens beraubt. Es ist ein seltsames Gefühl, in dieser Stille himmterzuschauen. Man möchte glauben, alles Leben wäre aus der Straße, aus der ganzen Stadt geflohen und hält« einen allein zurückgelassen. Mich fröstelt bei diesem Gedanken. Ich will das Fenster schließen und mich wieder in das Licht der Lampe flüchten. In diesem Augenblick höre ich vom Park her einen leisen Knall. Ich fahre zusammen. Der Knall war so scharf und dünn. Es muh ein Schuß gewesen sein, fällt mir ein. Da tönt ein zweiter. Dann wieder Stille. Tiefe Stille. Ich beuge mich zum Fenster hinaus. Der Schuß kam vom Park her. Ich lausche. Aber alles bleibt still. Kein Schrei, kein Schrttt. Stumm liegt die Straße. Regungslos hängt die Nacht zwischen den Häusern. Ich lehne mich weit hinaus. Ich bin ganz benommen. Ein Schuß fiel im Park. Ich habe doch nicht geträumt? Es muß etwas geschehen sein. Aber was? Meine Gedanken sind �aufgeschreckt. War es ein Ueberfall? überlege ich. Was geschieht' nachts nicht alles in den dunklen Gängen der Straßen! War es der Schluß» strich, d«n jemand unter sein Leben gezogen hat? Ich sehe in die Nacht hinaus. Sie bleibt mir die Antwort schuldig. Klar und eisig stehen die Sterne am Himmel. Die Stunden tropfen von ihnen herunter, in ein dunkles Gefäß, in dem sie lautlos auf- fallen. Ich weiß nicht, wie lange ich am Fenster gestanden habe. End- lich schließe ich es und setze mich wieder an den Tisch. Ich stütze den Kops in die Hände und versuche, meine Gedanken zu sammeln. Es gelingt mir nicht. Als ich auf die Uhr sehe, ist es halb drei Di« Stunde des tiefsten Schlafes der Menschheit. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Mitten in der Nacht fiel ein Schuß. Aler worum werde ich nur das Gefühl nicht los, Die Heber setzung von Eugene T a b i t s Cr» innerungcn an das alte Paris seiner KindheitEin Leben in Arinnt" besorgte Li na Frender.

daß etwas Entsetzliches geschehen ist? Warum peinigt mich unab- weisbar der Gedanke, daß es gerade mich angeht? Ich werf« mir den Mantel um und gehe hinunter. Die Haue- tllr knarrt. Die Laternen summen wie einsame Lichtkäfer. Meine Schritte hallen an den Häuserwänoen wider. Ich gehe langsam auf den Park zu. An der Ecke stoß« ich mit einem Polizeiwachtmeister zusam- men. Er kam aus der Nebenstraße. Ich rede chn an und sage: Ich hörte zwei Schüsse im Park fallen. Bielleicht ist etwas passielt." Er blickt mich prüfend an. Nach einer Welle sagt er:Ich muß sowieso durch den Park gehen. Kommen Sie mit!" Wir biegen zusammen in oen dunklen Park ein. Der Wind raschelt in den Wipfeln der Bäume. Der Boden schluckt unsere Schritts auf.Viel- leicht war es eine Fehlzündung," meint nach einer Weile der Be- amte.In der Nacht täuscht man sich oft." Sein Gesicht ist von dem einsamen Gehen durch die schlafenden Straßen wie ausge- waschen, übernatürlich ernst.Nein." antworte ich.der Knall war zu fein und dünn für ein« Fehlzündung." Dabei merke ich. daß meine Stimme heiser klingt Eine Fehlzündung??... Wir gehen weiter durch den Park. Der Polizist läßt den Lichtstrahl seiner Taschenlampe über die Bänke gleiten. Sie sind leer. Er zuckt die Achseln. Wir sprechen kein Wort und gehen weiter. Die Stämme der Bäume sind wie Gespenster , die Ihre Arme nach allen Seiten ausstrecken. Plötzlich stehen wir am anderen Ausgange des Parks. Zwischen d«n Bäumen schimmert das Licht«iner Laterne. Wir haben nichts gefunden. Aber es ist, als verberge der Park ein Geheimnis, das er nicht preisgeben will. Als wären die Bäume bemüht, sich uns in den Weg zu stellen, uns fernzuhalten mit ihren gespreizten Aesten. Und ich werde das Gesühl nicht los. als wären wir über einen Friedhof gegangen. Ich bin bis zum Morgen durch den Park gelaufen. Ich wollte ihm das Geheimnis entreißen. Aber er ließ mich nichts finden. Ich wurde müde bei diesem Gedanken. Als am Himmel eilig die ersten grauen Schwaden entlang zogen und den nächtlichen Bann zerbrachen, lag die Straße wieder vor mir. und es schien, als lauerte hinter den Häusern das Schicksal über dem schlasen. den Leben. Drohend und unergründlich. Ich warf mich aufs Bett. Ich hätte mir ja di« Ohren zustopfen können und hätte trotzdem immer noch den feinen, dünnen Knast hören müssen. Ein paarmal fuhr ich aus dem Halbschlummer auf und lauschte. Nichts. Nur in«iner fernen Straße fuhr di« erst« Straßenbahn. Erschöpft schlief ich endlich ein. Ich weiß nicht, wen man am nächsten Tage im Park gefunden hat. Ich bekam am Abend einen Brief. Ich konnte ihn gar nicht öffnen, so zitterten meine Hände. Ich flog über die Zeilen und ich wußte alles: Stefan hatte sich in derselben Nacht erschossen. Er war mein Freund gewesen, und er hatte mir erst vor wenigen Tagen«inen traurigen und hilf ojen Brief geschrieben. Aier ich hatte die Antwort immer wieder verschoben. Ich hatte mir eingeredet, daß ich nicht in der richtigen Stimmung zum Schreiben wäre. Und er hatte gewartet... bis zu jener Mcht.._