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Nr. 251. 49. Iabrqang Kreiiag> 17. Juni 19Z2 vis Nazihetze gegen die Polizei! Soll die Polizei der SA. geho rchen?- Das Ziel der Hetze: Entrechtung der Beamten Der teilweise Erfolg des Lügenfeldzuges, den die Nationalsozialisten systematisch gegen den republikanischen Staat führen, hat sie zu weiteren Aktionen ermuntert. Durch Verleumdung und Ehrabschneiderei, durch persönliche Verunglimpfung und schmutzigste Hetze gegen leitende Staatsbeamte hofft man nunmehr auch an die Machtinstrumente des Staates, besonders an die Polizei heranzukommen. So hat man in den letzten Tagen eine in ihrer Gehässigkeit und Verlogenheit nidit mehr zu überbietende Lügenkampagne gegen die leitenden Männer der Berliner Polizei, Polizeipräsident Albert Grzesinski , Vizepräsident Dr Bernhard Weiß und Kommandeur Hugo Heimannsberg, eingeleitet. Dabei wird auch die gesamte Polizeibeamtenschaft Berlins in unerhörter Weise besdiimpft, wenn derAngriff" schreibt, zur heutigen Berliner Polizei habe kein anständiger Mensch mehr Vertrauen. Die Berliner Polizei hat oom jüngsten Wachtmeister bis zum höchsten Ofßzier in schwerster Zeit mustergültig und mit Erfolg ihre Pßicht erfüllt Den vorbeugenden Maßnahmen der Polizei und der Einsidit der Berliner Bevölkerung war es zu danken, daß der letzte Winter der Not fast ohne Aussdireitungen vorübergegangen ist und daß Ruhe, Ordnung und Sicherheit in der Hauptstadt der deutschen Republik trotz einer Armee oerzweifelnder Arbeitslosen aufrechterhalten werden konnten Gewalt über die Polizei zu erhalten, ist das Ziel der Nationalsozialisten. Hier liegt die Ursache jener gemeinen Hetze, von der sich jeder wahrhaft anständige Mensch mit Ekel abwendet. Herr Goebbels hat den Sinn der Verleumdungskampagne in seinem eigenen Blatt offenbart. Er schrieb am 11. Juni:Jedenfalls halten wir es für unerträglich, daß während des Wahlfeldzuges zum 31. Juli das größte deutsche Land von der Sozialdemokratie regiert wird..." Man will aus der überparteilichen, allein dem Staatswohl und der Gesamtheit des Volkes dienenden preußischen Polizei eine Parteigarde der Nationalsozialisten machen. Die SA. -Füher befehlen, die Polizeibeamten haben zu gehör chenl Das ist der Wunschtraum dieser Leute. Für das Vereinigungsrecht, das der neue Volksstaat den Beamten und damit auch den Hütern der Ordnung schenkte, ist dann selbstver­ständlich kein Platz mehr. Auch hier hat man ja schon vorgearbeitet, denn nicht umsonst hat die nationalsozialistische Fraktion des Landtages die Auflösung des Schräder-Verbandes der Polizeibeamten in dem Urantrag Nr. 163 gefordert. Aber den Herren Nazis ist der Kamm ein wenig zu sehr geschwollen. Sie werden sehr bald erkennen müssen, daß der Geist der Freiheit aus Deutschland nicht mehr zu bannen ist. Ein Mitglied der Redaktion desVorwärts" hatte mit dem Polizeipräsidenten Berlins Albert Grzesinski eine Unterredung über die systematische chetze der Nationalsozialisten gegen die Polizei. Ueber die Gründe des Lügenfeldzuges äußerte der Polizeipräsident folgendes: Es ist seit langem bekannt, daß die Nationalsozialisten nach den politischen Machtorganen des Staates, in erster Linie nach der Poli- zei streben. Da die Wahl am 24. April ihnen den erhofften vollen Erfolg nicht gebracht hat die Rechte jenseits des Zentrums hat im Landtag die Mehrheit nicht erhalten möchten sie jetzt ihr Ziel mit Hilfe des Reiches erreichen. Da die Leitung der Berliner Polizei auf ordnungsgemäßem Boden nicht zu beseitigen ist. versucht man durch eine systematische Hetze die leitenden Personen der Polizei als minderwertig hinzustellen. Alles was in dieser Hinsicht an böswilli- gen Behauptungen über mich und den Vizepräsidenten Dr. Weiß verbreitet worden ist, kennzeichne ich nochmals als Lüge und Verleumdung Und wenn Ei- mich fragen, fuhr der Polizei« Präsident fort, warum ich nicht berichtigt oder geklagt habe, so ant« worte ich darauf nur: Es ist berctts früher geklagt worden und es sind auch Verurteilungen erfolgt. Form und Inhalt der Schreibweise desAngriffs" aber verbieten es mir ans Gründen der Selbst- achtung. dagegen besonders vorzugehen. Das perverse Geschimpfe kehr sich letzten Endes gegen feine Urheber. Die Nationalsozialisten lieben e». in ihrem Blatt immer nach dem Reichsinnenmini st er zu rufen, der sich der Berliner Polizei annehmen soll. Wie erklären Sie sich das?"Das weiß ich auch nicht. Die Polizeihnheit ist Angelegenheit der L ä n d e r. Die Ausübung der Polizeigewalt gehört zur alleini» gen Zuständigkeit der Länder, K'e Bestellung und Abberufung der Beamten der preußischen Polizei ist allein Sache des preußischen Innenministers, oder, wenn es sich um die höheren Beamten han« delt, Sache des Staatsministeriums. Niemand sonst hat da etwas hineinzureden. Wenn die Nationalsozialisten entsprechende Forde- rungen an das Reich stellen, so zeigen sie damit lediglich, wie in sehr vielen anderen Fällen auch, daß sie noch recht ausgiebig Elementar- Unterricht in staatsrechtlichen Dingen nehmen müssen. Preußen bleibt Hort der Ordnunq. Auf den Einwurf, daß die Nazis auf die Einsetzung eines Reichskommissars hofften, erklärte Grzesinski : DerReichs- kommissar" ist nicht ausdrücklich ein Begriff der Verfassung. Das Recht, einen Reichskommisiar zu bestellen, wird aus Artikel 48 Ab- satz 2 der Weimarer Verfassung hergeleitet, wonach der Reichs- Präsident, sofern die öffentliche Ordnung erheblich g e- stört oder gefährdet ist. die zur Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung nötigen Mahnahmen treffen kann. Die Einsetzung eines Reichskommisiars könnt« als eine solche notwendige Mahnahme angesehen werden. Wie ich schon sagte, ist das Ergreifen diesernötigen Maßnahme" an strikte Voraussetzungen geknüpft, die hier in Preußen nicht gegeben sind und die sicherlich auch in Zukunft nicht ge- geben sein werden! Die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist in Preußen nicht erheb- lich gestört!" Aber auch ein Reichskommisiar könnte die von den Nazionalsozialisten gewünschten personellen Aenderungen innerhalb der Polizei auch nicht vornehmen. Er könnte lediglich die amtlich und rechtmäßig eingesetzten Polizeiorgane mit Anweisungen oer- sehen. Er würde übrigens sehr bald erkennen, wie zweckmäßig, rich­tig und objektiv die Polizei in Preußen in allen ihren Teilen bisher geführt worden ist und wie sie sich lediglich darauf beschränkt hat. bestehende Gesetze so durchzuführen, wie es ihre Pflicht war. Das Wort von derg e s ch ä s t s f ü h r e n d e n R e g i e r u n g" ist ein politisches Schlagwort geworden. In Wirklichkeit kennen weder die preußische Versasiung noch die Rcichsverfassung eine nur geschäftsführende Regierung. Es heißt in der preußifchen Verfassung im Artikel SS Absatz 2, daß für den Fall einer Gesamtdemission des Staatsministeriums die zurückgetretenen Minister die laufenden Ge- schäfte bis zur Uebernahme durch die neuen Minister weiterzuführen haben. Alle gesetzmäßigen Handlungen der zurückgetretenen Regie- rung sind genau so legal und gesetzmäßig wie die Handlungen einer Regierung, die dos ausdrückliche Vertrauen des Landtages besitzt. Das zurückgetretene Ministerium hat die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten wie einordentliches" Ministerium. Insbe- sondere hat es die Pflicht, für die Aufrechterhaltur g von Ruhe und Ordnung und für die Anwendung und Durchführung der bestehen- den Gesetze zu sorgen. Die Lügen im einzelnen. Im weiteren Verlaufe der Unterredung äußerte sich der Poli- zeipräsident ausführlich über einige besonders böswillige Behaup- tungen und Verdrehungen der nationalsozialistischen Presse. So hatte derAngriff" von einerVerhöhnung der Polizeibeamten" gesprochen, weil die Berliner Schupokapelle den Plan hat, für einige Tage zu einem Gastkonzert nach Spanien zu fahren. Durch eine daß der Berliner Polizeipräsident in seiner Rede entgegen der Be- hauptung der nationalsozialistischen Presse die Hitler -Partei über- Haupt nicht erwähnt hat.) In einer der letzten Nummern hatte derAngriff" den Eindruck zu erwecken versucht, als ob die Polizei nicht mit der nötigen Energie die Verfolgung der Mörder der beiden Schupo-Offizier« Anlauf und Lenk betrieben hätte. Diese Behauptung ist so ungeheuerlich, meinte Grzesinski , daß ich nicht annehmen kann, daß ein ernsthafter Mensch ihr Glauben beizumessen vermag. Wir fragten: Meinen Sie nicht, daß der Antrag auf A u f- lösung de» Schrader-Verbandes klar zeigt. daß die Nationalsozialisten die polizeibeamlen wieder wie Im allen vorkriegsdeulschland entrechten wollen? Darauf antwortete der Polizeipräsident: Dieser Antrag zeigt nicht nur die Unduldsamkeit der Nationalsozialisten, sondern erweist auch die Gewerkschastsfeindlichkeit dieser Partei. Das Recht der Beamten, sich nach freiem Ermessen zu organisieren, ist eine /UKtung! smhmubbi FiiigöianverhreHungi Die gernrsilang erloigi von den nesanmen Lokalen aus. Alle zur Steile! Alle zur Stelle! einfache Anfrage hätte man feststellen können, so meint der Polizei- chef, daß das Schupoorchester von der Verwaltung der Stadt Valencia auf deren Kosten eingeladen worden ist. Auch die zur Vorbereitung des Gastkonzertes notwendig gewesene Reise des Hauptmanns K l e« f o t t e l ist voll und ganz von den Veranstal- tern getragen worden. Mir scheint es aber auch erwün.' ht, daß beut- sche Beamte sich Im Auslände zeigu., und gerade das hervorragende Orchester der Berliner Schutzpolizei ist besonders geeignet, für Deutschland zu werben. Ausführlich ging Genosie Grzesinski dann auf die Vorwürfe ein, die gegen Kommandeur Heimannsberg und einzelne Offizier« und Beamte wegen der Vorgänge beim Aufziehen der Marine- wache am Skagerraktag erhoben worden sind. Mit erhobener Stimme sagte Grzesinski : Die Schuld an den bedauerlichen Vor- fällen trifft nicht die Polizei, sondern diejenigen, die gegen die Polizeibeamten mit Steinwürfen angriffsweise vorgegangen sind. Die Polizei wird sich auch fernerhin von nieman- den, sei es wer es sei, beschimpfen oder angreifen lassen! Wie es gesetzliche P f l i ch t der Polizei ist, wird auch zukünftig jede Störung der öffentlichen Ruhe und Ordnung rücksichtslos a b- gewehrt und die Urheber und Täter der Bestrafung zugeführt werden. Es sind gegen einzelne Polizeibeamte. Offiziere wie Wacht- msister, unter Namensnennung auch Drohungen ausgestoßen war» den. keiner der polizeibeamlen wird sich durch Drohungen ein- schüchtern und von der Erfüllung seiner Pflicht abhalten lassen, wer auf Einschüchterung spekuliert, hat falsch spekuliert. Schließlich, so fuhr Grzesinski fort, muß ich mich noch mit dem Völkischen Beobachter" insoweit beschäftigen, als er behauptet, ich hätte bei der E i n f ü h r u n g s f e i e r der von der Polizei- schule neu nach Berlin gekommenen Wachtmeister die National- sozialistische Partei beschimpft. Diese Behauptung kann nur wider bessere. Wissen ausgestellt worden sein. (Anm. der Redaktion: Eine große Berliner Zeitungskorrespondenz hat sich veranlaßt gesehen, ineigener Sache" daraus hinzuweisen, Errungenschaft des neuen V o lcks st a a t e s und ist von den Beamten ohne llnterschied der Parteien auch so gewürdigt war- den. Dieses besonders wertvoll« Recht ist vom neuen Staat ohne Rücksicht darauf, ob die Tätigkeit der Beamtenorganisationen den Ministern angenehm war oder nicht, selbstverständlich geschützt und geachtet worden. Wie die Polizeibeamten den Antrag der National- sozialisten empfinden, haben sie durch ihre einmütige Stellungnahme dieser Tage bekundet. Werbende Wirkung für die Nationalsozialisten wird dieser Antrag wohl kaum haben. Jeder Terror wird gebrochen! Die Unterredung schloß ab mit der Beantwortung der Frage. ob die Leitung der Berliner Polizei von der Aufhebung des SA. - und des Uniform-Verbotes eine Störung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit fürchte. Polizeipräsident Grzesinski faßte sein« Meinung dahin zusammen, daß von Preußen ein Uniformverbot seinerzeit nicht erlassen worden sei, sondern vom Reich und daß von der Aufhebung des Uniformverbotes ja auch das Reichsbanner und der Stahlhelm Nutzen zögen. Mit der Aufhebung des SA. -Verbotes brauchen an sich Ruhe und Ordnung noch nicht gestört zu sein, wenn die SA.-Leute sich wie die Mehrheit unseres Volkes streng im Rahmen der gesetzlichen Be­stimmungen bewegen würden und es vermeiden, Andersdenkende durch Terror zu vergewaltigen. Die Polizei werde entsprechende vorbeugende Maßnahmen zu treffen haben, um Gewalttätigkeiten zu verhindern. Daß das bei absichtlichen Ruhestörungen immer möglich sein werde, könne man mit Sicherheit selbstverständlich nicht voraussagen. Mit Sicherheit könne gesagt werden, daß von der Polizei alles getan werden wird, um Terrorzubrechen.__ Der Neuköllner Frauen- und Mädchenchor, Mitglied des Deut- schnen Arbeitersängerbundes, singt am Freitag, dem 17. Juni. abends 7.10 Uhr, im Rundfunk unter Leitung von Hans Schreiber. Ein alier treuerVorwärts"-Abonueni Alex Seidel, Wilbelm- Stolzc-Str. 18, feiert mit seiner Ehefrau am 17. Juni das Fest der goldenen Hochzeit. Klug sei» I alles und behalte das Beste! sagt das Sprichwort. sy-** Hunderttausende von Berlinern handeln danach und rauchen die neueGold Saba" nach dem alten Original-Rezept.