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Nr. 289 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Mittwoch, 22. Juni 1932

Verzweiflungsschrei der Kriegsopfer.

Verkrüppelte, Blinde und Kriegswaisen in der ,, Neuen Welt". Massenversammlung der Entrechteten.

Marta Harnoẞ, selbst Kriegerwitwe, schildert in be­wegten Worten das Elend der Kriegerwaisen. Der Abbau beim Kinderzuschlag und der Waisenrente bedeutet, daß vielen die Mög­lichkeit zur Berufsausbildung genommen wird. 250 000 Halbwaisen und 30 000 Bollwaisen werden betroffen. Diese Behandlung ist ein Hohn auf die Opfer der Kriegerwitmen und Kriegerwaisen. Junge Menschen, die in Uniform herumlaufen, sagen heute verächtlich von uns, daß durch uns der Krieg verloren gegangen sei. Waren ihre Bäter nicht im Graben, erziehen ihre Mütter diese Menschen nicht zur Menschlichkeit? Wir brachten Opfer über Opfer, gaben Männer und Väter dahin. Wir protestieren gegen diese Behandlung.

Selbstfahrer bewegen sich durch die Hasenheide, Menschen siken in ihnen, denen der Krieg den Leib zer: rissen hat, Beinlose, Schwerverletzte auch, denen innere Wunden die Fähigkeit zu gehen genommen haben, andere kommen am Krückstock, ein Bein ist steif, wieder andere sind einarmig, dieser, vollkommen erblindet, wird geführt, jenem hat ein Zufall wenigstens ein Auge ge­lassen. Männer, denen der Krieg die Gesundheit nahm, Frauen, deren Gatten der Krieg verschlang, Halbwüchsige, die den Vater durch den Krieg verloren haben sie kamen Als letzter Redner spricht Erich Kuttner , verwundeter gestern in der Neuen Welt zusammen, um in einer Kund- Schüßengrabenkämpfer. ,, Ein fünftiger Geschichtsschreiber wird sagen,

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Walter- Rathenau- Feiern.

Am Freitag, dem 24. Juni, jährt sich zum zehnten| leiten. Alsdann wird Gesandter von Mutius die Gedächtnisrede Male der Tag, an dem Walter Rathenau durch halten. Am Abend findet eine große Feier im Plenarjaal des nationalistische Mörderhand fiel. Das republikanische Reichstags statt, die von den republikanischen Verbänden ver­Berlin wird den Trauertag in diesem Jahre besonders anstaltet wird. Hier hält Harry Graf Keßler die Gedenkrede. würdig begehen. Das

Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold

marschiert mit dem Kreis Süden und den Ortsver= einen Köpenick und Lichtenberg geschlossen zum Grabmal.

Die Kameraden treten in Bundeskleidung am Freitag um 19.30 Uhr auf dem Sternpla ½ am Bahn­hof Schöneweide mit Musik und Fahnen an. Das Demonstrationsverbot ist für diese Feier aufgehoben

Augen auf!

Vier Arbeiter ertrunken.

Schweres Unglück auf dem Rhein .

Breisach , 21. Juni.

Auf dem Rhein an der Baustelle beim Wehrbau Kembs ereignete sich heute ein schweres Unglück, dem vier Menschenleben zum Opfer fielen. Eine Ramm­kolonne war damit beschäftigt, eiserne Spundwände auf

Pontons an Ort und Stelle zu bringen. Auf bisher noch ungeklärte Weise stürzten die schwer beladenen Pontons um. Sechs Arbeiter fielen in den Rhein , von denen vier ertranken, denn obwohl sofort vier Rettungsboote zur Stelle waren, konnten nur zwei Arbeiter gerettet werden, von denen einer erheblich verletzt ist. Die Leichen der vier Ertrunkenen, darunter zwei Familienväter, konnten bis zur Stunde noch nicht geborgen werden.

Geschäftsfrau als Detektivin.

Zwei oberschlesische Geldfabrikanten" verhaftet.

In der Augsburger Straße wurden gestern durch die Aufmert­famkeit einer Geschäftsfrau zmei Männer festgenommen, die beim Einkauf einen falschen 20- Mark- Schein in Zahlung gegeben hatten. Es handelt sich um einen Schlosser Wilhelm Matschke und einen Bauarbeiter Hans Mitschke, die beide am Montag von Beuthen nach Berlin gekommen waren, um hier 50 falsche 20- Mark- Scheine abzusetzen.

Wir demonstrieren, wenn wir wollen! Die KPD. ruft zum Donnerstag, dem 23. Juni, 18% Uhr, zu einer Demonstration im Lustgarten auf. Sozialdemokraten und Der Geschäftsfrau war der Schein verdächtig vorgekommen und Reichsbannerkameraden werden zur Teilnahme aufgefordert. fie beauftragte einen Angestellten, den beiden Männern heimlich zu Der Bezirksvorstand hat an der maßgebenden folgen. Schließlich wandte sich der Angestellte an einen Sch upo Stelle Demonstrationsfreiheit gefordert. Das Demonstrations- und wollte die beiden Verdächtigen festnehmen lassen. Als der Be­amte die beiden festnehmen wollte, rannte Matschke davon und ver Feiern im Rathenau - Haus und im Reichstag. lassung, den Schupo beamten den Dienst unnötigerweise verbot ist noch nicht aufgehoben. Wir haben keine Veransteckte sich im Gebüsch der Anlagen. Er wurde dort sehr schnell auf­zu erschweren. Sozialdemokraten bleiben im eigenen Interesse dieser planlosen Demonstration fern.

worden.

Am Vormittag des 24. Juni findet im Walter Rathenau­Haus in Grunewald auf Veranlassung der Reichsregierung eine Erinnerungsfeier statt. Das Vorstandsmitglied der Walter­Rathenau- Gesellschaft, Ministerialdirektor Brecht , wird die Feier ein

Der Bezirksvorstand.

gebung des Reichsbundes der Kriegsbeschä| daß, je mehr Deutschland erwachte, je ,, nationaler" es regiert wurde, digten, Kriegsteilnehmer und Krieger. um so dürftiger die Versorgung der Kriegsopfer war. Je republika­hinterbliebenen gegen den beispiellosen Renten- nischer es regiert wurde, um so besser wurden die Kriegsopfer be­handelt. Schon 1917 appellierten wir vergeblich ans alte System: raub der Regierung von Papen zu protestieren. Tut doch etwas für die Kriegsopfer. Erst die Revolution und die Schon lange vor Beginn der Kundgebung ist der Saal über ,, marristische Verseuchung" des Staates haben etwas für die Kriegs­füllt. Die Polizei muß sperren. Hunderte von Kriegsopfern opfer geschehen lassen. Die Regierung von Papen hat ihr Wort, daß warten draußen oder fehren wieder um. Eine harte Stimmung des der Staat teine Versorgungsanstalt sein solle, wahr gemacht, indem Zornes und der Erbitterung beseelt die Riefenversammlung. Immer fie die Bezüge der Bedürftigen und Versorgungsberechtigten radikal wieder ertönen Zwischenrufe, die den ganzen Iammer, die furcht- türzte. Erbitterte Zustimmung findet Kuttner, als er darstellt, wie bare Not gerade der Kriegsopfer widerspiegeln. Dabei aber zeigt Großindustrielle vom Schlage eines Friedrich Flick über die Dres­die Versammlung bewunderungswerte Selbstbeherrschung: Man will dener Bank vom Staat versorgt und gehalten werden, während den nichts Unmögliches, man will nur sein Recht! Kriegsopfern das letzte genommen wird. Sie waren ja auch keine Kriegsgewinnler. Sie haben nur 1914, weil Staat und Volk in Gefahr waren, Leben und Blut eingesetzt. Kuttner gibt eine Darstellung des Schachergeschäftes mit Hitler . Weil junge Gecken wieder in Naziuniform herumlaufen sollten, wurden die Renten gekürzt.

Der Vorsitzende Ebert frpicht davon, wie den Kriegsopfern das wenige genommen, was sie noch hatten, und wie ihre Not geradezu verordnet wurde. Dann nimmt als erster Redner Ernst Lemmer , einst junger freiwilliger Frontsoldat des Weltkrieges, das Wort. ,, Neue Männer sind da, neue Taten spüren wir am eigenen Leibe, neue Wege müssen gefunden werden, daß wir mit ihnen aufräumen. Diese Notverordnungspolitik geht über das, was Brüning tat und plante, weit hinaus." Mit scharfen Worten wendet sich Lemmer gegen die Aufhebung des Uniformverbotes, die geradezu eine Kränkung der echten Kriegsteilnehmer sei. ,, Weg mit der Spielerei!" ruft er unter stürmischem Beifall. Her mit der ernsten Arbeit zum sozialen Aufbau unseres Vaterlandes."

Dann spricht der Bundesvorsitzende Christoph Pfändner. ,, Der Kampf bei der Reichstagsneuwahl geht darum, ob die Notver­

ordnungspolitik zum Schaden der Kriegsopfer weitergeführt, ob sie

gar durch offene Diktatur abgelöst werden oder ob die Demokratie wieder in volle Wirksamkeit treten soll. Parlamentarische Demokratie ist für uns wertvoller als Notverordnungspolitik oder faschistische Dittatur. Die Regierungserklärung von Papens war mit ihrem Wort von der Wohlfahrtsanstalt eine Kampfansage an die Kriegsopfer. Die Minderung der Bezüge geht bis zu 20 Broz. Scharf protestieren wir gegen die Eingriffe bei den Leichtbeschädigten. Zur Entlastung der Gerichte sind bei Berufungen 5 Mart, bei Rekursen 10 Mart Vorgebühr festgesetzt. Das aufzubringen ist manchem Kriegsopfer unmöglich.

Wir trugen auch Uniform. Sie war von Blut bekrustet, von Kugeln durchlöchert, von Dred beschmiert und voller Läuse.

Von diesen Uniformen will man heute nichts mehr wissen. Wir aber wallen die Entrechtung nicht, und der Beseitigung dieser Re­gierung des Versorgungsabbaues gilt deshalb unser Kampf in dieser Reichstagswahl.

Eine Resolution, die einmütig angenommen wurde, faßt den Protest zusammen und schließt mit dem Sage: Alle Opfer des Krieges, denen es um Besserung ihrer Lage sowie um die Er­haltung der allgemeinen Sozialpolitik gelegen ist, werden aufge­fordert, bei den bevorstehenden Reichstagswahlen nur den Parteien ihre Stimme zu geben, die nicht nur für die Erhaltung der republi­tanischen Staatsform eintreten, sondern auch gewillt und entschlossen find, ihr einen sozialen Inhalt zu geben."

Die Versammlung ist beendet. Sie klingt aus als ein Gelöb nis, durch die Wahlentscheidung vom 31. Juli eine Wendung zum Besseren im Schicksal der Kriegsopfer herbeizuführen.

gestöbert und gleichfalls festgenommen. Matschke hatte noch 47 falsche

20- Mart- Scheine bei sich. Nach anfänglichem Leugnen legte er ein Geständnis ab. In Beuthen hatte er eine größere Menge von den Falschnoten hergestellt und sich mit Mitschke in Verbindung gesetzt. Da ihnen in Beuthen der Vertrieb des Falschgeldes zu riskant war, fuhren sie nach Berlin . Vier falsche Scheine hatten sie bereits aus­gegeben. Matschke ist bereits wegen mehrfacher Falschmünzerei vor­bestraft. Die Polizei in Beuthen ist telegraphisch von der Festnahme der beiden Falschmünzer benachrichtigt und um Aushebung der Falschmünzerwerkstätte aufgefordert worden.

Von Pferden zu Tode getrampelt.

Schwere Verkehrsunfälle.

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Gestern ereigneten sich wieder zahlreiche Verkehrsunfälle, die ein Todes opfer und mehrere Schwerverletzte gefordert haben. In der Brandenburgstraße, unweit des Halleschen Tores, wurde der zwei Jahre alte Udo Greschke aus der Brandenburgstraße 68 von einem Pferdegespann überfahren und auf der Stelle getötet. An der Ecke Müller- und Fennstraße geriet der 28jährige Werner mertig aus der Finnländischen Straße mit seinem Motorrad unter ein Lastauto. Mit einem Schädelbruch wurde M. bewußtlos ins Vir­chow- Krankenhaus gebracht. Am Tegeler Weg in Charlottenburg wurde der 46 Jahre alte August A enn at aus der Reinickendorfer Straße 116 von einem Motorrad erfaßt und zur Seite geschleudert. A. stürzte so unglücklich, daß er von einer nachfolgenden Straßen­bahn erfaßt und mehrere Meter mitgeschleift wurde. Mit einem Schädelbruch wurde der Verunglückte ins Virchow- Kranken­haus übergeführt. Am Kaiserdamm prallte der 25jährige türkische Student Mir Abdul Rasch id mit seinem Motorrad mit einer Autodroschke zusammen. Der junge Ausländer erlitt einen Schädel­bruch; er fand im Hildegard- Krankenhaus Aufnahme.

Ehetragödie im Berliner Norden.

Vor dem Hause Korsörer Straße spielte sich gestern abend eine blutige Ehetragödie ab. Der 25 Jahre alte Arbeiter Bruno ma chner feuerte auf seine von ihm getrennt lebendige 21jährige Frau Irmgard einen Schuß ab und verletzte sie lebensgefährlich. Dann richtete der Täter die Waffe gegen sich selbst und jagte sich eine Kugel in die Schläfe. Machner wurde als Polizeigefangener ins Staatskrankenhaus gebracht. Frau M. fand im Krankenhaus am Friedrichshain Aufnahme.

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