Die Seele der Pflanze
Wo steht die Forschung heute?/ Von Georg Grau
Abseits vom grauen, bedrückenden Alltag und abseits von anderen sensationellen Forschungsergebnissen hat man etwas sehr Zartes, Reizvolles entdeckt: die Seele der Pflanze. Das mag für unser Ohr, abgeftumpft von einer harten Wirklichkeit, zu lyrisch flingen, unglaubhaft oder phantastisch, aber es war nüchterne Laboratoriumsarbeit, die uns diese Wunder erschloß.
War nicht unser Verhältnis zu den Pflanzen immer etwas widerspruchsvoll? Wir freuen uns zwar ihrer duftenden und blühen den Schönheit, aber als sogenannte lebende Wesen haben wir sie nie ganz ernst genommen. In einem Botanikbuch, das noch keine 30 Jahre alt ist, heißt es lafonisch: Pflanzen find lebende Wesen ohne Empfindung". Eine unbegreifliche Vorstellung! Gibt es Leben ohne Empfindung!? Während die Botanik noch in öder Systematik verharrte und man die Pflanze als nüzliches Futter oder hübschen Basenschmuck betrachtete, wurde bereits August Strindberg , der tiefer in die Natur sah als mancher Zunftgelehrter, zu der Frage gedrängt: ,, Wo haben die Pflanzen ihre Nerven?( Sylva Sylvarum). Heute sind diese Dinge nicht mehr ,, dichterische Phantafie", fondern eine Frage realer Forschung. Die verblüffenden Experimente des Inders Bose eröffneten die Rehabilitierung der vegetabilen Welt. Und immer mehr drängt sich die Ueberzeugung auf, daß der Unterschied zwischen Tier und Pflanze nicht in dem Maße besteht, wie man früher annahm. Von diesen letzten, überraschenden For schungsergebnissen soll hier in gedrängter Form einiges erzählt
werden.
Prof. Bancroft von der Cornell- Universität zeigt uns eine berauschte Pflanze. Er veranstaltete mit einer besonders empfindsamen Mimosenart einen kleinen Frühschoppen, und das Pflänzchen benahm sich genau so wie ein berauschter Mensch. Nach Einführung von Alkohol standen die Blätter zunächst aufrechter als sonst. Die Mimose muß sich in recht optimistischer Stimmung gefühlt haben wie etwa ein Becher nach seinem ersten Glas. Aber bald folgte das nächste Stadium: die Bewegungen wurden tastend und unsicher.
äußerst dicht angeordnet, in manchen Fällen bis über 700 auf einen Quadratmillimeter Blattfläche.
Von pflanzlichen Wärmestuben" erzählt Cornell Schmitt im„ Kosmos". Wenn man ein Thermometer in den Blütenkelch einer Sonnenblume versenkt, so findet man dort eine um etwa fünf Grad höhere Temperatur als in der umgebenden Luft. Diese Wärme, die durch die Atmung der Pflanze entsteht, dient vielleicht der Anlodung von Infeften, kann aber auch eine zwangsläufige Erscheinung im vegetabilen Chemismus sein ohne besondere Hintergründe. Die Lichtreaktionen der Pflanzen, auch Heliotropismus genannt, wurden neuerdings von Dr. Johnston in Washington eingehend untersucht. Auch dieser Lichtsehnsucht" liegt eine gewisse Nerventätigkeit zugrunde, die ihren Sitz in den äußersten Spizen der die Knospen umhüllenden Blätter hat. Es wurde festgestellt, daß der erste Millimeter der äußersten Blattspige 160 mal so empfindlich wie der zweite und 1800 mal wie der dritte ist. Man schnitt diese Spigen ab, und die Pflanze machte den Eindruck, als wäre sie ihres Augenlichtes beraubt worden: ihre Halme wuchsen nicht mehr dem Lichte zu wie vorher. Man experimentierte auch mit verschiedenen Farben, um die Wellenlänge im Spektrum zu ermitteln, die von der Pflanze bevorzugt wird, und fand, daß ihre große Sehnsucht Blau ist.
Höchst seltsam benehmen sich Pflanzen bei Gasvergiftungen. Ein blühender Rosenstrauch unter eine mit Gas gefüllte Glocke gebracht, welft sofort und läßt bald seine Blätter fallen. Besonders empfindlich ist die Tomate, deren Blätter schon zusammenklappen, wenn in der Luft die geringste Spur von Gas enthalten ist. Man beabsichtigt daher, die Tomate als„ Gasriecher" in Bergwerken oder Untersee booten zu benutzen, da sie noch sensitiver ist als die Kanarienvögel, die man bisher zu diesem Zweck gebrauchte.
Alsdann schlossen sich die Blätter, hingen welk und müde hinab: Bartholomäus Romund:
Fräulein Mimose schlief ihren Rausch aus.
Auch als man der Pflanze Aether zuführte, trat die uns be= fannte Reaktion ein. Sie war wie nafotisiert und zeigte nach dem
Erwachen die typischen Nachwehen des Aetherrausches. Diese Experimente lassen sich nicht mit den üblichen Theorien vom Säfteftrom erflären. Die Pflanze muß eine Art Nervensystem befizen, sensible und motorische Nerven, ja, vielleicht auch ein gehirnartiges Zentrum, von wo das Schaltwerk reguliert wird. Sie muß muskelähnliche Gewebe in ihrem zarten Gefüge tragen, um ihre Blätter wie einen Fächer auf- und zuzuklappen, um Insekten festhalten zu können oder sich an Mauern entlang zu tasten.
Auch auf elektrische Schwingungen reagieren Pflanzen mit groBer Empfindlichkeit. Ihre Reizschwelle liegt sehr tief. Blizz, Radiowellen oder an der Sonne vorbeiziehende Wolken werden wahr genommen und registriert. Wie Froschschenkel, deren Muskeln sich bei einem Stromstoß zusammenziehen, verhält sich auch die Pflanze. Wenn man sie mit einer metallenen Nadel, die mit einem Elektroskop verbunden ist, berührt, so erhält man eine ähnliche Erregungsturve mie bei Tieren, bei denen man ein Mervenende reizt. Elektrische Reaktionen ohne ein Nervensystem sind aber nicht denkbar!
Bancroft, ein Spezialist der modernen Kolloidchemie, glaubt, daß diese Vorgänge eine ähnliche Grundlage befizen wie im tierischen Organismus. Sein Leitgedanke ist, daß Pflanzen und Tiere, besonders in ihrer Nervenftruktur, Kolloide enthalten, jene leimartigen Substanzen im Protoplasma, die sehr empfindlich gegen Schocks und ähnliche Einwirkungen sind. Auch bei Pflanzen verändert sich die Kolloidstruktur' genau mie bei Tieren, und wenn eine Tulpe berauscht ist ,,, perflocken" sich die Kolloide in ihr auf die gleiche Art wie im Gehirn eines Menschen, der über den Durst getrunken hat: die Leitfähigkeit der Nerven ist gestört.
Bemerkenswert sind die Feststellungen von Prof. Wagner ( Insbruck ) über die Atmung höherer Pflanzen. Sie besigen ,, Spaltöffnungen" auf der Blatthaut, die nach dem Wasserdampfgehalt der Luft reguliert werden können und dem Austausch von Kohlensäure und Sauerstoff dienen. Diese sinnvollen„ Lungenbläschen " sind
Georg Schivarz:
Dr. Crooter von dem bekannten Boyce Thompson Institut, der diese Versuche leitete, machte die seltsame Feststellung, daß die Pflanzen nicht in jeder Lage gleich empfindlich sind. Auf den Kopf oder seitlich gestellt, vertragen sie doppelt soviel Gas wie aufrecht, bevor sie welken. In der Pflanze muß also eine Art Schwermechanismus wirken, der je nach Lage der Zellenstruktur die Gasaufnahme oder empfindlichkeit beeinflußt. Näheres über dieses Phänomen weiß man noch nicht.
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Die Wand, die wir bisher zwischen Tier und Pflanze errichteten, entpuppt sich heute als wissenschaftliches Vorurteil. Beobachten wir eine fressende Amöbe, eine auf Beute lauernde Seerose, ja, irgend= eines der niederen Tiere bei der Nahrungsaufnahme, so ist es auch nichts anderes als bei einer fleischfressenden Pflanze. Diese besitzt Härchen oder Fühler, die bei der leisesten Berührung mit dem Opfer wie echte sensible Nerven reagieren. Sie telegraphieren den motorischen Nerven: schließt die Muskeln, eine fette Fliege iſt da! und schon klappen die Tore zu. Der Bissen wird dann mittels einer Flüssigkeit verdaut, die den Verdauungsfäften tierischer Mägen recht ähnlich ist. Unser Vorurteil gegen die Pflanze beruht wohl hauptfächlich auf ihrer Unbeweglichkeit.„ Aber wenn wirklich die Fähig= keit, den Platz zu wechseln, eine höhere Existenz bedeutete, müßte man Vögel und Insekten für außerordentlich begabt halten und die 300sporen der Alge auf eine höhere Stufe stellen als die Orchideen." Das sagte Strindberg, und mit diesem Einwurf hat er gewiß recht.
Auch Pflanzen leben, empfinden, fühlen. Vielleicht tragen fie auch ein schlagendes Herz in ihrem schlanken Leib, wie Bofe be hauptet. Er will durch millionenfache Vergrößerung diese Herzschläge fichtbar gemacht haben. Wie märchenhaft ist diese Vorstellung: in jeder duftenden Blüte schlägt ein winziges Herz! Festgestellt wurde auch, daß die Pflanzen wie alle lebenden Wesen nicht gleichmäßig, sondern in Schüben wachsen, daß sie rhytmisch pulsierend an Größe zunehmen. Die Prinzipien des Lebens find eben überall die gleichen: alles in der Natur sind nur Variationen eines einzigen Grundthemas!
Der Afrikaforscher
lacht: wird durchröntgt
Endlich! Ein englischer Regierungsbeamter, ein ruhiger statio-| Isolationsprozeß; eine Art Quarantäne wird über einen Distrikt, nierter Afrikamann, gibt seine langjährigen Erfahrungen mit diesen mild hereinbrechenden, ruhelosen Afrikaforschern zum besten...
Jahraus, jahrein hatte der gute Afrikamann das zweifelhafte Vergnügen, für die Sicherheit dieser männlichen und weiblichen Reisewüstlinge sorgen zu müssen, sie mit dem notwendigen Reiserequifit zu versehen, das sie niemals mitbringen, sie als Ehrengäste zu bewirten und ihren unmaßgebenden Meinungen zu lauschen, sie den eingeborenen Häuptlingen und Emiren vorzustellen, die fie anflegein, sie zu bemuttern, wenn sie sich durch ihre Unvor fichtigkeit Krankheiten zuziehen und für ihr Benehmen und ihre Berichte zu erröten. Er weiß, er weiß...
...
Da bewundern wir Ofenhocker also den Wagemut der einsam ( wie wir denken) die Wildnis durchstreifenden Abenteurer; und nun hört man, daß niemals so ein Afrika ,, forscher" allein reist, nicht für einen einzigen Tag oder eine einzige Nacht, außer wenn er eine internationale Grenze passiert: Da wird er wie ein Einschreibepaket fürsorglich von Hand zu Hand gereicht, das heißt von einer Regierung der anderen übergeben. Die Regierung des Landes, in dem sich der tapfer umherstiefelnde„ Forscher" befindet, läßt ihn immer und überall von einem eingeborenen Interpreten begleiten, der wird ihm gratis aufgedrängt, damit der Mann kein Unheil stiftet, eventuell verläßt sogar ein weißer Beamter seinen Posten und führt den Forscher auf Forschungsreisen" herum, damit nur ja alles glatt vonstatten geht.
notdürftig zur Ruhe gekommen, zwischen den P. T. Großmächten Das hat natürlich seine guten Gründe. Afrika ist gerade so aufgeteilt, es wird dort friedlich geherrscht, und jede Macht wünscht ungestört ihre Steuern einzuziehen und die Früchte ihrer kriegerischen Bemühungen zu ernten. Natürlich läßt sich ,. ganz gleich, ob Weiß oder Schwarz, niemand gerne besteuern; es kommt daher gelegentlich zu Gehorsamsverweigerungen und Gewalttätigkeiten gegen Steuereinzieher: Da Straferpeditionen für heutige Verhältnisse viel zu teuer kommen, verfährt man nach einem raffiniert ausgedachten
pellen und Sonden den feinsten Verästelungen ihrer Nernenstränge und Blutbahnen nach. Immer schmerzlicher, immer zwingender
Apokalypfe von heute überzeugen die Bilder und Formulierungen dieſes Schriftstellers,
John Dos Passos zählt zu den literarischen Avantgardisten Amerikas . Er gehört zu der revolutionären Gruppe, die sich um die Zeitschrift ,, New Masses" sammelt. Männer wie Theodore Dreiser und Upton Sinclair sind die Apostel dieses jungen, fämpfenden Schrifttums. Ihre Jünger begnügen sich nicht mehr damit, die amerikanische Welt zu erklären und zu reformieren, sie wollen sie verändern. Wenn radikal sein heißt, einer Sache an die Wurzel gehen, dann ist Dos Passos sicherlich ein Radikaler. Sein neues Werk„ Auf den Trümmern"( S. Fischer, Verlag, Berlin ), mit dem Untertitel„ Roman zweier Kontinente" sprengt die überkommene europäische Form des Romans bis in ihre festest gefügten Fundamente.
So wirkt beim flüchtigen Durchblättern der 500 Buchseiten der Eindruck eines artistischen Kunststücks, einer snobistischen Kunstfertigkeit, ein wenig abschreckend. Erst wer sich festgelesen hat, merkt, wie organisch und unausweichlich diese Technik zum angestrebten Ziel führt, wie sie aus der Konzeption des Autors entstand, und nicht umgekehrt, die Konzeption aus ihr. Vorauszustellen ist: dieser Roman hat keine durchlaufende Handlung. Er ist eine Vielfalt in sich abgeschlossener Erzählungen; aber sie alle laufen auf einer Linie, dienen dem einen Zweck, der ist, das unbarmherzige Antlig der zusammenbrechenden Welt zu enthüllen.
Dos Passos fügt dieses abschreckende Standbild des menschen verschlingenden Baals aus tausendfältigem Material, wie es jeder Tag dieser anarchischen Katastrophen- Abfolge aufs neue ihm zuträgt. Die Schicksale des einzelnen, des„ Helden" im überlieferten Sinne, sind ihm nur Vorwand. Erst dadurch, daß er sie nebeneinanderstellt, werden sie funktionell, bekommen sie ihre Bedeutung, läßt sich an ihnen der eigentliche Held vorführen: die aus den Fugen geratene, aus allen Nähten plazende Welt.
Mit haarscharfer Präzision, mit gründlichstem Wissen, mit sicheren Strichen und unbestechlichem Formgefühl stellt Dos Passos seine Figuren in das Schachspiel um Tod oder Leben. Mögen sie Namen tragen wie Roosevelt , Morgan, Wilson, mögen es namenlose Gestalten aus der Menge, ein Matrose, eine Rote- Kreuz- Schwester, ein Soldat, ein Revolutionär, ein Student sein. Mit unerbittlicher Wahrheitswut spürt dieser Anatom mit seinen literarischen Scal
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der mit eiskaltem Intellekt den morbiden Organismus unserer Zeit ſeziert. Ist bei Dos Passos das Gefühl bewußt verbannt? Längst gilt es nicht mehr, die Herzen, sondern den Verstand zu rühren, wie Ernst Glaeser gesagt hat. Dos Passos bleibt Herr und Meister, auch wenn Lava kocht und brodelt, wenn Gesteinstrümmer vulkanischer Eruptionen durch die Luft wirbeln, wenn die alte Welt in Trümmer birst und ihre moralischen Anschauungen und Sittengesetze, die Klassen ihrer Gesellschaft und ihre wirtschaftliche Produftion, gegeneinanderprallen mit der Wucht trepierender Geschosse. Hart und mitleidslos dreht der Autor seine wildbewegte Schau mit allen ihren Widersprüchen am Auge des Lesers vorüber. Nichts bleibt dem unerbittlich machen Kamera- Auge dieses Buches verborgen, unermüdlich läßt die Welt- Wochenschau Bild um Bild in irrem Taumel vorbei, durcheinanderrollen: Zwei Kontinente, die auf Abbruch zu verkaufen sind, wenn nicht die Arbeiterklasse bald zum Neubau schreitet.
Dieser Schriftsteller ist kein Lieferant von buntgefärbten und schön garnierten Unterhaltungsmaren. Seine geistige Potenz stellt erhebliche Ansprüche an sein Publikum. Neugierige seien gewarnt! Aber wer seine Zeit nicht nur mitleben, sondern erfassen will, wer vom Dichter eine Verdichtung erwartet, der lese diese Apokalypse von heute, in der alle Wunden zweier Kontinente, Amerikas und Europas , so weit aufflaffen, daß sie mit feinem sanftrofigen Pflaster mehr zu verkleben sind.
Uns sind diese Lasten auf den Buckel gepackt. Wir essen und trinken tagtäglich die Bitternisse einer nur vom Profit bestimmten Gesellschaft, einer Ordnung, die längst keine mehr ist. Wir brauchen Ankläger, Rufer, Verkünder wie Dos Passos , soll zwischen den Trümmern neues Leben ans Licht steigen. Für den Roman von gestern gibt es feinen gesellschaftlichen Standort mehr. In der Zeit der Auflösung, des Zerfalls, der Neuorientierung muß der Romancier Gesellschaftskritiker werden, oder er bleibt ein leerer Spaß und Zerstreuungsmacher. Zur Kritik der monopolkapitalistischen Welt mit ihrer verwirrenden Vielfalt, ihren irrsinnigen Strömen und Gegenströmen, hat John Dos Passos die richtige Romantechnik gefunden.
Paul Baudischs Uebersetzung ist ihm tongenial.
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dann über einen Stamm, später ein Dorf, dann einen bestimmten Haushalt verhängt, bis der Uebeltäter lokalisiert respektive festgestellt ist. Dann schleift man ihn plöglich eines Nachts heraus und läßt der„ Gerechtigkeit" freien Lauf.
Diese feingesponnenen Fäden zertritt der plumpe Fuß des Forschungsreisenden. Er tappst immer gerade dort hin, wo man ihn nicht brauchen kann, wo es gärt, ein religiöser Krieg gepredigt wird, Stammesgrenzendispute obwalten, und da er mit den örtlichen Etiketteregeln nicht vertraut ist und alles eher als Zartgefühl und Taft besigt, bringt er die Bombe leicht zum Plazen. In seiner Gier zu erforschen", zertrampelt er frisch aufgeftreuten Gebetsand, drängt sich mit seiner Reporterkamera in Privatfestlichkeiten ein, unterbricht religiöse Zeremonien, um über den Kaufpreis des Priestergewandes zu feilschen, fichert in beleidigender Weise über alteingestammte Sitten und Gebräuche und revanchiert sich auf die Gastgeschenke der Häuptlinge entweder unzulänglich oder bezahlt für das angetriebene Vieh, als ob der Häuptling damit ein Geschäft zu machen beabsichtige. Kurz und gut ber hier so dicke tuende Afrikaforscher ist da unten weniger in Gefahr als er vielmehr für die Anfässigen Gefahren heraufbeschwört.
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Die ansässigen Afrikameißen studieren daher den ankommenden Afrikaforscher während der ersten zwei, drei Tage, in denen sie ihn mit allem Eßbaren und Trinkbaren zu traktieren haben, genau, um herauszufinden, was für Schniger er machen dürfte und welches geringe Rolle ihren allgemeinen Eigenschaften gegenüber, als welche besondere Unheil er anrichten könnte. Die Nationalität der Afrikaforscher meint Mister Best, dieser beste Mister spielt eine da sind: Hilflosigkeit und unerfahrenheit, eine freudige Bereitschaft zu borgen ohne zurückzuzahlen, eine halb amüsierte, halb verärgerte Stellungnahme unverstandenen Phänomenen gegenüber und eine erstaunliche Beharrlichkeit, auf vorgefaßten falschen Meinungen zu verharren.
fationellen Errettungen aus den Klauen des Todes; hat sich der
Vollgestopft mit Räubergeschichten von wilden Gefahren, sen
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Afrikaforscher bis an die Zähne bewaffnet und kommt mit einer übermäßigen Ladung überflüssiger Pinge an, während es ihm an allem Notwendigen( namentlich Kampausrüstungen) fehlt Sein Mangel an vernünftigen Vorbereitungen und an Kamperfahrungen diese Leute haben oft in ihrem eigenen Lande keine drei Nächte im Freien verbracht trägt die Hauptschuld an den Strapazen, die der Afrikaforscher tatsächlich durchmacht und die er nur durch die Abwesenheit jeder wirklichen Gefahr in solchem Ausmaß zu ertragen vermag. Die eine große Gefahr, die den Afrikaforscher aus dem einfachen bedräut. ist, daß er sein Buch nicht anbringt Grund, weil Afrika bereits erforscht ist. In den letzten zweitausend Jahren hat man beinahe alles entdeckt von mythischen Aber menschlichen Monstern bis zu menschenfressenden Zwergen. noch immer ist Nachfrage da. Was soll er tun, der arme Afrika , forscher?
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Wo immer er hinkommt, ist der zu erforschende Kontinent von unserer verdammten Kultur beleckt. Staatsvisiten, Gegenbesuche, Smokinggeplauder, Tanzpergnügen, Luxuszüge, Autos, Motorräder, Traktoren. Selbst die Neger enttäuschen durch ihr Wetter- und Erntegerede, wenn sie Farmersleute sind, und als Händler sprechen sie mie alle Händler vom Markt und den Preisen. Kann man aus dergleichen Dingen ein zugfräftiges Afrikabuch machen? Nein. Also setzt sich der Afrikaforscher dramatisch in Szene. Er erzählt nichts von seinen guten Tagen, von der genoffenen Hilfe und Führung, er überbetont gewisse Charakteristiken des Landes und ignoriert andere gänzlich.
Natürlich verbleiben auch in diesen Tagen der„ Schutz" herrschaft den Eingeborenen( und Löwen ) einige reſtliche Freiheiten. Da heißt es einsetzen. Die Eingeborenen tanzen gern mal dann und wann, von der religiösen Bedeutung des Tages ganz abgesehen... und natürlich: wo es Löwen gibt, wird gebrüllt. In den Afrikabüchern sind alle diese Geschehnisse düster, bedrohlich, ominös. Der Dorftanz ( anständiger als bei uns) wird zum orgiastischen Ritual. Das Löwengebrüll das einer ehrenvollen Erwähnung wert ist, wenn der Löwe bei Stimme ist und sich nicht überfressen hat- wird symbolisiert, wird zum Schrei des dunklen Afrika "... ,, der Schrei der reißenden Tiere hallt in der urwäldlichen Wildnis wider und der urwäldliche Mensch kriecht zitternd in seine Grashütte oder sucht Schutz in Baum oder Höhle",
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Der ansässige Weiße hat sich mit technischen, landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Problemen zu beschäftigen Seine Beobach tungen sind zutreffend, seine Ansichten zu gesund, um Furore zu machen. Das bleibt dem Afrikaforscher überlassen...