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Morgenausgabe

Nr. 297

A 150

49. Jahrgang

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Der Borwärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit"

Vorwärts

Beeliner Boltsblatt

Sonntag

26. Juni 1932

Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Die ein palt. Millimeterzeile 30 B. Reklamezeile 2.- M. ,, Kleine An zeigen" das fettgedruckte Wort 20 Pf. ( zulässig zwei fettgedrudte Worte), jedes weitere Wort 10 Bf. Rabatt It. Tarif. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Millimeter. zeile 25 Pf. Familienanzeigen Milli. meterzeile 16 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr Der Verlag behält sich das Recht der Ab­lehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

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SA- Angriff auf den Vorwärts

Von der Hauswache zurückgeschlagen!

Am Sonnabend nachmittag kurz vor 17 Uhr| wurde in Berlin in der Friedrichstraße ein Propagandawagen der sozialdemo kratischen Partei von einem Haufen uniformierter Nationalsozialisten, die von der Hedemannstraße herangestürmt kamen,

überfallen.

einer Eisenstange kräftig zur Wehr, das Publi­fum nahm Partei gegen die Nazis und wurde darauf von ihnen bedroht.

Ich sah, daß der Alarm"-Händler, der an der Ecke der Friedrich­straße steht, nach dem Borwärts zu lief. Mit ihm kamen zwei bis drei Reichsbannerkameraden zurüd. Ein Nationalsozialist gab einen Signalpfiff ab, darauf stürmten sofort 150 bis 200 nationalsozialisten vom Belle- Alliance- Platz und Halleschen Tor her auf die Ecke der Lindenstraße zu. Sie löften im Caufen Koppel und Schulterriemen. Einige Führer schienen sie

aufhalten zu wollen,

aber auf neue Signalpfiffe hin stürmten sie auf die Lindenstraße zu.

Im Anschluß daran stürmte eine Menge von 150 bis 200 Nationalsozialisten auf ein Pfeifensignal hin vom Halleschen Tor und vom Belle- Alliance- Plak her auf den Ein­gang der Lindenstraße zu. In der Linden- gedrückt und fah zunächst, wie zwischen der Ecke der Lindenstraße straße wurden mehrere Personen, die das Abzeichen der Eisernen Front trugen, über­fallen.

Der nationalsozialistische Haufe drang dann in den Torweg des, Vorwärts" Gebäudes ein. Hier kam es zu einem schweren Handgemenge zwischen den eindrin­genden Nationalisten und dem Hausschuh des Vorwärts". In diesem Handgemenge fielen Schüsse. Zwei Reichsbannerlente und ein Nationalsozialist wurden verwundet. Der Nationalsozialist erhielt einen Bauchschuß, der eine Reichsbannermann einen Beckenschuß, der andere schwere Hiebverlegungen.

Die Nationalsozialisten wurden aus dem Hause hinausgeworfen. Die Polizei zer­

Ich wurde mit einer Menschenmenge in die Cindenffraße hinein­und dem Café Benezia( ein Nazilofal gerade gegenüber dem

Borwärts") 20 Nationalsozialisten einen Schupobeamten um­ringten, der einen Mann mit dem Eisernen- Front- Abzeichen vor den Nationalsozialisten schützte. Ich ging dann über die Straße nach dem Vorwärts"-Haus und fah, wie links vom Eingang die Nationalsozialisten auf einen Mann einschlugen. Eine große Menschenmenge war zugegen. Ich bekam plöglich einen Stoß und flog gegen ein Lieferauto, wobei mir der Arm aufgerissen wurde. Als ich aufstand, sah ich, wie im Torweg selbst eine regelrechte Schlacht im Gange war. Die Nationalsozialisten schlugen mit Fahnenstangen in den Knäuel hinein. Plötzlich stürmten einige Nazis heraus. Sie schrien ,,, sie haben einen in den Bauch geschossen."

Sie hielten eine Autotare an. Aus dem Torweg wurde ein Berwundeter heraus in die Tage getragen. Fast zur gleichen Zeit famen zwei Ueberfallwagen der Polizei. Die Polizeibeamten drückten die Nazis weg. Ich hörte, wie die Abziehenden laut riefen, daß sie wiederkommen und blutige Rache nehmen würden.

Ein Reichsbannerkamerad vom Hausschuhz des Vorwärts" be­richtet:

Der Alarm"-Händler kam zu uns und erzählte uns, daß die Nazis unseren Propagandawagen überfallen hätten. Wir liefen etwa zehn Mann bis zum Belle- Alliance- Platz, die Angreifer liefen weg. Wir fahen über den Belle- Alliance- Platz etwa 150 unifor­mierte Nazis gelaufen kommen. Wir zogen uns zurück nach dem ,, Vorwärts"-Gebäude.

Ich sah, wie ein uniformierter Nationalsozialist Ede Lindenstraße und Belle- Alliance- Platz Wink. zeichen gab. Ich rief: Kameraden, Achtung!", da stürmten die Nationalsozialisten schon heran.

Wir bemühten uns, die Gittertore abzuschließen, aber die Nationalsozialisten brachen sie auf und stürmten herein. Sie drängten uns zunächst bis in die Ecke des ersten Hofes zurüd,

dabei feuerten die Nationalsozialisten drei bis vier Schüsse auf uns ab.

Darauf rief ein Kamerad: Borwärts". Wir stürmten vor und drängten die Nationalsozialisten bis zum Tor. Dort fielen wieder zwei oder drei Schüsse gegen uns. Ich wurde von Nationalsozialisten umringt, aber von den kameraden wieder be­freit. Schließlich konnten wir die Nationalsozialisten zum Torweg hinausdrängen.

Die verwundeten Kameraden.

Die Genossen Rauser und Meier berichten.

Noch gestern abend begab fich Genosse Stampfer und ein wei­nach dem Befinden der Opfer des nationalsozialistischen Ueberfalles auf das Vorwärts"-Gebäude zu erkundigen.

strente sodann die Ansammlungen auf der teres Mitglied unserer Redaktion ins Urbanfrankenhaus, um sich Straße.

Die verlegten Genossen sind Otto Rauser, 37 Jahre alt, und Klaus Meier.

Wie der Angriff erfolgte.

Augenzeugenberichte über den Sturm.

Ein Augenzeuge des Angriffs der Nationalsozialisten auf das Vorwärts"-Haus, ein Angestellter des Vorwärts"-Verlages, be­

richtet:

Ich befand mich zwischen 4 und 5 Uhr nachmittags im Schultheiß - Restaurant am Belle- Alliance- Platz zwischen Friedrich­und Lindenstraße. Als ich Lärm auf der Straße hörte, ging ich heraus und fah einen Trupp Nationalsozialisten im Sturmschriff in der Friedrichstraße. Sie fielen über unseren Propaganda­wagen her, der in der Friedrichstraße , unweit des Belle- Alliance­Platzes ftand.

Der Fahrer setzte sich gegen die Angreifenden mit

Heran zu den Elternbeiratswahlen!

Liste Schulaufbau!

Bleich aber ruhig liegt der durch starken Blutverlust sehr ge­

schwächte Reichsbannerkamerad Raufer in seinem Bett. Die natio­

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nalsozialistische Mörderkugel ist in den linken Oberschenkel einge­drungen und im Knochen stecken geblieben. Wie der Arzt versichert, besteht zur Zeit keine unmittelbare Gefahr aber nur einige Zenti­meter höher dann hätte die mörderische Kugel das Leben des Kameraden für immer ausgelöscht. Der Zustand des Schwerver­letzten gestattet nur eine Unterredung von wenigen Minuten. Raufer schildert mit leifer Stimme,

wie er von den Hitlergardisten auf dem Hof des ,, Vorwärts"-Gebäudes aus einer Entfernung von 10 bis 12 Metern niedergeschossen wurde. Raufer stand, wie er berichtet, auf dem ersten Hof des Ge­bäudekomplexes, als plötzlich mehrere Reichsbannerleute, die von bäudekomplexes, als plöhlich mehrere Reichsbannerleute, die von der Straße tamen, im Hause Zuflucht suchten. Etwa 200 SA.Ceute drängten hinterher und einem großen Teil der Braunhemden ge­lang es,

die Reichsbannerleute zurückzudrängen und durch die Einfahrt bei einem Handgemenge Mann gegen Mann auf den Hof zu gelangen. Als Kamerad Rauser Schritt für Schritt zurückwich, feuerte ein in der vordersten Reihe stehender SA.- Mann einen Schuß ab. Das war der erste Schuß, der überhaupt bis dahin gefallen war. Rauser wurde von dem Geschoß in den linken Oberschenkel ge­ In troffen und brach bewußtlos zusammen.

diesem Augenblick stand Rauser auf der Rück­seite des ersten ,, Vorwärts"-Hofes, unmittelbar vor dem Eingang, der zu den Räumen des sozial­demokratischen Parteivorstandes führt. Kameraden und Schupo forgten für den Abtransport des Berletzten ins Urbanfrankenhaus.

Der Genoffe Klaus Meier, einer von den Jungen, liegt gleichfalls im Urbankrankenhaus. Der Kopf ist in einen großen Berband gehüllt, der rechte Arm und die linke Rippengegend sind be­flastert. Diesen jungen Genoffen haben die Braunhemden buch- stäblich niedergetreten. Genosse Meier stand an der Ecke der Lindenstraße und Belle- Alliance- play, als das Lautsprecherauto von einer großen Schar Nazis angehalten wurde. Die Burschen rissen die Tür zum Führerstand auf und schlugen auf den Chauffeur und seinen Begleiter ein. Der Chauffeur erhielt mehrere Triffe gegen den Bauch. Halb besinnungslos taumelte der Ueberfallene gegen den eigenen Wagen. Klaus Meier und eine Reihe anderer Baffanten eilten den Bedrängten zu Hilfe. Die Nazis, in mehrfacher Uebermacht, versuchten, die beiden schwarzrofgoldenen Wimpel, die vorn an beiden Hofflügeln angebracht waren, abzureißen. Um die Flaggen entspann sich ein wildes Handgemenge. Mit roher Gewalt wurden von den Nazis die beiden Metallstangen samt der Ver­anferung aus den Kotflügeln herausgeriffen. Aber nur eine Flagge erbeuteten sie, die andere holfen sich die Republikaner wieder. Bor

Heute: RAST!

16 Uhr im Grunewald- Stadion Reichsbanner 15 Uhr!