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Nr. 299 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Heute Sklarek- Urteil.

Alle fühlen sich gänzlich unschuldig.- Leos große Rede.

Dienstag, 28. Juni 1932

Krieg im Dunkel.

Nazischlägereien in allen Stadtteilen.

In den letzten 24 Stunden haben die SA. - Trupps ihren Straßenterror fortgesetzt. In den meisten Fällen ist es der Polizei gelungen, die angreifenden Hakenkreuzler festzunehmen, bevor es zu

Jm Stlaret- Prozeß hatten gestern sämtliche Angeklagten ist, so bitte ich das Gericht, zu bedenken, daß ich Frau und Kinder schweren blutigen Auseinandersetzungen kommen konnte. bis auf die Sklaret- Buchhalter Lehmann und Tuch das letzte habe." Wort erhalten. Wie der Vorsitzende, Amtsgerichtsrat Keßner, mitteilte, werden heute Lehmann und Tuch zu Worte fommen, und im Anschluß daran wird um 11 Uhr am 124. Verhandlungstag das Urteft im Stlaret- Prozeß verkündet werden.

Der vorlegte Tag des Sklarek- Prozesses hatte einen starken Andrang von Publikum zur Folge. Sämtliche Angeklagten waren zur Stelle. Leo Sklarek erhielt das letzte Wort. Er hatte zwar ein ausgearbeitetes Manuskript von etwa 20 Seiten bei sich, wich aber bei seiner Rede ersichtlich von dem Manuskript ab und sprach ziemlich zusammenhanglos. Zunächst wandte er sich gegen den Vor­wurf der Staatsanwaltschaft, daß er gefühlsroh sei und behauptete, daß er immer ein gutmütiger und hilfsbereiter Mensch gewesen sei. Auch für die Arbeiter und Angestellten habe er sich immer eingesetzt und habe auf Bürgermeister Schneider eingewirkt, daß Ermissionen unterblieben. Seinen Bruder Max bezeichnete er wieder als den Napoleon, der er nicht nur jetzt auf dem Krankenbett, sondern auch schon in der Untersuchungshaft gewesen sei, wo er durch seine Ver­bindungen Erleichterungen gehabt hätte. Dann wandte er sich gegen den Mitangeklagten Stadtrat Gäbel, dessen Verteidiger behauptet hätte, er sei durch die Sklareks verführt worden. Lieber Otto, nimm mir das nicht übel, aber du hast damals auch Austern gegessen und bist in die Lokale wie Libelle und Barberina " gegangen." Das größte Unglück jei gewesen, daß man Kieburg kennengelernt habe. Rieburg habe sich, wie alle Einfäufer, Provisionsgelder zahlen lassen. Auf den Verkehr mit der Stadtbank eingehend, wandte sich Leo Sklaret dann gegen den Stadtbankdirektor Hoffmann und meinte, wenn dieser in Untersuchungshaft gesessen hätte, dann hätte er sicherlich ausgepackt und die Hintergründe des Sklaref- Are­dits geschildert. Weiter beschäftigte sich Sklaret mit Stadtrat Busch, Kommerzienrat Haberland und dem Straßenbahn­direktor Lüdtfe. In dem Sklaret- Prozeß, so meinte er dann, feien viele Meineide geschworen worden. Wenn er, Leo Stlaret, aber in den Disziplinarverfahren als Zeuge gehört würde, dann merde er die reine Wahrheit sagen. Was mag mit Schmitt und Oberbürgermeister Böß vereinbart habe, werde wohl ein ewiges Geheimnis bleiben, wenn es nicht gelänge, Mag auf die Anklage­bant zu bringen. Der Antrag des Oberstaatsanwalts fei ganz furchtbar, denn er, Leo Sklaret, hätte nie geahnt, daß er sich irgend mie strafbar gemacht hätte. Zum Schluß sagte er: Sollte ich mich strafbar gemacht haben, was mir nicht zum Bewußtsein gekommen

Willi Sflaret, der sich wesentlich fürzer faßte und viel ruhiger war, sagte, der einzig berechtigte Vorwurf, den man ihm machen könne, sei, daß er leichtsinnig gelebt habe. Daran feien aber nicht die acht Angeklagten allein schuld, sondern der Kreis sei viel größer gewesen. Willi Sklaret bestritt ganz entschieden, irgend­welches Geld beiseite gebracht zu haben und betonte, daß er nichts Strafbares begangen habe.

Der Angeklagte Stadtbankdirektor Schmitt schloß sich den Ausführungen seines Verteidigers an, erklärte, seine makellose dienst­liche Vergangenheit gebe die Gewähr dafür, daß er sich nicht habe bestechen lassen und keine Pflichtwidrigkeiten begangen habe. und bat um ein freisprechendes Urteil.

Der Angeklagte Statdbankdirektor Hoffmann erklärte, daß er seine Pflicht bis aufs äußerste erfüllt habe und sich nie etwas er seine Pflicht bis aufs äußerste erfüllt habe und sich nie etwas hätte zuschulden kommen lassen. Er sei ein vollständig unschuldiger Mensch und bitte um seine Freisprechung.

Der Angeklagte Bürgermeister Kohl betonte, daß er während seiner langen kommunalen Tätigkeit nur das Interesse der Stadt im Auge gehabt habe. Er habe von den Sklareks keine Zuwen­dungen erhalten, sondern sich das Haus aus den eigenen Erspar: nissen seines arbeitsreichen Lebens gekauft. Er habe auch feine Pflichtwidrigkeiten begangen und stehe deshalb vor sich selbst rein da. Auch er bat um einen Freispruch.

Die übrigen Angeklagten, Stadtamtmann Satolofiti, Stadt­rat Gäbel, Stadtrat Degner, Bürgermeister Schneider und Buchprüfer Luding gaben ähnliche Erklärungen ab. Auch sie hielten fich alle für unschuldig und baten um Freisprechung.

Kommt Max Gflaref nicht mehr vor Gericht?

Der Verteidiger von Mar Silaret hat nunmehr die Ein­stellung des Verfahrens gegen Mar Eflaret auf Grund des§ 205 der Strafprozeßordnung beantragt. Dieser Paragraph bezieht sich nach seinem Wortlaut nur auf die Fälle, in denen das Verfahren eingestellt werden muß, weil der Angeklagte geistestrant ist. In der strafprozessualen Praris ist dieser Paragraph aber auch wiederholt dann angewandt worden, wenn ein Angeklagter wegen seiner Krankheit nicht verhandlungsfähig ist und die Schwere der Erkrankung die Möglichkeit ausschließt, daß er jemals wieder ver­handlungsfähig werden könnte.

In der Barfusstraße im Norden Berlins versuchte eine größere Schar Nationalsozialisten in ein Lokal einzudringen. Bei dem Handgemenge erlitten zwei Parteigenossen Ber= legungen, so daß sie auf der nächsten Rettungsstelle behandelt werden mußten. Die Mehrzahl der nationalsozialistischen Angreifer konnte vom Ueberfallkommando festgenommen werden. In der Idealpassage in Neukölln wurden von Nationalsozialisten die Fensterscheiben unseres Parteibüros einge= worfen. Drei der Fensterstürmer konnten von der Polizei in Haft genommen werden.

In der Umgebung des Bülow bogens tam es in der vor­letzten Nacht zwischen Nazis und Kommunisten zu einem regelrechten Kleinkrieg, bei dem von beiden Seiten geschossen wurde. In der Berliner Straße in Tempelhof wurde ein harmloser Passant von Nazis niedergeschlagen. Fünf Montag früh, Nazis konnten von der Polizei ergriffen werden. furz vor 3 Uhr, wurden aus einer Autodroschke in der Rubens

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niemand. Die Täter entkamen. In der Seestraße wurden

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straße in Schöneberg auf ein KPD.- Lokal zahlreiche Schüsse abgefeuert. Die Scheiben gingen in Trümmer, verlegt wurde jedoch Sonntagnacht mehrere Reichsbannerleute von Haken= freuzern überfallen, die aus ihrem Verkehrslokal, mit Stühlen, Biergläsern und Flaschen bewaffnet, auf die Straße liefen und auf die Reichsbannerleute einschlugen. Die rechtzeitig auf dem Kampfpatz erschienene Bolizei nahm mehrere Nazis feft,

Nazis wieder gegen Polizeibeamte. SA Sturm auf früheres KPD. - Lokal in Steglitz .

In der Düppelstraße in Steglitz fam es gestern abend zu einer Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und kommunisten. Durch das rechtzeitige Einschreiten der Polizei wurde schlimmeres Unheil verhütet. Als mehrere S.- Krafeeler zwangsgestellt werden sollten, drangen S.- Ceute auf die Beamten ein und ver­juchten, ihren kumpanen dadurch zur Flucht zu verhelfen. Einer der Burschen, der die Beamten in ihrer Amts­handlung behindert hatte, konnte festgenommen werden.

Um 21.30 Uhr stürmte ein SA.- Trupp das frühere KPD. - Ber­fehrslofal am Carmerplay in Steglig. Mehrere Schaufenster­scheiben und die Tür des Restaurants wurden von den national­sozialistischen Bandalen zertrümmert. Da sich in der Gastwirtschaft feine Kommunisten befanden, zogen die Burschen wieder ab. Ein Teilnehmer an diesem Rachefeldzug" wurde später festgenommen.

Reichsbanner in Bereitschaft. Selbstmord zweier Berliner Bantiers.

Der Appell im Stadion.

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Stärkt die Schutztruppe der Republik !

Aufgabe der republikanischen Arbeiterbewegung.

Für die Fünfzigtausend, die am Sonntag hinaus zum| sation zu stärken, erscheint im Augenblick mit als die wichtigste Grunewald- Stadion gekommen waren, wurde der Reichsarbeitersporttag zu einem erhebenden

Erlebnis, weil er durch das Zusammenwirken aller in der Eisernen Front zusammengeschlossenen Orga­nisationen die Einigkeit, Disziplin und Bereitschaft der Berliner Arbeiterschaft neu dokumentierte. Den Zehn tausenden, die nach der mitreißenden Rede Paul Löbes mit hochgereckter Faust den Freiheitsgruß aus brachten, war diese Handlung nicht nur Symbol, sondern heiliger Schwur, bis zum letzten für die Freiheit zu kämpfen. Wenn die grenzenlose wirtschaftliche Not es nicht so manchem unmöglich gemacht hätte mithinauszu­ziehen, so hätte das Stadion doppelt so groß sein können, und es hätte nicht alle zu fassen vermocht.

Die Mannschaften der aktiven Berliner Reichsbannerkameraden

hatten eine Stunde vor Beginn des eigentlichen Festes Aufstellung genommen. Punkt 15 Uhr nahm der Bundesführer Karl Hölter= mann mit dem gesamten Gauvorst and den Appell ab. So oft der Arm Höltermanns in die Höhe flog, brauste ihm beim Ab­schreiten der Fronten aus Hunderten von Kehlen begeistert der Freiheitsruf entgegen. Der Bundesführer konnte sich davon überzeugen, daß das Berliner Reichsbanner über glänzendes Menschenmaterial verfügt.

Gewiß, in der Einheitlichkeit der Uniform hätten die auf­marschierten Formationen mit den neu eingekleideten SA. - Trupps mit ihren Notverordnungsjaden nicht bis zum letzten fon­furrieren können. Und wir sind stolz darauf! Der Reichs­bannerkamerad in der abgetragenen Windjacke schaut mit Verach­tung auf den SA. - Mann mit der verliehenen" Uniform. Er weiß nur zu gut, daß dieser mit seiner Uniform" sein politisches Frei­heitsrecht verkauft.

Es war kein Zufall, daß die Kameraden des Reichs banners bei ihrem Einmarsch mit den Genossen der Eisernen Front besonders stürmisch begrüßt worden. Wir sehen, welche Nach dem Appell formierte sich der Zug, an dessen Spize gleich wichtigen Aufgaben die Schuttruppe der Republik gerade jetzt zu hinter den Spielleuten unter Führung des technischen Leiters Arthur erfüllen hat, da die nationalsozialistischen Volksverhezer den Neidhardt der Gauvorstand mit Höltermann in der Mitte Brudermor d über Deutschland gebracht haben. Das Reichsmarschierte, darunter auch der Vorsitzende der Berliner Sozialdemo­banner neben Partei, Gewerkschaften und Arbeitersportorgani- tratie, Franz Künstler, in der Bundeskleidung des Reichsbanners.

Mit Gift und Revolver.

Die Nachricht von den Selbstmorden zweier Berliner Bantiers hat in Bankfreifen erhebliches Aufsehen hervorge­rufen. Am Sonnabend erschoß sich, wie erst jetzt bekannt wird, der 51 Jahre alte Bankier Robert L. in einem Hotel Unter den Linden. Einen Tag zuvor war der Bankier Siegfried B. an einer Veronal­

vergiftung, nachdem er einige Tage in einer Klinik gelegen hatte,

gestorben.

Es war zunächst der Verdacht aufgetaucht, daß die Selbstmorde mit verfehlten geschäftlichen Transaktionen in Verbindung stehen würden. Das hat sich bei der Untersuchung jedoch als irrig heraus­gestellt. L. hat offenbar im Alkoholrausch zur Waffe gegriffen, nach­dem er vorher ins kleinste seine Hinterlassenschaft geregelt hatte. In einem Abschiedsbrief erklärt der Lebensmüde, daß er dem Alkohol unterlegen sei und deshalb in den Tod gehen werde.

Der Bankier B., Mitinhaber eines Bankhauses in der City, hat die Tat vermutlich in einem Nervenanfall infolge Arbeitsüberlastung begangen. B. wurde in der vorigen Woche in seinem Schlafzimmer bewußtlos aufgefunden. Man schaffte ihn in eine Berliner Klinik, wo eine Veronalvergiftung festgestellt wurde. Hilfe konnte dem Lebensmüden leider nicht mehr gebracht werden.

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