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Nr. 303 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Donnerstag, 30. Juni 1932

Hauszinssteuer und Mieter. Die Potsdamer Schmiergelder

Ein neuer Erlaß des preußischen Finanzministers.

Die bisherigen Bestimmungen über den Erlaß von Hauszins| fann unter Umständen den Hauseigentümern die Zahlung der Haus­steuerbeträgen find bekanntlich durch die preußische Notverordnung zinssteuer auch für den Monat August gestundet werden. in vollem Umfange aufgehoben worden. Der preußische Staat hat den Fürsorgeverbänden( Gemeinden) 160 Millionen Mark zur Ver­fügung gestellt, damit diese von sich aus hilfsbedürftige Mieter unterstützen. Grundsäßlich also entscheidet die Hilfsbedürftig feit des Mieters, ob ihm eine Mietbeihilfe gewährt wird.

Während früher ein Erlaß der Hauszinssteuer gewährt wurde für einen Mieter, dessen Einkommen 1200 Mark nicht überschritt, entscheidet jetzt allein die Hilfsbedürftigkeit, nicht, wie es zuerst hieß, die Einkommensgrenze von 800 Mart. Der Hausbesitzer soll in allen Fällen grundsäglich die volle Hauszinssteuer abführen. Der hilfsbedürftige Mieter muß sich an das Wohlfahrtsamt menden.

Die Wohlfahrtsämter haben auch in Zukunft die Mietbeihilfen wie bisher nicht an die Hilfsbedürftigen, sondern an die Haus­wirte zur Auszahlung zu bringen, mit dem einzigen Unterschiede, daß diese Mietbeihilfen sich jetzt( im Falle der Hilfsbedürftigkeit) um die Hauszinssteuerbeträge erhöhen. Da die Bearbeitung der entsprechenden Anträge bei den Wohlfahrtsämtern eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, hat der preußische Finanzminister folgende

erlassen:

Uebergangsregelung

Für den Monat Juli dürfen die Hausbesitzer wie bisher für diejenigen Mieter, denen Hauszinssteuererlaß gewährt war, die Hauszinssteuer vorläufig absetzen. Die Mieter müssen aber bei den Wohlfahrtsämtern Anträge auf Bewilligung der Hauszinssteuer­beträge stellen. Gibt das Wohlfahrtsamt diesen Anträgen statt, dann hat das Wohlfahrtsamt die Beträge( für Juli) an die Haus­eigentümer und diese haben sie an die Steuerämter zu überweisen. Lehnt das Wohlfahrtsamt einen Antrag ab, dann wird die Haus zinssteuer für Juli niedergeschlagen. Für spätere Monate muß der Mieter die Hauszinssteuer selbst zahlen. Sollte eine erstinstanzliche Entscheidung des Wohlfahrtsamtes im Juli nicht erfolgen, dann

Abgesehen von dieser Uebergangsregelung findet sich in dem Erlaß eine wichtige neue Bestimmung. Dem Hauseigen tümer wird in Zukunft die Stundung oder Niederschlagung der Hauszinssteuer nur dann gewährt, wenn er nachweist, daß er weder vom Wohlfahrtsamt noch durch gerichtliche Zwangsmaßnahmen vom Mieter selbst die geschuldete Hauszinssteuer erhalten konnte. Die Tragweite dieser Bestimmung ist noch nicht zu übersehen, aber es ist zu befürchten, daß sie zu zahlreichen erfolglosen Klagen und zu einer unnötigen Verärgerung von Mieter und Vermieter führen wird. zu bedauern bleibt, daß die ohne hin überlasteten Wohlfahrtsämter durch diese Bestimmungen( be­sonders durch die Uebergangsregelung) eine neue, große Arbeits­last übertragen erhalten.

Weitere Enthüllungen in dem Bestechungsskandal.

Gegen den Potsdamer Stadtbauamtmann Rudolf Kiesling, der sich vor dem Potsdamer Schöffengericht mit drei weiteren An­geflagten wegen schwerer Bestechung verantworten muß, werden neue Bestechungsfälle bekannt.

Glaubte man bisher, daß Kiesling allein bei dem ,, Durchstich­komplex" Schmiergelder von dem ebenfalls angeklagten Tiefbauunternehmer Dübner erhalten hatte, so wird jetzt bekannt, daß er solche auch von mehreren Steinlieferanten erhalten hat. Die Stadt Potsdam benötigte seinerzeit für etwa 250 000 m. Pflastersteine. Der inzwischen verstorbene Stadtbaurat Fischer, der bei Bekanntgabe der Korruption Selbstmord beging, hatte diese hohe Steinlieferung nicht ausschreiben lassen, sondern drei Fabri­fanten übergeben. Diese Steinbruchbesizer haben dem Angeklagten Riesling zahlreiche Schmiergelder zukommen lassen. Selbst als der famose Stadtbauamtmann eine Badereise unternahm, erhielt er von einem Steinlieferanten so nebenbei 900 M. Erholungsgeld in das Bad nachgesandt. Zu dem morgigen Prozeß, der etwa zwei Wochen dauern wird, sind 30 Zeugen und eine Anzahl Sachverständiger geladen.

Der Fuchs predigt den Hühnern.

Die Arbeitslosenunterstützung soll fallen. Ausgerechnet Hugenbergs Deutschnationale hatten zu gestern eine Rentnerversammlung nach den Spichern- Sälen am Nürnberger Play einberufen. Ausgerechnet an jenem Tage, an dem zum ersten Male die Rentenkürzungen der Papen Regierung in Kraft traten.

Das eine steht hiernach für alle in Zweifel und Unruhe ge= ratene Mieter fest: Durch diese Regelung ist für die Mieter, deren Hilfsbedürftigteit anerkannt oder abgelehnt worden ist, erreicht, daß für den Monat Juli keine Aende­rung in ihren tatsächlichen Mietzahlungen ein­tritt und sie Zeit für eine etwa nötige Umstellung, insbesondere hinsichtlich eines Wohnungswechsels gewinnen. Zur Erleichterung des Wohnungswechsels können Hilfsbedürftigen Umzugsbeihilfen von den Bezirksfürsorgeverbänden gewährt werden. Solange sie rechtlich oder tatsächlich insbesondere durch das Fehlen geeigneter Wohnungen gehindert sind, eine andere angemessene Wohnung zu Und ausgerechnet traten in dem schwarzweißrot drapierten Saal finden, sind die Verhältnisse des Einzelfalls, darunter auch der tat­als Redner die Vertreter des Verbandes der Haus- und Grund­fächliche Wohnungsaufwand für die Bemessung der Mietbeihilfe, besigervereine Groß- Berlin, der deutschnationale Landtagsabgeordnete gegebenenfalls über den im Richtjaz hinaus dafür vorgesehenen Be- Mentz und der deutschnationale ehemalige Reichstagsabgeordnete trag zu berücksichtigen. Was schließlich das Kündigungsrecht Steinhoff auf. Wer also von vornherein geringe Hoffnung hatte, anbelangt, so bestimmt sich das Kündigungsrecht des Mieters in auch nur etwas gegen den Rentenraub der Baronsregierung zu hören, erster Linie nach dem Mietvertrag, in zweiter Linie nach§ 565 BGB. der hatte sich den Weg vergeblich gemacht. Genau wie die Nazis Der Schutz des Mieters und das Zusammenwirken der Geschweigen die Deutschnationalen über die Taten der jezigen Regie­richte mit den Fürsorgebehörden ergibt sich aus den§§ 3 und 10 des Mieterschutzgesetzes.

Neue Hetze gegen Berliner Schupo

Kommandeur Heimannsberg entlarvt Provokateure.

Polizeikommandeur Heimannsberg , der bei den Zusam­menstößen, die sich am Dienstag im Anschluß an die Studenten­Sundgebung im Luftgarten Unter den Linden zutrugen, anwesend war, wandte sich gestern energisch gegen die Darstellung über diese Vorgänge in einem Teil der Rechtspresse.

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Rolizei in jaate kommandour Hoimannsborg, sei von einigen Blättern in einer Weise angegriffen worden, die unzu­träglich und nicht weiter zulässig sei. Bei den Aus­schreitungen, die sich an die Lustgarten- Rundgebung gefnüpft hätten, müsse vor allem bedacht werden, daß es sich hier nicht um eine nationale Veranstaltung gehandelt habe, sondern um eine rein parteipolitische Agitation, die mit der vorher Wenn behauptet werde, daß 20 Studenten rücksichtslos mit dem Gummitnüppel bearbeitet worden seien, nachdem sie von der Polizei in die Bannmeile gedrängt worden wären, so entspreche das nicht den Tatsachen. Alle diejenigen, die sich auf polizeiliche

| Ruhe und Ordnung zu stören, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln unterdrücken. Er, Heimannsberg , fönne sich aber vorstellen, daß, wenn die Presse in der bisherigen Weise mit ihren Angriffen gegen die Polizei fortfahren werde, einmal der Tag komme, wo die Gegen säge aufeinander prallten. Keine Partei könne für sich ein Sonder­recht in Anspruch nehmen. Bei den Zwischenfällen, die sich anläßlich des Aufzuges der Skagerrak- Wa che seinerzeit ereignet hätten, habe die Polizei bereits größte Zurückhaltung geübt, aber die Vor­gänge Unter den Linden und in den anliegenden Straßen über­stiegen alles, was bisher in dieser Hinsicht zu verzeichnen gewesen sei.

ſtattgefundenen Kundgebung nicht das geringste zu tun gehabt habe. Fünf Verletzte bei Straßenbahnunfall.

Aufforderung hin nicht sofort entfernt hätten, jeien gewaltsam

entfernt worden. Es sei aber unwahr, daß die Polizei ab= sichtlich alte Leute und Kinder mißhandelt habe. Wenn trotzdem Nichtbeteiligte gelitten hätten,

so sei das auf diejenigen zurückzuführen, die rücksichtslos Frauen und Kinder vorgeschickt hätten, während sie selbst seige im Hintergrunde geblieben wären.

Artikel, wie sie beispielsweise kürzlich im ,, Angriff" gestanden hätten, verfolgten offenbar den Zweck, die Führung der Polizei topfscheu zu machen. Es könne aber versichert werden, daß die polizei­liche Führung gerade durch derartige Veröffentlichungen in Zukunft die Zügel nur noch fester in die Hand neh men werde. Die Polizei werde alle Versuche, die geeignet seien,

Joselli

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JUND

Scheiben einer Straßenbahn durch Laffzug zertrümmert.

An der Kreuzung Müller- und Boyenstraße im Norden Berlins ereignete fich gestern vormittag ein seltsamer Straßenunfall, bei dem 5 Fahrgäste eines Straßenbahnwagens der Linie 27 verletzt wurden.

Gegen 10 Uhr wollte ein Laftfahrzeug, das mit einem Leiter gerüst beladen war, in die Seitenstraße einbiegen. Dabei streiften die über den Lastwagen hinausragenden Gerüststangen den An­hänger der Straßenbahn und zertrümmerten sämtliche Scheiben. Ueber die erschreckten Fahrgäste prasselte ein Hagel von Glassplittern nieder. Fünf Personen erlitten Verlegungen. Während sich vier Ver­letzte in privatärztliche Behandlung begaben, mußte eine 31 Jahre alte Frau Emma Jahle aus der Rauschstraße 51 in Borsigwalde zur nächsten Rettungsstelle gebracht werden. Durch den Unglücksfall entstand eine Verkehrsstörung von 10 Minuten.

rung. Dafür wurde um so mehr über den Margismus ge= schimpft. Erzberger mußte auferstehen, die Bonzen mußten her= halten. Und dann ließ man ein wenig die Kaze aus dem Sack: Arbeitslosenunterstützung wird es in Hugenbergs Reich nicht mehr geben, sondern für die Unterstützung muß Zwangsarbeit geleistet werden. Alle Wohlfahrtsempfänger werden geteilt in verschämte und unverschämte Arme. Die unverschämten müssen weiter aufs Wohlfahrtsamt gehen, den verschämt- faiſertreuen aber bringt der Briefträger jeden Ersten die gebratenen Gänse ins Haus. Der Hausbesitzervertreter Menz ließ sich dann noch besonders über seinen berüchtigten Plakatkrieg aus, den er in den Berliner Mietstasernen angezettelt hat.

Aber die Herren am Vorstandstisch machten sehr lange Gesichter, als plötzlich den Opfern der Papen - Regierung die Demagogie der Hausbesitzer zu viel wurde, und der Ruf erscholl: Was habt ihr den Fürsten an den Hals geworfen? Man hatte es mit einem Male fehr eilig, und ohne eine Diskussion zuzulefsen, schloß. man die Versammlung. Es wäre ihnen auch heimgeleuchtet worden. Die Abrechnung kommt nach: Am 31. Juli.

Wieder drei Schulbrandstiftungen.

Bisher feine Spur von dem Täter.

Erst kürzlich berichtete der Vorwärts" über mehrere Schul­hausbrände. In allen Fällen fonnte festgestellt werden, daß ver­brecherische Hände ihre Hand im Spiele hatten. Im Norden Berlins nahmen die Brandstiftungen ihren Anfang. Jetzt hat der unbe­fannte Täter seine Tätigkeit nach dem Südwesten verlegt. traße 13 in Neukölln, wo der Bücherschrank in einem Klaffen­

Der erste Feueralarm kam am Mittwoch aus der Weser­

zimmer lichterloh brannte. Der Schulhausmeister unternahm so­fort Löschversuche und verhinderte dadurch eine größere Ausdehnung des Brandes. Eine Stunde später lief auf der Hauptfeuerwehr­wache aus der Gemeindeschule in der Dieffenbach­straße 51 die Nachricht ein, daß ein Klassenzimmer brenne. Auch in diesem Falle hatte der Brandstifter das Feuer im Lehrmittel­schrank angelegt. Eine weitere Stunde später bemerkte der Schul­hausmeister der Gemeindeschule in der Wassertorstraße 4 Feuerschein und Rauch im Schulgebäude. Die alarmierte Feuerwehr konnte das Feuer, das den Inhalt eines Bücherschrankes restlos ver­nichtet hatte, schnell niederkämpfen.

Die raffinierte Art des Täters, der es in auffallend geschickter

überall bekannt­überall verlangt,

das sind Tatsachen, auf die

uno

stolz sein kann.

Der Kenner bevorzugt diese Cigarette, weil sie auf Zugabe von Wertmarken, Gutscheinen oder Stickereien verzichtet, dafür aber etwas bietet, was jedes Raucherherz erfreut: Stets fabrikfrische,

gleichgute Qualität und volles Format!

Josetti

JUNO

o/ M. rund

6 STUCK 20/ S

KON LINON

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