Der Abend
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Nr. 306
B 153
19. Jahrgang
am Montag 18 Uhr
Sonntag: Arbeiter- Ruder- Regatta Grünau und Volkskundgebung Weißensee
Wir werden verboten! Noch nicht sagt Herr von Gayl!
Reichsgericht erklärt das Gebot für ,, zulässig".
In der Angelegenheit des vom Reichsinnenminister von Gahl geforderten Verbots des„, Vorwärts" hat der Vierte Strassenat des Reichsgerichts am 1. Juli unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Dr. Bünger folgenden Beschluß gefaßt:
Das Verbot wird für zulässig er klärt. Der Senat ist der Auffassung, daß die in Frage kommenden Artikel geeignet sind, den Reichs. präsidenten und die Reichsregierung verächtlich zu machen, zudem aber auch lebenswichtige in- und außenpolitische Interessen zu gefährden. Der Senat hält zumal in der jetzigen Zeit einen wirksamen Schutz dieser Interessen für unbedingt erforderlich. Ueber die Frage eines Verbots der Kölnischen Volkszeitung" ist heute noch nicht verhandelt
worden.
Das Verbot tritt selbstverständlich erst in Kraft, nachdem die Entscheidung dem Verlag formell zugestellt ist.
Staatsrat gegen Amnestiegesetz
Verfassungsminister Gayl für das Gesetz!
Jm Preußischen Staatsrat wurde heute mittag über das vom Landtag angenommene Amnestie gesetz abgestimmt. Das Zentrum, die Staatspartei und die Sozialdemokraten stimmten geschlossen gegen das Gesetz, die Vertreter der Volkspartei und der Deutschnationalen ftimmten nicht einheitlich.
Außerordentliches Aufsehen erregte es, daß der Reichsinnenminister Freiherr von Gaylin namentlicher Abstimmung für das Amnestiegeseh, so wie es der Landtag beschlossen hat, stimmte, wonach selbst der Separatistenführer Dorten straffrei erklärt wurde.
Die Einspruchserhebung wurde mit 60 gegen 19 Stimmen beschloffen. Nur die Kommunisten stimmten geschlossen gegen den Einspruch. Die von der Rechten gebildete Arbeitsgemeinschaft hatte sich gespalten.
Eine Witwe schreibt
an den Vorwärts:
die
,, Ich habe bis jekt 12,60 Mart Invaliden: geld erhalten. Bekomme nur die Hälfte der Invalidenrente, weil ich 32 Mark Witwenrente bezog. Meine Witwenrente wurde jekt um 5 Mark gekürzt, die 12 M. Invalidenrente aber obendrein Hälfte, um 6 Mark. Das ist ja etwas ganz Ungeheuerliches! Von den 44,60 Mark im Monat hat man mir nur noch 33,60 Mark für den ganzen Monat gelassen. Denen, die 50 Mark Rente bekommen, werden nur 5 M. abgezogen. Könnten denn die Abzüge nicht wenigstens gestaffelt werden?
Bin 65 Jahre alt, ich bin ganz verzweifelt!"
Der Abzug von 5 Mark trifft die Witwen schon schwer genug. Daß man ihnen obendrein noch die halbe Invalidenrente um den vollen Notvergrdnungssatz von 6 Mart fürzt, ist ein Standal!
Die Auswirkung der Hitler - Notverordnung forgt dafür, den Witwen den Unterschied klar zu machen zwischen dem„, Wohl= fahrtsstaat" und dem von Hitler tolerierten neuen System der Baronsregierung.
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2 Tote, 4 Schwerverletzte- SA. Waffen beschlagnahmt
Hattingen , 1. Juli. ( Eigenbericht.)
Bei der Rückkehr von Nationalsozialisten von einer Beerdigung in Wattenscheid kam es am Donnerstagabend zu einer Schlägerei mit Kommunisten. Dabei entwickelte sich ein Feuergefecht, in dessen Berlauf ein Kommunist getötet wurde. Zwei Kommunisten und drei Nationalsozialisten wurden schwer verletzt. Ein schwerverletter Kommunist ist im Laufe der Nacht getorben. Damit erhöht sich die Zahl der Toten auf wei.
Die Nationalsozialisten, die auf Lastkraftwagen von Wattenscheid heimkehrten, stammen aus Witten , sagen, Gevelsberg , ja jogar aus dem Siegerland. Eine Menge Hieb. und Schuhwaffen wurden beschlagnahmt. Fünf Personen wurden festgenommen.
Ein feiger nationalsozialistischer Mörder.
Köln , 1. Juli. ( Eigenbericht.) Vor einem Haus am Türmchenswall in Köln wurde in der vergangenen Nacht von einem Motorradfahrer in eine Menschengruppe geschossen. Ein verheirateter Mann,
Vater von zwei Kindern, blieb schwer getroffen auf der Straße liegen. Er ist auf dem Transport ins Krankenhaus gestorben. Durch die Schüsse wurden noch zwei andere Männer verletzt. Der Motorradfahrer, der Nationalsozialist sein foll, fühlte sich durch eine Gruppe linfsorientierter Männer bedroht. Er rief:„ Straße frei!" und feuerte sofort vier Schüsse ab. Dann
Geschäft ist Geschäft!
Preis: Tolerierung des Herrenklub
Kabinets
Meine S
Zustimmung
Wie der Handel zustande fam.
sprang er auf fein Motorrad und fuhr in schnellster Fahrt davon. Da der Täter bekannt ist, kann man mit seiner baldigen Berhaffung rechnen.
Frankfurt ( Oder), 1. Juli. ( Eigenbericht.) Die Nationalsozialisten, die bereits in der ersten Juniwoche einen Sturm auf das Gewerkschaftshaus ausführten und dort alle Fensterscheiben zerstörten, marschierten gestern abend entgegen ausdrücklichem Verbot uniformiert und in geschlossenem Zuge durch die Wißmannstraße. Dort befindet sich der Häuferblock der Baugenossenschaft Dewoba, in welchem viele Mitglieder der Eisernen Front wohnen. Als das Ueberfallkommando der Polizei gegen die Nationalsozialisten vorging, fchoffen lettere scharf und brachten dem Arbeiter Frih Balzer einen Stedschuß ins Becken bei, während der Arbeiter Bernhard 3 wiefau unter Stahlrutenschlägen, Bauchtriften und Messerstich en bewußtlos zusammenbrach. Beide Verletzte liegen in bedenklichem Zustande im Krankenhaus. Die Polizei erklärt, daß die Schuld ausschließlich die Nationalsozialisten trifft, die trotz des mehrmals wiederholten Verbots marschiert sind.
„ Gehenft wird doch". Er will Papen verleugnen.
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Der Reichspropagandachef der NSDAP. , Dr. Joseph Goebbels , sprach Donnerstagabend in Kiel in der Nordostseehalle und erklärte, mit der gegenwärtigen Regierung hätten die Nationalsozialisten nichts zu tun. Die NSDAP . toleriere fein Kabinett, das nicht von den Nationalsozialisten befeßt sei. Die Nazibewegung bleibe legal bis zur letzten Minute, aber: Gehenkt wird doch!"
Die Behauptung, daß die Nazis mit der Regierung Papen nichts zu tun haben, ist als Zwecklüge entlarvf. Die Regierung Papen- Schleicher ist die von Hitler nicht nur tolerierte, sondern ausdrücklich anerkannte Regierung der Nationalsozialiften.
Nazis überfallen Herrenklub. Damen und Diplomaten verdroschen.
Die Wiener Nazis sind von der Reichsführerschaft und den sonstigen Osafs noch zu weit entfernt, um bereits zu wissen, daß man zwar auf Arbeiter und Republikaner losschlagen muß, aber vor einem feudalen Herrenklub stramm zu grüßen hat.
Es gibt da in Wien einen feudalen Golfklub, natürlich mit englischem Namen. In der vergangenen Nacht hielten diese Herrschaften, die auch im Hochsommer Wien nicht verlassen können, ein Fest ab. Das klubheim ist eine der Villen in dem ehemals faiserlichen, jeht staatlichen Lainzer Tierpart, der sich meilenweit über Berg und Tal zieht. Um 23 Uhr erschienen etwa 50 neue Gäste, zwar ohne Einladung, dafür aber mit Hakenkreuzbinden, knüppeln und Totschlägern.
Rasch wurden Berandafenster und Tafelgeschirr zerfrümmert und die Stühle in ihre Bestandteile zerlegt, um die Zahl der Hiebwaffen zu vergrößern. Und schon gings über die Festteilnehmer her, denen eine entsprechend starte SA. - Torsperre die Flucht ver