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BERLIN Montag 18. Juli

1932

Redaktion u. Expedition: Berlin S 68, Lindenfte. 8

Zel. A7 Donhoff 292–297

Der Abend

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Nr. 334

B 162 49. Jahrgang

Neues Demonstrationsverbot

Fazit eines Sonntags: 15 Tote, hunderte Verletzte!

Wie wir erfahren, hat die Reichsregierung soeben eine Verordnung erlaffen, durch die Demonstrationen unter freiem Himmel allgemein untersagt werden. Die Veröffent­lichung der Verordnung soll im Laufe des Tages erfolgen.

Die Reichsregierung fündigt noch für den heutigen Nachmittag oder Abend eine Verordnung auf Grund der Ermächtigung an, die ihr in§ 2 der Notverord: nung vom 28. Juni d. J. gegeben ist, und wodurch für das ganze Reichsgebiet Versammlungen unter freiem Himmel und Umzüge bis auf weiteres verboten werden. Ausgenommen von diesem Verbot werden nur solche Veranstaltungen, die in festumfriedeten Räumen abgehalten werden und nur gegen Eintritts­farten zugänglich sind, etwa im Berliner Stadion.

Achtung!

Infolge des angekündigten allgemeinen Demonstrationsverbotes, das sofort in Kraft treten soll, dürfte der Lustgarten­Appell der Eisernen Front abgesagt wer­den. In welcher Form eine etwaige

-

( Für die nächsten Tage ist bereits das Auftreten Hitlers Ersatz- Kundgebung

im Stadion angekündigt.)

Außerdem wird offiziös erklärt, daß die Reichs­regierung weitere Maßnahmen gegen diejenigen erwäge, die Sprengstoffdiebstähle für den politischen Kampf verüben und im politischen Kampf Sprengstoffe oder Schußwaffen gebrauchen. Von diesen Maßnahmen wird weiter erklärt, daß sie- bis zum An die Wand stellen(!!!) gehen sollen. Ergänzend wird dazu noch erklärt, daß über diese Maßnahmen wahrscheinlich mit den Länderregierungen noch gesprochen werden solle, und dah dazu die Verhängung des Ausnahme zu standes nicht erforderlich sei, auch nicht in Aus­sicht stehe.

Die Verhängung derartiger Todesurteile würde Zivilgerichten obliegen. Es sei jedoch weder die Verhängung des Ausnahmezustandes noch das Standrecht geplant.

Schließlich läßt die Reichsregierung auch noch er klären, daß sie die Bewaffnung von Partei. organisationen auf keinen Fall dulden werde.

Blutsonntag in Altona .

Hamburg , 18. Juli. ( Eigenbericht.) Anläßlich eines SA.- Aufmarsches in Altona a. d. Elbe fam es am Sonntag in den späten Nachmittagsstunden zu schweren, blutigen Unruhen zwischen SA.­Leuten, Kommunisten und der Polizei. Nach den bis­herigen Feststellungen wurden

12 Tote und 45 Verletzte gezählt. Unter den Verletzten befinden sich etwa 28 Schwerverlette.

Die SA. hatte aus der ganzen Provinz Schweswig­Holstein, aus Hannover und aus Mecklenburg ihre An­hänger zusammengezogen. In offensichtlich provokato. rischer Absicht zog die SA. durch die Altstadtviertel Altonas , durch die ehemaligen Bordellstraßen auf der Hamburg - Altonaer Grenze, die schon ganz im Zeichen der kommunistischen Wahlpropaganda stehen. Der Vorbeimarsch ging auch durch die Johannisstraße, eine äußerst enge und kleine Straße, in der sich auch das kommunistische Parteilokal befindet.

veranstaltet wird, darüber werden in der Dienstag- Morgenausgabe des, Vorwärts' endgültige Mitteilungen erfolgen.

außerordentlich bedrohlichen Charakter an. Die gesamte Polizei war aufgeboten und diese mußte später noch zwei Panzerwagen einsetzen. Auch die Hambur ger Ordnungspolizei wurde herbeigerufen. Die kommunisten errichteten in der Kleinen Freiheit aus umgestürzten Kohlenwagen eine Barrikade", die von der Polizei beseitigt werden mußte. In der Adolfstraße wurde ein Straßenbahnwagen umgeworfen, weitere Straßenbahnwagen wurden von den Kommunisten an­gehalten und die Passanten zum Aussteigen gezwungen. Im Verlaufe der Schießerei, die sich über mehrere Stun­den hinzog, wurden zahlreiche Personen verleşt in das Krankenhaus eingeliefert, unter diesen befan den sich 3 Tote; 5 weitere starben kurz nach der Einlieferung ins Krankenhaus. Die Polizei nahm rund 90 Verhaftungen vor.

Ein heute vormiffag um 10.30 Uhr ausgegebener Bericht des Städtischen Presseamts in Altona bestätigt nunmehr, daß die Unruhen zwölf Todes opfer gefordert haben. Von diesen Unruhen zwölf Todesopfer gefordert haben. Von diesen konnten bisher zehn namentlich festgestellt werden. Unter den Toten befinden sich zwei Frauen. In das städtische Krankenhaus Altona wurden insgesamt 64 Berlegte ein­geliefert, von denen 23 bereits wieder entlaffen werden konnten.

Die Zahl der Schwerverletzten beträgt noch 16. Bei den noch unbekannten beiden Toten handelt es sich um zwei Männer im Alter von 20 bzw. 40 Jahren.

Einem Bericht des preußischen Innenministeriums über die blutigen Vorgänge in Hamburg- Altona ist zu entnehmen, daß die Beranstalter der Demonstration von der Polizei ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht worden sind, daß ein Umzug durch das übelbeleumundete Viertel der Altstadt von Altona recht bedenklich sei. Die Veranstalter best an den jedoch darauf, da sie durch die anderen Stadtteile von Altona bereits gezogen feien, nun aber dort hingehen wollten, wo der Gegner size. Die Polizei hat den Umzug schließlich gestattet, um nicht den An­schein einer parteilichen Einschränkung der Demonstrationsfreiheit zu erwecken. Bevor der Zug herankam, hat die Polizei Ansammlungen zerstreut und Verdächtige nach Waffen durchsucht. Als der Zug be schossen wurde, hat die Polizei die Schüsse erwidert und als weiter geschossen wurde, den Zug abgelenkt. Rein einziger Teil. nehmer des Zuges ist verlegt oder gar getötet worden. Die Polizei hat pflichtgemäß den Zug geschützt.

Hier fielen plötzlich Schüsse aus dem Zug, die den Auftakt zu einer allgemeinen Schießerei gaben. Die Kommunisten beschossen aus den Fenstern der Häuser und von den dächern die Polizei; diese er­widerte sofort das Feuer. Auch die zum Teil mit Schuhwaffen versehenen SA. Leute schossen nach den Häusern und auf die auf dem Bürger- und den gutbewaffneten Schüßen ab, als der Zug bereits steig stehenden Menschenmassen.

Schon bei dem ersten Zusammenstoß wurden mehr als 150 Schüsse abgegeben. Die Unruhen setzten sich dann in den Altstadtstraßen fort und nahmen einen

Die schwersten Feuerfämpfe spielten fich zwischen der Polizei fort war und die Polizei die betreffenden Straßen abriegelte. Von den bisher festgestellten 11 Toten ist einer National sozialist, zwei sind als Kommunist en festgestellt worden, zwei find parteilos, drei Frauen und die legten drei Leichen sind

noch nicht identifiziert. Von den 91 Festgenommen find 85 Broz. aus Hamburg , ihre Parteizugehörigkeit fonnte nicht festgestellt werden, in der Hauptsache sind sie zwischen 20 und 23 Jahren.

Eine heute vormittag mit einer Darstellung über die Vorfälle vom Sonntag von der kommunistischen ,, Hamburger Volkszeitung " herausgegebene Sonderausgabe ist von der Polizei be. schlagnahmt worden.

Berluftliste vom Bürgerkrieg.

Altona Greifswald

Ergebnis eines Gonntags.

Tote Verwundete 12

64

3

25

Pinneberg ( Holstein) Leipzig Aurich

4

17

6

21

6

25

28

2

10

Luckenwalde Chemnit

Rhein- Ruhr - Gebiet

.Bayern

Hannover Uebriges Reich

Gesamtverlust: 15 Tote 208 Verwundete Ueberfälle in Elmshorn und Pinneberg .

Hamburg , 18. Sali.( Eigenbericht.) Mit welchen Absichten die SA.- Leute am Sonntag zu

ihrem Aufmarsch aus der Provinz nach Altona gekommen sind, beweist folgender Vorfall, der sich in der Nacht von Sonntag auf Montag in dem Städtchen

Elmshorn in Schweswig- Holstein ereignete. Lastkraftwagen von Altona zurückbefördert wurden, mit Dort geriet ein größerer Trupp SA.- Leute, die in einem der dort eingesetzten Altonaer Polizei in Streitigkeiten;

ein Beamter wurde durch einen Steckschuß schwerverletzt. Die Polizei nahm darauf eine Durch­suchung des Lastkraftwagens vor und konnte nicht weniger als 25 Schußwaffen, darunter einige sehr schweren Kalibers, und eine große Menge Munition beschlagnahmen.

SU.- Horden, die sich von Altona auf dem Heimweg nach Elms­ horn befanden, überfielen in Pinneberg das Verkehrslokal der Arbeiterschaft. In dem Lokal wurde zur Zeit des Ueberfalls ein Tanzvergnügen abgehalten. Zunächst gaben die Salzsteuersoldaten mehrere Schüsse ab, durch die zwei Personen schwer und 15 leicht verletzt wurden. Nach dieser Tat schlugen fie auf die anwesenden Personen ein und demolierten jämtliche Scheiben und das Mobiliar. Ein Wagen mit Reichsbannerleuten, der sich von Lockstedt auf dem Rückweg nach Hamburg befand, wurde von SA.­Ceuten, die an der S2.- Kundgebung in Altona teilgenommen hatten, mit Steinen und Flaschen beworfen.

Auch in Berlin Blutvergießen.

Ein Toter, mehrere Berlette.

Leider haben sich auch in Berlin eine Reihe von schweren Schlägereien zwischen Nationalsozialisten und kommu­nist en abgespielt. Bei einer Schlägerei ist ein Todesopfer zu be­flagen, der 24 Jahre alte Angestellte Friedrich Schröder aus der Blücherstraße.

Gegen 1 Uhr nachts kam es vor dem Grundstück Alte Jatob= straße 1 zu einer Schießerei zwischen Hakenkreuzlern und Kommu­nisten. Der S.- Trupp tam aus der Gegend der Bärwald- und Blücherstraße und es scheint, daß die Hakenkreuzler über einen