Einzelbild herunterladen
 

BERLIN Dienstag 19. Juli 1932

Redaktion u. Expedition: Berlin SW 68, Lindenstr. 3

Tel. A7 Dönhoff 292-297

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags Bugleich Abendausgabe des ,, Borwärts". Bezugspreis für beide Ausgaben 75 Pf. pro Woche, 3,25 M. pro Monat( davon 87 Pf. monatlich für Zustellung ins Haus) im voraus zahlbar. Post bezug 3,97 m. einschließlich 60 Pf. Postzeitungs- und 72 Pf. Poftbestellgebühren.

Spätausgabe des Vorwärts"

Anzeigenpreis:

Die 1fpit. Milli meterzeile 30 Pf. Die Reklamezeile toftet 2 Mart. Rabatte n. Tarif.

10 Pf.

Nr. 336

B 163

49. Jahrgang

Heute 19 Uhr Neue Welt!

Wahlkundgebung in sämtlichen Sälen und im umfriedeten Garten.- Eintrittskarten 10 Pfg. Für Erwerbslose 5 Pfg.

Die

-

Hitler diftiert den Hunger!

Neue nationalsozialistische Unterstützungsfürzungen in Sicht!

nationalsozialistischen Unter-! stützungskürzungen sind zum Teil am 27. Juni in Kraft getreten. Für die laufenden Fälle der bis­herigen Unterstützungen in der Arbeitslosen versicherung. und der Krisenfürsorge treten die Bestimmungen der Hitler - Notverordnungen am 23. Juli in Kraft.

Der 23. Juli ist also ein neuer Hungertag für Millionen. An diesem Tag tritt ein neuer Abschnitt der nationalsozialistischen Kürzungen in Kraft!

Damit noch nicht genug! Wir wir hören, sind durch die rigorosen Kürzungen in der Arbeits: losenversicherung und der Krisenfürsorge die Säke teilweise unter die Wohlfahrtsunterstützung ge­sunken.

Eine abermalige Kürzung der Sätze der Wohlfahrtsunterstützung soll die Folge sein!

Neue nationalsozialistische Unterstützungskürzun­gen sind also in Sicht!

Hitler fann nicht leugnen!

Reichsregierung bestätigt die Enthüllungen der Germania "

Zu den Veröffentlichungen der ,, Germania " erklärt die Reichsregierung, daß diese Darstellung im wesent. lichen richtig sei. Nur habe der Reichskanzler nicht gesagt, die Hitler - Partei sei auf diese Dinge ,, versessen". Herr von Papen habe die Forderungen, die ein Mittels­mann der Hitler- Partei ihm überbracht hatte, eben den Vertretern des Zentrums mitgeteilt.

Brüning gegen Schacht.

Schacht soil bescheiden verschwinden.

In Freiburg im Breisgau sprach Dr. Brüning vor 25 000 Zu­hörern sehr scharf gegen die Papen - Regierung. Dabei nahm er die folgende vernichtende Abrechnung mit Schacht vor:

,, Wenn der frühere deutsche Reichsbankpräsident Dr. Schacht es so darstelle, als ob man in Lausanne durch Handeln alles erreicht habe, während früher mit Schulden gearbeitet wurde, so müsse er, Dr. Brüning, darauf erklären,

-

daß viel Handeln in Lausanne an sich nicht mehr notwendig war, nachdem zwei der hauptbeteiligten Mächte nach Berhandlungen mit thm Dr. Brüning bereits erklärt hatten, daß sie für restlose Schuldenstreichung seien. Er, Dr. Brüning, sei darauf eingestellt gewesen, die unbequeme Reparationslast zu beseitigen, allerdings auf eine andere Art und Weise,

als es dem Herrn Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht in Paris . und später gelungen sei, der deutschen Regierung und dem deut­ schen Volle wider feinen Willen den Young- Plan aufzuzwingen. Solche Persönlichteiten täten beffer, sie mürden bescheiden aus der Deffentlichteit verschwinden!

Verbrechen über Verbrechen

Hitlerbanden hausen wie Vandalen

Magdeburg , 19. Juli. ( Eigenbericht.) In Groß- Rottmersleben , Kreis Neuhaldensleben , überfielen 250 Nazis, die von einem SA.- Auf­marsch aus Neuhaldensleben gekommen waren, den Orts­vorsitzenden unserer Partei, den 44 Jahre alten In­validen Gustav Assel, stachen mit Dolchen und Messern auf ihn ein, so daß er mit 21 Stichwunden schwerverlett ins Krankenhaus gebracht werden mußte. Mit schweren Steinen haben die Nazis Assel außerdem noch die Schädeldecke zertrüm mert. Seine Verlegungen sind so schwer, daß er kaum

mit dem Leben davonkommen wird.

Später wurde das kleine Häuschen Assels mit schweren Bruchsteinen völlig demoliert. 27 Fensterscheiben wurden eingeworfen, drei Fahr räder zertreten, außerdem wurden die Fenster kreuze herausgerissen und die Haus- und Hoftüren eingeschlagen. Auch in der Wohnung selbst sind schwere Verwüstungen angerichtet worden.

Als Frau Assel sich den Nazis entgegenstellte, wurde sie gleichfalls durch zwei Messersti che kampf­unfähig gemacht. Unmittelbar darauf wurden noch zwei weitere Häuser, deren Besitzer sozialdemokratische Ar­beiter sind, mit Steinen beworfen und demoliert. In dem Hause des 68 Jahre alten Invaliden Rulf wurden 7 Fensterscheiben, bei dem Genossen Kupp 8 Fensterscheiben eingeworfen. Ein 6 Monate altes Kind wurde durch Glassplitter verletzt. Insgesamt sind nach dem Ueberfall allein aus der Wohnung Assels

142 Steine, darunter einige mit einem Gewicht von 10 Pfund herausgeholt worden.

Den Abschluß dieser Gewalttaten sollte die Ver­to i st ung des sozialdemokratischen Partei lokals bilden. Die Nazis irrten sich aber in der Straße und zertrümmerten versehentlich das Nationalsozialisten, Verkehrslokal der

dessen Besitzer mit seinen SA.- Leuten aus Neuhaldens­

Arbeiter, aufgepaßt!

leben noch nicht zurückgekehrt war. Polizei konnte nicht eingreifen, da sämtliche Landjäger nach Neuhaldensleben beordert waren, um die dortige Kundgebung zu über­wachen.

Lockspitzel in Berkleidung.

Aus Pommern wird uns geschrieben:

Vor einigen Tagen ereignete sich in einer Versammlung der Nazis in Budom( Kreis Stolp ) eine Schlägerei, von der die ge­famte deutschnationale und Nazi- Presse behauptete, sie sei von Stolper und Lauenburger Kommunisten hervorgerufen. Auf Grund eingehender Ermittlungen stellten unsere Parteigenossen jedoch fest, daß an dem Tage kein Kommunist aus den genannten Orten in Budow war. Die Ermittlungen haben vielmehr zu der inter­essanten Feststellung geführt, daß sich 16 SA.- und SS.= Männer in Rathsdamnik in dem Lokal Framte als Kommu nisten verkleideten und in dieser Verkleidung nach Budow gefahren wurden.

Hier hielten sich die als Kommunisten verkleideten Nazis bis furz vor Schluß der Versammlung auf dem Bahnhof auf. Später suchten sie die vor dem Lokal stehenden Mitglieder des Deutschen Landarbeiterverbandes zu verleiten, mit den Nazis Stänke­reien anzufangen. Es wurde den Landarbeitern gesagt, daß sie, wenn die Schlägerei im Gange sei, eingreifen und die Nazis ver­prügeln würden. Glücklicherweise fiel die Mehrzahl der Landarbeiter auf den Schwindel nicht herein, da noch rechtzeitig ein ,, Kommunist" trotz der Verkleidung als SA.- Mann erkannt wurde. Die Absicht der Nazis war, die Arbeiterschaft in eine Falle zu locken, um dann ein furchtbares Blutbad anzurichten. Nach Schluß der Versammlung fuhren die als Kommunisten verkleideten Nazis mit den anderen Nationalsozialisten gemeinsam im Auto nach Rathsdamnik zurück, wo sie sich in dem Lokal Framke wieder umkleideten und dann nach Stolp zurückfuhren.

Diese neueste Heldentat stimmt völlig überein mit dem Vorgehen der Nazis, die sich in Hamburg mit dem Antifa Abzeichen schmückten und als Lockspizel auftraten, bis sie schwer bewaffnet- verhaftet wurden!

=

Eiserne Front in Effen. Crispien spricht zu den Massen. Effen, 19. Juli.

Bei einer großen Kundgebung der Eisernen Front auf dem Unser Feind ist der Faschismus, nicht die Burgplatz in Effen, die von der Bevölkerung begeistert aufgenommen Polizei! wurde, sprach am Montag der sozialdemokratische Abgeordnete Bei Kämpfen zwischen Arbeitern und Polizei ist der Crispien über die Aufgaben des Wahlkampfes. Faschismus der lachende Dritte!

Auch die Polizei hat in diesen Tagen eine schwere Aufgabe. Erschwert sie ihr nicht über­flüssig!

Lockspitzel wollen euch in sinnlose Kämpfe mit der Polizei hetzen. Kriecht diesem Ge­sindel nicht auf den Leim!

Crispien stellte fest, daß die Hakenkreuzbewegung durch Zu­wendungen der Schwerindustrie gespeist werde. Aus dem sogenannten Kirdorffonds seien ,, industrielle Umlagen" zu derartigen ,, politischen Zweden" angesammelt worden. Allem Anschein nach halte die NSDAP . nun die Stunde für die Aufrichtung einer Dittatur für gekommen, die die Ar­beiterschaft zu Boden werfen solle. Aber sie werde ihr Ziel nicht erreichen, die Arbeiterschaft werde sich bis aufs Leyte wehren.