Einzelbild herunterladen
 
  

BERLIN Mittwoch 20. Juli

1932

Redaktion u. Expedition: Berlin 52 68, Lindenstr. 8

Sd. A7 Donhoff 292-297

Der Abend

Erscheint täglich außer Sonntags Bugleich Abenbausgabe des ,, Borwärts". Bezugspreis für beide Ausgaben 75 Pf. pro Woche, 8,25 M. pro Monat( bapon 87 Pf. monatlich für Zustellung ins Haus) im voraus zahlbar. Bost bezug 8,97 m. einschließlich 60 Pt. Poftzeitungs- und 72 Pf. Poftbeftelgebühren.

Spätausgabe des Vorwärts"

Anzeigenpreis:

Die 1splt. Millt meterzeile 80 Pf. Die Reklamezeile toftet 2 Mart. Rabatte n. Tarif.

10 Pf.

Rr. 338

B 164

49. Jahrgang

Belagerungszustand

über Berlin

Papen setzt Preußenregierung ab Militärkommandant herrscht über Berlin

Der Reichskanzler von Papen empfing heute vor. mittag 10 Uhr die preußischen Minister Hirtsiefer , Sebering und Klepper. Im Verlaufe der Unter­reoung teilte der Reichskanzler mit, daß sich die Reichsregierung entschlossen habe, den Reichskanzler selbst als Reichskommissar für Preußen und den Oberbürgermeister von Essen Bracht zu seinem Stellvertreter- d. h. zum kommissarischen preußischen Innenminister- und Leiter der Staats. fanzlei zu ernennen und zwar auf Grund des Ar. tifels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung.

In der Unterredung mit dem Reichskanzler hat sich der preußische Innenminister Severing ge. weigert, die Verordnung des Reichspräsidenten an­zuerkennen und erklärt,

er weiche nur der Gewalt.

Der Reichspräsident hat darauf eine zweite Ver ordnung erlassen, wonach über Berlin und Branden. burg der militärische Ausnahmezustand erklärt wird. Die vollziehende Gewalt ist daher für Berlin und Brandenburg auf den Befehlshaber des Wehrkreises III, General Rundstedt, über. gegangen. Ihm untersteht auch die Berliner und Brandenburger Polizei.

Der Wortlaut der Verordnung.

Berordnung des Reichspräsidenten betreffend die Wieder­herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiete des Landes Preußen vom 20. Juli 1932.

Auf Grund des Artifels 48 Abjat 1 und 2 der Reichsverfaffung verordne ich zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Gebiete des Landes Preußen folgendes:

§ 1. Für die Geltungsdauer dieser Berordnung wird der. Reichskanzler zum Reichsfommissar für das Land Preußen bestellt. Er ist in dieser Eigenschaft ermächtigt, die Mitglieder des preußischen Staatsminifteriums ihres Amtes zu ent­heben. Er ist meifer ermächtigt, selbst die Dienstgeschäfte. des preußischen Ministerpräsidenten zu übernehmen und andere Perfonen als& ommiffare des Reiches mit der Führung der preußischen Minifferien zu befrauen.

Dem Reichskanzler stehen alle Befugnisse des preußischen Ministerpräsidenten, den von ihm mit der Führung der preußischen Ministerien betrauten Personen innerhalb ihres Geschäftsbereiches alle Befugnisse der preußischen Staatsminiffer zu. Der Reichskanzler und die von ihm mit der Führung der preußischen Ministerien betrauten Personen üben die Befugniffe des preußischen Staats­minifteriums aus.

§ 2. Diese Verordnung friff mit dem Tage ihrer Verkündung in Kraft.

Neuded und Berlin , den 20. Juli 1932.

gez. von Papen

gez. von Hindenburg.

Ein Offizier, ein Mann.

Gegen 12% Uhr erschien im Preußischen Staats: ministerium Wilhelmstr. 63 ein Reichswehroffizier in Begleitung von einem Reichswehrmann.

Unser Carl Severing

Preußens Protest

Staatsgerichtshof wird angerufen

Die preußische Staatsregierung nimmt einstim mig zu den preußischen Vorgängen wie folgt Stellung: Die Einsehung des Reichskommissars für Preu­hen, dem die gesamte vollziehende Gewalt übertragen wird, widerspricht nach Ansicht der preußischen Staatsregierung der Reichsverfassung:

I.

1. weil fein Anlaß zu einer solchen Maßnahme borliegt,

2. weil die Einsetzung keine., nötige Maßnahme zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung" ist, 3. weil die Einsetzung vielmehr andere Zwecke berfolgt.

Die Preußische Staatsregierung wird daher sofort den Staatsgerichtshof anrufen und bis zu deffen Entscheidung den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragen.

II.

Soweit auf Grund des Art. 48 der Reichsver. faffung unmittelbar oder mittelbar durch einen Reichskommissar in Art. 17 der Reichsverfassung ein gegriffen wird, so z. B. durch Absetzung von Ministern oder Ernennung neuer Minister, oder in Art. 63 der Reichsverfassung, wonach die Länder im Reichsrat durch Mitglieder ihrer Regierungen vertreten wer. den, wird die preußische Staatsregierung einen solchen Eingriff als ungültig und nicht vor. handen ansehen.

Jetzt erst recht: Severings Rechtsverwahrung.

Freiheit! Fahnen heraus!

Grzesinski abgesetzt

Nachfolger: Polizeipräsident Melchior von Effen.

präsident Grzesinski seinen Posten an den Eise. Wie wir erfahren. hat der Berliner Polizei. ner Polizeipräsidenten Melchior ab­getreten.

Schärffte Proteste Severings und Hirtfiefers bei Papen .

Der Reichskanzler von Papen hat die preußischen Minister Hirtsiefer , Severing und Klepper zu einer Be. sprechung ohne Tagesordnung geladen. Die genannten Minister haben am 20. Juli 1932 dieser Einladung Folge geleistet.

Zu Beginn der Besprechung hat der Reichskanzler gesagt: die Reichsregierung beachte die Lage in Preußen seit längerer Zeit auf­merksam und sei zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Ruhe, Sicherheit und Ordnung in Preußen nicht mehr gewährleistet sei. Der Reichspräsident habe daher der Reichs­regierung außerordentliche Vollmachten gegeben und auf Grund dieser Vollmachten aus Art. 48 2bsah 1 und 2 hat der Reichskanzler den preußischen Ministerpräsidenten Dr. Braun und den preußischen Minister des Innern Severing heute ihres Amtes entsetzt.

Breußischer Ministerpräsident sei durch die Verordnung des Herrn Reichspräsidenten der Herr Reichskanzler von Papen, der Herrn