Dr. Bracht zu seinem Bevollmächtigten und preußischen Minister des Innern ernannt habe.
Auf diese Mitteilung erklärte der preußische Minister des Innern, daß er diese Verord nung nicht als verfassungs- und rechtmäßig anerkennen fönne,
er bestreite, daß Preußen, die ihm nach der Verfassung und nach den Gesezen obliegenden Pflichten nicht erfüllt habe. Er bestreite ferner entschieden, daß in Preußen die öffentliche Sicherheit und Ordnung stärter gestört sei als in irgendeinem anderen deutschen Lande. Dies träfe um so mehr nicht zu, wenn man bedenke, daß in Preußen die größten Gefahrenzonen und Gefahrengebiete
lägen.
Er erfiäre daher, daß er von seinem Platze nur der Gewalt weichen würde. Diese Tage schrieben Weltgeschichte und ein republikanischer Minister würde nicht mit dem Makel der De
sertion aus seinem Amte scheiden.
Auf diese Weigerung hin habe der Reichskanzler von Papen versucht, eine gütliche Verabredung zu konstruieren, worauf Severing erklärte, eine Verabredung könne nur zwischen gleichberech tigten Partnern zustande kommen. Von einem solchen Verhältnis der Gleichberechtigung fönne hier aber nicht die Rede sein, denn die Reichsregierung habe die preußische Regierung zum Appell be fohlen und vor vollendete Tatsachen gestellt. Der Herr Reichskanzler irre, menn er glaube, daß seine, Severings Weigerung verfolge, um das Geficht zu wahren, persönliche Momente spielten hier feine, Rolle,
hier handele es sich um einen Aft vaterländischer Pflichterfüllung gegenüber Preußen und Deutschland . Ein Minister, der acht Jahre in der polizeilichen Praris stünde, der fich auf die Beamten seines Ressorts verlassen könne, würde den Erfordernissen der heutigen schwierigen Zeit viel besser gerecht werden tönnen, als ein neuer Mann, der sich er in die Verhältnisse Papen und Bracht einarbeiten müsse. Nur diese Motiv sei für ihn maß gebend und nicht irgendwelche persönlichen Prestigegründe.
Minister Hirtfiefer schloß fich diesen Erklä rungen voll an. Die ganze Art des Vor: gehens sei so ungewöhnlich, daß sie in der
Geschichte ohne Beispiel daftände.
Unsere Antwort: 31. Juli!
Nun erst recht!- Jeder tut seine Pflicht!
Die Vorgänge von heute morgen sind, ungeheuer| Es ist berufen, a m 31. Juli fein Urteil abzugeben. ich und stehen in der Verfassungsgeschichte der deutschen Wir rufen das Volk auf, an diesem Tage, der entscheidend Republik ohne Beispiel da. Sie sind die Konsequenz der Ent- sein.ird für die fernere Entwicklur in Deutschland , ohne wicklung, die mit der Einsetzung des Kabinetts Schleicher - jede Zersplitterung, ohne jede Ablenkung unter Einsatz seiner ganzen Kraft und seines Willens zur Behauptung der FreiPapen begonnen hat. heit sich einzusetzen bei der Reichstagswahl.
Gegen diese Vorgänge und gegen das Vorgehen der Reichsregierung, das eine Protesterklärung der preußischen Staatsregierung für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt, werden zwei Instanzen angerufen werden. Die eine Instanz ist
der Staatsgerichtshof für das Deutsche Reich. Die preußische Staatsregierung fordert von ihm eine ein it weilige Verfügung gegen das Vorgehen der Reichsregierung. Geht es nach Recht und Gerechtigkeit, so muß sich der Staatsgerichtshof auf den Standpunkt der preußischen Regierung stellen und muß mit ihr gemeinsam zu dem Schlusse kommen, daß das Vorgehen der Reichsregierung im Lande Preußen in der Reichsverfassung feine Stütze findet! Die höhere Instanz aber, die zum Urteil über diese ungeheuerlichen Vorgänge berufen ist,
ist das Bolf!
Wir rufen das ganze Volt auf, am 31. Juli sein Urteil über diese ungeheuerlichen Vorgänge zu sprechen und dieses Urteil so überwältigend wie möglich zu gestalten.
Nun erst recht! Wir rufen auf, die Propaganda durch Presse und Versammlungen zu vervielfachen, soweit unter den gegenwärtigen Umständen in Preußen diese Propaganda nicht mehr möglich sein wird, so muß durch unermüdliche Propaganda
Mund zu
und das Urteil des Volkes gefestigt werden. Jeder einzelne hat die Pflicht, dafür zu sorgen, daß die Wahrheit ins Volk dringt. Jeder einzelne muß seine Stimme Wahrheit ins Volk dringt. Jeder einzelne muß seine Stimme erheben für Gerechtigkeit und Freiheit, jeder einzelne muß dafür Sorge tragen, daß das Volf am 31. Juli weiß, wie es zu entscheiden hat.
Jetzt gilt es, unsere Anstrengungen zu verviel fachen! Die Freiheit ist bedroht, nun erst recht: Freiheit!
Der Belagerungszustand
Verordnung des Reichspräsidenten
Auf Grund des Artikels 48 Abja 2 der Reichsverfassung verordne ich zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Groß- Berlin und Provinz Brandenburg folgendes:
§ 1.
Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Verfassung des Deutschen Reiches werden bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungäußerung einschließlich der Pressefreiheit, des Bereins- und Bersammlungsrechtes, Eingriffe in das Brief, Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahmungen sowie Beschränkungen des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür be
§ 2.
Ohne der preußischen Staatsregierung eine Mitteilung davon zu machen, daß bei der Reichsregierung die Ansicht bestünde, daß die Boraussetzungen des Artikel 48 Abs. 1 und 2 vorlägen, jei über den Kopf der preußischen Staatsregierung verftimmten gesetzlichen Grenzen zuläffig. handelt worden, ja, es feien sogar andere Beteiligte und Unbeteiligte früher in Kenntnis gesetzt als die preußische Staatsregierung. Das sei so ungewöhnlich, daß er nicht verstehen könne, wie die Reichsregierung, besonders auch der Herr Reichsminister des Innern von Gay1, der acht Jahre im Reichsrat die Interessen und Rechte der Länder vertreten habe, zu einem solchen Vorgehen seine Zustimmung geben könne.
Er, Hirtsiefer, protestiere energisch gegen dieses unerhörte Vorgehen und behalte sich weitere Mitteilungen vor, so wie die Staatsregierung Gelegenheit gehabt habe, zu diesem Vorgehen Stellung zu nehmen.
Der Reichkanzler betonte noch, daß ihm daran läge, die Frage der Geschäftsübernahme auf gütlichem Wege zu regeln. Zu dieser Art der Erledigung dränge ihn besonders die persönliche Hochachtung, die er vor dem preußischen Minister des Innern Severing empfände. Es seien aber Gründe der Staatsraison, die ihn zu seinem Vorgehen zwingen.
Minister Severing wies sofort darauf hin, daß also nicht Gründe der Verfassung oder der Gesetze, sondern allein die Staatsraison, wie Herr von Papen sie auffasse, dieses geschwidrige Vorgehen der Reichsregierung veranlassen.
Wir wir weiter erfahren, sind außer dem Polizei präsidenten Grzesinsfi auch Vizepräsident Dr. Weiß und der Kommandeur der Berliner Schutz polizei Oberst Heimannsberg zurückgetreten. An Stelle von Oberst Heimannsberg ist Oberst Poten zum Kommandeur ernannt worden. Für den Polizeivizepräsidenten ist noch kein Nachfolger
bestimmt.
Heute bayerischer Ministerrat.
München , 20. Juli. ( Eigenbericht.) Das Vorgehen der Papen - Schleicher - Regierung gegen Preußen hat in bayerischen Regierungs. freisen wie eine Bombe eingeschlagen. Der bayerische Ministerrat wird noch im Laufe des heutigen Tages zu der ungeheuren Verschärfung der staatspolitischen Situation Stellung nehmen, denn man steht auf dem Standpunkt, daß durch die Gewaltmaßnahmen der Reichsregierung die Existenz aller deutschen Länder und die Grundlage des Reiches auf das allerschärfste bedroht sind.
Mit der Bekanntmachung dieser Verordnung geht die voll. ziehende Gemalt auf den Reichswehrminister über, der sie auf Militärbefehlshaber übertragen fann.
Zur Durchführung der zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen wird dem Inhaber der vollziehenden Gewalt die gesamte Schugpolizei des bezeichneten Gebiets unmittelbar unterstellt.
Wer den im Interesse der öffentlichen Sicherheit erlassenen Unordnungen des Reichswehrministers oder des Militärbefehlshabers zuwiderhandelt oder zu solchen Zuwiderhandlungen auffordert oder anreizt, wird, sofern nicht die bestehenden Gesetze eine höhere Strafe bestimmen, mit Gefängnis oder Geldstrafe bis zu 15 000 Mart bestraft.
Wer durch Zuwiderhandlung nach Abfah 1 eine gemeine Gefahr für Menschenleben herbeiführt, wird mit Zuchthaus, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten und, wenn die Zuwiderhandlungen den Tod eines Menschen verursachen, mit dem Io de, bei mildernden Umständen mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Daneben kann auf Vermögenseinziehung erkannt
werden.
Wer zu einer gemeinen Gefahr oder Zuwiderhandlung( Absatz 2) auffordert oder anreizt, wird mit Zuchthaus, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. § 4.
Die in den§§ 81( Hochverrat), 302( Brandstiftung), 311( Explosion, 312( Ueberschwemmungen), 315 Abjazz 2( Beschädigung von Eisenbahnanlagen) des Strafgesetzbuches mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraften Verbrechen sind mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie nach der Verkündung der Verordnung begangen sind, unter der gleichen Voraussetzung fann im Falle des§ 92 ( Landesverrat) des Strafgesetzbuches auf Todesstrafe erfannt merden; ebenso in den Fällen des§ 125 Absatz 2( Rädelsführer und Gewalttätigkeiten bei Zusammenroffungen) und§ 115 Absatz 2 ( Rädelsführer und Widerstand bei Aufruhr), wenn der Täter den Widerstand, die Gewalt oder Drohung mit Waffen oder ein bewußtes oder gewolltes Zusammentreffen mit Bewaffneten be= gangen hat. § 5.
Eine unmögliche, Begründung'
Die amtliche Mitteilung.
Amtlich wird mitgeteilt:
,, Durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 20. Juli 1932 ist der Reichskanzler zum Kommissar für Preußen bestellt worden. In dieser Eigenschaft hat er auf Grund der ihm erteilten Vollmachten den Ministerpräsidenten Braun und den Minister des Innern Severing ihrer Aemter enthoben. Die Befugnisse und Aufgaben des preußischen Ministerpräsidenten sind auf den Reichsfanzler als Reichskommissar übergegangen. Die Selbständigkeit des Landes Preußen im Rahmen der Reichsverfassung wird nicht angetastet. Die Reichsregierung
Achtung!
Heute, 20 Uhr, in allen Kreisen Kreisvorstandssitzungen mit den Abteilungsleitern in den bekannten Lokalen.
erwartet vielmehr, daß alsbald eine Beendigung des auf Grund der Rotverordnung geschaffenen Zustandes eintreten wird.
Die blutigen von kommunistischer Seite hervorgerufenen Unruhen haben die Reichsregierung vor die schmere Aufgabe gestellt, von sich aus für Ruhe und Sicherheit im größten Teile Deutsch lands zu sorgen. In den übrigen deutschen Ländern, in denen die Polizeibehörden straff geleitet werden, besteht keine Befürchtung, daß dauert lebhaft, daß diese Voraussetzungen für Preußen nicht in dem kommunistische Umtriebe Erfolg erzielen. Die Reichsregierung benotwendigen Umfange zutreffen, obgleich die örtlichen Polizei
organe durch Einsay von Person und Leben der Beamten sich bemüht haben, der offenbar von langer Hand vorbereiteten Unruhen Herr zu werden.
In Preußen hat die Reichsregierung die Beobachtung machen müssen, daß Planmäßigkeit und Zielbewußtheit der Führung gegen die kommunistische Bewegung fehlen. Es ist kein Zweifel, daß gerade in Preußen die kommunistische Kampforganisation am straffften und erfolgreichsten aufgetreten ist und an den verschiedensten Orten ernste und blutige Unruhen hervorgerufen hat.
Es besteht der begründete
Berdacht, daß hohe preußische Dienststellen in Berlin und an anderen wichtigen Punkten nicht mehr die innere Unabhängigfeit befigen, die zur Erfüllung ihrer Aufgabe notwendig iff. Dadurch ist in meiten Kreisen der Behörden, der Erefutinbeamten somie der Bevölkerung die staatliche Autorität er= schüttert. Verstärkt ist dieser Eindruck in der Oeffentlichkeit durch die ungezügelfen scharfen Angriffe des preußischen Miniffers des Innern und anderer hoher Beamter gegen die Reichsregierung.
Die notwendige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen ReichsAuf Ansuchen des Inhabers der vollziehenden Gewalt find regierung und Landesregierung ist durch dieses Auftreten unmöglich durch den Reichsminister der Justiz
zu bilden.
außerordentliche Gerichte
Zur Zuständigkeit dieser Gerichte gehören außerdem im§ 9 der Verordnung des Reichspräsidenten vom 29. März 1921( Reichs= gefegblatt S. 371) aufgeführte Straftaten, auch die Vergehen und Berbrechen nach§ 3 der vorliegenden Verordnung.
§ 6.
Diese Verordnung tritt mit der Verkündung in Kraft.
Neude und Berlin , den 20. Juli 1932. Der Reichspräsident: gez. v. Hindenburg . Der Reichskanzler: gez. von Papen.
Der Reichsminister des Innern: gez. Freiherr von Gayl. Der Reichswehrminister: gez. von Schleicher.
Dom
Nach Mitteilung von zuständiger Seite erblickt die baherische Regierung in diesem Vorgehen eine ganz unmögliche Anwendung des Artikels 48 der Reichsver. Auf Grund der Berordmung des Reichspräsidenten fassung! Gegen diesen revolutionären Schritt, der voll. 20. Juli 1932 übertrage ich die vollziehende Gemalt kommene Abhängigkeit von Hitler dokumentiere, werde für den Bezirk Groß- Berlin und Provinz Brandenburg im Befehlshaber sich Bayern mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln auf und mit den alleräußersten Mitteln zur Wehr sehen.
ben
Don Rundstedt.
gemacht worden Unter diesen unerträglichen Umständen ist die vorübergehende Zusammenfassung der Machtmittel des Reichs und Preußens in der Hand des Reichsfanzlers als Reichskommissar für Preußen der einzige Weg zur raschen Befriedung des größten deutschen Landes."
Was bedeutet Artikel 48?
Auf Grund des Artikels 48 fönnen die Berfassungsartifel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 vorübergehend außer Kraft gesetzt werden.
Artifel 114 bejagt: die Freiheit der Perfon ist unverleßlich. Artikel 115 stellt die Unverletzlichkeit der Wohnung fest. Artifel 117 enthält das Postgeheimnis.
Artifel 118 enthält Preß- und Redefreiheit. Artifel 123 stellt das Bersammlungsrecht fest. Artikel 124 Bereinsrecht.
Artikel 153 gewährleistet das Eigentum.
England und die Goldwährung. Im Unterhaus erklärte Schatz fanzler Neville Chamberlain zu der Forderung des Gouverneurs der Bank von England nach Rückkehr zur Goldmährung, die Regie: rung beabsichtige meder jegt noch während der Parlamentsferien noch in unmittelbarer Zukunft die Goldmährung wieder einzuführen.