N. 3f.$)fifcher: 3)ie QefchicMe des SPormellans
Heute findet sich auch im ärmsten Housstalt Porzellan und verbreitet etwas von dem Glan,, und dem Schimmer, der dieser edelsten und brauchbarsten Töpferware auch in ihrer Alltagssorm eigen ist. Und doch ist es noch gar nicht lange her, daß da? Porzellan eine kostbare Seltenheit war, die für teures Geld aus China bezogen wurde. Erst feit dem Beginn de? t!?. Jahrhunderts gelang es in Europa , das Porzellan nachzuerfinden, aber noch lange blieb das edle Gut Luxuswar« und Gegenstand der Repräsentation, Die fast abenteuerliche Geschichte des Porzellans, freilich nur in Europa , und in seiner europäischen Blütezeit, d, h, im 18, Jahrhundert, er- zahlt Friedrich H, H o f m a n n in einem Ergänzungsband der �Proprstäen-Kiinstgeschichte", dieses kostspieligen und großangelegten Werkes, das damit bereits auf 23 Bände angewachsen ist(Das Por < zellan der europäisch«» Manufakturen im 18, Jahrhundert, Eine Kunst- und Kulturgeschichte von Friedrich H, H o f m a n n>. Hofmann, früherer Konservator in München , ein besonderer Kenner des Porzellans und durch seine Kataloge und Spezial- geschichten bewährt, ist zwar kurz vor Erscheinen des Buches ge- storben, aber hat den Text doch vollenden können. Er gibt in seinen mit etwa 600 Abbildungen, darunter vielen farbigen Taseln, in allen modernen Reproduktionsarten hergestellt, nicht nur eine Kunst- geschichte der üblichen äschetischen Art, sondern vielmehr eine Kultur- geschichte, die sogar die technischen und wirtschaftlichen Seiten des Porzellans zu erfassen sucht. Eine Wirtschaftsgeschichte des Por- zellans im 18. Jahrhundert wäre darüber hinaus ein äußerst inter - essantes Kapitel aus der Frühzeit des Kapitalismus, das freilich noch nicht geschrieben ist und auch schwer zu schreiben ist. Das Porzellan ist zunächst im wesentlichen nur von den fürsllichen Manufakturen hergestellt worden, besonders Deutschland ist das klassische Land seiner Produktion gewesen. Jeder Fürst von einiger Bedeutung schuf sich seine Porzellanmanufaktur, damit das Geld nach merkan- tilistifcher Auffassung im Lande bliebe. Aber dieser kostbare Artikel war doch im wesentlichen nur ein„Attribut des Glanzes und der Würde". Und so sehr auch auf Export hingearbeitet wurde, so ist es doch fraglich, ob der Porzellantaumel wirklich Er- träge gebracht hat. August der Starke von Sachsen hat jedenfalls viele Millionen für diese Leidenschaft verpulvert. Seine Manu- faktur war wirklich der„porzellanene Schropfkopf Sachsens ". Friedrich II. von Preußen mußte 1763 für 200 000 Taler die von ihm privilegierte Manufaktur übernehmen. Und so sehr er darauf aus war. ihre Produkte unterzubringen— jeder Jude, der in seinem Lande der sogenannten Religionsfreiheit ein« Heiratskonsenz brauchte, mußte für 600 Taler Porzellan kaufen—, ist doch anzunehmen, daß sie keine Ueberschüsse einbrachte. Die meisten fürstlichen Porzellanmanufakturen, deren Produkte heute unsere Museen füllen, sind denn auch wieder eingegangen. Von all diesen Dingen erzählt Hofmann, wenn auch nicht in dieser zugespitzten Form. Er ist ja auch kein Nationalökonom, und die Sombartsche Theorie, daß die Luxus- wie die Kriegsindustrien die Hauptförderer des Frühkapitalismus gewesen sind, ist ihm gewiß völlig fremd geblieben. Um so mehr bietet er aoer über die europäische Vorgeschichte des Porzellans. Der ita- lienische Reisende Marco Polo , der 1271 bis 129S den Fernen Osten bereiste, erwähnt zum erstenmal das chinesische Porzellan, das nach neueren Forschungen in den ersten Jahrhunderten unserer Aera erfunden wurde. Freilich, seine Berichte erschienen in Buchform erst 200 Jahre später. Inzwischen waren längst Proben des Por- zellans zunächst als fürstliche Geschenke nach Europa gelangt. Später kamen sie als reguläre Handelsgegenstände, besonders seitdem die Portugiesen in eigener Schiffahrt den Handel mit dem Osten auf- genommen hatten 1612 wird bereits berichtet, daß ein Schiff der Ostindischen Kompagnie aus Nanking 38 641 und I61S, daß ein anderes 67 057 Stück Porzellan nach Amsterdam gebracht hat. Enorme Summe flössen für die stets steigende Einfuhr nach dem Fernen Osten, und es ist begreiflich, daß die fürstlichen Liebhaber ihre Luxussucht im eigenen Lande zu befriedigen versuchten. An
verschiedenen Orten ging man daran, Porzellan herzustellen, und man hatte auch teilweise Erfolge damit, wenn es auch nickst das harte und richtige Porzellan wurde. Die wirklichen Nach er sin- der des Porzellans in Europa sind der Goldmacher B ö t t g e r und der vielgereiste sachsische Gelehrte von T s ch i r n- haus. Die Einzelheiten der Erfindung, die ganz unabhängig von China vor sich ging, werden nie mehr festzustellen lein, Immerhin scheint Hofmann im Recht zu sein, wenn er dem nielerfahrenen Tschirnhaus den größten Anteil an der Erfindung zuweist. 1710 entstand in Meißen die erste europäische Porzellan- manusaktur. Sie ist das ganze 18, Jahrhundert in Durch- sührung geblieben, obwohl sehr schnell die geheim gehaltene Kunst sich durch die A r k a n i st e n, d, h, die Kenner des Geheim- Verfahrens, über das ganze' Europa Ausbreitete und nun überall Manufakturen entstanden, Hofmann ist wohl der beste Kenner aller dieser Herstellungsstätten gewesen. Er gibt uns eine Ilebersicht über ihre Produkte, über die Verkaussmethoden. die Reklame und die Marken, er versenkt sich liebevoll in die Vorbilder, die Motive, die in der plastischen wie in der malerischen Ausschmückung vor- herrschen, Sie sind eine volle Selbstdarstellung des Hoslebens mit seinen Unterhaltungskünsten. Jagden, Maskeraden, Spielen, Tänzen, Theaterfreuden usw. im 18. Jahrhundert,
Die Manufaktur hatte bereit? eine weitgehende Arbeit»- t e i l u n g eingeführt, ja man produzierte bereit? am laufenden Bande, Große Künstler haben mit ihren Entwürken da« deutsche Tanagra, wie man die Produkts der Porzellanmanusaktur mit Recht bezeichnet hat, bereichert Kandier und Melchior sind die hervorragendsten deutschen Modelleure, In Frankreich haben Faleonet und Boucher Entwür'e sür Porzellan gemacht. Wir können uns heute kaum noch einen Begriss davon machen, welch hervor- ragende Rolle das Porzellan in dieser seiner Blütezeit für da? ganze europäische Kulturleben gespielt hat, E? diente nicht mehr nur den Lurusbedürsnissen und' der Samnielleidenschait der Großen, nach und nach fand es auch Eingang in die höheren Schichten des Bürgertums mit dem Tee, dem Kaffee und der Schokolade, die nach und nach die altgewohnten heimischen Getränke und Suppen ver- drängten, Es ist unglaublich, was alles für Gegenstände au? Porzellan hergestellt wurden. Von kleinen Knöpfen, sogenannten Galanteriewaren, über die Tabaksdose, die Vasen und die köstlichen Giuppensiguren bis zum Kronleuchter,.2arg, Kamin und schließlich bis zum lebensgroßen Reiterstandbild! Geräte des täglichen Lebens, die bisher aus Silber. Zinn. Fayence hergestellt waren. wicben jetzt der Ausführung in Porzellan: Tassen, Teller. Schüsseln, Dosen usw. Die Fürsten selber haben dafür gesorgt, daß viele dieser Köstlichkeiten erhalten blieben. In jedem Schloß war ein Por-' zellankabinett eingerichtet(in Charlottenburg und Monbijou haben wir Proben davon), und die Erben der fürst- lichen Kammern, unsere öffentlichen Museen, bieten uns heute noch in reichster Fülle Beispiel« aller jener Manufakturen.
3)ie fcköne, weite Welt fflondenfiert von Tüarie �heref e
„Schön ist es auch anderswo, und hier bin ich sowieso." Dieser Satz ist leider nicht van mir, sondern von Wilhelm Busch , Hätte mir Wilhelm Busch den Satz nicht weggeschnappt, ganz genau so hätte ich mich ausgedrückt. Und alle i Leuten, die mich immer fra- gen:„Sie waren doch überall, wo ist es nun am schönsten auf der Welt?", hätte ich diese Antwort gegeben, Ich wüßte keinen schönen Punkt der Welt, an den ich mich zu- rückwünschte. Ich sehne mich immer nur nach dem anderswo. Bin ich ini Süden, so will ich nach dem Norden, bin ich im Osten, dann reißt es mich nach dem Westen, In der Erinnerung ist die Welt da am schönsten, wo man die glücklichsten Erlebnisse hatte. Man steht der Welt nie objektiv gegenüber. Lachen oder Tränen liegen wie Sonne oder Regen auf dem Landschaftsbild, Und doch... wo, wo war es am schönsten???? Am duftigsten ist das Landschastsbild in Japan . Wie hinge- haucht; die„Inland Sea" im Frühling, hellblau und rosa getupft. Winzige, blaßgrüne Jnselchen, manche so klein, daß nur ein ein- ziges blaßgrünes, krummes Japanbäumlein darauf Platz hat; und an jedem Jnselchen hängt ein zartes Nebelschleierchen. Aber auch eine Landschaft in düsterer Schwermut ist schön. Auch der polnische Acker ist schön: schwere, aufgeworfene Erdschollen, schwere tiefe Regenwolken; die Welt in schwarz und grau, voll krächzender Raben, Schön ist das Jnselchen„Wauwau" in der Südsee, Die schlan- ken Kokuspalmen nicken über dem Wasser, nachts streicht der See- wind über das Jnselchen und die Palmenkronen zittern im Mond- silber, Nein, schöner, viel schöner ist der deutsche Schneewald; die schweizer Bergwiese bei schmelzendem Schnee in Millionen bunten Krokusblüten leuchtend. Schön ist es. in einem italienischen Dörfchen zwischen Mäuer- lein auf steinigem Pflaster bergauf zu steigen und nichts zu sehen als Mäuerlein und tiefes Himmelsblau, und die Spitzen der dunklen Zypressen aus versteckten Gärten.
Friedrich IteigeU/ SctiulgefchiMen: 3)ie ffirille
Heller Jubel schallte über den Schulhof. Knaben und Mädchen rangen um den Sieg im Ballspiel, und jeder Treffer löste einen lauten Beifall bei der Siegerpartei aus. An den Zaun gelehnt, schaute der Lehrer sinnend dem Spiel zu. Er beobachtete seit einer geraumen Weile das Verhalten der kleinen Margot. Was war das vor einem Jahre noch für ein ausgelassenes Mädel gewesen. Mit jedem Jungen hatte sie es aufgenommen. Kein Zaun, kein Baum war ihr zu hoch gewesen, selbst vor Raufereien hatte sie sich nicht gescheut. Damals war sie die maßgebende Führerin des weiblichen Teils der Klasse gewesen, eine Führerin, die auch den Jungen Re- spekt abnötigte. Und nun? Kopfschüttelnd sah der Lehrer, wie sie ängstlich dem Ball auswich, wie sie den Fang scheute, sich möglichst abseits hielt, weil sie kaum beachtet wurde, wie das ganze Spiel ohne ihr« frühere Aktivität ausgefochten wurde. Was konnte doch ein Jahr an einem Kindesgemüt ändern! Er hatte es alles kommen sehen und doch nicht zu ändern vermocht. Die Umwandlung begann, als Margot im vorigen Jahre an Ma- fern erkrankte. Leider hatten ihre Augen dabei gelitten, und als sie wieder ausstand vom Krankenbette, da mußte sie eine Brille tragen. Nach kurzer Zeit hatte sich das Mädel daran gewöhnt und ihre alte Behendheit, Lustigkeit und ihr frohes Lachen wiedergewonnen, Da wurden ihr eines Tages beim Spiel die Augengläser zer- schlagen. Verantwortlich konnte niemand gemacht werden, da Mar- got selbst die Schuld an dem Unfall trug. Schüchtern wagte sie sich nach Hause. Wenngleich sie sich der Tragweite des Unglücks nicht bewußt war, so ahnte sie doch, daß ihr Vater sehr böse sein würde, Er war ein armer Mann und hatte sich redlich zu quälen, um das Brot für Frau und fünf Kinder zu verdienen, Margot hätte den Schaden am liebsten nur der Mutter gezeigt. Aber die konnte allein auch nicht helfen. So war es schon besser, der Bater erfuhr es gleich. Was geschehen war, konnte jedem passieren. Und allzu teuer stellte sie sich die Gläser auch nicht vor. Als sie aber vor dem Vater stand und ihm den hohlen Rahmen der Brille zeigte, wurde es ihr unter feinem erstaunt zürnenden Blick so schwer, daß sie kein Wort hervorbrachte, „So— o!" hatte er gerufen und seine Hand zuckte, aber er be- herrschte sich noch.„Dafür arbeite ich alio die halbe Woche, damit dein Mutwille das Geld in Scherben zerschlägt Dafür können die andern dann hungern," Margot hatte ihn groß angeschaut und ein tiefes Erschrecken durchfuhr sie. Sie hatte nichts dagegen gesagt, als aber die Mutter
beim Mittagessen fragte, ob sie noch einen Teller Suppe wünsche, da hatte sie dankend den Kopf geschüttelt und hungrig entsagt, Ihretwegen sollte niemand, sollten vor allem nicht ihre kleinen Geschwister hungern müssen. Bis in den Schlaf hinein verfolgte sie das Bild, wie sie den andern das Brot vom Munde riß und alle sie vorwurfsvoll anschauten. Wenn sie doch nur arbeiten könnte, um den Schaden, den sie angerichtet hatte, selber wieder gut zu machen. Aber wer brauchte denn solch ein kleines Mädel? Niemals, das ge- lobte sie sich hoch und heilig und legte dabei die drei Schwursinger bekräftigend aus ihr Herz, niemals sollte sie ein ähnliches Unglück wieder heimsuchen. Lieber entbehrte sie das Spiel, denn Hunger ist ja viel schrecklicher als alle Strafe, Das merkte sie jetzt, da ihr der Magen knurrte und sie so gern noch etwas gegessen hätte. Aber sollte sie zur Mutter gehen und von ihr dasselbe wie vom Vater hören? Sollte sie sich selbst heimlich etwas holen und die Schuld noch oermehren? Wenn man sie dabei ertappte? Nein— unerschütterlich grub sie dieses„nein" in ihren Willen hinein, Zähne zusammenbeißen und Tränen herunterschlucken! Schon am nächsten Tage hatten die Schulkameradinnen diesen Stimmungsumschwung bei Margot bemerkt, Sie sprach kein Wort darüber. Nur dem Lehrer gegenüber, der sie einmal ermunterte, fröhlich wie früher zu sein, entgegnete sie:„Dann geht mir meine Brille wieder entzwei, Vater hat nicht soviel Geld, sie immer machen zu lassen, sonst müssen wir hungern" Der Lehrer hatte wehmütig mit dem Kopf gelchüttelt und Mar- gor stillschweigend so gelassen, wie sie sich jetzt zeigte. Nur manch- mal fing er einen Sehnsuchtsblick ihrer immer noch lebhaften Augen auf, wenn sie dem Spiel der andern zuschaute. Da griffen unwill- kürlich oft noch-hre Hände vor. den Ball zu fassen, um aber rasch zurückzuzucken und an die Brillengläser zu fahren Wenn aber die Klasse beim Zliisflug in Wald und Feld herumstreifte dann braebte Margot oft ihre Brille dem Lehrer, damit er sie aufbewahre Ihre alte Lustigkeit erwachte wieder, bis die anderen ihre unsicheren Be- wegungen belachten. Da zog sie sich traurig zurück, Eines Tages erschien der Vater Margots beim Lehrer und fragte ihn, ob er ihm nicht sagen könne, was mit seiner Tochter los sei Sie hätte sich derart verändert, daß es jedem Menschen auffiele und er befürchte, sie sei krank, Der Lehrer versuchte dem Vater Margots Zustand zu erklären, „Ach so," meinte der Vater,„na, dann ist ja das Mädel ganz verständig."...
Schön ist es, oben auf einem New-Porker Wolkenkratzer zu stehen, die Stadt zu Füßen und weites Meer und weites Land... ganz, ganz dahinten fäilängelt sich der Hudson River in den Himmel hinein. Aber nein, viel, viel schöner ist es im Garten des Mena Houfe zu Füßen der Pyramiden. In ägyptischer Nacht, Da muß man einmal ganz stille stehen und lauschen, dann hört man das Schweigen. Die Stille der Wüste. Nein, am schönsten, am allerschönsten ist es In Meran , wenn die Obstbäume blühen und der Schnee noch auf den Bergen glitzert. Oder nein: wenn man bei Glendora in Californien um die Berg- ecke geht und plötzlich durch die Reihen der goldgekugelten Orangen- bäume das tiefblaue Meer leuchten sieht, Aber was ist das alles gegen den Sternenhimmel von Tanda! Er regnet Silber, strahlt aus Millionen Silbersternen hernieder auf endlos flache Prärie. O, wie schön ist es am Morgen an der portugiesischen Küste! Vor der Einfahrt bleibt der Dampfer liegen. Der Leuchtturm blin- kert noch schwach gegen das erste Sonnenlicht. Portugal im mar- gentlichen Hellblau, Blaßviolett und Grün. Und die Segel der aus Sardinenfang ausziehenden Fischerflotte fliegen gegen die Sonne Und schön sind die blauen Berge von Australien . Berge, aus die man nicht hinaufsteigt, sondern von denen man hinuntersteigt in Schluchten, Und zurück, hinauf auf die Patzhöhe, der Verbin- dung mit der Welt. Hinunter zu den Farrenwäldern, zu den Schleierwassersällen, zu phosphorleuchtendem Urwaldmoos und rie- figen rotglühenden Tulpenkelchen Und schön ist es unter einem roten Blütenbaum auf einer in- bischen Dorfstraße, aber es ist auch schön, wenn der Wüstensand über ein marokkanisches Doerffchen fliegt. Und es ist schön... einzig, einzig schön!!, wenn der Mai in den Tiergarten kommt, und wenn auf den Champs Elysees das Herbstlaub fällt. Oder wenn in Vancouoer die riesigen Norsolktannen im Regen tropfen, Oder wenn in den hundertjährigen Gärten bei Casablanca die lila Trau- benblüten über die Mauern hängen und rings herum die Störche ganz stille auf einem Bein stehen. Wo ist es am schönsten, wo? Vielleicht doch draußen auf dem weiten Meer. Wenn der Dampfer gleitet und gleitet und silberne Funken in die tiefblauen Wogen sprüht. Oder ist es nicht doch schöner, wenn im Hasen von Sydney jubelnd der Tag aufgeht, die Sonne auf die vielen roten Dächer unter Eukalyptusbäumen scheint, die weißen Ferryboot« aus den plätschernden Buchten schlüpfen, hinüber in die große Stadt, in die Arbeit? Schön, ttaumhast schön sind die italienischen Seen im Sommerdunst, wenn oben über dem Comosee die Well voller Maiglöckchen ist. Manchmal denke ich, nein, am allerschönsten ist doch der Lake Louise in den kanadischen Rockey Mountains, der Bergsee, in den die Wolkenfetzen hinunterhängen, umstanden von den höchsten, Herr- lichen, himmelstürmenden Tannen, Und dann denke ich, nein, viel- leicht ist doch der Karersee noch schöner. Der winzige Bergsee in den Dolomiten, buntschillernd wie ein Pfauenauge, ein Farben- wunder. Die schwarzen Tannen werfen schwarze Schatten und die Alpenrosen glühen und die roten Dolomitenspitzen glühen. Und sitzt man in Madeira im Zuckerrohr, so ist das einzig schön. Besonders, wenn eine Riesenspinne ein silbernes Netz ge- spönnen hat zwischen den Rohren, ein Netz, so groß wie ein auf- gespannter Regenschirm, aus feinstem Filigran... man schaut hin- durch und die Lichtchen der Küste, ganz, ganz da unten, hängen wie Diamanten im mondübergossenen Gewebe, Nein, jetzt weiß ich es, was am schönsten ist, am allerschönsten auf der schönen weiten Welt, Die englische Wiesenlandschast, die blühenden Hecken, die blanken Wasserläufchen, die Rotkehlchen, tirilili, das einzige, einzige, satte Grün Englands... oder ist viel- leicht Irland nicht doch noch grüner? und, ach ja, da war ja die Kuhblumenwiele in Südaustralien, ' die mir so gut gefiel, rund, bis zum Horizont, die Welt eine einzige gelbgetupste Kuhblumenwiese. O, und der Eibsee in den Bayrischen Alpen, klar bis auf den Grund ,., im Winter, wenn er zugefroren und man darüber hinweg- gehen kann,,, das Eis liegt wie ein Hauch über dem See, aus den man tritt ohne zu sinken, sieht Kiesel und Algen und Baum- wurzeln und schwimmende Fische, man sieht das Märchenwunder, Oh, wenn in Wien im Protei die Kastanien blühen wie Millio- nen Wcihnochtskerzen, und wenn es Sommer wird. hoch, ganz hoch oben in Alaska , die Bergflüßcben auftauen und über die Stein« springen und riesige Bachiorellen, hopps, hinüber über Stein und Wellen, und rings herum die stille Einsamkeit Wenn der Wind über die Nordsee pfeift und wenn das Ge- witter dreinlchlägt in den Tropenwald und eine hohe Palme zer» splittert, dann ist die Welt herrlich in ihrer Kraft,.. wo, wo ist es am schönsten�, Anderswo? Rein, hier, wo ich gerade bin, im Jubel des Heute, am Tinimendorsecstrond, am milden, zarten, reinen Ostseestrand, Und hier bin ich sowieso, Glücklich, für wen die Welt nur diese vier Wände hat: Nord, Süd, Ost, West. Und oben und unten der Himmel darüber.