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Schützt das neue Berlin ! Erhaltet den Fortschritt� sonst zurück ins graue Elend!

Es geht in dieser Zeit nicht nur um materielle Dinge. Alles wird in den Niedergang mit hineingerissen: das Schulwesen wird eingeengt, das Lehrpersonal oermindert, die Klassensrequenz erhöht. Theater und Kanzerthaus bleiben der großen Masse trotz gesenkter Preise mehr und mehr verschlossen. Da ist die Volksbühne, das Institut der bildungshungrigen Arbeiterschaft und Angestellten, sie ringt um ihre Weiterexistenz. Auf dem Gebiete des Wohnukigswefens das gleiche Bild. Wir sehen ab von den Fällen, von den Höhlenbewohnern an der Peripherie der Großstädte, von den Zufluchtsstätten primitivster Art, dem letzten Stadium menschlichen Elends. Für die großstädtische qualifizierte Arbeiterschaft, Angestellte und mittlere Beamte konnte eine Wohnung von VA Zimmer und Küche als das erstrebte Wahnniveau gelten. Bei den von 1921 bis 1931 in Berlin er­richteten Neubauten ist vor allem dieser Typ bevorzugt worden: 78 Proz. der 176 646 neuen Wohnungen waren solche von vier Wohnräumen einschließlich Küche. Bon 1926 ab ist der Hundert- satz dieses Wohnungstyps dauernd gesteigert worden, nämlich von 66 bis zu 89 Proz. im Jahre 1931. Aber leider, die andauernde Wirtschaftskrise hat dazu geführt. daß diese» bescheidene Niveau für Taufende von Familien zum Luxus " geworden ist. Seit Jahresfrist hat die R ü ck w a n d e r u n g in noch kleinerer Wohnungen begonnen und das Zusammenziehen mehrerer Familien, der verheirateten Kinder zu ihren Eltern und

dergleichen. Das Wohnungselend mit allen seinen schlimmen Folgen für die Gesellschaft. Nun ist man, der Not gehorchend, zur Her- stellung der sogenannten Klein st Wohnungen übergegangen. Der Rückschritt ist da. Ein Vergleich der Wohnbautätigkeit Berlins mit der anderer Großstädte ergibt nach einer Uebersicht, die wir in denBerliner Wirtschaftsberichten" finden, daß in 13 Großstädten mit über 266 666 Einwohnern von 1921 bis 1931 insgesamt 266 696 Wohnun- gen erstellt worden sind: das sind 47,3 Proz. gegen nur 42,8 Proz. auf je Tausend der mittleren Bevölkerung in Berlin . An der Spitze steht Bremen mit 66,6: es folgen Hamburg mit 66, Mann- heim mit 64,8, Köln mit 54,5 usw. Man sieht daraus, daß im Derhällnis zur Einwohnerzahl in Berlin der Zuwachs an Wohnungen überhaupt weit geringer ist, als in einer Reihe anderer Großstädte, was seinen Grund sicherlich nicht in geringerer Initiative, sondern in dem Mangel an Mitteln der schwer benachteiligten Hauptstadt des Reiches zu suchen ist. Wer den Rückschritt aufhalten will, wer will, daß der Aufbau den die Tozialdernokratie in den Gemeinden geleistet hat. nicht umsonst gewesen ist, wählt am nächsten Tonntag Liste 1, ScsSeldenokratsn,

Echmerzensschreie und Hilferufe ertönten von allen Seiten. So gut es ging, beteiligte ich mich ebenso wie andere Reisende an dem Rettungswerk Sehr bald wurden wir durch die Rettungsmannschaften der Feuerwehr, des Rettungsamte» und der Reichsbahn abgelöst. Ich begab mich mit mehreren anderen Leicht- verletzten zur Rettungsstelle, wo uns Notverbände angelegt wurden. Die ganze Umgebung des Bahnhofes bot in den folgenden Minuten ein Bild größter Aufregung, Unaufhörlich fuhren und kamen die Rettungswagen In der verkehrsreichen Gegend hatten sich in kurzer Zeit so große Menschenmassen angesammelt, daß mehrere Lastautos mit Schupos eingesetzt werden mußten.

Neuer Trick der Devisenschieber. Devisenverfahren gegen zwei berliner Notare Einem neuen Trick von Devisenschiebern sind zwei Berliner Rotare zum Opfer gefallen, gegen die seht von der Slaatsanivalt- schaft ein Verfahren wegen Verstoßes gegen die Devisenbest'mmun- gen eingeleitet worden ist. Genau wie im Fall« des Prinzen Isenburg hatte die Zoll- fahndungsstelle davon Kenntnis bekommen, daß in Saarbrücken Tausendmarkscheine aufgetaucht waren, die, wie durch Vergleich der Nummern festgestellt werden konnte, beim Verkauf größerer Posten von Wertpapieren ausgezahlt worden waren und offenbar entgegen den Devisenvorschriften ihren Weg in» Ausland gefunden hat- ten. Bei den Nachforschungen ergab sich, daß es sich um Wertpapier- verkaufe zweier Berliner Notare hanoelt«, in einem Falle in Höhe 370060, im anderen von etwa 660006 M. Beide Anwälte gaben bei ihren Vernehmungen an, daß ein gewisser F der sich durch ordnungsgemäßen Reisepaß und polizeilich« Anmeldung bei ihnen als Deutscher legitimiert habe, ihnen den Auftrag zum Per- kauf der Wertpapier« gegeben hätte, wobei er noch eine eidesstatt- lich« Versicherung abgab, daß es sich tatsächlich um Effekten aus Inlandsbelitz hanoele. Begründet seien dies« Verkauf»- austräge mit der Absicht, den Erlös zu größeren Grundstückskäufen in Berlin zu verwenden, die ebenfalls über dies« Notare getätigt werden sollten. Beide Anwälte hatten kein Bedenken, unter diesen Umständen die Verkaufsaufträge auszuführen und den Erlös dem Verkäufer auszuhändigen. Als man jetzt der Sache weiter auf die Spur ging, ergab sich, daß der als Besitzer der Wertpapiere Ge- nannte, ein Herr F., überhaupt von der ganzen Sache nichts wußte, daß seine Adresse zwar stimmte, daß er aber weder Wertpapiere besaß noch den Notaren Verkaufsausträge erteilt hatte. Auch aus der Gegenüberstellung ließ sich ohne weiteres ersehen, daß dieser F. ein ganz anderer war als der, der in den Anwaltsbüros erschienen war. F. gab noch an, daß ihm sein Paß vor einiger Zeit b e i einer Bierreise ge stöhlen worden sei. Wer der Schwind- ler ist, der von diesem Paß den unrechtmäßigen Gebrauch gemacht und di« Devisenschiebungen durchgeführt hat, konnte bisher nicht ermittelt werden. Den Notaren wird vorgeworfen, daß sie zum mindesten fahrlässig gehandelt hätten, weil sie vor Auesüh- rung dieser Berkaussauslröge erst genauere Erkundigungen über die Person ihres Mandanten hatten einziehen müssen.

Die Nazi-Gchießhe!den vor Gericht. Auch der Wölfel-Cöhn war dabei Der LA.-Mann Lähn, der am Morgen de» 12. Juli durch sein provokatorisches Verhalten dem Reichsbannerführer Wülfel gegen- Über das Signal zum Uebsrfall gegeben hat, scheint«in besonders befähigter Rowdy zu seilt. Dir FteisprUch, dessen er sich vor dem Schncllschöffengericht vor kurzem erfreut hat, dürste ihn zu seinen Neuen Helventäten wohl ganz besonders angespart haben. Jeden- falls beschäftigte sich das Schnellschöffengericht nach Erledigung de» Wölsel-Prozesses noch ein zweites Mol mit ihm. Herr Lähn hatte sich wegen Aerstohes gegen die Notverordnung über unbefugte Wasfensühtttng zil verantworten. Mit ihm der EA.< Mann Unglaube. Am 4. Juli betraten zwei angetrunkene Nazis dos tommu- nisiische Lokal floh Mecklenburg in der Rävenestraße. Sie tiefen Heil Hitler !" und forderten Bier. Gleich daraus betrat auch Lähn da» Lokal. Auch er bestellte sich eine Moll» und rief:Und immer noch Heil Hitler!" Die anwesenden Arbeiter wurden un-

ruhig, der Lokalinhaber forderte die Nazis auf, das Lokal zu ver- lasten, diese dachten gar nicht daran, sie muhten mit Gewalt herm.s- gedrängt werden, es entstand dabei eine Schlägerei. Kaum waren die Nazis draußen, als Lähn aus allernächster Entfernung auf das Lokal acht Schüsse abfeuerte und die Fenster zer- trümmert«. Ein Gast erhielt einen Schrotschuß an der Nase. Lähn bestritt in der Verhandlung, überhaupt geschossen zu haben, auch der Angeklagte Unglaube wollte mit der Sache nichts zu tun haben, Da» Gericht verurteilte Lähn zu I Jahr Gefängnis, Un- glaube zu 1 Monat Gefängnis.

In den Bezirkswahlämtern. Rasche Publikumsabfertigung frühmorgens und nachmittags Wenn ein Mittagsblatt zu melden wußte, daß der Publikums- andrang auf den Berliner Bezirkswahlämtern ungeheuer und die Abfertigung schleppend ist, so muß das als reichlich übertrieben be< zeichnet werden. Ein Versuch ergab vielmehr, daß die Abfertigung flott vonstatten geht, Im Bezirkswahlamt Kreuzberg geht es zwischen 1 und 2 Uhr, trotz großer Menschenzahl, sehr ruhig zu. Der große Andrang fällt in der Hauptsache in die frühen Morgenstunden vor Bstriebsbeginn, dann in die Mittagspause.Wir hatten ganz schön zu tun", erzählt der Auskunftsbeamte,von morgen» acht bis jetzt um 1 Uhr haben wir immerhin gegen 1600 Personen abgefertigt, All« Wartenden haben auf den Sitzbänken Platz gefunden, so daß die Hinzukommenden dann ihre Plätze einnehmen können. Nun tut sich ja bekanntermaßen �gerade bei solcher Gelegenheit des einzelnen mehr oder minder entwickelte Nervosität am deutlichsten kund, es gibt Leute, die schon nach den ersten Minuten Wartezeit unruhig werden Und die Besonnenen mit ihrer Ungeduld-Psychose anstecken. Auch in Neukölln geht die Abfertigung reibungslos von- statten, trotzdem bisher schon viele Tausende von Wahlscheinen aus- gegeben worden sind.Wer es eilig hat und keine Zeit oder Geduld besitzt, der kommt am besten morgens gegen 7K Uhr, da braucht er noch keine fünf Minuten zu verlieren", erzählt der Beamte: wenn er dies nicht will oder kann, dann schickt er eben«inen Angehörigen, ausgerüstet mit einem entsprechenden Ausweis, oder er reicht den Antrag schriftlich ein, wird man weiter belehrt. Zwischen 254 und 354 Uhr läßt der Andrang ganz gewaltig nach, und wer sich die Zeit nach Belieben wählen kann, der richte sich danach. In W i l- m« r s d o r f und am W e d d i n g und auch in anderen Wahl-

bezirksämtern weiß man nichts von den oben geschilderten unan- genehmen Zwischenfällen. Im Interesse einer raschen Abfertigung zum Wohle des Publi- kums und der Beamten fei also nochmals betont, daß die frühen Morgenstunden(754 bis 8)4 Uhr) und die Nachmittagsstunden (25� bis 354 Uhr) die vorteilhaftesten sind, wenn man nicht schrift- liche Antragstellung vorzieht. Außerdem sei darauf aufmerksam ge- macht, daß der Freitag der letzte Tag zur Besorgung eines Wahlscheines ist und daß man den Gang zum Wahlbezirksamt nach Möglichkeit schon im eigenen Interesse nicht auf diesen allerletzten Termin legen möge._

Schwerbewaffnete Nazis. SA-lleberfall auf Reichsbanner in Steglitz . Durch die Festnahme eines schwerbewasfoeken SA. - Trupp» in Köpenick konnte erneut der Nachweis für dieFriedlichkeit" der Söldnertruppe Hitlers erbrachi werden. Sin ganzes waffeaarseaal ist dem Burschen gestern vormittag von der Polizei abgenommen worden. Gegen 9 Uhr nähert« sich der Köpenicker Stadtgrenze ein mit 2 5 SA.-Leuten besetzter Lastkraftwagen. Die Po- lizei hatte davon Wind bekommen, daß der Trupp mit Schuß- waffen ausgerüstet sei. Das Lastauto wurde angehalten und bei der überraschenden Durchsuchung wurden in den Taschen der Salzsteuersoldaten und zum Teil im Auto versteckt folgende Waffen gesunden: 4 Mehrladepistolen mit 76 Schuß schar- fer Munition, 1. Trommelrevolver mit 25 Schuß Munition. Stahlruten, Gummiknüppel, Totschläger und einige- fünfzig Pfund schwere Feldstein«, Das Lastauto kam aus Mahlow im Kreis Teltow. Leider war es bisher nicht möglich fest- zustellen, wohin die Fahrt der schwerbewaffneten Schar gehen und wem dieseExpedition" gelten sollte. Die ganze Nazibande ist fest- genommen und ins Polizeipräsidium eingeliefert worden. Das Last- auto wurde von der Polizei sichergestellt. In der V i r k b u s ch straße in Steglitz wurde gestern vor- mittag ein Reichsbannermann von SA.- Leuten über- fallen, Der Reichsbannerkamerad erlitt erhebliche Verlegungen. Zum Glück kamen mehrere Reichsbannerleute des Weges, die ihren Überfallenen Kameraden aus den Händen seiner Peiniger befreiten. Der Spieß wurde nunmehr umgedreht und die SA.-Leute suchten ihr Heil in der Flucht. Zwei Reichsbannerleute erlitten Verlegungen

Aber der Umstand, daß ihr König Sigmund, sobald es ihm gelungen war, ihr gutverstecktes Liebesnest auszukund- schaften, das seidene Kissen und zugleich ein perlgesticktes Täschtein volter güldener Rosinobel schickte, hatte das Stirn- zucken der schönen Kurtisane und die Sörgenfalte rasch glatt- gestrichen, und so opferte sie denn ihrem Neuen königlichen Liebhaber diesen wundervollen Sommernachmittag, trotzdem sie, wie sie sicp selber ehrlich eingestand, lieber den fremden, bohmländischen Ketzer hätte schmoren sehen, Denn so etwas regt das innerste Sonnengeflecht auf", sagte sie,und tut für drei Aiertelsahre gut. Das wirkt wie Jugendelexier. Eine Kreatur sterben sehen durch Gewalt, gießt Kraft in das eigene Leben!" In dieser seltsamen Meinung traf ste, die Dame von Welt, sich ganz mit dem settgedunsenen, rötfleckigen, stinkigen Amman Weikli, der heut mit seinen drei Gesellen im Schweiße seines Angesichts sein schauerliches Tagwerk getan hatte nach all den komplizierten Satzungen seines Amres und der höchlichst befriedigt war von dem wohligen Summen und Singen seiner Henkersnerven. Schade, daß Nicht alle Tage, die Gvttes Allmacht werden ließ, solch ein Kapital« fall unterlief I Dann hätte das henkerliche Dasein wenigsten» einen Sinn gehabt! Anders ober, ganz anders, werkten die Gedanken in Sigmund Um bor sich selber davonzulaufen, um den unheimlicken Blick des böhmischen Magisters zu bannen, der ihn bis m« Innerste getroffen hatte und der ihm schier die Seele ver» brannte mit der Glut seines Borwurfs, hatte er diesen Nach» mittag, während auf dem Brühl draußen die grausame Brand�chau ins Werk gesetzt wurde, sich in alle Täler, Tiefen und Abgründe der Wollust versenkt. Das Denken abstreifen um jeden Preis! Kannst du Vergessen s�enken. Imperta?" Bezahend hatte oie Kurtisane genickt und ihn mit silbri-

gem Gelächter und gleichzeitig mit hundert aufreizenden Liebkosungen überschüttet. Was es gibt an Ausgelassenheit des Körpers, an Toll- Helten des Genusses, an Verwegenheiten der Lust, an Auf- peitschung der Nerven, ward ihm in sinnverwirrender Fülle von der fremden Buhlerin kredenzt. Gewiß, sie war gekauft, war nur Handwerkerin der Liebe. Aber sie verstand ihren Beruf so meisterhaft, so virtuos, hetzte ihren Partner dermaßen hinein in die tiefste Daseinslust der Kreatur, daß er über ihrem zuckenden Stöhnen brüllend aufschrie wie ein Tier in der Brunst der Erfüllung, eben tn demjenigen Augenblick, in dem sein un- glücklicher Gegenspieler aufschrie angesichts des fressenden Ab- grunds der Vernichtung, den er erst im Absturz des letzten Sekundensandkorns als das erkannte, was er ureigentlich war: das Nichts und die Auslöschung! Nach seinem Aufschrei lag Sigmund erschöpft, wie tot. Die Kurtisane machte sich durch eine brüske Drehung von seiner Umarmung frei. Da» weiße Leinen war von seinem Körper abgeglitten. Angewidert, verächtlich betrachtete ste da» neben ihr liegende Wrack eines Liebhabers, diese über die Brust über und über mit blauen und gelben runden Flecken gezeichnete Mannsruine. Der Schweiß sickerte aus dem rötlichen, stark gelichteten Haar des Königs in dicken schweren Tropfen und versing sich in dem unangenehmen, struppigen Bart, an dem die nuß- rote Farbe das Scheußlichste war. Trotzdem kein Gran über- j schllssigen Fetts Sigmunds Flanken beschwerte, ging sein Atem dennoch schwer und pfeifend, nicht zum Anhören, genau so, al» ob«r nicht König, sondern der dicke, feistbäuchige, kurz» atmig« Fürstbischof von Tanten gewesen wäre. Imperia sängt zu überlegen an: Was Fürst? Was Graf? Was Bischof? Was Abt? Was König? Was Papst? Unterscheiden dle sich, abgesehen von ihrer Gewandung, überbaupt von ihren Kämmerern, ihren Schreibern, ihren Lakaien, ihren Knechten? Höchstens durch die Schwäch« ihrer Lenden! Mochten diese Titelhalter, diese Schwertschwinger, dies« Würdenträger, dies« Inhaber der Macht, dies« Au»» sauger der Pfründen, diese Gärtner des Lasters noch so hoch gestellt sein auf der irrsinnigen Leiter dieses irrsinnigen Lebens, hier, in dieser Kemmenate, hier, in diesem gepolster- ten Bett wurden sie alle zu nackten, armseligen, widerlichen Tieren, deren Brutalität, deren klobige Manieren, deren Un» Verschämtheit und deren schlechten Atem und widerliche Aus-

dünstung die schöne Dame aus Poitiers einzig darum ertrug, weil sie zum Leben Geld brauchte und sich auf andere Weise keines verschaffen konnte! Die Kurtisane seufzt. Tränen dunkeln ihr ins Auge. Ja, ja, das Leben ist keine leichte Sache! Auch dann nicht, wenn man das Rennen gemacht hat und nun zu allerhöchst oben auf der gelben Sahnenschicht schwimmt! Auch dann nicht, wenn man unbekümmert tut, lustig und frech! Auch dann nicht, wenn man, sich selbst und andere zu täuschen, hundert Masken vorgebunden hat und diese hundert Masken hundertmal in der Stunde wechselt! Nein, das Leben ist schlimm. Nicht nur für sie. Für jeden Menschen. Für sie als Kurtisane ist's aber doppelt schlimm und dreifach schlimm! Sie wird ja mit Geld bezahlt. Dafür muß sie sich zu- sammenpressen lassen, wie«inen wollenen Knäuel. Ein Hund har's besser. Der kann wenigstens knurren und die spitzen Zähne fletschen, wenn ihm irgendeine Berührung nicht paßt! Der kann, wenn's not tut, sogar beißen, und wie! Kader und Dicksleisch geht mit! Sie aber ist weniger als ein Hund. Sie darf sich nicht wehren! Sie darf nicht aufbegehren! Sie muß sich alles gefallen lassen! Alles! Die Selbstachtung flattert tn tauseno Fetzen davon! Unsäglicher Ekel erfaßt sie, Am liebsten würde sie diesen ausgepumpten König der deutschen Nation, dieses sleckengezierte, schnarchende Manns- j tier neben ihr mit einem Fußtritt zum Bett hiuausfsuern! Schon hat Imperia, die schöne, die kluge, ihrem Plötz- lich aufgestiegenen Einfall folgend, das wohlgeformte bluten- weiße Bein zum Tritt erhoben, da muß sie"auf einmal un» bändig laut herauslachen. Unversehens ist ihr Auge auf ein blaues Kußmal gefallen! Sie muß an ihr drolliges Pfäfflein aus der Tourraine denken. Jawohl, es ist doch eine Lust, zu leben! Jetzt weiß sie wieder, wofür! Man muß dieser verrotteten, gleißnerischen Gesellschaft ein Schnippchen schlagen! Dieser gekrönte Schuldenmacher Sigmund wird blechen müssen! Aber tapfer! Aber hoch! Mag er seinerseits wieder die Konstanzer Bseffersäcke schütteln, daß der Staub fliegt und denen die Augen tränen! Was gehl das sie an! Mag er weiterhin seine besten Stücke in die Pfandkammer geben und st« dort gegen kurantiges, lötiges Silber oersetzen! Was schiert sie das? Nichts!(Fortsetzung folgt.)