Morgenausgabe
πr. 353
A 174
49. Jahrgang
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Teils
Vorwärts
Berliner Bolksblatt
Freitag 29. Juli 1932 Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.
Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschl
Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Fernfpr.: Dönhoff ( A 7) 292-297. Telegramm- Adr.: Sozialdemokrat Berlin .
Vorwärts- Verlag G. m. b. H.
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Eiserne Front in Neukölln!
Heraus zur Massenkundgebung im Stadion Neukölln Zeigt der Reaktion eure Zahl und eure Kampfentschlossenheit!
Beginn: 19 Uhr.- Redner: Robert Breuer und Siegmund Crummenerl .
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Unkostenbeitrag 50, Erwerbslose 25 Pf.
Breitscheid Versammlung aufgelöst!
Ein empfindlicher Polizeihauptmann sorgt für unsere Wahlagitation. Gestern sprach in einer überfüllten Wahlkundgebung der Eisernen Front in der Jubiläums- Tonhalle in Span dau Genosse Rudolf Breitscheid . Die Kundgebung war von 2000 Personen besucht und von begeisterter Kampfstimmung getragen.
Genosse Breitscheid rechnete mit dem Kabinett der Barone und seinem verfassungswidrigen Vorgehen in Preußen scharf ab. Dann wandte er sich den National sozialisten zu und sprach den Sat:
Die Nationalsozialisten wollten Deutschland erneuern. Daraufhin hat man die Türen des Museums vaterländischer Altertümer geöffnet und verstaubte Figuren der Vergangenheit herausgeholt..."
Auf Grund dieses Sakes erklärte der über. wachende Polizeihauptmann die Versammlung für
aufgelöst!
Genosse Breitscheid fragte den Polizisten, ob er ihn nicht auch gleich verhaften wolle, der Polizist
lehnte jedoch ab.
versammlung mit stürmischen Freiheitrufen aus einander. Besten Dank für Sie ausgezeichnete Wahl. propaganda, Herr Polizeihauptmann!
Als in der Kasseler Stadthalle der national sozialistische Ministerpräsident Röver die blutig sten Putsch- und Morddrohungen ausstieß, hinderte ihn kein Polizist. Er sprach:
,, Sie sollen nur nicht glauben, daß man schon am Ende sei; es geht erst los, die Burschen werden noch was erleben, wenn Hitler an der Macht ist."... Wir jagen euch, euch wird nichts geschenkt, ihr Lumpen und Volksverräter."... Ich garantiere diesen Schweinehunden, daß sie gehenkt werden, und wir werden sie so lange hängen lassen, bis die Krähen sie gefressen haben. Das mag graujam sein, aber der nächste soll sich überlegen, ob er
daneben hängen will."
Das ist in Preußen unter dem Reichskommissar Papen erlaubt! Breitscheids Sak aber ist verbotswürdig! Wir danken für diese glänzende Aufhellung
Nach einem kurzen Schlußwort ging die Massen- der Situation!
Er toleriert Papen. - Ehrenwort an Hindenburg ! Ableugnungsversuche der Entlarvten vergeblich! Hitler windet sich wie der Fuchs im Eisen, weil sein Volksverrat entlarvt ist. Er läßt seine Handlanger ableugnen, daß er für die Taten des Kabinetts der Barone Verantwortung trägt.
Diese Lügen seiner Handlanger sind zwecklos! In einer gewaltigen Rundgebung der Eisernen Front in Hamburg führte Genosse Breitscheid aus:
In den letzten Tagen erst sind mir Tat: sachen zu Ohren gekommen, die den Verrat der Hitler - Partei ins hellste Licht stellen. Als der Reichspräsident vor der Bildung des Kabinetts die Führer der verschiedenen Parteien empfing, wurde er von den Führern der Staatspartei gefragt, wie denn Adolf Hitler zu der Regierungsneubildung stehen werde. Hindenburg erwiderte darauf:
Ein Wort an die fommunistischen Wähler!
Der Feind steht rechts! Von dieser Erkenntnis aus=
gehend, hat die Sozialdemokratie den ganzen Wahlkampf gegen die Regierung der Barone und ihre Nazi- Bundesgenossen geführt. Heute, in den letzten Stunden des Wahlkampfes, wenden wir uns an die bisherigen kommunistischen Wähler, sie aufzufordern, über einen ganz einfachen und nüchternen Tatbestand na chzudenken! Was ist euer Ziel, kommunistische Wähler? Ihr wollt die Regierung der Nazi- Barone stürzen, das wollen auch wir. Aber durch die Stimmabgabe für die Lifte 3 erreicht ihr genau das Gegenteil von dem, was ihr wollt: Ihr helft Papen und Schleicher, sich im Sattel auch als Minderheitsregierung zu halten. mit den Gozialdemokraten und den übrigen Oppositionsparteien die Warum? Die KPD. - Abgeordneten werden zwar zusammen Regierung in die Minderheit versezen. Sie werden aber nach ihrer ganzen bisherigen Taktik die Bildung einer neuen verfassungsmäßigen Linksregierung verhindern.
Das ist Papens und Schleichers große Hoffnung, das ist es, worauf die Reaktion spekuliert: gestützt auf Hitler und Hugenberg wollen sie auch als Minderheit „ Herr Hitler wird das Kabinett tolerieren, er weiterregieren, weil die Linke zwar über eine Mehrheit, aber dant hat mir sein Wort gegeben." den Kommunisten nicht über eine aktions- und regierungsfähige Mehrheit verfügen wird. Kommunistische Wähler! Wir appellieren an euren politischen Berstand. Könnt ihr die Richtigkeit dieser Feststellung bestreiten? Nein! Dann aber ist es eure Pflicht, die Rechnung der Reaktion zu durchkreuzen, indem ihr euch frei macht von verhängnisvollen Juufionen. Deshalb am 31. Juli nur Lifte 1.
,, An diesen Worten", so fuhr Breitscheid fort ,,, ist nichts zu deuteln, denn es sind bei dieser Unterrebung Zeugen zugegen gewesen!"
Jeht hilft kein Ableugnen mehr! Ihr Opfer der Hitler - Notverordnung, denkt am 31. Juli daran und gebt Hitler die Quittung mit dem Stimmzettel für 2iste 1!
Wählt Sozialdemokraten!
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Zick- Zack.
Eine Rundfunkrede, zwei Interviews und ein Briefwechsel.
Das Kabinett der Barone hat am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag Erklärungen in die Oeffentlichkeit gebracht, die programmatischen Charakter haben. Am Dienstag sprach der Reichswehrminister im Rundfunt. Am Mittwoch gab der Reich sinnenminister dem französischen Journalisten Sauerwein ein Interview, am Donnerstag hat der Reichskanzler eine Unterredung mit den Vertretern der United Preß" gehabt. Rechnet man noch hinzu die Veröffentlichung des Briefwechsels HugenbergPapen, so ergibt sich eine ansehnliche Fülle von Regierungsverlautbarungen, die fast mit der Fülle der Regierungsverlautbarungen im nationalfonzentrierten Rundfunk fonfurrieren kann.
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Das gemeinsame Merkmal dieser Berlautbarungen ist, daß die eine in wesentlichen Punkten schlecht mit der anderen vereinbar ist. Daß die Regierung der Barone sich auf die Nationalsozialisten stüßt und ihnen deshalb wohlwollend
gegenübersteht, darüber sind sich die Herren alle einig. Aber
sonst?
Der Reichswehrminister hat sehr kräftige Töne gegen Frankreich angeschlagen. Der Reichskanzler dagegen verweist auf seine Idee der Besprechungen zwischen den Generalstäben Deutschlands und Frankreichs . In der Antwort des Reichskanzlers auf den Brief Hugenbergs konnte man eine Zustimmung zu Hugenbergs Plänen einer autonomen Schuldenregelung erblicken in seinem Interview mit den Vertretern der ,, United Preß" liest man:
,, Wenn die Frage nach einer herabsehung der Zins= rate für Deutschlands private Schulden an das Ausland zur
Erörterung komme, so werde Deutschland gewiß nicht eineitig Schritte in dieser Richtung unternehmen, sondern eine Einigung mit seinen Gläubigern zu erzielen suchen."
Aehnliches kennt man aus dem wilhelminischen Deutsch land . Damals ist dafür das Wort vom 3 id 3ad Kurs geprägt worden. Deutschland hat sich seit dem Amtsantritt des Kabinetts der Barone sehr träftig zur wilhelminischen Aera zurückentwickelt siehe die Personalbesetzung der schen Aera zurückentwickelt derzeitigen Reichsregierung! Alles kommt wieder
sich nur, auf wie lange!
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auch der Zick- Zac- Kurs. Fragt
Gegenrevolutionäre Personalpolitik. Die Lifte gegen die Republikaner .
Die kommissarische Verwaltung Preußens, die auf der Macht beruht, fährt fort, die Verwaltung nach dem Vorbild des wilhelminischen Regimes umzugestalten. Das deutschnationale Parteibuch regiert die Stunde! Ministerialdirektor Dr. Brecht ist in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Ein hervorragender Beamter mit überragenden Fähigfeiten, der sich des größten Ansehens im Reichsrat erfreut, ist entfernt worden, weil an die Stelle von Republikanern und Demokraten Männer des alten Systems von deutschnationaler Couleur gefegt werden sollen! Brecht hat in einem sehr ernsten Schreiben auf die Verlegung wichtiger Rechte hingewiesen und Protest eingelegt.
Die tommissarische Verwaltung will nicht auf den Spruch des Staatsgerichtshofs warten. Im Eilzugtempo setzt sie den