Störung eines Mndfunkvortrages.
Anhalter Rechtsmehrheit zerstört! Die Sozialdemokratie wächst trotz dem faschistischen Regime.
das Urteil des Lchitellrichtcrs lautete aus 6 Monate Gefängnis mit der Begründung, das, die Tat auS der„Er- regtheit der Zeit" zu erklären sei. Doch dieses Urteil mutet noch beinahe drakonisch an gegen das der nun folgenden BerhoMung. Zwei Nazis namens Otto Schulz und Hellmuth Radtte hatten sich wegen v e r- botenen Waffenbesitzes zu verantworten� Beide» sind SSk-Leute. Der eine hatte einen geladenen Revolver und einen Gummiknüppel, der zweite einen Totschläger bei sich� Als sich eine Gruppe junger Leute den beiden näherte, zog Radtte den Revolver und legte an. Da« Gericht stellte fest, daß Notwehr nicht vorgelegen habe, da von einem Angriff nicht die Rede ge- wesen sei. Das Urteil lautete trotzdem nur auf zwei Wochen und drei Tage Gefängnis gegen Radtte, auf fünf Tage Gefängnis gegen Schulz. Beiden wurde Strafausfehung auf 3 Jahre gegen Zahlung einer Geldbuhe von 20 bzw. 30 Mark ge» währt! Wir bemerken ausdrücklich, daß unsere Darstellung sich auf eine Meldung des halbamtlichen MTV. stützt. Man könnte sonst leicht auf den Gedanken kommen, daß es sich bei diesem Urteil um eine hetzerische Falschmeldung im Sinne des Brachtschen Presse- ukas handeln müsse. Denn hie Menschen mit gesundem Rechts- empfinden werden glauben, daß ein solches Urteil unmöglich ergangen sein könne. Es ist aber ergangen, und wir müssen aus- drücklich feststellen, daß die aufpeitschende Wirkung nicht von der unrichtigen, sondern von der richtigen Wiedergabe des Urteils ausgeht. Ganz zweifellos wird auf die Königs- berger Attentäter diese gerichtliche Milde ganz außerordentlich ein- schüchternd und abschreckend wirken. Die angekündigten„drakoni- schen Maßnahmen" hatten wir uns elwa» anders vorgestellt...
Terrortreiben der Nazis. 3000 M. Belohnung für die Aufklärung der Hand- granatenanschläge in Schleswig-Holstein . Altona , 2. August. Wie von amtlicher Stelle verlautet, hat der Regierungspräsident in Schleswig für die Aufklärung der in der Nacht zum 1. August in mehreren Orten Schleswig-Holstein » gegen Wohnungen von Ange- hörigen der Linksparteien sowie gegen kommunistische Parteibüros verübten Handgranatenanschläge eine Belohnung von 3000 Mark in Aussicht gestellt. Gesteinigt? Mannheim , 2. August. sEigenberichk.) In der Nähe von Zweibrücken wurde ein frei- gewerkschaftlich organisierter Arbeiter, Vater von zehn Kindern, von Nationalsozialisten mit Pflastersteinen schwer verletzt. Auf dem Wege zum Krankenhaus starb er. Veutschnationale von Nazis niedergestochen. Frankfurt a. M., 2. August. Eigenbericht.) In Kelberg , Regierungsbezirk Koblenz , haben drei ZA.-Leute auf Befehl ihres Sturmführers aus Rache für ein« angebliche Anrempelnng ihres Führers mehrere junge Leute» die der Deutschnationalen Volkspartei angehören, mit Knüppeln niedergeschlagen und durch Messer st iche schwer verletzt. Einer der Messerstecher, der vor einem Vierteljahr durch die kommunistisch-national- sozialistische Amnestie begnadigte Bombenattentäter Münch, stach einen fiebzehnjährigen Deutschnationalen nieder und verletzte ihn lebensgefährlich. Terrorversuch in Schlesien . Breslau . 2. August.(Eigenbericht.) In Böhlitz bei Bantwitz(Kreis Namslau) versuchte am Diens- tagvormittag eine Horde von SA.-Leuten einen Ortsgruppenführer des Reichebanners, den Dorsfchullehrer Franke, in feiner Wohnung zu überfallen. Franke konnte sich rechtzeitig durch die Flucht retten. Die Hakenkreuzler schössen darauf hinter ihm her. lleberfall auf eine Siedlung. Marburg , 2. August. (Eigenbericht.) Auf dt« Siedlung Knutzbach bei Marburg verübten Rational - sozialisten einen organisierten Ueberfall. Auf 40 Motor» rädern und 5 Autos kamen sie herbei. Es gab drei Verletzte, darunter einer schwer. Die Polizei stellte die Ordnung wieder her. 200 bewaffnete Nazis verhastet. Mannheim , 2. August(Eigenbericht.) Die pfälzischen Nationalsozialisten hatten in der Umgegend von Ludwigshafen SA. und SS. zusammengezogen, so daß erhebliche Beunruhigung unter der Bevölkerung entstand. Jetzt hat die Polizei in Freinsheim in der Nähe von Oppau 200 National» sozialisten verhaftet. In ihrem Besitz befanden sich zahl- reiche Waffen und Totschläger. Später wurden auch in Ludwigs- Hafen Haussuchungen vorgenommen und die Führer der SA., der S S. und des Motorsturmes festgenommen. Di« Nationalsozialisten gaben an, sich zum Schutze ihrer Parteiange- hörigen versammelt zu haben. Die Verhafteten werden sich vor dem Strafrichter zu verantworten haben. alte Frau niedergeschlagen. Zranksuct a. M., 2. August(Eigenbericht.) In Frankfurt gab ein Nazi einer älteren Frau, weil sie die Freiheitspfeile der Eisernen Front trug von hinten mehrere kräftige Schläge auf den Kopf. Die Frau stürzte zu Boden. Jetzt eilten fünf SA.-Leute„zur Hilfe". Sie schlugen und traten auf die wehrlos am Boden liegende Frau ein. Handgranaten in Oberschlesien . Breslau . 2. August.(Eigenbericht.) 3n der Nacht vom Zt. Zuli zum t. August wurde In kreuz- bürg>. Oberschles. in dem Schankraum des jüdischen Gast- mirtsTaubcrundindas Wohnzimmer des j ü d i s ch e n Kauf- manns Ebstein von bisher nicht ermittelten Tälern eine Eier. Handgranate geworfen. Es entstand erheblicher Sachschaden.
Dessau , 2. August. (Eigenbericht.) Im Lande Anhalt befindet sich die Sozialdemokrati- s ch e Partei wieder beträchtlich im Vormarsch. Den tiefsten Stand ihrer Wählerstimmen hatte die Sozialdemokratische Partei Anhalts bei den letzten Gemeinde- und Kreistagswahlen vom 2S. Ok- tober 1931 mit rund 67 000 Stimmen. Schon bei der Land- t a g s w a h l vom 24. April gewann die SPD. in Anhalt 8000 Stimmen und stieg auf 75120. In dem seit den Land- tagswahlen verstrichenen Vierteljahr hat die Sozialdemokratie weitere 4000 Stimmen ausgeholt, sie erhielt bei der Reichstagswahl 79 597. Da auch die Kommunisten in Anhalt rund 4000 Stimmen gewonnen haben, ist die Rechtsmehr- heit der jetzt in Anhalt regierenden Koalition von Nationalsozia- listen und Deutschnationalen bereits wieder flöten ge- gangen I
Genosse Paul Schröder tot. Aus Krankheit in den Tod gegangen. Rostock , 2. August(Eigenbericht.) Der früher« sozialdemokratische Ministerpräsident von Mecklen- burg-Schwerin Paul Schröder hat sich am Dienstagvormittag in seiner Wohnung erschossen. Schröder litt seit Jahren an einer unheilbaren Zuckerkrankheit. Unter dem Eindruck dieser Krankheit griff er am Dienstag zum Revolver. * Genosse Paul Schröder wurde am g. August 1875 in 'Stolpe in Mecklenburg geboren. Er war im mecklenburgischen Volks- schuldienst zuerst in Pampow und Wustrow und seit 1902 in Rostock tätig. Im Jahre 1911 wurde er in die Stadtverordnetenversammlung in Rostock gewählt. Nach der Revolution wurde er in den Mecklen- burgischen Landtag gewählt. Seitdem war er der Führer der sozioldemokrotischcn Fraktion in allen Mecklenburgischen Landtagen. Vom Juli 1919 uis Juli 1925 war er hauptamtlich Stadtrat im Rate der Stadt Rostock . In dieser Stellung erwarb er sich ein solches Vertrauen, daß er im Juli 1926 mit 25 gegen 24 Stimmen zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Sein Ministerium bestand neben ihm aus dem Sozialdemokraten A s ch und dem Demokraten M ö l- l e r. Nach den letzten Landtagswahlen trat er zurück.
Oeuisch-polnischer Flaggenkonflitt. Minister Neurath weist polnische Beschwerde zurück. Anläßlich eines staatlich-nationalen„Festes des Heeres" in Edingen waren am jüngsten Sonntag die Häuser in Warschau be- flaggt: so auch das Haus, in dem der deutsche Geschäftsträger o. R i n t e l e n wohnt. Er entfernte die polnische Fahne, die der Hausbesitzer gerade über die Wohnung des deutschen Diplomaten aushängte. Man brachte die Fahne wieder an. sie wurde abermals entfernt. Polizei kam und nahm von einer Amtshandlung erst Ab- stand, nachdem Herr v. Rintelen sich legitimiert hatte. Schließlich wurde die Fahne am Vorgartengitter angebracht und nicht am Hause selbst. Zwischen dem Hauswirt und Herrn v. Rintelen bestand schon vorher ein Konflikt, das Mietsverhältnis ist im Auflösen begriffen. Die Chauoionistenpresse hat den Vorgang zu heftigen Angriffen auf den deutschen Geschäftsträger benutzt. Vermutlich wäre aber auch der Hausbesitzer in Teufels Küche gekommen, wenn er nicht geflaggt hätte. Run wird amtlich gemeldet: Der polnische Gesandte suchte heute nachmittag den Reichsminister des Auswärtigen auf, um unter Uebergabe einer Sachdarstellung über den Flaggenzwischenfall vom 31. Juli wegen des Verhaltens des deutschen Geschäftsträgers in Warschau Vorstellungen zu erheben. Der Reichsminister des Auswärtigen hat dem Gesandten erklärt, daß er eine Beschwerde über das Verhalten des Geschäfts- trägers zurückweisen müsse. Die Angelegenheit sei auf Grund der Meldungen des Geschäftsträgers bereits geprüft worden, sein Vorgehen nach der völkerrechtlichen Uebung völlig berechtigt gewesen.
Di« Landtagswahl vom 24. April ergab 20 Abgeordnete der Rechten und 16 der Linksopposition. Rechnet man das Ergebnis der Reichstagswahl in Anhalt auf den Landtag um, so ergibt sich ein Mandatsoerhältnis von 18 Sitzen der Rechten gegen 18 Sitze der Linken. Die SPD. hat es in Anhalt in der Hand, jederzeit«in Volksbegehren und«inen Volks- entscheid zur Auflösung des Landtags einzuleiten, die Gesetzes- bestimmungen sind günstiger als in anderen Ländern und im Reiche, aber die Sozialdemokratie bestimmt selbstverständlich selbst, wann sie der Rechtsregierung den Garaus macht. Einstweilen trägt jede neue Handlung dieser Naziregierung dazu hei, die Chancen eines solchen Volksbegehrens zu verbessern. In der bürgerlichen Presse Anhalts, die allgemein die Umrechnung des Reichstagswahlergebnisses auf den Landtag vornimmt, herrscht über die rasche Zerstörung der Rechtsmehrheit begreifliches Entsetzen.
Oer Reichspräsident. Nückkehr nach Berlin B»n zuständiger Stell« wird mitgeteilt: Der Reichspräsident beabsichtigt nächste Woche nach Berlin zurückzukehren. Sein Ge- sundheitszustand ist, wie gegenüber heute in Berlin umlaufenden völlig unbegründeten Gerüchten hervorgehoben zu werden verdient, durchaus gut.
Von den Splittern. Die Dolksrecht-partei erhält ein Beichstagsmandat. Wie die Reichspressestelle der Bolksrecht-Partei mitt«ilt, fällt entsprechend den zwischen dem Christlichsozialen Volks- dienst und der Volksrecht-Partei getroffenen Abmachung ein Reichslistenmandat de« Christlichfozialen Volksdisnste» der Volts- recht-Partei zu. Das Mandat wird der Reichsführer der Volts- recht-Partei, Oberschulrat Bauser, Stuttgart , erhalten. Aus? Die bisherige Reichstagsfraktion der Wirtfchastspartei hält am Freitag im Reichstag -in« A b s ch i e d s s i tz u n g ab. in der sich die Fraktion nach einer nochmaligen Aussprache über die politische Lage und die künftige Stellung der Wirtschaftspartei im Reichstag auflösen wird. Dem neuen Reichstag gehört nur noch«in Vertreter d«r Wirtschastspartei, der Vorsitzende des Gastwirtsverbandes, K ö st e r, an.
568 zu 39. Rückgang des Fraueneinflusses im Reichstag. Obwohl die Zahl der Reichstagsabgeordneten erheblich zu- genommen hat. ist im neuen Reichstag ein weiterer Rück- gang des Fraueneinslusses zu verzeichnen, was in der Hauptsache darauf zurückzuführen ist, daß die stärkst« Partei, die Nationalsozialistisch« Deutsch « Arbeiter-Partei, überhaupt keine Frauen als Kandidaten aufstellt. Während dem letzten Reichstag noch 39 weibliche Abgeordnete angehörten, werden es im neuen Reichstag nur noch 36 sein. Hiervon entfallen auf d i« Sozialdemokraten 15, auf die Kommunisten 10, auf das Zentrum 6, auf die Deutschnationalen 3, auf die Deutsch « Volkspartei und auf die Bayerische Volkspartei j« 1.
Sin Mihtrauensanlrag gegen die Regierung Dollfu»� gestellt von den Großdeutschen im Nationalrat zu Wien , ist mit 81 Stimmen der Grohdeutschen und Sozialdemokraten sowie zweier Heimwehr - leute gegen 81 Stimmen der Christlichsozialen, des Landbundes und der 6 anderen Heimwehrler abgelehnt worden. Gegen das Slandrecht und die Hinrichtungen in Budapest , deren Opfer Fürst und Szallai wurden, hat der französische G e- sandte Graf Bienne auf telegraphischen Auftrag H« r r i o t» rechtzeitig, aber erfolglos protestiert!