Kr. 361• 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Mittwoch, 3. August 1932
KksenKeer der Not wächst. 700000 Gesuche auf Mietbeihilfe.— Waschkörbe voll Anträge.
Durch die Neuregelung, wonach Hauszins st euererlässe in Zukunft nicht mehr von der Steuerkasse, sondern vom Wohl- fahrtsamt bearbeitet werden, ist diesem eine überreiche Fülle von Neuarbeit geschaffen worden. Sowieso steckt man dort Hals über Kopf in der Arbeit, galt es doch, in einer reichlich kurz bemessenen Zeitspanne die Bedürftigkeitsfrage jedes einzelnen bisherigen Unter- stützungsempfängers nochmals mit schärfster Lupe zu prüfen und die neuen, abwärtsstrebenden Richtsätze zur Anwendung zu bringen. „Was unseren Beamten an Arbeit zugemutet wird, davon kann sich der Außenstehende überhaupt keinen Begriff machen", erzählt der Wohlfahrtsdezernent eines dichtbevölkerten, proletarischen Außen- bezirks:„in welcher körperlichen und seelischen Bersassung sich ein großer Teil dieser mehr als überlasteten Menschen befindet, davon wollen wir lieber gar nicht sprechen." Neben der Mehrarbeit bedeutet diese Neuerung jedoch auch be- trächtliche Mehrausgaben, die aus städtischen Mitteln ausgebracht werden müssen. Nach Schätzung des Stadtkämmerers A s ch beträgt dieser jährliche Mehraufwand für Berlin drei bis vier Millionen Mark. Man rechnet damit, daß in Berlin nicht weniger als 700 000 Gesuche auf Mietbeihilse bei den Wohlfahrtsämtern eingehen So sind beispielsweise bei einem einzigen Wohlfahrtsamt in den letzten Julitogen über 40 MO solcher Anträge eingegangen, deren Zahl sich aber täglich vergrößert: nach dem heutigen Stande der Erwerbs- losigkeit sind sich die Wohlfahrtsbehörden aber auch darin einig, daß mindestens 600 000 von diesen Gesuchen berücksichtigt werden müssen. Waschkörbe voll Anträge. Das bestehende Riesenheer von Wohlsahrtsunterstützten ver- größert sich durch die hinzukommenden Antragsteller auf Hauszins- steuererlaß um ein Gewaltiges. Jeder, der auf Erlaß der Haus- zinssteuer berechtigten Anspruch zu haben glaubt, hat sich jetzt an sein zuständiges Wohlfahrtsamt zu wenden, und die einlaufen- den Anträge haben längst nicht mehr auf den Schreibtischen Platz, sie werden in Waschkörben gesammelt. Ein Heer von Prüfern, in der Hauptsache ehrenamtlich tätige Helfer, ist nun an der Arbeit, mit Gründlichkeit, Gewissenhaftigkeit und dem nötigen menschlichen Verständnis für des einzelnen Notlage, seine Bedürftigkeit fest- zustellen. Sosern es sich um Personen handelt, die bereits Unter- stützung beziehen, sind die Akten ja bereits vorhanden und der An-
spruch auf Hauszinssteuererlaß begründet. Doch kommen zetzt alle jene hinzu— und es sind mehr als man glaubt—, die bisher die Wohlfahrt nicht in Anspruch genommen hatten, für die jedoch der Fortfall der erlassenen Hauszinssteuer eine wirtschaftliche K a t a- strophe bedeuten würde. Bei Prüfung all dieser neuen Fälle wird als Cinkommensminimum ebenfalls der augenblicklich geltende Unterstützungssatz zugrunde gelegt. Die Bearbeitung gestaltet sich sehr schwierig, da das..Einkommen" all dieser Menschen mebr ol« problematilcb i't traurige Fälic Da vermietet beispielsweise eine alte Dame den größten Teil ihrer Wohnung und vegetiert mit Hilse der erlassenen Hauszins- steuer und irgendwelcher kleinen privaten Unterstützung oder Pension so recht und schlecht dahin. Hat sie vermietet, dann geht alles noch gut: nun sinkt aber die Konjunktur des Zimmervermietens und gleichzeitig damit die Höhe der erzielten Mietpreise unentwegt, ein Zimmer nach dem anderen steht leer, und wenn es nun auch noch hieße, die volle Miete bezahlen, dann wäre eben Feierabend. Genau so geht es dem Künstler, der einmal in endlos langer Zeit ein Engagement mit winziger Gage ergattert und dann wieder lange, lange nichts. Es gibt noch eine große Anzahl solcher„Schein- existenzen", sie alle haben schließlich den Grad höchster Bedürftig- keit erreicht, trotzdem muß haarscharf geprüft, man kann fast sagen geschnüffelt werden, ob sich nicht vielleicht doch irgendwann und irgendwo ein kleiner, verborgener Zuschuß befindet. Die Wohlfahrtsprüfer— man nennt sie deswegen schon Wohlfahrtstechniker— müssen neben der völligen Beherrschung der ständig wechselnden gesetzlichen Materie, über allerhand psycholo- gilchen Scharfblick, andererseits natürlich auch über das nötige mensch- liche Verständnis verfügen Es ruht eine große Verantwor- t u n g auf ihrer Arbeit. Damit diese schwierige Arbeit richtig ge- leistet wird, veranstaltet das Landeswohlfahrtsamt von Zeit zu Zeit Schulungskurse, in denen die Kandidaten erstmal theoretisch m die gesetzliche Materie, dann durch eine praktische Prüfungszeit in die Praxis einaeführt werden: sie haben auch ein mündliches Examen durch Beantwortung von Kreuz- und Querfragen zu bestehen. Immer schärfer arbeitet der Prüfapparat, immer lauter übertönt seine Melodie den menschlichen Wehruf...
Gommer-Ausverkauf. Man könnte schon billig kaufen, wenn... Der diesjährige Inventurausverkauf soll die Höchstgrenze der Billigkeit erreicht haben.„Mein Gott, jeder Hut 3S Pfennige", staunt da eine Frau, und schon suchen ihre Hände in der Hut- Pyramide: der rote und der blaue sind für ihren Kopf ungeeignet, aber der dritte, der weiße, macht das Rennen. Ein Stückchen weiter, mit Restelager, geht es einfach lebensgefährlich zu. Wet ge- schickte Hände hat, kann sich hier für noch nicht mal eine Mark einen hübschen leichten Sommerstoff zum Kleid, Wollmusseline oder Kunst- seide, erstehen. Bei den billigen Strümpfen, Blusen, Wäschestücken und Handschuhen geht's nicht weniger lebhaft zu. Alles was Kleinst- preise aufzuweisen hat, ist begehrt, wird gekaust. Auch die billige Konfektion hat recht gut zu tun. es gibt da für SS Pfennig ein Sportkletd, das wirklich jeder tragen kann,„nicht mal so'n arger Fummel"— meint eine, die was davon versteht: wer 3,50 Mark anlegen kann, kriegt dafür schon ein gutes Wollkleid, und für etwas über das Doppelte kann man sich als Modedame einkleiden. Bon staunenswerter Billigkeit sind auch die Stoffmäntel, und wenn das Wörtchen„wenn" nicht wäre, man könnte sich für den Herbst wirk-
lich vorteilhast eindecken.- In den S ch u h l ä d e n ist wieder Groß- kampstag nach billigen Rest- und Einzelpaaren, dann nach den auf ein Minimum herabgesetzten, so sehr beliebten Sandalen. In der Wirffchastsabteilung der Kaufhäuser sieht die Hausfrau mit Schrecken, was ihr eigentlich fo alles fehlt und was sie doch so not- wendig brauchte. Aus der Provinz, wo der Jnventurverkaus schon vor zwei Wochen begonnen hat, kommen gute Nachrichten, und so ist bei aller Krisenstimmung auch die Berliner Kaufmannschaft wieder optimistisch. Jeder kaust eben soviel, oder besser gesagt, so wenig er eben kann. Im Vordergrund des Interesses stehen Mode- waren, billige Konfektion, Stoffe, Strümpfe und billige Schuhe.
Reichswehrgefreiter ertrunken. Am Dienstag vormittag ist der Gefreite Krüger von der l. Eskadron des Reiterregiments, in Potsdam beim Patrouillenschwimmen in der Havel ums Leben gekommen. Krüger befand sich mit Kameraden auf einem behelfsmäßigen Zelt- b a h n f l o h. Das Floß kenterte und Krüger, der ein guter Schwimmer war, wollte es wieder ausrichten. Plötzlich versank er vor den Augen seiner Kameraden in der Havel . Die Leiche wurde noch nicht gesunden.
�wei Tragödien. Zm Südwesten und Nordosten der Stadt Als gestern abend der Kaufmann Adolf Manegold in seine Wohnung in der Gneisenaustraße 89 heimkehrte, machte er eine furchtbare Entdeckung. Im Schlafzimmer fand er seine 33 Jahre alte Frau Emma und sein fünfjähriges Söhnchen Alexander e r- schössen auf. In einem Abschiedsschreiben bittet die Frau ihren Mann, ihr den Verzweiflungsschritt zu verzeihen. Das Motiv zur Tat selbst ist noch in Dunkel gehüllt. Da aber Frau Manegold schwer nervenleidend war, ist die Tat vielleicht in einem Nervenanfall zu suchen. Der Kaufmann M. hat in der Wilhelmstraße ein Geschäft. Nach- mittags telephonierte er noch mit seiner Frau und nichts ließ im Verlaufe des Gesprächs auf das furchtbare Vorhaben der Unglück- l lichen schließen. Es scheint, daß Frau Manegold schon bald nach dem Telephongespräch mit ihrem Manne zur Waffe gegriffen hat. Ihr Kind tötete sie durch einen Kopfschuß und dann brachte sie sich selbst zwei Kopfschüsse' bei, von denen einer tödlich war. Mtsechaster Selbstmord eines jungen Ehepaares. Die Motive der zweiten F a m i l! e n t r a g ö d i e, die sich im Hause Rüdersdorfer Straße 23 abspielte, sind gleichfalls noch un- geklärt. Dort wurden gestern abend in ihrer Wohnung der 28 Jahre alte Telegraphenarbeiter Bruno Merz und seine 22jährige Frau Hertha durch Gas vergiftet tot aufgefunden. Die Lebensmüden hatten das Schlafzimmer abgedichtet und an der Tür einen Zettel mit der Aufschrift:„Vorsicht Gas!" befestigt. Als die Tragödie entdeckt wurde, war es bereits zu spät und die Bemühungen der Feuerwehr waren vergeblich. In zwei an die Angehörigen gerichteten Ab- schiedsbriefen machten die Lebensmüden lediglich davon Mitteilung, daß sie gemeinsam aus dem Leben scheiden. Der Grund zu der Ver- zweiflungstat ist jedoch völlig unerklärlich, da Merz Arbeit hatte und das junge Ehepaar sehr lebenslustig war. Die Ermittelungen der Kriminalpolizei sind noch nicht abgeschlossen. Zuchthaus für Gteinfetzmeister Keller. Nachspiel zu der Tempelhofer Bestechungsaffäre. Die Große Ferien st rafkammer des LandgerichtsII unter Vorsitz von Landgerichtsdirektor Schmidt verwarf nach ein- gehender Beweisaufnahme die Berufung des Steinsetzmeiftcrs Emil Keller aus Stahnsdorf gegen das Urteil des Schöffen- gerichts Schöneberg , durch das er wegen Verleitung zum Meineide zu 1 Jahr 3 Monaten Zuchthaus verurteilt worden war. Das Gericht hielt es für erwiesen, daß Keller seine Sekretärin vor ihrer eidlichen Vernehmung zweimal aufgefordert hatte, zu ver- schweigen, daß er sein Preisangebot auf die Ausschreibung des Bezirksamts Tempelhof nochmals zurückgeholt, die Zahlen verändert und dann zum zweitenmal hingebracht hatte. Dieser Fall hing zusammen mit der B e st e ch u n g s a f f ä r e beim Bezirksamt Tempelhof, über die wir berichteten. Keller ist bereits in zweiter Instanz wegen Bestechung städtischer Ingenieure zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Aus beiden Strafen bildete die Strafkammer gegen Keller eine Gesamt st rase von 1 Jahr 4 Monaten Z u ch thaus. Die Untersuchungshaft wurde angerechnet, der Haftbefehl gegen Keller aber aufrechterhalten. polizei-Llrlaubssperre aufgehoben. Nachdem nach der Reichstagswahl in Berlin die Ruhe und Ordnung durch keinerlei Ausschreitungen von radikaler Seite gestört worden ist, ist ebenso wie die hoch st e Alarmbereitschaft der Schutzpolizei auch die U r l a u b s s p e r r e für die Beamten aufgehoben worden, die während des Ausnahmezustandes und wegen des Wahlkampfes verhängt worden war. Es wäre zu wünschen, wenn den Polizeibeamten, denen noch zum Teil dienst- sreie Tage als Anerkennung für die bei den früheren Wahlen ge- leistete Mehrarbeit zustehen, nach den Anstrengungen der letzten Wochen nunmehr wieder leichterer Dienst vergönnt wäre.
Wökrle
IauHus.
Pater Pirmin trinkt seinen Humpen Hambacher Blut aus. Man hört jeden einzelnen Schluck, so still ist's im Pfaffen- keller geworden. Erst als der Uli Wüst neu eingeschenkt hat, tastet sich der Schulzheiri mit einer Frageangel heran. „Mir will es scheinen, Bruder Messeleser, du seiest gestern in deinem Gespräch gar nicht so offen ein Freund deines Hus gewesen!" „Gestern, Holzbein, war's auch ganz was anders!" „Wieso?" „Begreifst du nicht, Holzbein, gestern lebte er noch!" Schulzheiri leuchtet diese Begründung nicht ein. Bevor er jedoch dazu kommt, seine Nase zu einer Entgegnung von der Weinmücke zu heben, die im Becher ihre letzten Ruder- schlage macht, mischt sich noch einmal dze Stimme des alten Kämmerers ein:„Eine Frage im Vertrauen, frommer Vater! Da deine gute Meinung für diesen von der Kirche gerichteten Hus soweit geht, daß du ihn aus eigener Macht unter die Heiligen versetzt hast, sage, für den Fall, daß seine Lehr- Meinung gesiegt hätte, würdest du in seinem Reiche haben leben wollen?" Der Pater muß erst einen Schluck nehmen, eh er zur Antwort ansetzt, dann noch einen und noch einen. Nachdenk- lich wischt er sich hernach die Lippen. „Nein!" sagt er schließlich stockend.„Ich hätte in seinem Reich nicht leben wollen!" „Warum nicht, frommer Vater?" „Weil er Ernst machte!" Pater Pirmin, der sonst allzeit so fröhlich, ist bei diesem Aufschrei so bleich wie das Stück Appenzeller Käse, das ihm der Uli Wüst eben auf zinnernem Teller mit einem großen Ranft Stadtbrot anbringt. Zuviel wird ihm heut schon in den Bettelsack geworfen. Wein her. noch ein Hambacher Blut, daß ihm leichter wird! Er vermag die Last bald nicht mehr zu ertragen!
33. Von wandernden Gänsen überschrien, wie ein Eiland im Meer, schwimmt die Stadt in den Nebeln der Nacht. Längst blies der Türmer die Mllnsterwacht, längst klirr- ten Tore und Porten zu. Nichts blieb übrig vom Trubel des Tags und von seinem Getu und Gelärm, vom tausendmenschig bewegten Schwall und Geprall, als hie und da ein Wächter- schritt. Wie zeitverlorener Widerhall klirrt der Eisenschuh durch die toten Konstanzer Gassen. Einem übermüdeten Menschen gleich ist die Stadt in Schlaf gesunken. Wo blieb der fröhliche Abendschwarm? Wo der Becherklang und der Sang aus den Stuben? Wo das Gelächter und Gekreisch der Dirnen? Unversehens, gleichsam ohne Uebergang, ist die Stadt in Starre und Schlummer ge- funken. Sie könnte ein Kind sein, so ruhig und unbeschwert geht ihr Atemzug, sanft wie der Aufschlag des Sees an den Mauern des Ufers hin. Am ruhigsten schlafen die frommen Väter der Kirchen- Versammlung. Die schwere Last des Konzils ist für Stunden von ihren Schultern genommen. Kein Alp bedrückt sie, kein Scheiterhaufen. Durch den Feuertod des böhmischen Ketzers hat sich die schwierige Lage der Synode um vieles gebessert. Was bisher unsicher, oerwirrt und schwankend war, scheint fest und im Senkel. Unerschüttert steht Petri Felsen. Jetzt, wo der Fall Hus aus der Welt geschafft ist, die verderbliche Irrlehre mitten ins Herz getroffen, schlafen sich die Haupt- leute und Generale der Kirche Kraft an zur nächsten drängen- den Aufgabe, zur Beseitigung des unheilvollen Schismas. Auch der König schläft herrlich. Jede Minute seines Herrschertages war gefüllt bis zum Rand, Ungutes und Gutes wirr durcheinander. Sigmund hat einen prächtigen Traum; er lacht. Doch nicht die junge rundschenklige Französin lacht er an, nicht ihr weißes Gesicht, das wie eine Kirschblüte leuchtet, nein, der König lacht eine dunkle, ebenholzene Truhe an. Wenn er den schweren, nägelbeschlagenen Deckel hebt, glänzt es metallen aus der Tiefe heraus. Ein Haufe Silber und Gold glänzt ihn an. Kein Wunder, daß Sigmund lacht. Es ist ihm gelungen, aus schnödem Pergament Geld zu machen. Die Verschreibung der Ordensritter hat sich ihm zu blinkenden Schildtalern gewandelt. Nun strömt ihm die sil- berne Fülle von allen Seiten zu. Er muß sich dagegen wehren, so sehr berollt ihn rundum das Gold... Noch eine Seele in Konstanz träumt diese Nacht von Geld, von vielem Geld. Das ist Herr Johann von Schwarzach,
der Bürgermeister der guten und getreuen Stadt. Doch ihm wird kein Geld gebracht, im Gegenteil, ihm wird es weg- geholt. Tausend griffige Hände sind da und reihen es ihm aus Pranke und Kasse. Die Schmiedebullen sind da und wollen das Geld für die Sperrketten haben. Der Zahlmeister schreit um den Sold für die Stadtwappner. Ja, ganz zum Schluß steht hemdsärmlig, blutbesprenkelt der Henker mit seinen drei Knechten vor Herrn Johann.„He!" sagt er und funkelt den Bürgermeister aus seinen Fettschlitzen an,„wie stehts mit dem Gewandgeld?"— Herr Johann von Schwarzach macht sein Karpfenmaul:„Gewandgeld? Was ist das?"—„Das Geld für all das schöne Zeug, das wir auf Befehl des Truchseß und des Vogts mit dem Ketzer verbrannt haben! Zwei schwarze Röcke, einen Gürtel, mit vergoldetem Silber beschlagen, zwei gute Messer und das böhmische Geld, das er im Säckel hatte!"—„Wie komm ich dazu, das zu bezahlen?"—„Weil es Henkersgut ist!"— Ach was, es fällt Herrn Johann nicht mal im Traum ein, die vermaledei- ten Brandkösten durch eine Sonderzahlung an Ammon Weikli noch zu erhöhen. Der Henker jedoch gibt sich mit der Ab- Weisung nicht zufrieden. Nein, voller Zorn packt er Herrn Johanns schwarzen Bart mit solcher Macht, daß der Bürger- meister schreit und also schreiend in einen neuen Traum läuft, Hilfe suchend bei Hans Hagen, dem Vogt. Der Mann mit dem ledernen Iagdhundgesicht hat keine Kraft zu Träumen. Wie einer, der im Rausch liegt, be- schnarcht er die vier nackten, gekalkten Wände seines Bett- raums. Er schläft den schweren, tiefen Schlaf der Erschöpfung. Er war diesen Tag der meistbeschäftigte Mann in Konstanz . Wohl hat dank seiner Vorsorge alles geklappt. Kein wilder Auflauf, keine Zusammenrottung, kein Sturm durch die Böhmen . Die Sache mit den Sperrketten und der rücksichts- lose Einsatz der Hellebarden-Enden hat sich glänzend bewährt. Das zudringliche Gesindel ist sehr rasch in seine Schlupfwinkel zurückgedrängt worden. Der Vogt könnte also froh und munter sein, um so mehr, als es seinem Geheimdienst ge- lungen ist, den Einbruch in die städtische Pfandkammer über- raschend schnell aufzuklären. Der langfingrige Ritter vom End ist ausgekundschaftet und sitzt bereits wohlverwahrt hinter Schloß und Riegel. Ein schwerer Schlag für den Grimmen- steiner, der ihm den Hals und die Burg kosten wird. Der Mitdieb des Junkers, sein Knechtlein Georg, entrann zwar im Getümmel der Festnahme nach dem Hafen und sprang flugs hinauf auf ein Schaffhauser Schiff. Aber er kam nicht weit.(Fortsetzung folgt.)