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Nr.365 49. Jahrgang

1. Beilage des Vorwärts

Berlin will Sozialismus

Freitag, 5. August 1932

erforderlichen Kuchen, dann gabs noch ein Paar Extrawürstchen für jeden.

Die jugendlichen Urlauber am Wannseegelände sind in ideeller wie auch in materieller Beziehung besonders gut dran; sie haben auf der einen Seite den prachtvollen Badestrand, den ja leider keiner

Reichstagswahl und Stadtparlament.- 28 Prozent gegen 55 Prozent der anderen Außenspielpläge aufzuweisen hat, und auf der anderen

Unmittelbar im Anschluß an die Reichstagswahl hat in der Ber­ liner Presse das Rätseiraten darüber eingeseßt, wie sich dieses Wahler­gebnis auf die Zusammensetzung der Berliner Stadtverord natenversammlung auswirken würde. Insbesondere die Rechtspresse ist hierbei eifrig an der Arbeit gewesen, zumal fie ja gleich nach dem Reichseingriff in Preußen die Frage der Neuwahl der Gemeindevertretungen in die Debatte geworfen hatte. Wir haben uns abfichtlich an dem Spiel, die Reichstagswahl zahlen auf etwaige Stadtparlamentswahlen umzurechnen, bisher nicht beteiligt. Denn einmal wird die Gemeindepolitik nicht aus­schließlich von den örtlichen Vertretungsförperschaften beeinflußt, sondern ebensosehr und unter Umständen noch stärker von der Politik des Reiches und des Staates. Bir Sozialdemokraten wissen, daß es bei jeder Reichs- und Landtagswahl zugleich auch um das Schicksal der Gemeinde geht. Auf diese Verbundenheit haben führende Berliner Kommunalpolitiker vor der Wahl im Vorwärts" mit allem Nachdrud hingewiesen.

In der Rechtspresse wird der Anschein zu erwecken versucht, als ob die Wahl in Berlin irgendwelche sensationelle Ueberraschungen gebracht hätte. Das nationalsozialistische Blatt der Berliner Gosse hatte die Darstellung des Wahlresultats großspurig mit Berlin ist nationalsozialistisch!" überschrieben. Soweit sind wir glücklicherweise denn doch noch nicht! Wenn man die abgegebenen Stimmen schema­tisch umrechnet auf Stadtverordnetenmandate( wie diese Blätter es ja tun), so ergibt sich zunächst eine Vergrößerung der bisher schon vorhandenen fozialdemokratisch tommunisti schen Mehrheit: 62 GPD.+62 KPD . bei 225 Mandaten gegenüber zur Zeit 65+ 54(+ 1 GAP.). Der berühmte Einbruch in die marristische Front ist also in feiner Weise gelungen.

Berlin ist so wenig nationalsozialistisch wie femals zuvor. 28 Proz. Nationalsozialisten

stehen 55 Proz. Margiften gegenüber. Das Bild hat sich für die Nationalsozialisten sogar verschlech tert, da bei der Landtagswahl denselben 28 Proz. nur 52 Broz. gegenüberstanden.

Die Wahlbeteiligung der Berliner war faftisch diesmal stärker als bei der Landtagswahl, es wurden zwar etwas über 100 000 Stimmen in Berlin selbst weniger abgegeben, dafür aber über 300000 Stimmfcheine ausgestellt. Jedenfalls erflärt fich mindestens ein Teil des Stimmen rüdganges aus dieser Zatfache.

Man kann nur eins feststellen

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und das ist allerdings unum­stößlich sicher: Ein neugewähltes Stadtparlament würde genau wie Landtag und Reichstag zur Arbeitsunfähigkeit verurteilt sein, solange die Kommunisten jede verantwortungsbewußte tom­munalpolitische Arbeit ablehnen. Denn solange ist eine praktische Auswertung der sozialdemokratisch- kommunistischen Mehrheit nicht möglich, und an ihre Stelle tritt eine Oppositionsmehrheit, zu der mindestens 65 Nationalsozialisten, 19 Deutschnationale und 62 Kommunisten gehören würden. Auf der anderen Seite ist keine Mehrheitsbildung mehr rechts oder in der Mitte möglich, denn alle bürgerlichen Parteien von den Nationalsozialisten bis zur Staats­partei würden nur noch 102 Stimmen von 225 haben, die bisherigen Etatsparteien sogar nur 79. Der Sieg" der Nationalsozialisten, ihre Aufsaugung der bürgerlichen Mittelparteien und ihre Ab­faugung der Deutschnationalen, bei gleichzeitiger Verstärkung der margistischen Front, hat kein anderes Ergebnis, als die parlamen­tarische Arbeit immer mehr zur Unfruchtbarkeit zu verdammen.

Man kann es bei dieser Sachlage verstehen, wenn die Fanfaren­rufe nach Auflösung der Gemeindeparlamente zum mindeſten in Berlin in gedämpften Trommeltlang übergegangen sind.

Es bleibt nun noch die gerade jetzt wieder unverholen aus gesprochene Absicht, durch eine Neuwahl wenigstens die in nächster Beit fälligen Stadtratswahlen in der Zentrale wie in den Bezirken zugunsten der Reaktion zu beeinflussen. Man setzt dabei die bisherige törichte Abstimmungspolitik der Kommunisten ohne weiteres als sicheren Faktor in die Rechnung ein. Gleichwohl könnte man sich selbst dann böse in die Finger schneiden, denn schon eine ganz geringe Stimmenverschiebung bei Kommunalwahlen, die doch mindestens höchstwahrscheinlich ist, wirft die ganze spizfindige Rech nung über den Haufen, und zwar sowohl in der Zentrale mie in den Bezirken. Es sei nur der Vollständigkeit halber angeführt, daß in nicht weniger als 12 Bezirken eine sozialdemokratisch- kommu­nistische Mehrheit, in 7 Bezirken eine Mehrheit der bisherigen Etatsparteien schon jetzt bestehen würde. Die Sozialdemo­tratie würde also jedenfalls Neuwahlen in feiner Weise zu fürchten haben, und sie fann ruhig abwarten, ob sich die Anregun­gen" der Rechtspresse und der Nationalsozialisten etwa zu einer der in letzter Zeit üblichen ultimativen Forderungen" an die Regie: rung verdichten sollten. Sie weiß: Beim poreiligen Griff nach der Macht hat schon manch einer in Dornen gegriffen oder in Eiserne Pfeile!

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Die Schule geht wieder an.

Gestern Ferienschluß/ ,, Urlauber"-Züge zurück/ Abschiedsfest am Wannsee

Gestern war Schluß der großen Sommerferien für die| direktor in weißen Handschuhen, Zylinder und Badehose, der Clown Berliner Buben und Mädel. Heute heißt es wieder fleißig zur Schule gehen!

Auf allen Bahnhöfen tamen in diesen Tagen die kleinen Ur­lauber von den verschiedensten Erholungsstationen zurüd. Auf dem Schlesischen Bahnhof kommen die Ostpreußenreisenden, auf dem Stettiner Bahnhof die Besucher der Ostsee , auf dem Anhalter Bahn­ hof die Urlauber aus Sachsen , Bayern und Desterreich an. Braun­gebrannt und rotbädig marschieren die Riesenkolonnen von 800 bis 1100 fleinen Ferienreisenden in Berlin ein, von Bater, Mutter und Geschwistern freudigst in Empfang genommen.

Für die Vielen, Allzuvielen, denen nicht das große Glüd einer Erholungsreise lachte, bot sich auf den großen Berliner Außen Spielplägen Gelegenheit zur Erholung und Kräftigung. Gestern herrschte Abschiedsstimmung in der Wuhlheide und im Blänterwald, im Grunewald , im Bucher Forst und am Wannseegestade. Man schmüdte den Blag mit Fähnlein und bunten Papiergirlanden und lud die Eltern zur Abschiedsvorstellung ein.

Kinder Zirfus gibt Abschiedsvorstellung. Die 300 jugendlichen Wannsee - Kolonisten des Bezirkes Tier­garten hatten auf ihrem Spielplatz einen prächtigen Freiluft girtus aufgebaut, mit allem, was dazugehört. Da war das Birfusorchester gebildet aus den Rettungsengeln der Wannsee fluten, den Bade- und Schwimmeistern da war der Herr 3irtus­

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und das Fräulein, die tänzelnd und hold lächelnd die Nummern­tafel über die Bühne trägt. Dann rollte ein Programm ab, das an Größe und Buntheit schon mirklich einer richtigen ,, Gala Elite vorstellung" glich. Zuerst sangen und tanzten die allerjüngsten Künstler ein niedliches Ringelreihenlied, dann gab es einen launigen Dialog à la Bille zwischen ihm und ihr", dann präsentierte sich die männliche Sportmannschaft. Ganz mie die Alten aus der Manege zeigten fie die kompliziertesten Kabolzsprünge, Luftrollen, Handstände und andere turnerische Spezialitäten. Im nachfolgenden Troden schwimmaft führte der Wannsee - Schwimmeister seine jüngste Schülerschaft vor, die während der Ferien unentgeltlich Schwimm­unterricht erhielt und dicht vor dem Freischwimmen steht. Die Klids Klads Girls, braungebrannt und höchstdekolletiert, erwiesen sich als hoffnungsvoller Nachwuchs der Josefine Baker . Dann gab es noch allerlei Ult, und zum Schluß stieg ein Märchen­spiel Rübezahl am Wannsee 1932", in dem es von Feenfindern, bösen Jungens und prächtig kostümierter Statisterie nur so mim melte. Als Lohn für die hübschen Darbietungen gab es eine bes sonders wohlschmeckend ausgebaute Kaffeetafel für die Künstlerschar, zu deren Gelingen alle Wannseeonfels etwas beige­steuert hatten. Bater CIajus stiftete aus seinem Fonds für Kinder­fpeifung jedem eine Riesentüte, gefüllt mit Schokolade, einem hüb­schen Buch, Photographien vom Ferienleben am Bannsee und noch anderen netten Ueberraschungen; der Bächter des Restaurants lieferte Kübel voll Gratisspeiseeis, eine prima Schokolade samt dem

Seite wird ihr Essen an Ort und Stelle, im Wirtschaftsbetrieb des Wannseebades gefocht, und es entsteigt den Kochtöpfen da eine be­fonders fräftige Hausmannstoft. Der Erfolg bleibt denn auch nie aus, durchschnittlich ist die Gewichtszunahme etwa 4 Bfund pro Kind, es gibt aber auch Gewichtszunahmen von 8 bis 10 Pfund zu verzeichnen.

Verbrecherjagd in Stettin .

Feuergefecht von Auto zu Auto.

Steffin, 4. Auguft.

3m& affenraum der hiesigen Reichsbantfiliale machte sich heute ein Mann dadurch verdächtig, daß er wiederholt Kaffenboten, die den Bankraum verließen, nachging und sie beob­achtete. Vor der Reichsbantfiliale wurde die Polizei auf das ver­dächtige Treiben aufmerksam gemacht. Als ein Polizeibeamter zur Festnahme schreiten wollte, gab der Verbrecher einen Schuß ab, Dann zwang er einen Tarichauffeur mit vorgehaltenem Revolver, durch den ein Straßenpafiant schwer verlegt wurde. ihn zum Bahnhof zu fahren. Ein Ueberfallkommando nahm die Berfolgung der Tage auf und versuchte, sie durch Revolverschüsse zum Halten zu bringen. Zwischen dem Ueberfallkommando und dem Flüchtling entspann sich ein regelrechtes Feuergefecht, bei dem der Flüchtling so schwere Schußverlegungen erlitt, daß der Tari­chauffeur feinen Wagen anhallen und den Infaffen verhaften laffen fonnte. Durch eine abirrende Kugel des Verbrechers war ein Be­amter der Wafferpolizei schwer verletzt worden. Die Personalien des Verhafteten konnten noch nicht festgestellt werden.

Blizz steckt Wohnhaus in Brand.

Gewitter und Blizeinschläge.

Eine schmale Gemitterfront zog gestern am frühen Nachmittag über Berlin hinweg. Kurz nach 14 Uhr fam dices Gemölf von Süden herauf, und bald prasselte ein regelrechter Wolkenbruch nieder. Am schlimmsten mütete das furze Unwetter an der füdlichen und südwestlichen Peripherie der Stadt. Besonders zwischen Pichelsdorf und Wannsee fam es zu häufigen elektrischen Entladungen. Mehrmals schlug der Bliz ein, doch handelte es sich meist um falte Schläge, die feinen nennenswerten Schaden anrichteten. Nur in einem Falle zündete der Blizz und setzte in Kladom an der Havel das Dach eines massiven Wohnhauses in Flammen. Das Feuer griff schnell um sich und die alarmierte Feuer­mehr mar längere Zeit mit den Löschmaßnahmen beschäftigt. Das Haus ist nicht nur durch den Brand, sondern auch durch den sehr starten Luftdrud im Augenblick des Einschlages erheb lich beschädigt worden.

Der Beauftragte" der Sparkasse.

Alte Leute als Opfer eines Betrügers.

Ein Betrüger treibt gegenwärtig in Groß- Berlin fein Un­mesen. Der Schwindler hat es hauptsächlich auf alleinstehende alte eute abgesehen. Er gibt sich fälschlich als Beauftragter der Spartasse der Stadt Berlin aus und teilt den Sparfunden mit, daß fie auf ihre Aufwertungsguthaben namhafte Beträge nach­gezahlt erhalten sollen. Er stellt eine baldige Auszahlung dieses Geldes in Aussicht, wenn ihm eine ,, Kündigungsgebühr" in Höhe von etma 20 m. sofort ausgehändigt wird.

Schwindler die geforderte Summe gezahlt. Die Sparkasse der Stadt In zahlreichen Fällen haben die gutgläubigen Sparer dem Berlin sendet ihren Sparfunden nur in Ausnahmefällen Beauftragte ins Haus, die sich ohne weiteres durch amtlichen Ausweis ausreichend legitimieren. Die Sparer werden in ihrem eigenen Interesse ge­beten, sich Personen gegenüber, die sich als Beauftragte der Spar­fasse ausgeben, ohne sich einwandfrei zu legitimieren, unbedingt ab­lehnend zu verhalten und, wenn irgendmöglich, für die sofortige Festnahme dieser Personen Sorge zu tragen.

Explosionsunglück in italienischer Fabrik.

Turin , 4. Auguft.

In einer hiesigen Metallfabrif ereignete sich ein schweres Unglück. Aus noch nicht festgestellter Ursache explodierte ein Rompressor für flüssige Luft; dadurch wurden vier Ar­beiter getötet und drei schwer verletzt.

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JUNO

Die Juno in Ihrer Hand

beweist, daß Sie Qualitätsraucher sind!

Wer also auf beste Tabake und volles Format Wert legt und immer sicher sein will, frische, köstliche

Cigaretten zu erhalten, greife zu

Juno.

Gerade weil Josetti wohlbedacht auf Zugaben in Form von Wertmarken, Gutscheinen und Stickereien verzichtet, bleibt Juno

immer ein Beispiel deutscher Wertarbeit.

Joselli

JUNO

Q/ M.PUNG

KON UNON

6 STUCK 20%