Selbstverständlich wäre er am liebsten Schifssjunge auf einem der großen Segelschiffe der Reederei von F. Laiß in Hamburg gs- worden. Die hatte noch die letzten der Mohikaner in Betrieb, „Pamir" und„Parma ", prachtvolle Segler, die, wenn es wieder einmal losging, wie glänzende Delphine über die See ritten; die anderen waren Schulschiffe geworden. Die wenigen Vier- und Fünf- master wurden ja im Laufe der Zeit alle mehr zu Dekorationsstücken einer verlorengegangenen Romantik, die mehr in seekranken Romanen spukt, als daß sie wirklich im Handwerk der Seeleute zu finden ist. Wenn man in dem Dreck steht, den man für ein paar Groschen forträumen muß, um etwas für den Bauch zu haben, macht sich das fragliche Abenteuer eines harten und schweren Berufes viel weniger romantisch und heroisch aus, als das professionelle Landratten und vor allem vierzehnjährige Novizen glauben wollen. Allerdings sieht die Welt vom Fockmast ein wenig anders aus als aus dem Bullauge des Kohlenbunkers. Man wird auf Wind und Wetter gut aufpassen müssen und ist den ewig unruhigen Elementen eine gute Nasenlänge näher. Wenn man beim Segelbrassen noch das Herz auf der„Großen Freiheit" zu liegen hat, wird man vom Mast gewischt, türmt 5l) Meter topabwärts und liegt dann wie ein Blutkloß auf den Brettern. Also aufpassen! Doch das Leben auf den Dampfern, auf denen man sich mehr zu den Schauersleuten denn zu den Matrosen zählen kann, ist auch keine Lebensversicherung. Kein Mensch geht gern aufs Schiff, es sei denn, daß einem die Braut mit einem Marzipanreisenden durchgebrannt ist und was ähnlich unvorhergesehene Dinge mehr sind. An derlei Dinge ist man mittlerweile gewöhnt worden, es gehört nun mal mit zum Beruf, sich monatelang maßlos auf die Heimkehr zu freuen, um dann in Hamburg als Trauzeuge bei der Hochzeit der ehemaligen, mitunter etwas ramponierten Angebeteten erwartet zu werden. Man schimpft erst ein wenig aus sie, mit einer hundeschnäuzigen Gleichgültigkeit („Pph, alle Tage krieg ich solche"—), dann auf den Lümmel, rasiert ihn mitunter ein wenig mit den Fäusten und ist froh, daß man den Aerger raus hat. Das ist so für gewöhnlich der Gang der Gescheh- nisse. Man poltert auch über das Schiff, den verrückten Kapitän, da» Essen , aber auf dem Lande sestwachsen will man nicht. Wenn man ein paar Tage Allotria in den Haienkneipen, Bars, Varietes oder die wenigen Stunden Freiheit bei Weib und Kind hinter sich hat, packt man die Kiste oder den Segeltuchsock und geht mehr oder weniger wehmütig auf seinen Kasten. Wenn man aus irgendeinem Grund« kneifen will, wird man geholt, also geht man lieber. Nun, unser Kien, ein rothaariger, sommersprossiger Bengel, ist nicht gerade von illegitimen Agenten„oershanghoit" worden. Es ging einigermaßen ordentlich zu. Der Heuerbas, der ihn auf Empfehlung eines pensionierten Großonkels für, den auf der Werft von W. Hamilton u. Co. in Port Glasgow erbouten Dampfer „Sirius" gekapert hotte, verbarg hinter seinem zugewachsenen Bull- beißergesicht einige Grad Warmherzigkeit und aufrichtige Anteil- nähme für unseren Kien. Die Mutter, die mit verweinten Augen den blauen, steifgebügelten Konfirmationsanzug. Seestiefel, Wäsche, Pulswärmer, Manschettenknöpfe, Rasierzeug(!s und was Mütter mehr einem aueziehenden Sohne einzupacken pflegen, in den nagel - neuen Segeltuchsack oerstaut hatte, wollt« ihn nicht ziehen lassen. Das Unglück des Dampfers„Waldemar Rodemocher" unter Kapitän E. H. Janssen, auf dem ihr Mann, Kiens Vater, sieben Jahre fuhr, und der mit sieben Mann Besatzung, dem Schiffshund Kollo und 14i54 Tonnen Kohle im Kampf mit einem orkanartigen Sturm in der Nordfee versackt war, brannte einen wahrenden Schmerz m ihre Seele. Am 1. Dezember 1909 lief der„Waldemar Radsmacher", der der Firma F. W. G Lehmann in Hamburg gehörte und dort an der Börse bei einer Taxe von 22? 000 Mark voll versichert war, von Leith aus und mochte sich aus den Weg nach Hamburg . Nach Mitteilung des Lotsen James Wiche war der Dampfer um 4 Zoll überladen. In der Zeit vom 7. bis zum 8. Dezember sprang der Sturm auf Windstärke 10 und brüllte, daß Wasser und Himmel zusammenschlugen. Als das Schiff nach vier Monaten nicht zurück- gekehrt war, wurde es auf Grund des Absatzes 1 des Z 862 des Handelsgesetzbuches für verschollen erklärt. Die tragisch« Todes- gefchichte des Dampfers ist in den„Entscheidungen des Obersee- amtes und der Seeämter", Seeomt Homburg, Ermittlungen vom 13. Mai 1910, nachzulesen. Kien hatte seinen Vater gar nicht kennen gelernt. Er war im Dezember l909 gerade zwei Monate alt. Aber nachdem Hamburg und die mütterlich« Liebe einen einigermaßen ordentlichen Kerl aus ihm gemacht hatten, las er, was der Vater au» Bataoia, Bombay, Santiago, Marseilles , aus allen Häfen der Welt an die Mutter geschrieben hatte. Da war es ihm, als wenn ihn ein vielfarbiger, nach Tang, Brackwasser und Teer duftender Wind aufgriff und ihn in die Welt schleuderte. Ein ganzes Orchester fremder Sprachen hüpfte ihm durch die Ohren. Das Herz wurde zu einer fliegenden Fahne und alle fernen Länder grüßten ihn im Traum. Mit Schoner, Briggs, Borken , Viermaster, großen Ueberseern lief er um die Weite, und wenn er am Morgen aufwacht«, stand eine große Sehn- sucht in ihm. Wer zumal in Hamburg aufwächst und ein rechter Sohn dieser schönen Stadt ist, kennt die hahnebüchenen Abenteuer der Likedeeler- fürsten Klaus Störtebeker und Godeke Michels , der verträumten Weltentdecker und kühnen Seefahrer wie die Flaggen aller see- fahrenden Nationen besser als das große Einmaleins. Wenn Man noch dazu am Stadtdeich wohnt, nahe dem Sandtorhafen, riecht man die See mit allen Poren seiner Haut. Man hört, wie der Atem der Welt schnauft und rasselt, und weiß auf einmal, wenn man in die Jahre kommt, selbst losziehen zu dürfen, daß das dürftige, in Zahlen und Unterscheidungen eingesangene Wissen von dieser Welt nur«in ganz geringer Teil der wirklichen Größe und Schönheit ist. Fast jeden Tag ist unser Kien mit gleichaltrigen Kvys über die Rampen, Piers, Kays, durch die Speicher und Schuppen getigert. Man durfte sich dabei nicht kriegen lassen, denn die Wächter und Hafenarbeiter schreiben eine gute Handschrift. Aber hier, im brodelnden Getriebe des Hafeps, der die Ernte der ganzen Welt in seinen stählernen Armen hielt, die paradiesische Vielfältigkeit der schönen Erde: argentinisches Getreide, westindische Bananen, Süd- fruchte aus Spanien , afrikanischen Kaffee, Baumwolle, Tee aus Sumatra — hier stand auch das Sprungbrett, das ihn in die Un- gewißheit eines ständig von Gefahren umdrohten Berufes schleudern sollte. Auch hatte er sich schon einmal, kaum zwanzigjährig, auf einem breitklotzigen Holländerschiff, das nach Niederländisch Indien gehen sollte, einschleichen wollen. Bis unters Deck kam er, aber zu seinem Unglück kontrollierte noch einmal der Bootsmann die Ladung. Da wurde Kien entdeckt, der wie ein verängstigtes Hündlein zwischen den Ballen lag. Der Bootsmann war saugrob, zog ihn an beiden Ohren aus der Luke. Dann gab es ein paar rechts und links ge- knallt, daß die Sterne pfiffen, und los gings, hops wieder denselben Weg retour. Wer daß aus ihm kein Flickschuster oder Bankkomnns, sicherlich «Urbare Berufe, geworden wäre, war vorauszusehen. Wenn er an
die See dachte, die so seltsam aufrührerisch in seinem Herzen rauschte, und die Namen der unzähligen Hafenstädte vor seinen Augen wie bunte, flammenfüßige Stern« tanzten, stieg ihm das Blut in den Schädel. Dagegen war die etwas zweifelhafte, aber sonst doch ganz gesunde Kondition auf dem dummerweise übel be- leumundeten Dampfer„Sirius", der Stückgüter für Valparaiso ge- laden hatte, gerode die beste Medizin. Kien war von strammer Figur. hotte Hände, die zupacken konnten und war anstellig genug, den, wie schon gesagt, etwas undefinierbaren Dienst eines Schiffsjungen, also einer Art Mädchen für alles, übernehmen zu können. Am S. April 1923 stieg der„Sirius" aus den Pantofeln in das Seezsug, Hieole den Anker und dampfte elbabwärts, um in die freie Luft zu kommen. Kien, nun frischgebackner Schiffsjunge, wurde der Obhut und erzieherischen Gewalt des Bootsmannes Josua und des fettwanstigen Kochmoates Pumpe übergeben, die beide an ihm Vaterliebe ver- treten sollten. Da er somit gleich zwei Väter hatte, die auf ihm herumholzen konnten, kann man sich ungefähr das pädagogische Tohuwabohu, an dem sich außerdem noch der Kapitän, die Steuer- leute, die Maschinisten, die Heizer, also die ganze Besatzung be- teiligtc, vorstellen. Hib-hott! und wenn es gar nicht ging, regnete es Tauenden. Die Hände auf die Reeling gepreßt, nahm Kien Abschied von
Hamburg . Der Michel und St. Nirolai standen silhmrettenhaft in dem leichten Wind und zerrannen, je weiter man noch Cuxhaven hinaufkam, zu blossen Schemen. Die diesig«, schwerflüssige Luft ging bald in dichten Nebel über. Kien weinte nicht. Er gurgelte dos bißchen Wehmut hinunter und ging an die Arbeit. Pumpe schmiß ihm einen Sack Kartofeln vor die Füße, den er mit Mühe hochkant stellte und aus dem er die braunen Knollen, die noch nach fetter Erde rochen, in die blau- gefprengelte Blechschüssel hinübergrabschte. Wie ich Kien kenne, wird er sich schon durchbeißen. Er wird mit dem an Bord befindlichen Ameisenbär, den der verrückte Kapitän Wollbacke getauft hatte, gute Freundschaft schließen. Aus Valparaiso wird er dann eine Karte schreiben, daß alles gut geht. Wenn ihm das Heulen ankommt, wird er auf Blech beißen... Wenn er nachts auf dem Bauche schlafen muß, weil ihm der Kochmaat, diese ver- wachsene Schafsnase, durchaus mit der Bratpfanne beibringen will, daß der Tee des Kapitäns nicht zu dünn gekocht werden darf, so wird das auch hingehen. Er wird, wenn der Himmel in unend- licher Trauer dahinweht und alle auf dem Schiff sich heiser bellen, den schönen englischen Song vom„ochsenäugigen Mann" singen, den ihm der völlig unmusikalische Josua mit erdenklicher Mühe beigebracht hat: „Oh Maria schält im Garten ihre Erbsen, Jetzt weint sie um den Seemann, von weit, weit her. Hei-Ho für den ochsenäugigen Mann!" Er weiß, daß in den Tränen seiner Mutter, die traumverloren nach Hammerbrook hinüberlies, um sich am Blusen der verwitweten Schwester, der Hebamme Maria Fahrenson, auszuweinen, die still« Liebe und das tausendkerzige Licht seiner schönen Vaterstadt hing.
Was gibi es Ifleues? Sin ffilick in die Jorfchung
Reben der irdischen Gegenwart, die dereüs arg verfinstert ist, wird sich demnächst auch noch die Sonne verfinstern. Am 31. Au- gust tritt unser Trabant vor die Sannenscheibe und wird sie mährend 50 bis 100 Sekunden total verdecken, allerdings zu einer Zeit, während wir schlafen. Diese totale Sonnensinster- n i s ist nur in Kanada und im Norden der Vereinigten Staaten sichtbar. In srüheren Zeiten knüpfte sich panikartige Angst an diesen kosmischen Vorgang. Es galt als üble Vorbedeutung oder gar Ankündigung des nahen Weltuntergangs. Und wenn der dunkle Mond am Firmament hing, streifenartige Schatten über die plötzlich versinstcrt« Erde huschten und die opalschimmernde Korona aufleuchtete, fielen die Menschen betend auf die Kmie. Heute siebt das nüchterner aus: Photoapparat« und Meßgeräte stehen bereit, und das Resultat sind statt des Weltuntergangs ein paar neue astkophysikolische Erkenntnisse. Vielleicht ist es ganz gut in einer Zeit politischer und wirt- schastlicher Bedrängnisse, den Blick einmal zum Kosmos zu richten. Er hängt voller Sterne und Rätsel, und es ist immer noch die Frage. ob wir allein auf der Welt strid, wie manche Menschen, ihrem B«> nehmen nach zu urteilen, glauben. So beschäftigt sich in letzter Zeit die Forschung mit den Atmosphären der anderen Planeten, um da- durch«ine Antwort auf uralte Fragen zu bekommen. Wie Dr. Rupert Wildt von der Göttinger Unioersftätssternwarte fest- stellte, besitzt die Jupiteratmosphär« reichliche Mengen von Ammoniak. Die» muß überraschen, da in der Erdatmosphäre nur Spuren diese» Stoises und ausschließlich ol» Produkt biologischer Prozesse vorkommen. Der gigantische Jupiter kann heute zwar schwerlich organifcke? Leben besitzen, da seine Temperatur 100 bi» 200 Grad unter Rull liegt, daß e» ober einst anders war. scheint durch die Anwesenheit der Ammöniakgase wahrscheinlich. Aehnliche Feststellungen über unsere benachbarte Benus meldet das Mount Wilson Observatorium . Eine Wolkendecke von über IdOO Meter macht die Oberfläche diese» Planeten völlig unsichtbar. Aber es zeigt sich, daß das Spektrum der Venus gewiss« Absorptionslinien enthält, die deutlich auf das Vorhandensein von Kohlendioryd(Kohlensäure) hinweisen. Bekanntlich atmen Tiere dieses Gas aus und die Pflanzen atmen es ein, um Stärke und Zucker damit aufzubauen. Zwar mag es auf der Venus ungemüt- lich warm sein(etwa 60 Grad), aber gegen ein sich dieser Tem- peratur angepaßtes organisches Leben spricht das natürlich nicht. Freilich haben diese ernsthasten Untersuchungen nichts mit der müßigen Spekulation zu tun, ob unsere Geschwisterplaneten auch intelligente Wesen beherbergen. Hier ist nur der Wunsch der Vater des Gedankens oder Gefühls, was höchstens zeigt, daß sich der Erb- bewohnsr auf seinem Planeten schrecklich einsam in der kosmischen Wüste vorkommt. Darum ist unendlich viel Tinte um die sagen- haften Marskanäle verschrieben worden. Jahrzehntelang gingen sie als unverwüstliche„Seeschlange" durch die Presse. Von den zahl- reichen Erklärungen sei eine erwähnt, die kürzlich vom„Schlüssel zum Weltgeschehen" veröffentlicht wurde. Danach entstehen die Kanäle durch periodisch« Vereisungen aus der Marsobersläche. Die Spalten sind das dunklere Wasser, das sich gegen die helleren Eisplatten abhebt. Ratürlich nur eine von vielen Hypochesen! ♦ Das aktuellste Rätsel der Physik ist die Raumstrahlung. 18 Beobachtungsstationen arbeiten in diesem Sommer, um da» Ge- heimni» dieser Strahlen, die aus dem Weltraum die Erde bom- bordieren, zu lüften. Niemand weiß bis heute, woher sie kommen und wohin sie gehen, aber für die Wissenschast haben sie die Be- deutung wie etwa für dos Mittelalter der„Stein der Weisen ". K o h l h ö r st« r, ihr deutscher Entdecker, glaubt, daß sie au« dem Nebel der Andromeda stammen: Lemaltr« hält sie für das Re- sultat kosmischer Atomzertrümmerung: Millican für das Pro- bukt neuer Sternschöpsungen. Soviel Köpfe, soviel Meinungen. Kürzlich wurden Versuche mit einem 40 Meter langen Eisenrohr unternommen, das im Inneren eine Ritrogenröhre enthielt, die durch das Auftreffen der Strahlen jedesmal leitend wurde— nach einem ähnlichen Prinzip wie die Photozelle bei Lichteinmirkung. Die Strahlen kamen in Schüben ungefähr viermal in der Stunde, also nicht gleichmäßig. Jedenfalls sind diese Strahlen äußerst intensiv. Sie dringen durch meterdicke Bleiwände und bi» tief unter den Wasserspiegel. Ja, die Behauptung tauchte kürzlich auf, daß diese Strahlen im Räume, ungedämpft von der Atmosphäre, so stark sein müssen, day sie alles Leben unzweifelhaft zerstören würden. Ein« bedeuiungs- volle Frage, denn mit ihr steht und fällt der Traum von der Weltraumfahrt. Selbst aus der Reise nach dem Mond wird dann nichts. Andererseits wird auf die ultraviolette Sonnen st rah» l u n g hingewiesen, die in höheren und höchsten Regionen ungleich tiefer und schneller in die Haut dringt als etwa im Freibad Wannsee Aber vielleicht werden diese Fragen sehr bald beantwortet. P i c c a r d rüstet sich zum zweiten Aueslug in die Stratospbäre, und Junkers„I u 4 9" steht startbereit, um als erstes Fluazeug in die sauerstoffarme Lufthülle zu steigen. Wir werden dann näheres über die Lebensmöglichteilen iA>rt oben erfahren.
Trotz der Weltdeprefsion geht es in den Gehirnen der Erfinder äußerst lebhaft zu. Da wird aus Kohle Benzin, aus Sägespänen Rohzucker gewonnen, neuerdings macht man auch aus Erdöl richtigen Alkohol. Die moderne Alchemie kennt keine Grenzen. Interessant sind die Fortschritte auf dem Gebiet der Holzver» gasung für Beförderungsmittel. Ein neuer vier- ochsiger Omnibus für 75 Personen braucht zum Antrieb seines lOO-P8-Maybach-Motors nicht mehr an Holzgas, als ein kleiner Hanomag an richtigem Benzin beansprucht. Rur die Bedienung ist noch umständlicher. Wie Wandlungen in der Technik vor sich gehen, zeigt ein ein- kacher, aber typischer Fall. Ein Bericht aus Amerika meldet die Trauerbotschaft, daß die gute alt« Stahlniete im Aussterben ist. Der Laie kennt sie non dem Geräusch, wenn die Preßlufthämmer sein Trommelfell erschüttern. Damit ist es nun bald aus. Die Niete wird von der Lichtbogenschweißung langsam aber sicher verdrängt, und man hat berechnet, baß in Amerika jährlich ein« B'llion Dollar gespart werden würde, wenn man alles anstatt zu nieten schweißen könnt«. Man ist aus dem besten Wege dazu und hat etwa 50 000 Mark an Preisen für Neuerungen aus diesem Gebiet gestiftet. Den glücklichen Gewinnern wurden sechs Schechs zugesagt, die— echt amerikanisch— aus Stahl gefertigt und deren Zahlen und Unterschrift eingeschweißt sind. „Die Umschau" berichtet über«in besonderes technische» Kuriosmn. Für die Materialprüfling der stark beanspruchten Dampsturbinenschauseln wird m Pittsburg eine originell« Methode angewandt. Auf das zu prüfende Material, das mit ge- waltiger Geschwindigkeit rotiert, wird ein Hochdruckwasserstrahl ge- richtet. Wie eine Stichflamme frißt dieser den gewöhnlichen Stahl in wenigen Minuten fort. Man kann also auch mit einem Wasser- strahl Stahl schneiden! Auch das Baugewerbe hat eine neue Entdeckung aufzuweisen. Wenn man Mörtel etwas Rohzucker beimficht, so erzielt man, wie Versuche ergeben haben,«ine um 60 Prozent größere Festigkeit und Härte. Erstaunlich erweise ge- nügen schon sechs Prozent des billigsten Rohzuckers, um dieses Re- sultat zu erreichen. Doch so neu scheint diese Methode nicht zu sein. denn im Mörtel einiger römischen Ruinen fand man bereits ein« zuckerartige Beimischung. Freilich werden diese oerzuckerten Häuser dem Zahn der Zeit größeren Widerstand entgegensetzen— kaum aber den winzigen Zähnen der Mäuse, die mit großem Appetit an den oersüßten Mauern knabbern werden.
Zum Abschluß sei noch etwas Neues über Goethe mit- geteilt— trotz des Goethe-Jahrs. Dem Genealogen Carl Knetsch gelang es, die Ahnen des Dichters mütterlicherseits bis ins 15. Jahr- hundert zu verfolgen. Dabei stieß er neben anderen Persönlichkeiten auf den Maler L u c a s C r a n o ch. Ja, wahrscheinlich hotten Goethe und sein Freund Karl August einen gemeinsamen Stammvater, nämlich den Landgrafen Hermann I. von Hessen . In der Genealogie geht es überhaupt bunt zu. Alle« ist verwandt und verschwägert. So hören wir unter anderem, daß der Markgraf Friedrich von Baden 97 487 mal mit Karl dem Großen verwandt war. Man sollte es Nicht für möglich halten. Die Genealogie gehört eben zu den heiteren Dissenschaften! Gog.
ZDeutfche Sosialiften Anonym. Aus dem Jahre 1847. Statt in Gemeinschaft und für die Gesamtheit zu arbeiten, er- füllt man die Launen, die Lüste, den Willen einzelner und macht sein Dasein zu einem unnützen, verfehlten. Was für die Gesamtheit, da»„Volk" geschieht, das trögt für alle seinen Nutzen, das fördert den„Fortschritt": daher kommt e» auch, daß unsere bisherige Ent- wicklung so langsam vorwärts ging. Alles, was nicht zum Nutzen aller geschieht, ist verlorene Arbeit; was für alle geschieht, wird von dauernder Wirkung sein. So lang« nur der Privaterwerb, das Mittel zur Ansammlung von Reichtümern besteht, kann von freiem Handel und Genuß oller nicht die Rede sein; so lange wir für einzelne arbeiten, können wir nicht für die Gesamtheit arbeiten, und tun wir letzteres, so arbeilen wir zugleich für uns und sind nicht Sklaven der einzelnen. Was der Reiche oder Wohchabend« zuviel hat, sei es nun durch eigenes oder durch fremde» Verdienst er- worden, dos hat der Arme zu wenig. Daraus folgt, daß der Reiche auf Kosten der Armen lebt; indem dieser zu gleichen Genüssen durch dieselbe Arbeit, zu gleichen Mitteln, wie der Reiche, um zu arbeiten und zu genießen, berechtigt ist. Um dieses Unrecht aus- zugleicken und es für künftige Zeiten unmöglich zu machen, müssen die Mittel für olle gleichmaßig eingeteilt, muh der Piivatbetrieb zum Gesamterwerb erhoben werden. Der erste Weg dazu wäre, die Produkt! ön nach dem Bedarf einzurichten.